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Auf der mittleren Managementebene ist der Konflikt zwischen Beruf und Familie lösbar Wie Frauen doch Karriere machen

Frauen kosten die Unternehmen mehr als Männer, denn sie bekommen nun einmal die Kinder. Eher und häufiger als Männer riskieren Managerinnen so Brüche und Unterbrechungen in ihrer beruflichen Laufbahn. Schwerer aber als die Wahrscheinlichkeit, daß sich aus diesen Gründen Investitionen in weiblichen Führungsnachwuchs schlechter rentieren, wiegt der Zusammenstoß von männlichen und weiblichen Erwartungshaltungen, geprägt vom traditionellen Rollen Verständnis der Geschlechter. Egal ob Frauen der Familie den Vorzug vor einer stetigen Karriere geben oder ob sie Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen suchen, den Männern mißfällt oft beides: das eine erscheint ihnen "zu männlich", beim anderen vermissen sie "das wirkliche Engagement". Dabei brauchen die Unternehmen angesichts knapper Arbeitsmarktressourcen unbedingt den einen wie den anderen Frauentyp: Die strebsamen Karrierefrauen ohne Familienrücksichten dienen nicht zuletzt Aufsteigerinnen als Leitfiguren. Und die "Karriere-und-Familie-Frauen", mit gezügeltem Ehrgeiz und Freude an der Erziehung ihrer Kinder, können durchaus die Qualität der mittleren Führungsschiene spürbar verbessern. Flexible Arbeitszeitgestaltungen kommen ihnen entgegen.
aus Harvard Business manager 3/1989

FELICE N. SCHWARTZ ist Gründerin und Chefin von "Catalyst", einer nicht-kommerziellen Forschungs- und Beratungsfirma, die in Zusammenarbeit mit Unternehmen den beruflichen Aufstieg von Frauen zu fördern sucht.

Frauen im Management kosten ein Unternehmen mehr als Männer. Das ist eine unbequeme Feststellung - nicht so sehr, weil sie zutrifft, sondern weil die meisten von uns dieses Thema nur ungern berühren. Aus der Untersuchung eines multinationalen Konzerns etwa geht hervor, daß die Fluktuation unter Managerinnen in Spitzenpositionen zweieinhalbmal höher ist als bei ihren männlichen Kollegen. Ein großer Konsumgüterhersteller berichtet, daß die Hälfte der Frauen, die einen Mutterschaftsurlaub nehmen, sehr spät oder gar nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt. Und wir wissen, daß Frauen eher als Männer bereit sind, ihre Karriere zu beenden oder zu unterbrechen; ihrer Entwicklung und ihrem Aufstieg sind mithin Grenzen gesetzt. Dazu halten Frauen sich gewöhnlich gegenüber sexistischen Angriffen zurück und wollen von Konfrontationen oder gar Auseinandersetzungen vor Gericht wenig wissen, indem sie nur selten äußern, was ihnen richtig erscheint. Karriereunterbrechungen, Karriereknicke und Fluktuation sind teuer. Das Geld, das Firmen in Anwerbung, Ausbildung und Förderung des Nachwuchses stecken, bringt bisher ohnehin weniger weibliche als männliche Manager hervor. Und die unschätzbaren Erfahrungen, die zukünftige Spitzenkräfte bei ihrem Aufstieg durch das Management auf allen Ebenen sammeln, gehen Frauen weit häufiger verloren. Ich bin sicher, die erwähnten Untersuchungen bilden nur einen Anfang. Aber auch bei weiteren wird sich bestätigen: Frauen kosten einfach mehr. Aber da gibt es noch eine andere verblüffende Tatsache: Diese höheren Kosten sind nicht zwangsläufige Folge unabänderlicher geschlechtsspezifischer Unterschiede. Frauen sind anders als Männer, schon wahr, aber was sie für die Unternehmen so teuer macht, ist der Zusammenprall ihrer Empfindungen, Einstellungen und Verhaltensweisen mit denen der Männer, das heißt, mit den Regeln und Praktiken männlich geführter Unternehmen. Es kommt darauf an, daß die Arbeitgeber aus den jetzt durchgeführten Untersuchungen die richtigen Schlußfolgerungen ziehen. Sie wären nutzlos und sogar schädlich gewesen, wenn sie nur Belege geliefert hätten dafür, daß Frauenarbeit eben kostspieliger ist. Nein, wir müssen lernen, solche Kosten zu reduzieren, der Vergeudung von Investitionen in befähigte Frauen ein Ende machen und mehr auf die Bedürfnisse der Frauen eingehen, die die Unternehmen beschäftigen müssen, wenn sie wirklich die besten und begabtesten für sich gewinnen wollen, die jetzt auf den Arbeitsmarkt treten. Für die Unternehmen spielt der Unterschied der Geschlechter eine Rolle in doppelter Hinsicht: Zum einen geht es um das Phänomen der Mutterschaft und zum anderen um die Traditionen und Erwartungen, die Männer wie Frauen immer noch hegen. Mutterschaft ist eher eine Sache der Biologie als der Kultur. An dem Umstand selbst ist nichts zu ändern, aber wir können seine Auswirkungen am Arbeitsplatz und seinen in vielen Fällen negativen Einfluß auf die berufliche Entwicklung der Frauen erheblich einschränken. Das läßt sich erreichen, sofern wir uns auch damit befassen, wie weibliche und männliche Sozialisation in unserem Kulturkreis abläuft. Es sind die Unterschiede bei der Erziehung, die heute die Kosten der Mutterschaft unnötig in die Höhe treiben und dafür sorgen, daß eine relativ geringfügige Unterbrechung der Berufstätigkeit zu einem schwerwiegenden Problem für das Unternehmen und zum Scheitern der Karriere für die betroffene Frau führen kann. Wenn wir je das Kostengefälle zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten beseitigen wollen, dann müssen wir uns damit befassen, was geschieht, sobald weibliche Sozialisation mit männlicher Unternehmenskultur (beziehungsweise den von Männern aufgestellten Karriereregeln) zusammentrifft - Fragen entstehen dabei, zu Benehmen und Stil, Erwartungshaltungen, Klischees und Vorurteilen, sexuellen Spannungen und Belästigungen, weiblicher Klugheit, Mobilität, Bezahlung und rechtzeitiger Talenterkennung.

