

Hamburg - Die Weltmeisterschaft in Brasilien droht für England frühzeitig zu Ende zu gehen. Im Duell der Verlierer des ersten Spieltags in der Gruppe D setzte sich Uruguay 2:1 (1:0) gegen den Weltmeister von 1966 durch. Nach der 1:2-Niederlage gegen Italien steht England damit vor dem Aus. Uruguay kann trotz der 1:3-Pleite im Auftaktspiel gegen Costa Rica wieder auf die Teilnahme am Achtelfinale hoffen.
Held des Tages in der ausverkauften Arena de São Paulo war ausgerechnet Englands Fußballer des Jahres Luis Suárez vom FC Liverpool, der nach einer Verletzung erstmals bei dieser Endrunde auflaufen konnte und beide Tore für Uruguay erzielte (39./85. Minute).
Tragischer Held bei den unterlegenen "Three Lions" war ein anderer Superstar aus der Premier League: Wayne Rooney. Der Stürmer von Manchester United erzielte zwar bei seiner dritten WM-Teilnahme seinen ersten Treffer (75.) - hatte zuvor allerdings mehrere Großchancen vergeben:
Da abgesehen von Daniel Sturridge, der kurz vor der Pause aus spitzem Winkel an Muslera scheiterte (41.), kein Engländer Torgefahr ausstrahlte, steht die Auswahl von Trainer Roy Hodgson bereits nach zwei Gruppenspielen vor dem Aus. Bessere Chancen auf das Achtelfinale hat hingegen Uruguay.
Cristian Rodríguez per Direktabnahme (15.) und Edinson Cavani (27.) scheiterten noch, doch dann kam Suárez: Cavani führte den Ball an der Strafraumecke, verzögerte, denn im Sechzehner standen fünf Engländer - und eben Suárez. Der Superstar bekam dann aber genau im richtigen Moment eine perfekte Flanke serviert und köpfte aus gut sechs Metern gegen die Laufrichtung von Torwart Joe Hart zur Führung für Uruguay ein.
Rooney trifft zum Ausgleich, Suárez schlägt zurück
Nach dem Wechsel drängte der WM-Vierte von 2010 auf die schnelle Entscheidung: Englands Torwart Hart parierte zunächst eine aufs Tor gezogene Ecke von Suárez auf der Linie (49.), kurz darauf schoss Cavani aus sechs Metern freistehend am langen Pfosten vorbei (52.). Doch die Engländer überstanden die Druckphase, kamen wieder besser ins Spiel und schließlich zum Ausgleich.
Glen Johnson setzte sich eine Viertelstunde vor Schluss mit etwas Glück auf der rechten Seite durch, brachte den Ball trotz eines Pressschlags flach vor das Tor, wo Rooney seinem Gegenspieler Martín Cáceres entkam und den Ball aus kurzer Distanz über die Linie drückte. Kurz darauf hätte Sturridge fast die Partie gedreht, scheiterte aber am starken Muslera (78.).
In der Schlussphase spielten die Engländer auf Sieg - dafür wurden sie bitter bestraft: Nach einem Abschlag von Muslera verlängerte Gerrard unglücklich per Kopf, Suárez war plötzlich durch und erzielte aus halbrechter Position mit Vollspann den 2:1-Siegtreffer.
Sollten Italien und Costa Rica am Freitag (18 Uhr) unentschieden spielen, hätte England bereits keine Chance mehr auf das Erreichen des Achtelfinals. Ein Weiterkommen ist nur noch möglich, wenn Italien sowohl gegen Costa Rica als auch im letzten Gruppenspiel gegen Uruguay gewinnt; England muss zudem im dritten Spiel Costa Rica schlagen.
Uruguay - England 2:1 (1:0)
1:0 Suárez (39.)
1:1 Rooney (75.)
2:1 Suárez (85.)
