Luxustuning Bis zum Anschlag
Bottrop/Brand - Es gibt Menschen, bei denen der Durchschnittsbürger glaubt, sie hätten alles: Sie tragen nicht nur dicke Uhren und Maßanzüge, sie fahren auch Autos von Marken wie Rolls-Royce, Maybach oder Ferrari. Doch gerade in dieser Gruppe der Wohlhabenden gibt es wiederum einige, denen "alles" nicht genug ist.
Wenn der Millionär von nebenan ebenfalls Maybach fährt, dann soll sich die eigene Nobelkarosse gefälligst durch dezente oder auffällige Extras davon unterscheiden. Und weil Reichtum auch in Krisenzeiten nicht von jetzt auf gleich verschwindet, boomt derzeit - von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen - die Branche der Luxustuner, die auch an Traumautos noch Möglichkeiten zur Veredelung finden.
"Bei uns macht sich die Krise bisher gar nicht bemerkbar - die Werkstatt ist bis oben voll", sagt Sven Gramm, Sprecher des Tuningunternehmens Brabus in Bottrop. Spezialisiert hat es sich auf alles, was aus dem Hause Daimler kommt. Dabei geht es aber nicht allein um gewöhnliche Fahrzeuge von der C- bis S-Klasse. Veredelt werden auch jene Modelle, die an sich schon für Aufsehen auf der Straße sorgen.
Das gilt zum Beispiel für den bei McLaren gebauten Supersportwagen SLR oder die Rolls-Royce-Konkurrenz, die unter Maybach-Logo unterwegs ist. Allein in diesem Bereich nimmt Brabus jährlich etwa 25 Komplettumbauten vor - dabei geht es um eine gänzlich individuelle Lackierung, eine nochmals aufgewertete Innenausstattung oder die Erhöhung der grundsätzlich mehr als ausreichenden Motorleistung.
"Gerade erst wurde ein SLR umgebaut, der dann mit den Veränderungen auf einen Gesamtpreis von 633.639 Euro kam", so Sven Gramm. Wie speziell die Wünsche manchmal sind, zeigt das Beispiel eines Mercedes SLR "722 Edition".
Dabei handelt es sich um eine limitierte Sonderserie des ohnehin schon seltenen Supersportwagens. Einem Eigner war der Sonderstatus des Fahrzeugs aber noch nicht außergewöhnlich genug - er ließ sein Exemplar bei Brabus unter anderem noch mit einer mattschwarzen Lackierung versehen.
Dass selbst ausgemachte Supersportwagen nicht das Ende der Tuningfahnenstange bedeuten, weiß man auch beim Porsche-Tuner 9ff in Dortmund. Nur 1270 Exemplare des 452.400 Euro teuren und 334 Stundenkilometer (km/h) schnellen Carrera GT wurden gebaut und stehen heute oft gut beaufsichtigt und gepflegt in den Garagen reicher Sammler.
Wertvolle Einzigartigkeit
Wertvolle Einzigartigkeit
Weil aber mancher Eigner auch mit dem GT unterwegs ist, machte man sich bei 9ff an eine Leistungssteigerung des Motors: Statt der ursprünglichen 450 kW/612 PS stehen im nun als GT-T900 bezeichneten Auto 669 kW/900 PS zur Verfügung - ausreichend für Spitzengeschwindigkeiten von 390 km/h. Und weil die Besitzer solcher Autos nicht als völlig verarmt gelten, lässt man sich die auf Wunsch erhältliche Leistungssteigerung mit 159.000 Euro honorieren.
Dass solche Summen überhaupt genannt werden, ist allerdings im Kreis der Nobeltuner nicht selbstverständlich. "Zu Preisen geben wir keine Auskunft", sagt Christina Rauch, Sprecherin des Autoveredlers Mansory in Brand (Bayern). Was aber auch nicht viel ausmacht, da die hier angesetzten Summen ohnehin die Vorstellungskraft herkömmlicher Autobesitzer übersteigen dürften. Denn getunt oder veredelt wird hier nicht irgendetwas, es geht vielmehr um Marken wie Rolls-Royce und Aston Martin. Der schon erwähnte SLR vom Mercedes findet sich ebenfalls im Programm.
Vom luxuriösen Umfeld einmal abgesehen, unterscheidet sich das Angebot in vielen Punkten aber kaum von jenen Extras, die auch gern von Besitzern eines VW Golf geordert werden: Es gibt neue Front- und Heckschürzen, Spoiler und Seitenschweller, ein Mehr an Leistung ist natürlich auch erhältlich. Die Unterschiede finden sich vor allem im Detail. So werden nicht einfach ein paar Kunststoffteile an den Wagen geschraubt. "Als Material kommt bei den Karosserieanbauteilen zum Beispiel Karbon zum Einsatz", sagt Christina Rauch.
Und dann sind da natürlich noch jene Extras, die im normalen Tuningbetrieb kaum zu finden sind. "Für den Rolls-Royce gibt es unter anderem Scheiben, die auf Knopfdruck trüb werden." Insassen können sich damit vor unerwünschten Blicken schützen. Außerdem finden Ambiente-Lichteffekte oder ausgesuchte Ahornholz-Intarsien den Weg in den Innenraum. Selbst der Motor eines Rolls-Royce bleibt nicht unangetastet: Aus 338 kW/460 PS werden bei Bedarf 405 kW/551 PS.
Weil so etwas aber selbst für manchen Gutbetuchten doch zu teuer wird, gibt es auch Tuner, die sich sozusagen auf die Einstiegsmodelle der Luxusklasse spezialisieren - wie den Sportwagen R8 von Audi. So verwandelt PPI aus Waiblingen das Auto in ein exklusives Sondermodell namens Razor GTR. Nur acht Exemplare sollen umgebaut und unter dieser Bezeichnung verkauft werden: Die Leistung steigt von 309 kW/420 PS auf 427 kW/580 PS, außerdem verringern Karosserieteile aus Karbon das Gewicht um 250 Kilogramm.
Ein Prototyp zeigte sich kürzlich mit einem Kleid aus unlackierten Karbonteilen, die dem Auto eine Optik verliehen, die zwischen Bastelbude und Reparaturspachtel-Vorführung lag - aber selbst wer für so ein Fahrzeug 350.000 Euro ausgibt, kann eben nicht alles haben.
Heiko Haupt, dpa
Bilderstrecke: Luxuskarossen mit Extras