Einzig unabänderlich ist bloß die Tatsache, daß allein Frauen Kinder bekommen. Aber Mutterschaft bedeutet nicht nur Geburt, sondern einen längeren Prozeß. Mit dem Innewerden des Tickens einer biologischen Uhr beginnt er, setzt sich fort in Schwangerschaft und Niederkunft, gefolgt von der Phase körperlicher Erholung und psychischer Neuorientierung, der Zeit des Stillens mit Gefühlen von Verpflichtung und Verantwortung und endlich der Zeit, in der das Kind heranwächst. Natürlich entscheiden sich nicht alle Frauen für ein Kind, und auch unter denen, die es tun, variiert dieser Ablauf von Fall zu Fall, je nach den Gegebenheiten. Lange bestimmte das biologische Faktum Mutterschaft die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern. Doch inzwischen wurden die Familien kleiner und die soziale Gemeinschaft übernahm zunehmend auch Aufgaben zur Versorgung und Erziehung der Kinder; heute vermindern moderne Haushaltstechnik und Fertiggerichte die häusliche Arbeitsbelastung erheblich, und auch am Arbeitsplatz ersetzt Technik immer mehr die Muskelkraft. Obwohl nur das Gebären der Kinder geschlechtsspezifisch geblieben ist, werden Jungen und Mädchen weiterhin auf die Übernahme ihrer traditionellen Rollen hin erzogen. Ob Männern und Frauen nun irgendwelche innerlichen Veranlagungen zu diesen herkömmlichen Rollen eingeboren sind oder nicht - Männern die Neigung zu Aggressivität, Konkurrenzverhalten, Selbstsicherheit, Risikobereitschaft, Frauen eher der Hang zu Hilfsbereitschaft, Erziehen-Wollen, Intuition, Sensibilität und Umgänglichkeit -, unabhängig davon sind beide Geschlechter prinzipiell zu all diesen Verhaltensweisen fähig. Tatsächlich beginnen sich inzwischen weibliche und männliche Rollen zu erweitern und einstige Grenzen zwischen ihnen verschwinden. In den kommenden Jahrzehnten, wenn die Sozialisation der Jungen und Mädchen aufgrund der Erfahrungen und Erwartungen junger Männer und Frauen von heute zunehmend androgynen Charakter erfährt, werden wohl auch die Unterschiede zwischen weiblichem und männlichem Verhalten und den Empfindungen am Arbeitsplatz abnehmen. Lassen Sie mich das anhand einiger grober Verallgemeinerungen illustrieren. Natürlich benutze ich dabei Klischees, aber sie verdeutlichen doch die vielfältigen Vorurteile, die das Betriebsklima so häufig trüben. Noch immer betrachten Männer Frauen als Erzieherinnen ihrer Kinder; daher finden sie es normal, ja sogar naturgemäß, wenn Frauen ihre Karriere aufgeben, um sich ganz und gar der Familie zu widmen. Edmund Pratt, Topmanager bei Pfizer, fragte mich einmal allen Ernstes: "Warum sollte denn eine Frau lieber Finanzchef sein wollen als rund um die Uhr Mutter?" Indem Männer traditionelles weibliches Rollenverhalten nachsichtig und beifällig aufnehmen, verstärken sie es noch. Nicht bloß, daß sie die Elternrolle als etwas grundsätzlich Weibliches, die Karriere dagegen als etwas fundamental Männliches ansehen, für Männer gibt es zudem nur ein Entweder-Oder: eine ununterbrochene Kette von Beförderung und Aufstieg bis zur höchsten Führungsebene oder aber Stillstand und Frust. Diese Einstellung trägt dazu bei, den Entschluß einer Frau, längeren Mutterschaftsurlaub zu nehmen oder sich sogar, wenn sie es sich leisten kann, für ein paar Jahre aus dem Berufsleben auszuscheiden, für völlig in Ordnung zu halten. Umgekehrt wissen jene Männer, die nach der Geburt ihres Kindes nicht abgeneigt wären, für eine Weile zu Hause zu bleiben, ziemlich genau, daß ihre Vorgesetzten das als mangelnden Einsatzwillen für die Firma interpretieren würden. Frauen bringen ihrerseits kontraproduktive Erwartungen und Vorstellungen mit an den Arbeitsplatz. Obwohl die Frauenbewegung dem Streben nach Los-von-Haus-und-Herd viel Nachdruck gab, genossen die meisten Frauen ironischerweise bereits bemerkenswert viele Freiheiten. Zwar besaßen sie zahlreiche Verpflichtungen, aber sie konnten doch selbständig entscheiden, wie und wann sie ihnen nachkommen. Und wenn die Kinder erst einmal groß und aus dem Hause waren, blieb es Frauen im Prinzip freigestellt, was sie mit ihrem Leben anfangen. Denn die traditionelle Frauenrolle schloß auch Freiheit von der Verantwortung ein, für den Familienunterhalt aufkommen zu müssen. Viele von uns wuchsen in der Vorstellung auf, daß es die Aufgabe unserer Ehemänner sein werde, für uns zu sorgen. So wie dieses tradierte Bewußtsein von Freiheit in Frauen unterschwellig