"Alles, was filialisierbar ist, ist auch franchisierbar" (Bruno Tietz) Wie Franchising erfolgreich wird
DR. VOLKER WINGEFELD ist Finanzvorstand bei der Mull AG in Frankfurt, einem Franchisegeber im Bereich Autozubehör und Reifenhandel.
Kann für eine Ware oder Dienstleistung der Absatz an den Endverbraucher mit Hilfe eines Filialsystems erfolgen, dann kommt als Organisationsform auch Franchising in Betracht. Bei dieser (vertraglich genau geregelten) Kooperation zwischen rechtlich unabhängigen und in dem Verbund gleichberechtigten Unternehmen gesteht der eine Partner - Franchisegeber - dem anderen - Franchisenehmer - gegen Entgelt das Recht zu, bestimmte Produkte zu vertreiben; dabei darf der Franchisenehmer (im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses) Namen, Markenzeichen oder sonstige Schutzrechte (wie Knowhow und Patente) des Franchisegebers verwenden (siehe Skaupy 1987). Dieses nach bestimmten Regeln auszugestaltende Vertriebssystem erfreut sich inzwischen auch in der Bundesrepublik immer größerer Beliebtheit (siehe Abbildungen 1 und 2). In den Vereinigten Staaten werden Franchising-Ketten schon seit langem als eine attraktive und offensive Variante des Vertriebs geschätzt (siehe Abbildung 3). Im Franchise-Verbund laufen die Kooperationsfäden zwischen den Partnern auf mehreren Ebenen, unabhängig davon, ob der Franchisegeber nun Produzent, Dienstleister oder Händler und ob korrespondierend dazu der Franchisenehmer Einzelhändler, Handwerker oder Dienstleistungsbetrieb ist. Dementsprechend läßt sich differenzieren nach * Funktionsverbund (Produktion, Einkauf, Verkauf/Marketing), um Synergieeffekte zu nutzen, die aus eigener Kraft nicht erreichbar wären; * Vermarktungsverbund, um den Marktanteil der Produkte oder der Dienstleistungen zu erhöhen; * Finanzierungsverbund, insbesondere dort, wo entsprechende Beteiligungskonzepte vorliegen. Die einzelnen Franchisesysteme unterscheiden sich zudem danach, wie die Kooperationsfelder abgegrenzt werden, also ob es um Konzepte der Marketing-, Betriebstypen-, Logistik-, Dienstleistungs-, Beratungs- oder Finanzkooperation geht. Es ist leicht vorstellbar, daß im Falle fehlender Spielregeln oder sonstiger Vereinbarungen das alltägliche Durchlaufen der verschiedenen Beziehungsebenen die Zusammenarbeit kompliziert und Interessenkollisionen hervorbringt, so auf Oder Partner-Ebene (Franchisegeber/-nehmer), * der Kunden/Lieferanten-Ebene oder auf * der Gesellschafter-Ebene beziehungsweise Finanzierungs-Ebene (Kapitalnehmer/-geber).
Multidimensionalität der
Geschäftspressionen
Aus diesen Konstellationen erklären sich denn auch die dem Franchising immanenten Pressionen in Hinsicht auf Umsatzsteigerung, Teilhabe am Einkaufsverbund, Verbesserung der Marktanteile durch höhere Investitionen in den Markt, Sicherung der Liquidität, Verzinsung des investierten Kapitals, Umfang der Gewinnausschüttung. Besonders Unternehmer aus dem mittelständischen Bereich tun sich schwer in ihrem Bemühen, solche betriebswirtschaftlichen Zielkonkurrenzen zu mildern. Denn schließlich sind diese diametralen Ziele zugleich auch Basis für den Nutzen des Verbunds insgesamt, für das Entstehen von Verbundsynergien. Neben wirtschaftlichen und sozialen Überlegungen spielt die formal-juristische Absicherung der Beziehungen eine Rolle. In der Regel muß ja eine Vielzahl von Vereinbarungen getroffen werden, bevor ein neuer Partner in den Verbund Aufnahme findet: Franchise-, Gesellschafts-, Schieds-, Geschäftsführungs- beziehungsweise Arbeits-, Miet-, Kredit- und Lieferverträge stehen an.