Uruguay: Muslera - Cáceres, Godín, Giménez, Pereira - Arévalo Ríos, Lodeiro (67. Stuani), Gonzáles (79. Fucile), Rodríguez - Suárez (88. Coates), Cavani
England: Hart - Johnson, Cahill, Jagielka, Baines - Gerrard, Henderson (88. Lambert) - Sterling (64. Barkley), Rooney, Welbeck (71. Lallana) - Sturridge
Schiedsrichter: Carballo (Spanien)
Zuschauer: 62.103 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Godín / Gerrard
Ballbesitz in Prozent: 38 / 62
Schüsse: 8 / 12
Torschüsse: 2 / 6
Gewonnene Zweikämpfe in Prozent: 44 / 56
Es war ein frühes Endspiel in der Gruppe D: Uruguay und England hatten beide ihre Auftaktmatches verloren, bei einer weiteren Niederlage wäre die Weltmeisterschaft so gut wie sicher beendet. Bei Uruguay ruhten die Hoffnungen auf Stürmerstar Luis Suárez, der nach seiner Verletzung erstmals wieder spielen konnte - und der sollte nicht enttäuschen.
Kurz nach dem Anpfiff brachte Suárez einen Eckball direkt auf das gegnerische Tor. Englands Keeper Joe Hart konnte nur mit Mühe abwehren.
Frühe Gelbe Karte für Uruguays Abwehrchef: Diego Godín hatte den Ball zuvor mit der Hand gespielt.
Den anschließenden Freistoß trat Wayne Rooney - er ging nur knapp am Tor vorbei.
Es sollte nicht die letzte Chance bleiben für Englands Stürmerstar, der bei einer WM bis zum Spiel gegen Uruguay noch kein Tor erzielt hatte.
So nahe wie in der 31. Minute war er seinem ersten WM-Tor zuvor noch nie gekommen: Nach einem Freistoß von Steven Gerrard kam Rooney wenige Zentimeter vor der Torlinie an den Ball - und köpfte ihn mit voller Wucht gegen die Querlatte.
Kurz darauf auf der Gegenseite: Edinson Cavani brachte eine Flanke in den Strafraum, Suárez entwischte seinem Gegenspieler Phil Jagielka - und köpfte den Ball ins Tor.
Grenzenloser Jubel bei Suárez.
Der Torschütze im Kreis seiner Mitspieler. Kurz danach war Halbzeit.
Wer unmittelbar nach der Pause einen Sturmlauf der Engländer erwartet hatte, wurde enttäuscht. Stattdessen kam Uruguay gleich mehrfach gefährlich vor das Tor von Joe Hart, die größte Chance auf den zweiten Treffer vergab Cavani (Bild).
Die Gegenseite: Rooney zum dritten. Diesmal hätte der Stürmer treffen müssen, stattdessen scheiterte er freistehend an Uruguays Torwart Fernando Muslera.
Es war zum Verzweifeln für Rooney. Das Spiel gegen Uruguay schien der Tiefpunkt in der torlosen WM-Geschichte von Englands Stürmerstar zu werden.
Dann die Befreiung: Rooney trifft! Eine abgefälschte Flanke von Glen Johnson erreichte Rooney im Fünfmeterraum. Der Stürmer musste den Ball nur noch ins leere Tor schießen.
Es schien, als habe Rooneys tragische WM-Geschichte endlich ihr Happy End gefunden.
Doch Suárez ließ den Jubel verstummen. Nach einem weiten Abstoß von Keeper Muslera kam der Ball über Englands Steven Gerrard zu Suárez, der eiskalt verwandelte.
Platz 15: Schiri-Schaum. Zum ersten Mal kommt bei einer WM das Freistoß-Spray zum Einsatz, um den Abstand der Mauer von 9,15 Metern zum Ball deutlich erkennbar zu machen - eine Art Rasierschaum, der nach 45 bis 120 Sekunden wieder verschwindet. Braucht es das wirklich? Beim Spiel Schweiz gegen Ecuador gab es gleich mal Verwirrung, weil der Ball vor dem Freistoß zum 1:0 der Südamerikaner außerhalb der Markierung lag. Kein Regelverstoß, klärte ZDF-Schiedsrichterexperte Urs Meier auf. Weil Walter Ayovi (Bild) sich keinen Vorteil verschafft habe.