fortlebt, neigen sie zu dem Gefühl, Arbeitsplatz und Karriere seien nach Belieben wählbar, und ganz nach Wunsch könnten sie Urlaub nehmen oder ihre Arbeitszeit verkürzen. Es entspricht aber auch der traditionellen Rollenzuschreibung, daß alle Welt bei den Frauen darauf sieht, wie die Entwicklung ihrer Kinder verläuft. Dies erklärt vielleicht auch, warum die meisten Frauen in ihrem Beruf immer noch mehr suchen als bloß finanzielle Belohnung - sie wollen etwas vollbringen, was ihnen persönlich etwas gibt und gesellschaftlich etwas bedeutet. Auch deshalb verlassen Frauen häufiger als Männer die Firma auf der Suche nach einem neuen Lebenssinn. Die traditionellen Haltungen von Männern und Frauen gleichermaßen fördern jene unsichtbaren Barrieren, die dem Aufstieg von Frauen über das mittlere Management hinaus entgegenstehen. Mancher Topmanager ist überzeugt, Frauen seien für Spitzenpositionen einfach ungeeignet, andere Manager fühlen sich in dieser Frage hilflos. Wenn sie sehen, daß selbst hochgeschätzte weibliche Manager nach dem Mutterschaftsurlaub nicht zum vereinbarten Termin zurückkehren, oder wenn sie bemerken, daß die Karriere einer sehr vielversprechenden Mitarbeiterin nach der Geburt eines Kindes stagniert, so fürchten sie sogleich, nichts werde in ihrer Macht stehen, um diesen Frauen neue Energie und neuen Enthusiasmus zu vermitteln und sie zum Bleiben zu überzeugen. Sie wissen aber auch, daß sie nichts gegen den Ansturm der Frauen auf Führungspositionen tun können. Als weitere Folge der geschlechtsspezifischen Rollenunterschiede sehen sich alle berufstätigen Frauen vor die Alternative gestellt: entweder alle Kraft der Karriere oder Suche nach einem Ausgleich zwischen Karriere und Familie. Die männliche Unternehmenskultur, das wird ihnen dabei bewußt, kommt weder der einen noch der anderen Möglichkeit entgegen. Frauen, die ihre beruflichen Verpflichtungen mit denen in der Familie auszubalancieren suchen, erscheinen den Unternehmen nicht engagiert genug; Frauen, die Männern gleich ein aggressives Konkurrenzverhalten an den Tag legen, gelten schnell als hart und unweiblich. Aber die Wirtschaft braucht alle talentierten Frauen, die sie bekommen kann. Darüber hinaus haben die Karrierefrauen und die Frauen, die ich "Karriere-und-Familie-Frauen" nenne, einen jeweils ganz eigenen, besonderen Wert für die Unternehmen. Frauen im Beruf bewegen sich inzwischen nicht mehr auf einem Käufer-, sondern einem Verkäufermarkt. Das zeigt die Arbeitskräftestatistik in vielen westlichen Staaten. Frauen sind nicht länger nur ein Reservoir an gelegentlich kreativen Talenten, Dorn im Auge der Chefs oder Anlaß für Frustrationen bei Topmanagern, die ihr langsames Einsickern in Führungspositionen um einiges beunruhigt. Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage öffnet sich stärker und der Konkurrenzkampf um Managertalente wird härter. Inzwischen drängen auch die Frauen in die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge und weibliche Betriebs- und Volkswirte machen rund ein Viertel bis ein Drittel aus.

Unter den Führungstalenten sind einfach immer mehr Frauen. Ein Unternehmen, das in diesen Tagen unbedingt die gleiche Anzahl männlicher Betriebswirte einstellen möchte wie vor Jahren, wird viel tiefer in dem Talenteteich fischen müssen, während sich Mitbewerber gleichzeitig die Besten zu angeln suchen, egal ob männlich oder weiblich. Unter diesen Umständen fallen Managementpositionen zunehmend Frauen zu. Offen bleibt nur, wie erfolgreich sie sein, wie lange sie ihre Berufstätigkeit ausüben, wie hoch sie aufsteigen werden. Und können sie einlösen, was sie versprechen, das heißt ihr Leistungsvermögen ausschöpfen ? Wie groß wird der Vorteil sein, den Unternehmen aus ihren Investitionen in die Ausbildung und Förderung der Frauen ziehen? Geschäftliche Gründe gibt es genug, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß möglichst viele dieser Frauen ihr Ziel erreichen. Der erste Schritt auf diesem Weg ist die Erkenntnis, daß sie nicht alle gleich sind. Sie sind Einzelwesen genau wie die Männer, mit unterschiedlichen Begabungen, Zielen und Motivationen. Zum Zweck der Vereinfachung will ich nur auf die beiden Persönlichkeitstypen eingehen, die ich zuvor "Karrierefrauen" und "Karriere-und Familie-Frauen" genannt habe. Wie viele Männer geben auch manche Frauen der Karriere absolut den Vorrang. Für ihren Ehrgeiz nehmen