Leitindex schließt im Plus Dax-Anleger wetten auf die EZB

EZB-Hilfe: Dax schließt im Plus
Foto: DANIEL ROLAND / AFPDie EZB bereitet angesichts der zweiten Pandemie-Welle und neuen harten Einschränkungen des Wirtschaftslebens in vielen Ländern den Boden für ein neues Stützungspaket im Dezember. Die Währungshüter um Notenbank-Chefin Christine Lagarde beschlossen auf der Zinssitzung am Donnerstag zwar keine neuen Schritte, doch deuteten sie mögliche weitere Schritte für Dezember an .
Die EZB sei bei der ersten Pandemiewelle da gewesen und werde auch bei der zweiten Welle da sein, versicherte Lagarde. "Die Teams, Ausschüsse und Mitarbeiter sind bereits an der Arbeit." Die EZB schaue sich alle geldpolitischen Instrumente an. Es gehe um die Mischung, die am besten auf die wirtschaftliche Lage eingehe. Das in der Krise geschaffene Anleihen-Kaufprogramm PEPP sei dabei ein Ansatzpunkt, aber nicht der einzige.
Investoren am Aktienmarkt deuteten dies äußerst positiv. Hatte war der Dax gegen Mittag noch mit einem halben Prozent in die Verlustzone gedreht, berappelte sich der Leitindex deutlich, drehte ins Plus. Nach den größeren Pendelbewegungen um den Vortagesschluss schloss der Dax 0,32 Prozent höher bei 11.598,07 Punkten. Der MDax der 60 mittelgroßen Börsentitel verlor hingegen 0,32 Prozent auf 25.801,82 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um 0,1 Prozent auf rund 2960 Punkte. Der Cac 40 in Paris und der britische FTSE 100 schlossen kaum verändert.
Am Mittwoch war der Dax unter die Marke von 12.000 Punkten gesunken und anschließend weiter abgesackt bis auf zeitweise 11.457 Zähler und damit den tiefsten Kurs seit Ende Mai. Auslöser war die Furcht vor weiteren Lockdowns in Europa, die Länder wie Deutschland und Frankreich inzwischen auch beschlossen haben.
An der New Yorker Börse waren die Aktienindizes nach dem neuerlichen Kurseinbruch zur Wochenmitte nun am Donnerstag mit Gewinnen in den Handel gestartet. Zudem fiel ein Teil der Quartalsberichte besser als erwartet aus. Der Leitindex Dow Jones rückte beim europäischen Handelsschluss um 0,3 Prozent vor, der marktbreiter S&P 500 gewann 1 Prozent und der Technologie-Index Nasdaq 100 verbesserte sich um 1,4 Prozent.
Delivery Hero erneut bester Dax-Wert
Die Bilanzsaison ging am Donnerstag weiter mit Zahlen aus dem Dax von Fresenius und Fresenius Medical Care (FMC ), Volkswagen und MTU. Volkswagen-Aktien reagierten auf das Zahlenwerk mit plus 1,1 Prozent und erholten sich von den jüngsten Verlusten. Der Wolfsburger Konzern geht dank des starken Chinageschäfts, voller Auftragsbücher und eines nach wie vor hohen Sparpotenzials vorsichtig optimistisch in die letzten Monate des Jahres. "Wir rechnen damit, dass sich die Erholung im vierten Quartal fortsetzt und es zu keinen Lockdowns in größeren Märkten kommt", sagte Finanzvorstand Frank Witter am Donnerstag bei Präsentation der Quartalsbilanz. MTU steuert zwar weiter mit schwarzen Zahlen durch die Pandemie, der Erholungsversuch der Papiere am Morgen fand aber schnell ein Ende.
Aktien von FMC und Fresenius nach Zahlen auf den Verkaufslisten
Die Anteile des Gesundheitskonzerns Fresenius als auch jene von FMC waren mit deutlichen Gewinnen gestartet, drehten mit einem schwächeren Gesamtmarkt aber deutlich ins Minus und kamen bis Börsenschluss aus dem Dax-Keller mit Verlusten von jeweils rund 2,5 Prozent beziehungsweise 2,8 Prozent auch nicht mehr heraus. Analysten verwiesen unisono auf das überraschend gute Abschneiden beider Unternehmen im dritten Quartal. Die Fresenius-Zahlen belegen nach Einschätzung von Warburg-Analyst Ulrich Huwald, dass die Sorgen des Marktes übertrieben seien. Die Aktien des Gesundheitskonzerns seien in jeder Hinsicht unterbewertet, so der Experte. Die Fresenius-Aktie hat seit Jahresbeginn mehr als ein Drittel an Wert eingebüßt und gehört damit zu den schwächsten Dax-Mitgliedern.
