Bafin-Präsident Felix Hufeld: "Wir befinden uns mitten in der entsetzlichsten Situation, in der ich jemals einen Dax -Konzern gesehen habe."
Foto: Bloomberg / Bloomberg via Getty Images
Foto: Sven Hoppe / dpa
Fotostrecke
Wirecards Gläubiger: Diese Banken könnten den Stecker ziehen
Der Bilanzskandal um den Finanzdienstleister Wirecard ist nicht nur für Anleger und für den Zahlungsdienstleister selbst ein Desaster, sondern auch für die Finanzaufsicht Bafin. "Das ist ein komplettes Desaster, das wir da sehen, und es ist eine Schande, dass so etwas passiert ist", gestand der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Felix Hufeld, am Montag bei einer Konferenz in Frankfurt ein. "Wir befinden uns mitten in der entsetzlichsten Situation, in der ich jemals einen Dax -Konzern gesehen habe."
Die Kritik an der Rolle der Aufsichtsbehörden - inklusive der Bafin - nehme er voll und ganz an. "Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert", räumte Hufeld ein. Wichtig sei nun rasche Aufklärung. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sprach bei derselben Veranstaltung von einer "ernsten Angelegenheit", die Auswirkungen weit über Wirecard hinaus haben könnte.
Bafin wollte Wirecard vor sechs Wochen komplett unter Aufsicht stellen - vergeblich
Hufeld hat nach Informationen aus Finanzkreisen nach der Veröffentlichung des KMPG-Reports vor etwa sechs Wochen das Projekt auf den Weg gebracht, die komplette Wirecard AG unter die Aufsicht der Behörde zu bringen. Bisher gilt das nur für die Wirecard Bank. Für den Mutterkonzern ist in Geldwäschefragen beispielsweise die Bezirksregierung Niederbayern zuständig - eine Entscheidung, die auf die Anfangsjahre der Wirecard AG zurückgeht, als das Unternehmen deutlich kleiner war und noch nicht, zumindest auf dem Papier, zu den weltweit größten Zahlungsdienstleistern gehörte. Wie das Projekt, die Wirecard AG komplett der Bafin zu unterstellen, weitergeht, hängt davon ab, ob der Konzern den Bilanzskandal überhaupt überlebt.
Wirecard:1,9 Milliarden Euro und der Treuhänder auf den Philippinen sind verschwunden
Foto: Michael Dalder/ REUTERS
Hufeld hatte am Montag beim Frankfurt Finance Summit Fehler im Umgang mit dem Konzern eingeräumt. Auch seine eigene Behörde habe versagt, räumte er bei der Konferenz ein. Die Finanzaufsicht hat 2019 etwa eine Strafanzeige gegen den Journalisten der "Financial Times" erstattet, der seit Jahren über Zweifel an der Wirecard-Bilanz und an dem Geschäft des Unternehmens berichtet. Zudem hatte sich die Bafin mit einem noch nie dagewesenen Leerverkaufsverbot an der Börse schützend vor Wirecard gestellt.
Da der Bilanzskandal um den Aschheimer Zahlungsdienstleister immer größere Dimensionen erreicht, hat die BaFin die Wirecard Bank Finanzkreisen zufolge unter besondere Aufsicht gestellt. Sie liegt demnach auf der so genannten Intensivstation der Behörde, wo etwa kriselnde Geldhäuser betreut werden.
Ratingagentur Moody´s entzieht Wirecard die Kreditwürdigkeit komplett
Die Ratingagentur Moody's hat dem von einem Bilanzskandal erschütterten Zahlungsabwickler Wirecard die Kreditwürdigkeit komplett entzogen. Moody's begründete den Schritt am Montag damit, dass die vorliegenden Informationen unzureichend seien, um die bisherigen Einstufungen aufrecht zu erhalten und eine Bewertung über die Kreditwürdigkeit abzugeben. Am Freitag hatte Moody's die Kreditwürdigkeit von Wirecard bereits auf "Ramsch" herabgestuft.