sie die gleichen Einschränkungen in Kauf wie Männer, die zur Spitze gehören wollen. Sie entscheiden sich für den Beruf, leisten Überstunden, bringen Opfer in ihrem Privatleben und nutzen jede Chance zum beruflichen Fortkommen. Für Frauen bedeutet dieser Entschluß natürlich auch, als Single oder zumindest doch kinderlos zu leben - oder, falls Kinder da sind, sich damit abzufinden, daß sie von anderen erzogen werden. Mit diesen Frauen erfolgreich umzugehen, bedeutet, ihre Qualitäten rechtzeitig zu erkennen, sie zu akzeptieren und alle künstlichen Barrieren auf dem Weg nach oben beiseite zu räumen. Denn die besten dieser Frauen gehören zu den talentiertesten Führungskräften überhaupt. Daneben besitzen Karrierefrauen für das Unternehmen noch eine ganz spezielle Bedeutung, die Männern und anderen weiblichen Mitarbeitern nicht zukommt: Sie können dem ehrgeizigen, weiblichen Nachwuchs Vorbild sein. Da es für aufstrebende karriereorientierte Frauen immer noch zu wenige Identifikationsfiguren gibt, die sie motivieren oder inspirieren könnten, ist ein Unternehmen, das auch von Frauen geleitet wird, im Wettbewerb um die besten Führungstalente gewaltig im Vorteil. Die Männer an den Spitzen der Unternehmen - die meisten über 55, mit Ehefrauen, die zumeist dem traditionellen Frauenbild entsprechen - finden Karrierefrauen häufig "maskulin" und akzeptieren sie nur widerstrebend als Kolleginnen. Diese Männer haben das Wesentliche nicht begriffen, und das besteht nicht darin, daß diese Frauen wie Männer sind, sondern daß sie wie die besten Männer des ganzen Unternehmens sind. Und da es von "den Besten" nicht sehr viele gibt, sollte das Geschlecht absolut keine Rolle bei Personalentscheidungen spielen. Es wäre völlig kontraproduktiv, die Qualitäten eines weiblichen Führungstalents zu mißachten, die für das Unternehmen von größtem Nutzen sein könnten und die einen Mann ohne weiteres in den Chefsessel hieven würden. Wenn Sie einer Karrierefrau in Ihrem Unternehmen den Weg nach oben ebnen wollen, sollten Sie vier Maßregeln befolgen: 1. Finden Sie bald heraus, wer alles in Frage kommt. 2. Geben Sie diesen Frauen die gleiche Chance wie Ihren begabten männlichen Mitarbeitern - sich zu qualifizieren und weiterzuentwickeln und zur Rentabilität des Unternehmens beizutragen. Übertragen Sie ihnen Entscheidungskompetenzen gegenüber Klienten und Kunden. Erwarten Sie Bereitschaft zu häufigen Reisen und Ortswechseln, erwarten Sie von ihnen genauso viel Einsatz für die Firma wie von Ihren männlichen Führungsaspiranten. 3. Akzeptieren Sie sie als wertvolle Mitglieder Ihres Führungsteams. Beziehen Sie sie in alle Vorgänge ein. Hören Sie ihnen zu. 4. Begreifen Sie, daß das Arbeitsumfeld für Frauen schwieriger und mit mehr Stress verbunden ist als für ihre männlichen Kollegen. Frauen sind immer in der Minderheit, oft gibt es nur eine einzige Frau unter Männern. Die männliche Haltung begabten, ehrgeizigen Frauen gegenüber ist bestenfalls ambivalent, eine Mischung aus Bewunderung, Ablehnung, Verwirrung, Konkurrenzempfinden, Anziehung, Skepsis, Furcht, Stolz und Feindseligkeit. Frauen können sich nie ganz sicher sein, ob sie korrekt gekleidet sind und sich richtig verhalten, ob sie offen reden oder nur lächeln und ihre Meinung für sich behalten sollen, wenn sie Diskriminierungen, Klischees, sexuellen Belästigungen und Bevormundungen begegnen (man denke nur, wie Umgang und Reisen mit männlichen Kollegen und Kunden mißdeutet werden können). Der wachsende Druck, dem jeder Aufsteiger normalerweise ausgesetzt ist, wirkt bei Frauen noch stärker, eben weil sie Frauen sind. Sprachliche Stereotypen und sexistisches Verhalten im Arbeitsalltag belasten Frauen sehr, die Karriere machen wollen. Nur wenige männliche Führungskräfte registrieren überhaupt, wie männliche Führungskräfte registrieren überhaupt, wie verbreitet es ist, Frauen beim Vornamen zu nennen, während Männer im gleichen Zusammenhang mit dem Nachnamen angesprochen werden. Sie sehen auch nicht, wie oft weibliche Manager für Sekretärinnen gehalten und wie oft sie von den rein männlichen Zusammenkünften, in denen es um Geschäfte geht, ausgeschlossen werden. Mit einigen erfreulichen Ausnahmen fühlen sich Männer in männlicher Gesellschaft wohler, und so verpassen Frauen viele der für die Karriere und das Geschäft nützlichen Gelegenheiten, die sich beim Lunch, auf dem Golfplatz oder im Umkleideraum ergeben.

