Astra gegen Golf Kollision der Volks-Wagen
Wolfsburg/Rüsselsheim - Er hat einer Fahrzeugklasse seinen Namen gegeben, doch der Ruhm des VW Golf reicht über den Automobilbau hinaus. Gerade ist Teil zwei des Buchs "Generation Golf" des Autors Florian Illies erschienen. Das Cover zeigt ein Auto auf Schlingerkurs. Damit es dem realen Golf nicht ähnlich geht, löst VW das aktuelle Modell jetzt ab.
Auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt/Main (11. bis 21. September) ist die fünfte Auflage des Top-Sellers zu sehen. Sie wird sich kritische Vergleiche gefallen lassen müssen, denn auch Dauerrivale Opel hält mit einem komplett neu konstruierten Astra dagegen. Das klassische Duell in der Kompaktklasse geht in eine neue Runde.
Evolution vs. Neubeginn
Volkswagen hat die Form des Vorgängers behutsam weiterentwickelt, etwa mit akzentuierten Doppelscheinwerfern und quer angeordneten Blinkern. Der Kreis kehrt als Motiv in den Rückleuchten wieder, die sich am Heck nun ähnlich breit machen wie beim Phaeton. Bis in die Motorhaube hinein ragen die gewölbten Kotflügel. Insgesamt wirkt der in allen Dimensionen gewachsene Golf stämmiger als sein Vorgänger.

Hohe Linien und chromblitzendes Heck: Die neue Generation des Opel Astra

Kantig und dynamisch: Der Astra wirkt aggressiver als der neue Golf

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Der neue Astra soll mit straffen Linien und gespannten Flächen die Rolle des leichtfüßigen Aktivisten spielen - in einer Klasse, die immer mehr von hochbauenden Semi-Vans bestimmt wird. Zutaten der aktuellen Formensprache: breiter Kühlergrill, "Bügelfalte" auf der Motorhaube, keilförmig ansteigende Schulterlinie, ausgeprägte Radläufe, Heckleuchten in "Translucent"-Technologie.
Die Golf-Klasse kommt in die Jahre
Elektronische Dämpfer und Kurvenlicht im Astra
Dynamik wird bei beiden groß geschrieben. Von der Motorseite hat Opel die besseren Belege. Angekündigt sind drei Triebwerke zwischen 110 kW/150 PS und 147 kW/200 PS: ein Common-Rail-Diesel und zwei Turbobenziner. Stärkstes Aggregat im Golf ist ein neuer TDI mit 103 kW/140 PS. Auch am unteren Ende der Leistungsskala führt Opel. VW hat aber Zeit, nachzulegen, denn der Golf startet schon im Herbst, der Astra erst im Frühjahr 2004.
Beide Automobilbauer stellen technologische Premieren in Aussicht: Im Astra ist ein Fahrwerkssystem mit elektronischer Dämpferkontrolle lieferbar sowie ein dynamisches Kurvenlicht mit dem Kürzel AFL. Der Golf kontert mit einer neuen elektromechanischen Servolenkung und - als Extra - einer elektrischen Lendenwirbelstütze im Sitz.
Der Golf will seinen Titel als Meistverkaufter aller Klassen durch Wiedererkennbarkeit behaupten, der Astra setzt auf Veränderung. Das hat Tradition: "Der Golf war nur einmal revolutionär: 1974, als er auf den Markt kam", sagt Andreas Bremer vom Institut für Automobilmarktforschung (IfA) in Essen. Opels Kompakten gelang es vor lauter Designsprüngen nicht, eine Produktidentität aufzubauen.
Die gesamte Golfklasse kommt in die Jahre
Der neue Astra könnte mehr Glück haben: "Ich traue dem Modell Eroberungspotenzial zu", so Bremer. Umgekehrt finden viele Experten den Markenauftritt von VW derzeit zu konservativ: "Es stellt sich die Frage, ob der Golf genügend Neuigkeitswert besitzt", sagt Professor Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen (Baden-Württemberg). Doch dieser Vorwurf zieht sich wie ein roter Faden durch die Modellgeschichte.
Vom Neuigkeitswert her steht die ganze Golf-Klasse ohnehin nicht mehr an der Spitze. Innovationen gibt es eher bei den Vans. Das schlägt sich auch in den Zulassungen nieder: Der Marktanteil der unteren Mittelklasse sank von knapp 31 Prozent im Jahr 1999 auf unter 25 Prozent im ersten Halbjahr 2003. Trotzdem bleibt der Golf Branchenprimus. "Der Golf ist ein Schlüsselprodukt", sagt Professor Ferdinand Dudenhöffer vom Prognose-Institut B&D in Leverkusen. "Der Neue könnte den ersehnten Aufschwung auf dem Automarkt bringen." Wenn es so kommt, wird man sich nach Golf-Klasse und Generation Golf unter Umständen einen neuen Begriff merken müssen: den Golf-Effekt.
Tobias Wiethoff, DPA