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VW Golf Cabrio: Das Ganzjahresauto

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VW Golf Cabrio Die neue Offenheit

Pünktlich zum Sommeranfang präsentiert Volkswagen das neue Golf Cabrio. Ohne den charakteristischen Überrollbügel, dafür mit Überrollschutz. Und mit einem Stoffverdeck, das binnen neun Sekunden für Rundumschutz bei jedem Wetter sorgt.

Hamburg - Erdbeerkörbchen lautete der Spitzname der Cabrio-Modelle des VW Golf, die von 1979 bis 2002 gebaut wurden, wegen des charakteristischen Überrollbügels, den sie trugen. Nach neun Jahren Pause fährt am 17. Juni nun ein neuer offener Golf vor. Ohne Bügel. Aber dennoch mit dem Charme des Besonderen, was bei einer Allerweltsbaureihe gar nicht so einfach ist. Künftig also ist der offene Golf ein Erdbeerschälchen. Und als Sahnehaube obenauf gibt es ein aufwendig konstruiertes Stoffverdeck des Zulieferers Webasto.

Die Firma liefert bereits das Faltdach des Audi A3 Cabrios, die Mütze für den offenen Golf funktioniert ganz ähnlich. Ein Elektromotor und zwei Hydraulikzylinder öffnen das Verdeck binnen neuneinhalb Sekunden vollautomatisch - und zwar nicht nur im Stand, sondern bis zu einem Tempo von 30 Stundenkilometern. Klappt das Dach in einer sogenannten Z-Faltung nach hinten, fungiert das oben liegende Dachelement zugleich als Abdeckung. Eine Persenning gibt es nicht mehr. Zugleich konnte der Verdeckkasten dadurch flacher werden, was wiederum das Kofferraumvolumen auf 250 Liter anwachsen ließ - ganz gleich, ob das Verdeck nun geöffnet oder geschlossen ist.

Das Cabriomodell mit der Einstiegsmotorisierung, dem 1,2-Liter-TSI-Motor mit 105 PS, soll mindestens 23.625 Euro kosten. In der Regel wird der Preis jedoch deutlich höher ausfallen, denn etwa eine Metallic-Lackierung kostet 500 Euro extra (nur weißer Lack ist aufpreisfrei), schicke Leichtmetallräder ab 445 Euro und das Windschott 315 Euro. Kommt es zum Einsatz, fährt sich der Golf mit geöffnetem Dach auch bei Autobahngeschwindigkeit überaus frisurschonend.

Überhaupt beeindruckt der Wagen durch die stoische Ruhe, die er unterwegs ausstrahlt. Auch auf kurvigen, holprigen Straßen liegt das Cabrio zuverlässig auf der Straße. 183 Kilo Mehrgewicht bringt die offene Variante auf die Waage im Vergleich zum ähnlich motorisierten Dreitürer. Ein Großteil davon steckt in zusätzlichen Verstrebungen, die das Auto extrem steif machen. "Die Karosserie hat eine Eigenfrequenz von knapp 18 Hertz, das ist erstklassig für ein Cabriolet", sagt VW-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg. Dann erklärt er, dass die Achseigenschwingung eines Auto bei 12 bis 13 Hertz liegt und ein Wagen umso ruhiger auf der Straße liege, je weiter die Karosserieschwingung davon entfernt ist.

Ein Cabrio fürs ganze Jahr

Das neue Golf Cabrio fällt jedoch nicht nur wegen seiner stoischen Ruhe auf, sondern auch deshalb, weil es derzeit in der Klasse der kompakten, viersitzigen Cabriolets eine Ausnahmestellung einnimmt. Konkurrenzmodelle von Ford oder Opel gibt es nicht mehr oder noch nicht, und die offenen Varianten von Peugeot 308 oder Renault Mégane tragen keine Stoff-, sondern faltbare Stahldächer.

Was die Ausstattung betrifft, weicht VW beim Golf Cabrio vom hergebrachten Muster ab. Es gibt den Wagen nämlich nur in einer Grundausstattung, dafür jedoch können sieben Pakete gesondert bestellt werden, etwa das Winterpaket mit beheizbaren Vordersitzen und Scheibenwaschdüsen und einer Scheinwerfer-Reinigungsanlage (Aufpreis 415 Euro). Zur Auswahl stehen bis Jahresende insgesamt sechs Turbomotoren mit einem Leistungsspektrum von 105 bis 210 PS, darunter zwei Dieselaggregate.

Entwicklungsvorstand Hackenberg betont, das Golf Cabrio sei ein Ganzjahresauto. In der Tat schirmt das Stoffverdeck, das von innen aussieht wie ein schwarzes Netzunterhemd, Außengeräusche und vermutlich auch Minustemperaturen (das lässt sich bei einer Fahrvorstellung im südfranzösischen Mai schwer nachprüfen) ordentlich ab. Gut nutzbar ist jedenfalls der Kofferraum, zumal sich die beiden Rücksitzlehnen jeweils einzeln umklappen lassen, was den Laderaum deutlich vergrößert.

Für die Präsentation des neuen, offenen Golf hat VW übrigens auch einmal die Cabrio-Produktionszahlen seit 1949 addiert, als bei Karmann in Osnabrück das erste Käfer Cabrio gebaut wurde. "Wir sind mit 1,4 Millionen gefertigten offenen Autos weltweit der erfolgreichste Cabriohersteller", verkündet Hackenberg. Einen wesentlichen Anteil daran hatte die Firma Karmann in Osnabrück, wo nicht nur das Käfer Cabrio, sondern bislang auch rund 680.000 Golf Cabriolets produziert wurden.

Das neue Golf Cabrio wird übrigens an gleicher Stelle gebaut - allerdings nicht mehr von Karmann, das Unternehmen ging 2009 pleite. VW hat dort jetzt das Sagen - und zuletzt 350 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt für die Montage des neuen Modells, an der nun insgesamt 870 Menschen in Osnabrück beteiligt sind. Entwickelt wurde das Golf Cabrio - mit Ausnahme des Verdecks - ebenfalls mit erheblicher Hilfe der ehemaligen Karmann-Experten. Die konstruierten auch den neuen Überschlagschutz, der im Notfall binnen Sekundenbruchteilen neben den Heckkopfstützen in die Höhe schießt. Eine Technik, die zu den frühen Zeiten des "Erdbeerkörbchens" noch gar nicht erfunden war. Wie gut, die Autowelt wäre sonst um einen Spitznamen ärmer.

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