Die Mehrheit der weiblichen Manager ist jedoch vom Typus "Karriere-und-Familie-Frauen". Sie sind ein kostbares Reservoir, das noch lange nicht ausgeschöpft ist. Viele dieser Frauen sind kreativ und begabt und meistens bereit, einen Teil ihrer Karriere und ihrer Bezüge gegen die Freiheit einzutauschen, nicht unaufhörlich Überstunden machen und noch am Wochenende arbeiten zu müssen. Unternehmen verhalten sich heute im Schnitt bestenfalls ambivalent gegenüber diesen Frauen in ihrem Management. Sie sehen am liebsten, wenn alle Beschäftigten bereit sind, sich dem Unternehmen ungeteilt zu widmen, glauben sie doch, daß dies im besten Interesse aller Führungskräfte liegt, die an die Spitze wollen, um so den unternehmenseigenen Pool an Führungskräften möglichst groß zu halten. "Wenn Sie beides haben, Talent und Motivation", scheinen manche Arbeitgeber zu sagen, "dann bringen wir Sie nach oben: Falls Ihnen die Motivation fehlt, falls sie weniger Druck und größere Flexibilität wollen, dann sind Sie hier fehl am Platze und können den Jüngeren Platz machen." Diese Unternehmen begehen zwei Fehler. Zum einen verhindern sie, daß sich die Aufwendungen für die Ausbildung und die praktische Schulung der Managerinnen, die sich für ihren Beruf und ihre Familie entschieden haben, amortisieren. Zum anderen erkennen sie nicht, was diese Frauen gerade auf der mittleren Managementebene leisten können, wo die Positionen meist mit Leuten besetzt sind, die sich entweder auf dem Weg nach oben befinden oder hier "hängengeblieben" sind. Manche von ihnen haben einfach ihre Grenzen erreicht, ihre Stellung entspricht oder übersteigt sogar ihre Fähigkeiten. Sie verursachen Probleme, wenn sie trotz mittelmäßiger Leistung noch weiter aufsteigen wollen. Die Karriere-und-Familie-Frau dagegen möchte den Druck und die Anforderungen, die mit einem weiteren Aufstieg verbunden wären, gegen die Freiheit eintauschen, mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Sie ist sehr gescheit, sie ist begabt, sie ist engagiert. Und sie ist mit einer Aufgabe im mittleren Management zufrieden, jedenfalls solange, wie die Kinder noch klein sind und Zeit beanspruchen. Vergleichen Sie eine solche Frau mit denen, die jetzt dort arbeiten. Betrachten wir als typisches Beispiel eine Frau, die sich im College für eine Unternehmenskarriere entscheidet und ihre Arbeit im Management mit 22 Jahren beginnt. Neun Jahre investiert das Unternehmen in ihre Karriere, sie sammelt Erfahrung, erwirbt Kompetenz und steigert beständig ihre Leistung. Aber mit 31, gerade als sich diese Investition ernsthaft auszuzahlen beginnt, entscheidet sie sich für ein Kind. Kann das Unternehmen es sich nun erlauben, sie gehen, eine andere Arbeit suchen oder sich selbständig machen zu lassen? Die übliche Antwort: Ja, das Unternehmen kann das; sie sollte gehen dürfen, sofern sie nach sechs oder acht Wochen oder auch drei Monaten Mutterschaftsurlaub zurückkommt, um mit der gleichen Energie, dem gleichen Engagement und Ehrgeiz wie zuvor erneut voll zu arbeiten. Was aber, wenn sie das nicht tut, wenn sie sich für sechs Monate, ein Jahr oder, der Himmel möge es verhüten, für fünf Jahre beurlauben lassen möchte? In diesem schlimmsten aller möglichen Szenarios hätte sie vom 22. bis 31. und vom 36. bis 65. Lebensjahr voll gearbeitet - das ergibt eine Summe von 38 Jahren, im Gegensatz zu den bei Männern üblichen 43 Jahren. Ein gewaltiger Unterschied ist das wahrlich nicht. Darüber hinaus ist die Frau in meinem Beispiel sogar willens, in den ersten Jahren ihrer Mutterschaft Teilzeitarbeit zu leisten, wenn der Arbeitgeber ihr nur die Möglichkeit dazu einräumt. Unternehmen, die auf solche Wünsche eingehen, werden auf zweifache Weise belohnt: Sie binden ihre besten Mitarbeiterinnen an sich, und sie verbessern Leistung und Arbeitsatmosphäre im mittleren Management. Die tüchtige Karriere-und-Familie-Frau kann in Ihrem Unternehmen eine maßgebliche Rolle spielen. Und wenn Sie es geschafft haben, sie an das Unternehmen zu binden, ändert sie womöglich nach einigen Jahren auch ihre Meinung und ist im Wettlauf zur Spitze plötzlich wieder dabei. Um diese Frauen zu halten, sollten Sie dreierlei tun: Sie müssen für die Zeit der Mutterschaft richtig vorplanen, Sie müssen die Flexibilität schaffen, die diesen Frauen die größtmögliche Produktivität erlaubt, und ferner sollten Sie sich für Unterstützungsmaßnahmen und eine gute, erschwingliche, allen Frauen zugängliche Kinderbetreuung einsetzen. Schlüssel für den Umgang mit den Problemen, die sich aus der Mutterschaft ergeben, ist, daß Sie den Wert erkennen, den qualifizierte Frauen für Ihr Unternehmen haben. Dazu ist vor allem eine aufrichtige Partnerschaft zwischen der Frau und ihrem Chef erforderlich. Ich weiß, es ist oft schwierig, das zu erreichen. Keine Frau kann mit Bestimmtheit sagen, wann sie nach dem Urlaub ihre Arbeit wieder aufnehmen kann; viele Gründe können die Zeit ihrer Abwesenheit ungewollt in die Länge ziehen (gesundheitliche Probleme, ein krankes Baby, eine komplizierte Familiensituation). Und natürlich bereitet ihr Fehlen, so sie eine wertvolle Führungskraft ist, dem Unternehmen Probleme. Geht es also darum, eine Regelung zu treffen, mit der beide Seiten leben können, so ist es wichtig, konkrete Fragen zu stellen, damit Unsicherheit und Ängstlichkeit abgebaut werden und ein gewisser Grad von Kalkulierbarkeit entsteht. Die Fragen können sich auf alles beziehen, auf das Familieneinkommen, darauf, was sich die Frau zutraut, auf die Möglichkeiten der Kinderbetreuung und auf die Bedeutung der Karriere.

