AMG-Jubiläum Athleten für die Straße
Da kommt selbst Volker Mornhinweg ins Staunen. Obwohl der Chef von AMG nun wirklich schon viele teure Autos gesehen hat, bleibt ihm beim Blick auf die Hotellauffahrt angesichts der vielen Luxuslimousinen die Spucke weg. "Das ist die natürliche Umgebung für einen AMG", sagt Mornhinweg und eröffnet damit die inoffizielle Feier zum 40. Geburtstag einer Marke, deren Kürzel AMG wie ein Sportabzeichen auf dem Heckdeckel von bislang gut 150.000 Mercedes-Modellen prangt.
AMG steht für Hans Werner Aufrecht (A), Erhard Melcher (M) und Aufrechts Geburtsort Großaspach (G) - und damit für ein Ingenieurbüro, das 1967 in einer Mühle in Burgstall für "Konstruktion und Versuch zur Entwicklung von Rennmotoren" gegründet wurde. Rennen waren denn auch die erste Bühne für die beiden Firmengründer, die den feudalen 300 SE zum Tourenwagen aufrüsteten und 1971 beim 24-Stunden-Rennen in Spa mit einem unerwarteten Klassensieg ihren Durchbruch feierten.
Schon in den siebziger Jahren registrierten sie wachsendes Interesse zahlungskräftiger Mercedes-Kunden und übernahmen manche Idee aus dem Rennsport in Serienfahrzeuge. So wurde AMG als erster Mercedes-Veredler zum Vorbild für eine ganze Branche, heißt es in Stuttgart.
Vom Zwei-Mann-Betrieb zur eigenen Automarke
Darauf reagierten die Schwaben 1990 mit einem Kooperationsvertrag, der 1993 in der Premiere des ersten gemeinsam entwickelten Modells C 36 AMG mündete. Die Verbindungen wurden so eng und das Geschäftsvolumen so groß, dass der Konzern 1999 erst 51 Prozent und 2005 dann die restlichen AMG-Anteile übernahm. So wurde aus dem Zwei-Mann-Betrieb eine Marke innerhalb der Marke, die nach dem Umzug ins benachbarte Affalterbach heute 750 Mitarbeiter beschäftigt.
Inzwischen baut AMG rund 20.000 Autos im Jahr, von denen allerdings nur zwölf Prozent in Deutschland - aber fast die Hälfte in den USA verkauft werden. Gefeiert wird der Geburtstag deshalb nicht im Schwabenland, sondern im fernen Los Angeles, das angesichts der hohen AMG-Dichte durchaus als Los Affalterbach durchgehen könnte.
Bei Mercedes-Benz of Beverly Hills fahren pro Monat 250 Neuwagen vom Hof darunter täglich auch ein AMG-Modell, erzählt VIP-Verkäufer Vinnie Mandzak: "Geld spielt hier keine Rolle, und eine S-Klasse hat jeder", analysiert er die Stimmungslage seiner oft berühmten Kunden. "Und so können sie sich wenigstens ein bisschen von den anderen abheben".
Die zwei neuen Donnervögel von AMG
Die zwei neuen Donnervögel von AMG
Dazu hat die kaufkräftige Klientel künftig noch mehr Möglichkeiten: im Juni kommen zwei weitere AMG-Modelle. Der CLK 63 in einer vom Safety-Car der Formel 1 inspirierten "Black Edition" und der CL 65 AMG, der als stärkstes und teuerstes Auto der Schwaben diesseits von SLR und Maybach zum neuen Leitstern am Mercedes-Himmel wird.
Während er als gediegener Sportler im Smoking antritt, seine dicken Muskeln unter feinem Tuch trägt und auch innen nur dezent weiterentwickelt wurde, riecht es im CLK nach Schweiß und Adrenalin. Denn mit seiner neuen Karosserie sieht das Coupé nicht nur von außen aus wie ein Bodybuilder am Venice Beach.
Auch innen erinnert der Wagen ein wenig an die Rundstrecke, auf der AMG groß geworden ist. Wo sonst die Rückbank ist, herrscht hier gähnende Leere, statt bequemer Sessel gibt es enge Rennschalen, und anstelle des Schaltknüppels ragt ein heißer Aludorn aus dem Mitteltunnel.
Genügend Kraft haben beide AMG-Neuheiten: Beim CL sind es 612 PS und 1000 Nm aus einem sechs Liter großen Zwölfzylinder mit zwei Turbos, und beim CLK bauen die AMG-Entwickler auf ihren ersten eigenen Motor, der seit letztem Jahr in fast allen Modellen steckt. Der Achtyzlinder schöpft aus 6,2 Litern Hubraum allein mit der Macht hoher Drehzahlen 507 PS und wuchtet maximal 630 Nm auf die Straße. So beschleunigen der CL in 4,4 und der CLK in 4,3 Sekunden auf Tempo 100. Und während der große Sportler brav bei 250 km/h abgeregelt wird, lassen die Entwickler seinem kleinen Bruder bis 300 km/h freien Lauf.
Preise wie von einem anderen Stern
Ebenso herausragend wie die Leistung ist der Preis. Der CL 65 AMG kostet 219.550 Euro. Der CLK 63 AMG "Black Series" wird ab 141.610 Euro angeboten und ist damit um etwa 50 Prozent teurer als der "normale" CLK AMG. Wem das noch nicht genug ist, der kann den CL auch in einer Jubiläumsedition kaufen, die sich vor allem durch einen neuen Effektlack unterscheidet und den Preis auf mehr als 270.000 Euro treibt. Dass man allein für einen Farbton mehr zahlen soll als sonst für eine E-Klasse, stört die Kunden nicht. Die auf 40 Exemplare limitierte Serie ist bereits ausverkauft.
Die Nachricht stützt die Einschätzung des Automobilwirtschaftlers Ferdinand Dudenhöffer, der die Werkstuner für "Ertragsperlen" hält. Auch wenn nur etwa zwei von hundert Audi, Mercedes oder BMW das hauseigene Sportabzeichen tragen, füllen sie gehörig die Kassen, sagt Dudenhöffer.
Er verweist auf die Quattro GmbH in Ingolstadt: "Mit Lederschaltköpfen, gebürsteten Aluappliaktionen, dicken Felgen und 15.000 veredelten Audis werden 35 Millionen Euro Vorsteuergewinn pro Jahr gemacht." Pro Mitarbeiter seien das stolze 60.000 Euro Gewinn gegenüber den 37.000 Euro, die sonst ein Audi-Mann erwirtschafte.