
Man könnte auch mal lächeln. Warum machen das eigentlich so wenige Pendler?
Foto: Marius Becker/ picture alliance / dpaDie Zahl der Pendler in Deutschland ist auf Rekordhöhe gestiegen: Rund 60 Prozent aller Arbeitnehmer pendeln zum Job, hat die jüngste Erhebung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung BBSR ergeben. Durchschnittlich ist ihr Arbeitsweg knapp 17 Kilometer lang.
Die Belastung für die Pendelnden ist groß, das haben Untersuchungen der Krankenkassen immer wieder ergeben. Wie aber kann man die Fahrerei so gestalten, dass die Belastung sinkt und man die Zeit nicht als vertan empfindet, sondern aktiv nutzt? Hier sind einige Vorschläge.
1. Planen Sie clever: Pendel-Hacks für zehn deutsche Großstädte
Generell gilt natürlich die alte Weisheit: Du stehst nicht im Stau, du bist der Stau. Das hilft aber denen nicht weiter, die keine gute Alternative zum Auto haben, um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Wenn man es klug anstellt (und ein bisschen flexibel ist in der Wahl der Arbeitszeiten), kann man aber die Steh-Zeiten verkürzen.
Der Navigationssystemhersteller und Verkehrsdatenanbieter TomTom ermittelt jährlich einen Verkehrsindex, der die Verkehrsbelastung von Städten rund um den Globus untersucht, aber auch einen besonderen Fokus auf deutsche Städte legt.
Lesen Sie auch: Das sind Deutschlands Fahrradmetropolen
In Stuttgart ist es hierzulande verlässlich jedes Jahr am schlimmsten: Die Schwabenmetropole ist die verstauteste Stadt in Deutschland. Es kann sich lohnen, einen genaueren Blick auf die Zeit-Statistiken zu werfen - je nach Stadt kann es entscheidend sein, eine halbe Stunde früher oder später loszufahren, um den ganz großen Stau zu vermeiden.

GRAFIK Tomtom / Die Zeit liegt auf der Straße
Foto: TomtomSetzen Sie sich nicht selbst hinters Steuer

Berufsverkehr: Wenn sich jeweils vier Leute ein Auto teilen würden, wäre nicht ganz so viel los auf den Straßen
Foto: Stephan Jansen/ picture alliance / dpaUntersuchungen haben immer wieder gezeigt, dass Autofahren den Stresslevel hebt. Manche Strecken liegen aber so ungünstig, dass der öffentliche Nahverkehr keine gute Alternative ist. Zum Thema Fahrradfahren kommen wir gleich noch; wenn das für Sie absolut nicht in Frage kommt, können Sie Mitpendler suchen - entweder, um sich den Stress zu ersparen, selbst hinterm Steuer sitzen zu müssen, oder, um sich wenigstens finanziell ein kleines Trostpflaster zu holen. Und gut für die Umwelt ist es auch, wenn sich mehrere Menschen ein Auto teilen.
Ihr Firmen-Intranet oder das schwarze Brett sind gute (wenn auch meist noch verbesserungswürdige) Möglichkeiten, Mitfahrer zu suchen (und ganz nebenbei Ihr abteilungsübergreifendes internes Netzwerk zu pflegen); über Portale wie Pendlerportal oder Pendlernetz, das von Fahrgemeinschaft.de in Kooperation mit dem ADAC betrieben wird, kann man ebenfalls kostenfrei Fahrer und Mitfahrer suchen.
Prüfen Sie, ob ein E-Bike eine Alternative sein könnte (und wer es Ihnen bezahlt)

Auch die Autohersteller sind auf den Trend zum E-Bike aufgesprungen - hier ein Gefährt von Volkswagen.
Foto: VolkswagenWenn Ihnen Ihre Pendelstrecke für eine Radfahrt zu lang ist: Mit dem E-Bike oder Pedelec können Sie die Fahrzeit signifikant verkürzen. Diese Fahrräder sind noch Zukunftsmusik, aber es gibt schon sehr stylische Gefährte - und wenn Sie sich beim Treten von einem Motor unterstützen lassen, kommen Sie auch nicht verschwitzt im Büro an. Natürlich sind E-Bikes recht teuer - aber vielleicht können Sie sogar Ihren Arbeitgeber mit ins Boot holen, der Ihnen vielleicht keinen Porsche als Dienstfahrzeug zur Verfügung stellen mag, aber bei einem E-Bike mit sich reden lassen könnte. Seit 2012 sind Diensträder auch steuerlich absetzbar - und Leasing kann für viele Firmen und deren Mitarbeiter eine attraktive Option sein.
Was Sie beim Pendeln auf keinen Fall tun sollten