Mehr zum Schiri-Schaum lesen Sie hier.
Platz 14: Trainer-Derwisch Jorge Luis Pinto. Der kolumbianische Coach Costa Ricas wirbelte während der Partie gegen Uruguay fast ohne Pause an der Seitenlinie auf und ab, gab lautstark und gestenreich Anweisungen - mit Erfolg: Der krasse Außenseiter schaffte die große Überraschung, gewann 3:1. "Fußball ist mein Leben, meine Leidenschaft", sagt der 1,65 Meter kleine Trainer über sich selbst. Danach dürfte nach diesem Auftritt wohl niemand zweifeln.
Platz 13: Ghanas Fans. Die Anhänger des afrikanischen Teams sorgten beim Spiel gegen die USA für Furore. So ausgefallen kostümiert wie sie zeigten sich keine anderen Fans. Trotz der starken Unterstützung verlor Ghana die Partie.
Platz 12: Kopfballtor von John Anthony Brooks und die Folgen auf Wikipedia. Kurz vor Schluss erzielte der Abwehrspieler von Hertha BSC Berlin den Siegtreffer für die USA gegen Ghana. Im Wikipedia-Eintrag über ihn hieß es daraufhin kurzzeitig: "The greatest American since Abraham Lincoln."
Platz 11: Elfmeter-Geschenk für Brasilien im Eröffnungsspiel. Mit seinem Strafstoß-Pfiff lag Schiedsrichter Yuichi Nishimura komplett daneben. Er fiel auf eine Schwalbe von Fred herein. Es war die Vorentscheidung zugunsten des Gastgebers.
Mehr über Kroatiens Elfmeter-Wut lesen Sie hier.
Platz 10: Torlinientechnik. Im Spiel Frankreich gegen Honduras wurde sie erstmals bei dieser WM wirklich gebraucht - und sorgte gleich für Verwirrung. Die Anerkennung des Eigentores von Honduras' Torwart Noel Valladares löste Erstaunen und Proteste aus. Denn auf den Leinwänden erschien zuerst eine Aufzeichnung, wonach der Ball nicht die Linie überquert hatte; es war nämlich die Szene gezeigt worden, als die Kugel nach Karim Benzemas Schuss vom Pfosten abprallte. Erst danach wurde die Torszene eingespielt und der Treffer korrekt angezeigt.
Platz 9: Pepes Kopfstößchen. Ziemlich kopflos wirkten die Aktionen des portugiesischen Innenverteidigers gegen Deutschland. Erst schlug er Thomas Müller ins Gesicht, dann deutete er einen Kopfstoß an - und sah die Rote Karte.
Platz 8: Opdenhövels Fifa-Flöten. Im Internet-Livestream der ARD sollte es eine Pause geben, der Ton lief aber weiter. Moderator Matthias Opdenhövel wartete auf die Bekanntgabe des offiziellen "Man of the Match" der Fifa - letztlich ging der Titel an den dreifachen Torschützen Thomas Müller. Opdenhövel bekam diese Information von der Redaktion mitgeteilt. Und reagierte so: "Ist das offiziell, 'Man of the Match'? Ja, du weißt ja nie bei den schwindeligen Fifa-Flöten."
Mehr zur ARD-Panne lesen Sie hier.
Platz 7: "Anfängerfehler" von Igor Akinfejew. Einen vermeintlich ungefährlichen Weitschuss des Südkoreaners Keun Ho Lee ließ der russische Torwart wie ein nasses Stück Seife durch die Hände und über die Linie flutschen. Deutlich stärker war die Reaktion des 28-Jährigen nach der Partie: "Ich habe mich bei meiner Mannschaft entschuldigt, es war ein Anfängerfehler. So etwas darf einem Nationaltorhüter nicht passieren."