Wenn Sie Frauen, die ihre Karriere mit Familie und Kindern vereinbaren möchten, an das Unternehmen binden wollen, müssen Sie ihnen die Bewegungsfreiheit und Unterstützung gewähren, die sie für eine effektive Arbeit brauchen. Zeit in der Firma erhöht nur dann die Produktivität, wenn sie sinnvoll genutzt wird. Der Umstand aber, daß die Hauptverantwortung für die Kinder noch immer Frauen zufällt, führt dazu, daß sie zerstreut, abgelenkt, ängstlich und relativ häufig abwesend sind - ganz zu schweigen von den Schuldgefühlen, unter denen fast alle berufstätigen Mütter leiden. Viele Frauen, vielleicht die meisten der Managerinnen, leiden auch darunter, daß sie in der Zeit, wo ihre Kinder Babies sind, weder zu Hause noch im Beruf ihre volle Leistung bringen können. In ihrer einfachsten Form bedeutet Bewegungsfreiheit, daß sich Frauen beurlauben lassen können - für einige Stunden, einen Tag, eine Woche - oder daß sie Arbeit teilweise zu Hause, teilweise in der Firma erledigen können, eine Regelung, der die moderne Kommunikationstechnologie zunehmend entgegenkommt. Eine komplexere Variante von Bewegungsfreiheit sind Arbeitszeitregelungen, die den Frauen Teilzeitarbeit erlauben und den Arbeitgebern gestatten, die wertvollen Erfahrungen dieser Frauen weiterhin zu nutzen und - bei guter Planung - von ihren Höchstleistungen zu profitieren. Teilzeitverträge sind der stärkste Anreiz für Frauen, rasch wieder in den Beruf zurückzukehren. Derartige Regelungen werden auch von den Frauen selbst am meisten gewünscht. Eine Arbeit auf Teilzeitbasis versetzt sie in die Lage, die Verantwortung für entscheidende Bereiche ihrer Tätigkeit zu behalten; sie bleiben damit stets auf dem neuesten Stand der Entwicklung in ihrem Beruf und an ihrem Arbeitsplatz, erfahren weniger Stress und Überbelastung, und die Notwendigkeit eines bezahlten Erziehungsurlaubs entfällt meist, da viele Frauen auf diese Weise sofort nach Beendigung des Mutterschaftsurlaubs an die Arbeit zurückkehren können. Und nicht zuletzt kann die Möglichkeit der Teilzeitarbeit die Loyalität gegenüber dem Unternehmen erheblich steigern. Die Teilzeitlösung funktioniert besonders gut, wenn die Arbeitsbelastung für eine einzelne Mitarbeiterin in der Abteilung reduziert werden kann oder wenn eine Ganztagsarbeit nach verschiedenen Aufgabenbereichen aufgeteilt und zwei Personen zugeordnet wird, die unterschiedlich qualifiziert sind und bezahlt werden. Ich glaube, daß Job-Sharing die vielversprechendste Lösung ist und zukünftig die meistverbreitete Form flexibler Arbeitszeit sein wird. Sie ist auf jeder Unternehmensebene kurz- und auch langfristig machbar, außer an der Unternehmensspitze. Bei den meisten Managern leuchten freilich zwei rote Warnlampen auf, wenn sie das Wort Job-Sharing hören: Sie sehen die Stetigkeit des Arbeitsablaufes und der Kundenkontakte gefährdet. Der Verlust an ersterem läßt sich verhindern, indem beide Beteiligte Verantwortung tragen und alle auftauchenden Fragen miteinander besprechen. Was den Kontakt zu Kunden angeht, so ist zu sagen: Ja, Job-Sharing erfordert ein Umdenken und Zeit zum Umgewöhnen. Aber alle Betroffenen, Kunde wie verantwortlicher Abteilungsleiter, werden sehr bald die Vorteile von zwei Kontaktpersonen zu schätzen wissen: Der Kunde kann jederzeit Verbindung zu einem Repräsentanten des Unternehmens finden, denn Urlaubs-, Reise- oder krankheitsbedingte Unterbrechungen entfallen; die zwei, die sich den Job teilen, können immer füreinander einspringen. Daß ständig einer von ihnen greifbar sein muß, kann zur Vorbedingung für eine solche Job-Sharing-Vereinbarung erhoben werden. Bewegungsfreiheit ist in mancher Hinsicht teurer. Sie erfordert mehr Absprachen zur Koordination und Arbeitsabwicklung, mehr Büroraum und etwas höheren Aufwand für die Sozialleistungen (obwohl diese durch flexible Sozialpläne, anteilige Sozialleistungen und in Familien mit zwei Gehältern durch die Vermeidung doppelter Leistungen eingedämmt werden können). Aber die Vorteile einer geringeren Fluktuation und eine steigende Produktivität infolge vermehrter Energien und einer höheren Kräftekonzentration gleichen die Kosten aus.