14 BilderWirecards Gläubiger: Diese Banken könnten den Stecker ziehen
1 / 14
Der Crash ist da - aber wie geht es weiter? Wirecard hat am 25. Juni Insolvenzantrag gestellt. Zuvor liefen Verhandlungen mit den Banken, die nach dem Fehlen einer testierten Bilanz ihre Kreditverträge kündigen konnten. Stecker ziehen oder stillhalten und Kredite zu neuen Konditionen verlängern, war die Frage. Jetzt ist sie mit gezogenem Stecker beantwortet - und die Gläubiger müssen sehen, ob sie noch an Wirecard verliehenes Geld wiedersehen; und wenn ja, wie viel.
Foto: Sven Hoppe / dpa
2 / 14
Genau das zu klären, ist der Job von Houlihan Lokey. Die US-Investmentbank (im Bild Chairman Irwin Gold) hat den Auftrag von Wirecard bekommen, "einen Plan zur nachhaltigen Finanzierungsstrategie" zu entwickeln. Schon der Name Houlihan Lokey sendete ein Signal: Das Haus ist auf große Insolvenzfälle und andere Sanierungen spezialisiert.
Foto: REUTERS/Phil McCarten
3 / 14
Zu den größten Geldgebern einer 1,75-Milliarden-Euro-Kreditlinie zählt nach Informationen von manager magazin - die mit von Bloomberg berichteten Zahlen übereinstimmen - die Commerzbank. Sie stellte als einer von vier Konsortialführern 200 Millionen Euro der bis Juni 2024 gewährten Kreditlinie bereit. Bankchef Martin Zielke schmückte sich einmal, "Wirecard ist einer unserer Kunden".
4 / 14
Die gleiche Summe kam von der niederländischen Bank ABN Amro. Insgesamt hat Wirecard die Kreditlinie bislang zu rund 90 Prozent in Anspruch genommen. Einige hundert Millionen Euro wurden bereits im Herbst 2019 mit Hilfe neuer Anleihen und eines Softbank-Investments zurückgezahlt. Die tatsächlich noch im Feuer stehenden Summen sind also etwas geringer. Wirecard selbst warnt offiziell, insgesamt zwei Milliarden Euro an Krediten könnten gekündigt werden.
Foto: Piroschka Van De Wouw/ REUTERS
5 / 14
Der Finanzplatz Amsterdam ist noch ein zweites Mal an der Spitze des Kreditsyndikats vertreten: Auch die ING, deren Chef Ralph Hamers vor dem Wechsel zur UBS steht, sagte 200 Millionen Euro zu. Die ING, eigentlich auf Massenkunden im Direktbanking spezialisiert, hat erst seit wenigen Jahren das deutsche Firmenkundengeschäft zu einer relevanten Größe aufgebaut.
Foto: Remko de Waal / ANP / AFP
6 / 14
Vierte im Bunde der "Mandated Lead Arrangers" war die Landesbank Baden-Württemberg, die ebenfalls 200 Millionen Euro zur Wirecard-Kreditlinie beitrug. Jede für sich könnten die Banken einen Totalausfall wohl verkraften. Aus Finanzkreisen heißt es, sie wollten sich trotzdem auf eine Verlängerung zu veränderten Konditionen einlassen.
Foto: Bernd Weissbrod/ picture alliance / dpa
7 / 14
Insgesamt sind 15 Banken an dem Kreditkonsortium beteiligt. Die genossenschaftliche DZ Bank steht mit 120 Millionen Euro in der zweiten Reihe der Wirecard-Geldgeber.
Foto: DPA
8 / 14
Auch die Kreditgenossen von der früheren französischen Bauernbank Crédit Agricole beteiligten sich mit 120 Millionen Euro an dem Finanzabenteuer in Aschheim.
Foto: Charles Platiau / Reuters
9 / 14
In gleicher Höhe waren noch zwei Banken aus der Londoner City mit von der Partie: die Investmentbank Barclays ...