Platz 6: Guillermo Ochoas Glanzleistung gegen Brasilien, sozusagen der Anti-Akinfejew. Der Mexikaner zeigte unglaubliche Paraden und wurde im Internet zum Kult-Keeper. Auf einem Foto ist sein Kopf auf die Christusstatue von Rio montiert, auf einem anderen versperrt sein überdimensionaler Sombrero fast das gesamte Tor. Bei einer dritten Collage ist der 28-Jährige als Backsteinmauer zu sehen, an der ein von einem Panzer abgefeuerter Fußball abprallt. Sein Wikipedia-Eintrag wurde kurzzeitig um den Zusatz "mexikanischer Jesus" erweitert.
Die lustigsten Bilder finden Sie hier.
Platz 5: Hymnen-Panne vor dem Spiel Frankreich gegen Honduras. Im Stadion Beira-Rio von Porto Alegre wurden vor dem Anpfiff die Hymnen beider Mannschaften nicht abgespielt. Der Grund: ein defektes Tonkabel. Nationalhymnen sind seit der ersten Fußball-WM 1930 fester Bestandteil vor den Spielen. Mit einer Ausnahme: 1966 wurde fast komplett auf die Hymnen verzichtet. Allerdings nicht aus technischen, sondern aus politischen Gründen.
Platz 4: Dreifach-Müller. Die ganze Entschlossenheit des Thomas Müller ist aus diesem Bild abzulesen - sein Jubel über den Treffer zum 3:0 gegen Portugal. Insgesamt gelangen dem 24-Jährigen drei Tore in der Partie.
Mehr über den Dreifach-Torschützen lesen Sie hier.
Platz 3: Poldi-Selfie mit Kanzlerin. "Wir freuen uns immer, wenn die Kanzlerin kommt", hatte Lukas Podolski schon im Vorfeld des Portugal-Spiels gesagt und ein Selfie mit Angela Merkel angekündigt. Das entstand dann tatsächlich in der Kabine.
Mehr über die Inszenierung von Spitzenpolitikern bei der WM lesen Sie hier.
Platz 2: Aus für den Weltmeister. Ein Schock für die Mannschaft, ein Schock für die Fans: Spanien, Titelverteidiger und Topfavorit, scheidet schon in der Gruppenphase der Fußball-WM aus. Erst gab es ein 1:5 gegen die Niederlande, dann ein 0:2 gegen Chile. Die spanische Zeitung "Marca" fasste es kurz zusammen: "Ende".
Mehr zum Spanien-Aus lesen Sie hier.
Platz 1: van Persies Kopfball-Kunstwerk. Mit seinem Traumtor zum 1:1 gegen Spanien leitete Robin van Persie die Entzauberung des Weltmeisters ein. Die Bilder seines spektakulären Kopfballhebers regten zudem die Fantasie vieler Internetnutzer an. Es wurden Fotomontagen gepostet, etwa mit van Persie im Superman-Umhang. Unter dem Hashtag #persieing posten zudem vor allem Niederländer Fotos, auf denen sie die Pose des Angreifers nachstellen.
Mehr zum Spiel der Niederländer gegen Spanien lesen Sie hier.
Platz 8: Opdenhövels Fifa-Flöten. Im Internet-Livestream der ARD sollte es eine Pause geben, der Ton lief aber weiter. Moderator Matthias Opdenhövel wartete auf die Bekanntgabe des offiziellen "Man of the Match" der Fifa - letztlich ging der Titel an den dreifachen Torschützen Thomas Müller. Opdenhövel bekam diese Information von der Redaktion mitgeteilt. Und reagierte so: "Ist das offiziell, 'Man of the Match'? Ja, du weißt ja nie bei den schwindeligen Fifa-Flöten."
Mehr zur ARD-Panne lesen Sie hier.
Platz 5: Hymnen-Panne vor dem Spiel Frankreich gegen Honduras. Im Stadion Beira-Rio von Porto Alegre wurden vor dem Anpfiff die Hymnen beider Mannschaften nicht abgespielt. Der Grund: ein defektes Tonkabel. Nationalhymnen sind seit der ersten Fußball-WM 1930 fester Bestandteil vor den Spielen. Mit einer Ausnahme: 1966 wurde fast komplett auf die Hymnen verzichtet. Allerdings nicht aus technischen, sondern aus politischen Gründen.
Foto: Mohammed Messara/ dpa