Volkswagen "Es darf nichts schief gehen"
Wolfsburg - Die Volkswagen AG will im kommenden Jahr mehr als 600.000 Einheiten des neuen Modells Golf V verkaufen. Im vierten Quartal des laufenden Jahres sollen noch 135.000 Stück von dem für den Konzern wichtigsten Modell produziert werden, teilte der Konzern am Montag anlässlich der Weltpremiere des Golf in seiner fünften Modellgeneration mit.
Der Golf-Anteil am weltweiten Absatz der Marke VW liege bei 35 Prozent und in Westeuropa bei 46 Prozent des Gesamtvolumens. Diese Anteile soll der Golf ab 2004 weiter ausbauen, hieß es. Ab Oktober wird das neue Modell im Markt eingeführt.
Nach dem bisher schwachen Jahr 2003 mit deutlichen Gewinneinbußen soll der Golf der fünften Generation für Volkswagen die Wende bringen. Der veraltete Golf IV fand zuletzt immer weniger Käufer. VW rechnet in diesem Jahr nur noch mit 700.000 verkauften Golf - nach 785.000 vor einem Jahr.
Die Hoffnungen aller VWler ruhen auf der Neuauflage des Modells. Anfang Oktober soll der neue Golf in den Handel kommen. Noch in diesem Jahr will VW rund 135.000 Stück vor allem in Deutschland verkaufen. Experten halten das für ein ehrgeiziges Ziel. 2004 sollen es dann 600.000 Autos pro Jahr sein, die in Wolfsburg, Mosel, Brüssel und in Südafrika vom Band laufen. 2004 gelte dabei noch als ein "Anlaufjahr", heißt es. Richtig durchstarten solle der Golf V dann 2005.
Die Einführung kostet weit mehr als eine Milliarde
Zwar macht der Golf nur noch 15 Prozent des Umsatzes von VW aus - vom Erfolg des wichtigsten Modells hängt bei VW aber eine Menge ab. Ein Flop des Golf V könnte das Image von Europas größtem Autobauer in eine tiefe Krise führen. "Mit dem neuen Golf darf nichts schief gehen", heißt es in der Konzernzentrale.
Der Besucherdienst ist darauf vorbereitet, dass alle Journalisten, die am Montag aus ganz Europa erwartet werden, auch einen Blick in die Produktion werfen wollen. Sie werden dann einen kleinen Teil der insgesamt 3300 Industrieroboter zu sehen bekommen, die ihre Stahlhände an den neuen Golf legen. Zwei Drittel davon hat VW für den neuen Golf angeschafft. Der Rest stammt aus der alten Produktion und wurde umprogrammiert. Alles in allem kostet die Einführung des neuen Modells das Unternehmen weit mehr als eine Milliarde Euro.
Die französischen Hersteller haben Marktanteile abgejagt
Bei der Umrüstung auf das neue Modell hat VW noch mehr in die Kiste der Automatisierung gegriffen als bei anderen Modellen zuvor. Ein Beispiel: Waren an dem Golf IV noch weniger als fünf Meter mit dem automatischen Laser geschweißt, werden es bei dem neuen mehr als 70 Meter sein. Das spart Gewicht, Material und Kosten, heißt es bei VW. Alte Hasen im Werk, die noch die Umstellung vom Käfer auf den ersten Golf vor Jahrzehnten mitgemacht haben, sprechen begeistert davon, dass es noch nie einen derart aufwändigen Technikwechsel gegeben habe.
Auch das Design des neuen Golf komme an, heißt es in den Werkshallen. Der Golf V sei moderner und sportlicher als sein Vorgänger, sagt ein VW-Beschäftigter. Derzeit laufen in Wolfsburg schon rund 200 neue Golf pro Tag vom Band. Vor Montag darf sie niemand außerhalb der VW-Welt sehen. Wenn die Produktion rund läuft, sollen es schon bald circa 2000 pro Tag sein.
Vor etwa vier Jahren hatten der Vorstand unter der Führung von Ferdinand Piëch sowie der Aufsichtsrat entschieden, Technikern und Designern den Auftrag für den neuen Golf zu geben. Zu spät, haben Autoexperten immer wieder kritisiert. In der Zwischenzeit haben gerade die französischen Hersteller mit ihren frischeren Modellen VW in vielen Ländern Marktanteile abgejagt.
Sollte der Golf V nicht der erhoffte Renner werden, würde vermutlich auch der Stuhl des jetzigen VW-Chefs Bernd Pischetsrieder wackeln, wie es auf den Fluren in Wolfsburg heißt. Um einen Reinfall zu verhindern, gibt selbst die Stadtverwaltung Schützenhilfe. Eine Stunde vor der feierlichen Enthüllung des neuen Golf benennt sich die Heimatstadt von VW um. Auf allen Ortsschildern und auch auf den Poststempeln wird bis Anfang Oktober stehen: "Golfsburg".
von Hartwig von Saß und Andreas Hoenig, dpa