Schlafen ist sehr verlockend. Aber beim Pendeln sollten Sie es trotzdem lassen.
Foto: DPAEs gibt zwei No-Gos für Pendler, auch wenn beide Optionen auf den ersten Blick sinnvoll und attraktiv erscheinen mögen: Das eine ist Schlafen, das andere Telefonieren.
Telefonieren mag verlockend sein - einfach im Auto schon mal ein bisschen was wegarbeiten, was sonst Bürozeit frisst. Aber abgesehen davon, dass auch mit einer Freisprechanlage (und ohne dürfen Sie sowieso nicht) das Unfallrisiko steigt, ist auch die Botschaft an den Gesprächspartner unmissverständlich: Du bist mir nicht wichtig genug, als dass ich Zeit für dich opfern würde, die ich auch anderweitig nutzen kann, also rufe ich dich aus dem Auto oder der Bahn an, in dieser Zeit kann ich eh nichts anderes machen. In der Bahn machen Sie sich außerdem erbitterte Feinde, wenn Sie Ihre Umgebung mit Ihren Betriebsinterna beschallen.
Schlafen ist natürlich immer schön. Aber Vorsicht: Wer am Tag noch zwei längere Schlafphasen einbaut, bringt den ganzen Rhythmus des Körpers durcheinander - und züchtet sich so womöglich nächtliche Schlafstörungen heran, warnt der Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie Steffen Häfner, der sich viel mit Pendlern befasst hat. Nutzen Sie Ihre Pendelzeit lieber aktiv, wie Sie in den nächsten Tipps lesen können.
Pendelzeit ist Kulturzeit

Hörbücher können Ihren Horizont erweitern (außerdem übertönen sie nervige Mitreisende)
Foto: Jan Woitas/ picture alliance / dpaPendelzeit ist Lebenszeit. Es mag trivial klingen, aber das ist wahrscheinlich der entscheidendste Punkt unserer Auflistung. Wenn Sie jeden Tag zwei Stunden damit verbringen, sich darüber zu ärgern, dass Sie noch nicht im Büro oder noch nicht zu Hause sind, ist Ihr Tag einfach zwei Stunden kürzer - und Sie fühlen sich als Opfer Ihrer Lebensumstände, nicht als deren Gestalter. Also machen Sie das Beste aus der Zeit, indem Sie ein schönes, persönliches Kulturprojekt daraus machen - das geht im Auto wie in der Bahn.
Hören Sie Hörbücher. Bei der Amazon-Tochter Audible kostet ein Abo knapp zehn Euro im Monat, der erste (Probe-)Monat ist gratis; falls Sie Amazon-Prime-Kunde sind, sogar die ersten drei.
Aber es geht auch ganz gratis. Die Öffentlich-Rechtlichen bieten kostenlose Hörspiele zum Download an, hier beim Bayerischen Rundfunk zum Beispiel die 12-teilige Serie "Das Schloss" von Franz Kafka. Auch im Hörspiel-Speicher des WDR finden sich immer wieder Preziosen. Das ist allemal besser als nerviger Dudelfunk. Bücher oder Zeitschriften gehen natürlich auch; wichtig ist, dass Sie bewusst auswählen, nicht willkürlich irgendetwas mitnehmen. Machen Sie ein Ritual daraus, genießen Sie es, Ihre Fahrt so vorzubereiten, dass Sie etwas wirklich Erfreuliches für den Kopf dabei haben.
Stressfaktoren eliminieren

Sinnvolle Investition: Ein Noise-Cancelling-Kopfhörer
Foto: SPIEGEL ONLINEFür die meisten Menschen ist Lärm ein entscheidender Unwohlfühl-Faktor. Es kann sich lohnen, einmal ein bisschen Geld in die Hand zu nehmen und in ein Paar wirklich gute Noise-Cancelling-Kopfhörer zu investieren. Wie die funktionieren, lesen Sie hier - und hier geht es zu einem aktuellen Noise-Cancelling-Kopfhörertest der Kollegen von Spiegel Online.
Lernen Sie Meditieren - oder eine neue Sprache
Nicht nur für viele Manager gehört Meditation zu den Faktoren, die im Berufsleben am besten helfen können, Stress abzubauen und die eigene Resilienz zu steigern. Nutzen Sie Ihre Pendelzeit, um grundlegende Techniken zu erlernen, etwa mit Apps wie Calm, Headspace, Buddhify, Stop Breathe and Think und 7 Mind. Das ist keine esoterische Spinnerei - und kann Ihnen sogar helfen, Ihren Kontostand zu verbessern.
Wenn Ihnen in Bus und Bahn dafür die Ruhe fehlt, können Sie ein anderes Projekt in Angriff nehmen und Ihre Fremdsprachenkenntnisse auffrischen (oder eine neue Sprache lernen). Am verbreitetsten in Deutschland ist Babbel, das von mehr als einer Million Deutschen genutzt wird. 13 Sprachen sind im Angebot, Kostenpunkt rund fünf Euro pro Monat. Kostenlos ist Duolingo, das 21 Sprachen bietet. Wer hier etwas anderes als Englisch, Französisch und Spanisch lernen will, braucht allerdings Englischkenntnisse als Voraussetzung.
Starten Sie einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess

Ab ins Grüne: Ob diese Dame legal auf diesem Rasen unterwegs war, wissen wir nicht. Aber auch der Weg im Hintergrund wäre ein hübscher Radweg - und oft finden sich solche Weg parallel zu unerfreulicheren Verkehrsadern.
Foto: DPAOft können Kleinigkeiten viel ausmachen. Wenn man sich morgens schon ärgert, weil wieder alle Plätze in der U-Bahn belegt sind, oder wenn man auf dem Fahrrad genervt ist, weil schon wieder alle Ampeln radlerfeindlich getaktet sind - dann ist es Zeit, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu starten und es sich selbst einfach ein bisschen netter zu machen.
Finden Sie heraus, wo denn diese ganzen Leute in Ihre U-Bahn einsteigen. Investieren Sie ein paar Minuten mehr und steuern Sie die Station davor an, an der Sie sich noch in Ruhe den besten Platz aussuchen können. In den meisten Verkehrsmitteln gibt es Plätze, die einen Tick besser sind als andere; manche U-Bahnen beispielsweise haben hinten am Wagenende eine durchgehende Bank, die auch fünf Personen Platz böte, aber meist nur von vieren genutzt wird. Der Mittelplatz bietet angenehme Beinfreiheit.
Scheuen Sie sich nicht, Zeit in Komfort zu konvertieren - in erträglichem Rahmen, versteht sich; wenn möglich, nehmen Sie eine Verbindung, bei der Sie nicht umsteigen müssen, auch wenn es ein paar Minuten länger dauert. Trauen Sie Ihrer eigenen Ortskenntnis nicht über den Weg - man kann auch nach Jahren noch Neues über Arbeits- und Wohnort lernen und über Karten-Apps wie etwa Komoot alternative Strecken entdecken. Dort können Sie auch eingeben, ob Sie ein Mountainbike nutzen oder ein Rennrad mit empfindlicheren Reifen - oder ob Sie zu Fuß unterwegs sind.
Workbiken: Machen Sie den Arbeitsweg zur sportlichen Herausforderung

Sie müssen ja nicht jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Aber es kann Ihre Zufriedenheit signifikant steigern, es wenigsten ab und an zu tun, vielleicht auch nur bei schönem Wetter. Denn vom Preis-Leistungs-Verhältnis ist Workbiken unschlagbar: Sie brauchen vielleicht mehr Zeit als mit anderen Verkehrsmitteln, aber die Zeit, die Sie zusätzlich einsetzen müssen, kommt dem das Gesamtbrutto Ihrer Sport-Zeit zugute. Pendeln müssen Sie sowieso, warum also nicht mit Einsatz von sagen wir 45 Minuten extra insgesamt 90 Minuten Sport abgreifen, statt passiv irgendwo herumzusitzen und abends ein schlechtes Gewissen zu haben, weil Sie wieder nichts für Ihre Fitness getan haben?
Vielleicht möchten Sie auch nicht die ganze Strecke fahren; dann könnte ein Klapprad vielleicht eine gute Möglichkeit sein, zum einen Ihre sportliche Aktivität zu steigern und dabei trotzdem noch effektiv voranzukommen. Hier ist ein Test eines neuen Gerätes, das einen unserer Kollegen ziemlich überzeugt hat.
Und weil die Motivation, vulgo das Aufraffen, oft eine Sollbruchstelle beim Workbiken ist, haben der Fahrradverband ADFC und die Krankenkasse AOK die Aktion "Mit dem Rad zur Arbeit" ins Leben gerufen, die auch dieses Jahr wieder am 1. Mai startet - eine Challenge, bei der man die eigene Leistung mit der anderer messen und sogar Preise gewinnen kann.