Beachten Sie aber einige Fingerzeige: * Wählen Sie sorgfältig aus, wem Sie diese Flexibilität zugestehen. Ich denke ja nicht an private Arrangements, die von individuellen Abneigungen und Vorlieben abhängen mögen, sondern an eine Firmenmaßnahme, die nur den Besten bewegliche Arbeitszeiten ermöglichen soll. * Machen Sie deutlich, daß in der Regel Beförderungen und Gehaltserhöhungen für die, die längeren Urlaub nehmen oder Teilzeitverträge haben, entsprechend niedriger ausfallen beziehungsweise seltener genehmigt werden als für alle, die ganztägig arbeiten. Die meisten Karriere-und-Familie-Frauen akzeptieren das ohne weiteres. * Sprechen Sie über die Nachteile und über die Vorzüge. Nehmen Sie in Kauf, daß Ihnen Ungerechtigkeit vorgeworfen wird. Machen Sie deutlich, was eine halbe Stelle heißt: die Hälfte der Zeit, die für die Arbeit benötigt wird und nicht lediglich die Hälfte von 35 oder 40 Stunden. Eine Frau, die rechtzeitig zu ihrem Kind nach Hause möchte, ist stark motiviert, ihre Zeit im Büro effektiv zu nutzen und Arbeit, die ebensogut zu Hause erledigt werden kann, mitzunehmen. Die qualifizierte, berufstätige Frau, die auf nichts im Leben verzichten will, bringt außerordentliche Leistungen, wenn sie ihre Prioritäten sorgfältig setzt und ihre Energie mehr auf Ziele als auf den sagenhaften 15-Stunden-Tag richtet. Zu dem Zeitpunkt, zu dem diese berufstätigen Frauen ihre ersten Kinder bekommen - im Schnitt mit 31 Jahren -, haben sie schon neun Jahre lang viele Stunden am Schreibtisch, auf Reisen und bei Umzügen verbracht. Und in ihrem Fall entspricht zeitliche Bewegungsfreiheit dem, was ihnen als zielorientierte Verantwortung vertraut geworden ist. Familienförderung schließt neben Mutterschaftsurlaub und flexibler Arbeitszeit für Frauen auch die Möglichkeit des Erziehungsurlaubs für Männer ein. Dazu kommen bei Versetzungen Umzugshilfen für Alleinerziehende und berufstätige Elternpaare sowie eine Reihe abgestufter Sozialleistungen. Aber am wichtigsten ist die Kinderbetreuung. Heute, da Frauen die Hälfte aller Berufstätigen und eine wachsende Zahl von Führungskräften ausmachen, ist die Frage, ob ein Unternehmen sich um die persönlichen Angelegenheiten seiner Angestellten kümmern sollte, keine philosophische mehr, sondern eine praktische. Das ist natürlich schwierig, denn die Qualität von Kinderbetreuung hat fast nichts mit Technologien, Erfindungen oder Rentabilität zu tun, dafür mehr mit der Güte des Betreuungspersonals und dem Zahlenverhältnis zwischen Betreuern und Kindern. Die Kosten hier stehen fest und einzusparen ist da nichts. Nur gemeinsam mit Regierung und öffentlicher Hand können Firmen dazu beitragen, die große Anzahl und Vielfalt von Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen, die ihre Beschäftigten brauchen. Bis vor kurzem reagierten Unternehmen auf die Wünsche von Frauen eher symbolisch oder kosmetisch, zum großen Teil aus dem Motiv, Rechtsstreitigkeiten oder Bußgelder zu vermeiden. In manchen Fällen wurden die Unternehmen auch geleitet von einem ehrlichen Gefühl für Fairness und einer vagen Besorgnis oder Enttäuschung über das Fehlen von Frauen wenigstens im mittleren Management. Die allgemein üblichen Maßnahmen hatten jedoch meist übereilten, allzu simplen und zudem höchst durchsichtigen Charakter - Informationsservice über Möglichkeiten einer Kinderbetreuung, dreimonatiger Elternurlaub für Frauen wie Männer, Berufung einer Frau in den Vorstand. Als ich vor 26 Jahren diese Probleme zum ersten Mal zu diskutieren begann, gelang es mir manchmal, einen Termin mit dem Assistenten des Assistenten des Personalchefs zu bekommen, und auch dies nur als reinen Akt der Höflichkeit. In den verflossenen zehn Jahren konnte ich führende Manager vieler großer Konzerne treffen und beobachten, wie sie sich mit Ideen auseinandersetzen mußten, an die sie zuvor nicht einmal gedacht hatten. Doch diese neue Bereitschaft war bis vor kurzem meist nicht von Dauer. Gegenüber den drängenden, kurzfristig zu lösenden Sorgen blieb die Frauenfrage immer nachrangig. Seit einigen Monaten registriere ich jedoch einen erneuten Wandel. Manche Geschäftsführer und Topmanager ergreifen plötzlich die Initiative. Sie rufen an und bitten uns, ihnen zu zeigen, was sie aktiv tun können, um Frauen anzuwerben, zu fördern und an das Unternehmen zu binden. Ich sehe in diesem Schwenk eher eine Reaktion auf unternehmerische Zwänge, die Sorge um zukünftigen Gewinn und Führungsfähigkeit, denn einen Ausdruck von Unbehagen über die Rechtslage, Sympathie für die Forderungen der Frauen oder gar des Wunsches, zu handeln, wie es gerecht und fair wäre. Ein derart geschäftsbezogenes Denken kann unterschiedlich motiviert sein. Manche Unternehmen möchten Frauen in die oberen Ränge plazieren, weil sie dort Vorbild für ihre Geschlechtsgenossinnen darunter sind und Leitsterne