Auszeit Fleischeslüsterne Grillorgie
Schweinegrippe, Neue Grippe, Mexikanische Grippe, Nordamerikanische Grippe - wir sehen uns von einer unüberschaubaren Zahl aggressiver Erreger bedroht. Doch das ist alles Panikmache. Tatsächlich geht es bei diesen vermeintlich vier Influenzaarten um nur einen Grippeerreger, H1N1. Und um eine babylonische Sprachverwirrung.
Denn was meist als "Schweinegrippe" durch den Blätterwald grunzt, darf nicht mehr Schweinegrippe heißen. Zumindest, wenn es nach den Experten geht. Wofür sie Experten sind entscheidet darüber, welchen sprachlichen Ersatz sie stattdessen vorschlagen.
So sprechen Agrarpolitiker der EU künftig nur noch von der "Neuen Grippe". Sie sorgen sich um die Erträge der europäischen Schweinezüchter und wollen deren Vieh nicht mit einer gefährlichen Krankheit in Verbindung bringen. Und das Attribut "neu" ist ja schon deshalb passend, weil es zu H1N1 noch keine EU-Verordnung gibt.
Auch israelische Regierungsvertreter haben ein Problem mit dem Wort "Schweinegrippe". Ihnen stößt auf, andauernd den Namen eines unreinen Tiers in den Mund zu nehmen, wenn es doch nur um eine Epidemie geht. Sie nennen die Erkrankung daher "Mexikanische Grippe". In Mexiko sind nicht nur die ersten Fälle bekannt geworden. Mexiko liegt auch schön weit weg von Israel und gibt der Bevölkerung das Gefühl, die Bedrohung liege in weiter Ferne.
Wissenschaftler arbeiten mit Gewissheiten. Gewiss ist offenbar, dass die Schweinegrippe noch in keinem Schwein nachgewiesen wurde. Schon aus Gründen der Gerechtigkeit sollte diese Spezies also nicht als Influenzaträger diskriminiert werden. Dagegen ist nicht ganz gewiss, ob der Ausgangspunkt des Erregers wirklich in Mexiko liegt. Summa summarum nennen Mediziner H1N1 lieber "Nordamerikanische Grippe". Oder eben H1N1.
Wie die Schweinegrippe unter diesen Umständen überhaupt zu ihrem Namen kam, weiß kein Schwein. Aber so ist das mit Infekten: Sie verbreiten sich wahllos und ohne Grund.
Unsere heutige Auswahl an unterhaltsamen Internetseiten, die zu einer kleinen Auszeit im Büro einladen, ist alles andere als wahllos. Wir haben uns von den Ernährungsfragen infizieren lassen, die sich im Zusammenhang mit dieser Grippe stellen. Damit ihnen die Influenza nicht schweinisch den Appetit verdirbt.
Viel Spaß beim Nachkochen und lassen Sie sich nicht erwischen!
Hahnenkampf mit extrascharfer Soße

http://www.bbqaddicts.com/blog/recipes/bacon-explosion/
BBQ Explosion
Die gute Nachricht zur Schweinegrippe ist, dass man weiter Hackepeter essen darf. Logisch, wenn kein Schwein je Schweinegrippe hatte, gibt es auch keinen Grund, sich an seinen gehackten Überresten anzustecken.
Wer lieber auf Nummer sicher geht, sollte das Fleisch gut durcherhitzen. Wissenschaftler halten zwei Minuten bei 70 Grad für ausreichend. Grillexperten finden das allerdings lächerlich: Die Kohle muss glühen, keine Ahnung, wie heiß, und erst, wenn sich das streng geometrische Muster des Grills tief ins Fleisch gebrannt hat, fängt die Sache an, interessant zu werden.
Das ist ein archaischer Grundkonflikt, Grillzange gegen Reagenzglas. Wer grillt, ist ein ganzer Kerl, und hält Virologen für aseptische Schluffis. Grillen ist Hahnenkampf mit extrascharfer Soße. Was ein echter Grillmeister ist, dessen Testosteronschübe lassen sich auch noch durch die Fettschwaden am Holzkohlebecken erschnuppern.
Im Internet ist dieser Hahnenkampf inzwischen entschieden. Der Blogger "Jason" von der Internetseite "BBQ Addicts" hat ein verehrungswürdiges Maß an Grillpotenz bewiesen, als er dort die Fotodokumentation seines Rezepts "BBQ Explosion" einstellte. Er präsentiert sein viriles Meisterstück, das nicht zufällig fallische Assoziationen weckt, in einer Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Nachbrutzeln.
"BBQ Explosion" ist eine fleischeslüsterne Grillorgie aus einem Kilo Bacon, einem Kilo italienischer Wurst, einer Flasche Grillsoße und beliebigen Mengen Grillgewürz. Dabei werden die Fleischanteile in verschiedenen Erhitzungsstadien engmaschig miteinander verwoben, gerollt und schließlich zu einer großen, fetten, saftigen, herzhaften Cholesterinbombe geformt.
Die handwerklichen Ansprüche an den Grillmeister sind enorm. Sie werden aber noch übertroffen von den gesundheitlichen Ansprüchen an die Verzehrenden. Allein bei der unterhaltsamen Lektüre der Seite haben Versuchspersonen aus unserer Redaktion nachweislich zugenommen.
Für den gut sechs Zentimeter dicken Grillmonolithen muss man mindestens zweieinhalb Stunden Garzeit einkalkulieren. Und wir können versprechen: Ob nordamerikanisch oder schweinisch, das überlebt kein Grippeerreger.
Ist die Pizza vom vergangenen Sommer noch gut?

http://www.stilltasty.com/
Stilltasty.com
Den Fetthammer aus "BBQ Explosion" überlebt allerdings auch kein Wiederholungstäter. Wer sich je über die Kondition seiner Herzkranzgefäße Gedanken gemacht, sollte von regelmäßigem Verzehr absehen.
"Vielleicht ist ja noch was anderes Leckeres im Kühlschrank." Diese Idee führt gerade bei stressgeplagten Städtern oft zu unheimlichen Begegnungen. Mit blühenden Mitbewohnern, die sich der vernachlässigten Esswaren dort bemächtigt haben.
Schlimmer noch ist die Unsicherheit, ob eine Speise noch gut ist oder schon nicht mehr. Gehört der weiße Rand zur Rinde oder ist das bereits Schimmelbefall? Ist das Gemüse noch gut, obwohl es schon etwas schlaff aussieht? Und hat der Italiener, von dem der Pizzarest stammt, nicht vergangenen Sommer seinen Laden dichtgemacht?
Die Seite "Stilltasty.com" hilft bei der Einschätzung. In übersichtlichen Listen wird erklärt, wie lange sich welche Speisen halten, abhängig von den Lagerbedingungen. Dazu ist die Seite so appetitlich illustriert, dass die Blüten des Grauens, die man im eigenen Kühlschrank vorgefunden hat, schnell vergessen sind. Per Suchfunktion kommt man schnell zum gewünschten Gericht, allerdings muss man des Englischen mächtig sein.
Daneben werden grundsätzliche Fragen geklärt: Welche Speisen darf man getrost einfrieren, welche nicht? Wie kann man bei Obst den besten Reifepunkt für den Verzehr erkennen? Welchen Informationswert hat das Haltbarkeitsdatum wirklich? Oder worauf muss man beim Auftauen achten?
Alles Fragen, die nicht allzu wichtig sind, wenn man Schinken zweieinhalb Stunden lang grillt. Aber das macht ja kein Schwein andauernd.
Zur vorigen Auszeit: Wegweiser für knurrende Mägen und das zweite Gesicht