Delivery Hero dagegen waren erneut bester Dax-Wert mit einem Plus von 3 Prozent. Die Krisengewinner-Aktie des Essenslieferanten hatte bereits am Vortag von einer Prognoseanhebung merklich profitiert.
Dax, Dow und Aktien auf einen Blick: Hier geht es zur Börsenseite
Eine Kaufempfehlung der SocGen-Experten ließ die Anleger zu Aktien der Deutsche Bank greifen, die sich zwischenzeitlich um mehr als 2 Prozent verbesserten, am Ende mit einem Plus von 0,9 Prozent aus dem Tag gingen. Die Analysten hatten ihre Empfehlung auf "Buy" von "Hold" an und schätzen damit die Aussichten für das Geldhaus erstmals seit 2013 günstig ein. Dabei beziehen sie sich insbesondere auf die Zahlen zum dritten Quartal. Die Ergebnisse seien ein Anzeichen dafür, dass das Geldhaus auf dem Weg zurück zu einer "normalen" Bank sei.
Am MDax-Ende ragten Aixtron mit hohen Kursverlusten von 12,5 Prozent negativ heraus. Der LED- und Chipindustrieausrüster blickt nach dem dritten Quartal etwas vorsichtiger auf den Umsatz im Gesamtjahr.
Auf der Gegenseite gewannen die Titel des Bausoftware-Herstellers Nemetschek nach einer Anhebung der Jahresprognose mehr als 9 Prozent. Carl Zeiss Meditec rutschten nach Quartalszahlen um knapp 2,8 Prozent ab.
Spannung versprechen zudem die am Abend nach US-Börsenschluss anstehenden Zahlen der US-Technologieriesen Apple, Amazon, Alphabet und Facebook. Ihre Kursgewinne in den vergangenen Monaten hatten einen Großteil zur Börsenrallye beigetragen. Schon im Vorfeld legten ihre Papiere in den USA zu.
Asiens Märkte zeigen sich unbeeindruckt von Corona-Sorgen
Die Anleger in Asien lassen sich von den Panikverkäufen in der westlichen Welt nicht anstecken. Die Kurse gaben am Donnerstag zwar auch nach, aber bei Weitem nicht so stark wie in Europa und den USA. Ein wichtiger Grund dafür ist die Lage in der Corona-Pandemie: Während sich das Virus derzeit vor allem in Europa ungebremst ausbreitet und scharfe Einschnitte für das öffentliche Leben erzwingt, ist die Pandemie in vielen asiatischen Ländern weitgehend unter Kontrolle. "In Asien spielt das Thema zweite oder dritte Welle keine Rolle", sagte Rob Carnell, Chefvolkswirt für Asien bei der niederländischen Bank ING. Davon profitiere die Wirtschaft.
Der japanische Nikkei-Index schloss 0,4 Prozent tiefer bei 23.331,94 Punkten und notierte damit auf dem niedrigsten Stand seit einem Monat. "Am japanischen Markt steht keine Korrektur an", sagte Norihiro Fujito, Chefstratege bei Mitsubishi UFJ Morgan Stanley Securitires. "Wir könnten ein paar Gewinnmitnahmen vor der US-Wahl sehen, aber wenn man sich die Einzelwerte ansieht, heben die japanischen Firmen ihre Prognosen an und ihre Aktien steigen. Unsere Corona-Infektionen sind vergleichsweise gering."
Nasdaq 100
Euro stabil über 1,17 Dollar
Der Euro hat sich am Donnerstagmorgen zunächst wenig verändert. Im frühen Handel kostete die Gemeinschaftswährung 1,1755 US-Dollar und damit in etwa so viel wie am Vorabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwochnachmittag auf 1,1727 Dollar festgesetzt.
EUR/USD
Brent
Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Morgen 39,18 US-Dollar. Das waren sechs Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um elf Cent auf 37,50 Dollar. Trotz der Stabilisierung ist Öl damit so günstig wie seit Anfang des Monats nicht mehr.
Am Vortag hatten neue Daten zur Entwicklung der Ölreserven in den USA die Preise am Ölmarkt belastet. Offizielle Daten zeigten einen unerwartet starken Anstieg der Rohölreserven in der vergangenen Woche, zugleich stieg die Fördermenge stark an. Marktbeobachter sprachen zuletzt bereits davon, dass die Sorgen vor einem Überangebot am Markt zurückgekehrt seien.