für den begabten weiblichen Nachwuchs. Andere Unternehmen wollen bei all ihren Beschäftigten, Kunden, Klienten und Aktionären in einem guten Licht erscheinen - lauter ehrenwerte Motive. Aber ich glaube, daß die Firmen, die Wettbewerbsvorteile erreichen wollen, die bestmotivierten sind - in einer Zeit, da Talent und Kompetenz zunehmend knapp werden. Diese Unternehmen sind jetzt bereit, ihre ablehnende Haltung gegenüber Frauen aufzugeben und ohne Vorurteile an die Probleme heranzugehen. Jetzt, da die Beschäftigung weiblicher Manager immer stärkeres Interesse findet, schlage ich den Unternehmen dazu vier Maßnahmen vor: 1. Sammeln Sie alle Daten über Ihre Erfahrungen mit Frauen im Management, solche über Fluktuation, Dauer und Häufigkeit von Mutterschaftsurlauben, über die erreichten Positionen, die Auskunft über Art der Anstellung und der Leistung geben. 2. Korrelieren Sie diese Daten mit Faktoren wie Alter, Familienstand, Anzahl und Alter der Kinder, und versuchen Sie zu analysieren, welchen Weg diese Frauen aus welchen Gründen wählen. 3. Sammeln Sie Daten über die Erfahrung der Managerinnen in Ihrem Unternehmen und darüber, wie sie von beiden Geschlechtern beurteilt werden. 4. Führen Sie eine Kosten-Nutzen- Analyse in bezug auf die Rentabilität Ihrer Investitionen in qualifizierte weibliche Manager durch. Schlüsseln Sie auch auf, was Sie die unerwünschten Reaktionen dieser Frauen kostet und wie hoch die potentiellen Kosten korrektiver Maßnahmen sind. Falls der Wert der Managerinnen für Ihr Unternehmen höher ist als die Kosten ihrer Anwerbung, Ausbildung und Förderung - und natürlich meine ich, daß das der Fall ist -, dann werden Sie alles tun, um sie dem Unternehmen zu erhalten. Heute sind wir von jenen Zeiten weit entfernt, in denen die herrschende männliche Weisheit es für natürlich hielt, daß Frauen nicht intelligent genug sind, um im Geschäftsleben Erfolg zu haben. Jahrzehntelang glaubten sogar die Frauen selbst, sie könnten es nicht schaffen, da sie eben nicht wie Männer seien und ihre Gaben nicht ausreichten. Jetzt aber, wo Frauen sich mit den Männern auf den verschiedensten Gebieten messen und offensichtlich jede im Unternehmen geforderte Leistung bringen können, jetzt werden wir alle es auch wagen können, die Tatsache zu würdigen, daß Frauen und Männer nicht gleich sind.

Wenn die Anstellung von Frauen per saldo teurer ist als die von Männern, so sind Frauen heute imstande, dieses Faktum anzuerkennen - sie wissen, daß ihr Nutzen für die Arbeitgeber diese zusätzlichen Kosten bei weitem übersteigt. In ihren natürlichen Fähigkeiten sind Frauen den Männern schon immer ebenbürtig gewesen, und in wenigen Jahren werden sie den Männern im Bereich der Wirtschaft auch zahlenmäßig entsprechen. Die demographischen Gründe für die Einstellung und Förderung von Frauen sind zwingend. Aber eine alte Frage bleibt doch: Wird die Gesellschaft dadurch besser? Die Tatsache, daß Frauen das häusliche Feld verlassen und ins Arbeitsleben eintreten, hat zweifellos Schwierigkeiten geschaffen: Der Bedarf an guter, erschwinglicher Kinderbetreuung ist dringlicher geworden; die Fragen in bezug auf die elterliche Fürsorge für die Kinder beunruhigen; Kosten und Probleme infolge der unterschiedlichen Arbeitsplätze nehmen zu, Stress und Strapazen durch die Verantwortung für Familie und Beruf ebenso. Wären wir also nicht alle glücklicher, wenn wir die Uhr auf jene Zeit zurückdrehen könnten, als die Männer noch draußen und die Frauen im Hause arbeiteten, als männliche und weibliche Rollen noch klar verteilt waren? Nostalgie, Ängstlichkeit und Enttäuschung mögen viele Menschen dazu bringen, mit Ja zu antworten. Aber meine Antwort ist ein entschiedenes Nein. Denn zwei entscheidende Vorzüge, früher unerreichbar, sind jetzt zum Greifen nah. Jede einzelne Frau hat nun die Freiheit der Wahl - die Freiheit, sich für die Karriere, für die Familie oder für eine Kombination von beidem zu entscheiden. Und die Unternehmen haben die Chance, auf die besten Talente des ganzen Landes zurückzugreifen. Diese Vorteile sind weder selbstverständlich noch unwesentlich. Der Traum von Entscheidungsfreiheit und Selbstverwirklichung ist zu amerikanisch, als daß man ihn wegen irgendwelcher romantischen Sehnsüchte nach der Vergangenheit begraben sollte. Und die Chance, die Besten aller menschlichen Talente nutzen zu können, ist in dieser Zeit des explodierenden internationalen Wettbewerbs kein Luxus, sondern eher das absolute Minimum, das Vernunft und nationale Selbsterhaltung gebieten. Copyright: © 1989 by the President and Fellows of Harvard College; ursprünglich veröffentlicht in "Harvard Business Review" Nr. 1, Januar/ Februar 1989, unter dem Titel: "Management Women and the New Facts of Life"; Übersetzung: Dr. Karen Lührs.

Felice N. Schwartz
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