Foto: Hannah McKay / Reuters
10 / 14
... und die Lloyds Banking Group unter der Führung von Antonio Horta-Osorio. Offiziell will sich keiner der Beteiligten zu den Wirecard-Krediten äußern.
11 / 14
In diesem Ranking steht man momentan lieber weiter hinten. Die Deutsche Bank kann sich mit 80 Millionen Euro in der dritten Reihe wähnen, gleichauf mit Bank of China, Citigroup und Mitsubishi UFG. Allerdings ...
Foto: Boris Roessler/ DPA
12 / 14
... kam laut "Financial Times" ein weiterer, Anfang 2017 bekannt gewordener 150-Millionen-Euro-Kredit von der Deutschen Bank - nicht an Wirecard als Unternehmen, sondern an den nun zurückgetretenen Firmenchef Markus Braun persönlich. Dieser Kredit wurde offenbar mit Hilfe der Notverkäufe eines Großteils von Brauns Wirecard-Aktien am 18. und 19. Juni abgelöst. Laut Finanzkreisen hatte die Deutsche Bank dieses Risiko zuvor schon weitergereicht.
Foto: Lino Mirgeler / dpa
13 / 14
Außerdem hat die Deutsche Bank Wirecard nicht nur mit Fremdkapital, sondern auch mit Eigenkapital versorgt: über die Fondstochter DWS, die 2019 eine massive Wette auf Wirecard-Aktien bis zum Maximum des Erlaubten einging. "Der große Einstieg war im Nachhinein falsch", räumte Starmanager Tim Albrecht gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein. Die DWS habe den Großteil ihrer Aktien zwar gerade noch rechtzeitig verkauft, sehe aber gleichwohl "am Finanzplatz Frankfurt nur Verlierer". Gegen Wirecard und Braun will die Firma klagen.
Foto: DWS
14 / 14
Hinter der Deutschen Bank reihen sich drei weitere Banken mit unterschiedlichen Beträgen als Teilnehmer des Kreditkonsortiums ein. Auffällig dabei: Neben der Agricultural Bank of China kommen zwei weitere Kreditgeber aus dem österreichischen Genossenschaftslager. Die Beiträge der Raiffeisen Bank Niederösterreich und Raiffeisen Bank Oberösterreich addieren sich auf mehr als 100 Millionen Euro. Österreich ist die Heimat von Markus Braun und seinem freigestellten Adlatus Jan Marsalek ebenso wie der verbliebenen Vorstandskollegin Susanne Steidl und von Aufsichtsratsvize Stefan Klestil.
Foto: Fehim Demir/ picture alliance / dpa
Die gleiche Summe kam von der niederländischen Bank ABN Amro. Insgesamt hat Wirecard die Kreditlinie bislang zu rund 90 Prozent in Anspruch genommen. Einige hundert Millionen Euro wurden bereits im Herbst 2019 mit Hilfe neuer Anleihen und eines Softbank-Investments zurückgezahlt. Die tatsächlich noch im Feuer stehenden Summen sind also etwas geringer. Wirecard selbst warnt offiziell, insgesamt zwei Milliarden Euro an Krediten könnten gekündigt werden.
Foto: Piroschka Van De Wouw/ REUTERS
Vierte im Bunde der "Mandated Lead Arrangers" war die Landesbank Baden-Württemberg, die ebenfalls 200 Millionen Euro zur Wirecard-Kreditlinie beitrug. Jede für sich könnten die Banken einen Totalausfall wohl verkraften. Aus Finanzkreisen heißt es, sie wollten sich trotzdem auf eine Verlängerung zu veränderten Konditionen einlassen.
Foto: Bernd Weissbrod/ picture alliance / dpa
In diesem Ranking steht man momentan lieber weiter hinten. Die Deutsche Bank kann sich mit 80 Millionen Euro in der dritten Reihe wähnen, gleichauf mit Bank of China, Citigroup und Mitsubishi UFG. Allerdings ...
Foto: Boris Roessler/ DPA
Wirecard:1,9 Milliarden Euro und der Treuhänder auf den Philippinen sind verschwunden