Franchising,
um zu expandieren
Vergegenwärtigen wir uns, daß die Initiative zum Aufbau einer Franchise-Organisation im allgemeinen vom Franchisegeber ausgeht. Es sind vor allem ökonomische und finanzielle Gründe, die von Fall zu Fall gegen ein Filialsystem sprechen und an seiner Stelle für Franchising beziehungsweise für die Umwandlung von Filialen in Franchise-Betriebe. Diese Unternehmen sparen zum Beispiel gegenüber Filialbetrieben erheblich Kosten, in erster Linie beim Faktor Personal. Dahinter steht die Tatsache, daß Franchisenehmer häufig im Rahmen von Familienbetrieben arbeiten, in denen Angehörige meist nur ein vergleichsweise geringes Entgelt erzielen, aber zugleich bereit sind, für die Eigenständigkeit des Betriebsleiters allerhand an Mehrleistung zu erbringen. Und aller Einsatz muß sich zudem nicht ohne weiteres - das ist entscheidend genug - in auffälligem wirtschaftlichen Erfolg zeigen. Franchisenehmer glauben aber, gerade aus diesen Gründen anderen Wettbewerbern überlegen zu sein. Was ihre Zuordnung zu bestimmten Betriebsformen betrifft, so lassen sie sich im Kern eher zu den preis- als den leistungsorientierten Betrieben zählen, die eine Kostenführerschaft gegenüber dem Wettbewerb anstreben. Damit bleibt offen, ob diese Betriebe nicht tatsächlich auch Wettbewerbsvorteile aufgrund von Leistung erreichen oder erreichen wollen. Der Anschluß an einen Franchiseverbund kann überdies als Antwort manches bisher Selbständigen auf den verschärften Verdrängungswettbewerb und die wachsende Konzentration in zahlreichen Branchen verstanden werden. Aber in der Praxis läuft es auf eine Illusion hinaus anzunehmen, die Zugehörigkeit zu einem Franchiseverbund bringe zwangsläufig Wettbewerbsvorteile mit sich, allein schon aufgrund günstigeren Einkaufs, effizienterer Arbeitsteilung zwischen den Partnern oder professionellerer Kommunikation mit dem Kunden durch Werbung und Beratung. In der betrieblichen Realität werden nicht selten Filialen in Franchisebetriebe umgewandelt, und aus Filialleitern werden dann Franchisenehmer. Hinzugefügt werden muß aber, daß es sich dabei um Filialen handelt, die aus Sicht der Zentrale nicht ausreichend profitabel arbeiten beziehungsweise einen zu großen Betreuungsaufwand durch das zentrale Management erfordern.
Letztlich geht es in der Praxis bei all diesen Vertriebskonzepten um die Nutzung von Synergieeffekten in der Wertschöpfungskette des Verbunds ("economics of scale"). Wer erfolgreich sein möchte, muß darum auch in einem Verbundsystem - so widersprüchlich dies erscheinen mag - primär an sein eigenes Unternehmen denken. Jeder Beteiligte sollte wissen, welches die Determinanten seiner Wertschöpfung sind beziehungsweise auf welcher Wertschöpfungsstufe er sich in der Gesamtkette zur Nutzung der "economics of scope" befindet. Um die Wertschöpfung des Franchisegebers beurteilen zu können, muß er dem Partner sein im Franchisevertrag dann beschriebenes Leistungsprogramm offenlegen. Zu einem solchen Programm kann gehören: * Marketing (Standortanalyse, Bau/Umbau, Ladengestaltung, Werbung, Produkt- und Sortimentsplanung); * betriebswirtschaftliche Unterstützung (Buchhaltung, Jahresabschluß, kurzfristige Erfolgsrechnung, Wirtschaftlichkeits- und/oder Rentabilitätsrechnungen, Betriebsvergleich); * EDV-Hilfe (Systeme der Verkaufsabwicklung, Warenwirtschaft und Managementinformation); * Vertragswesen (Beratung beim Abfassen von Gesellschafts-, Miet- und Arbeitsverträgen); * Personalschulung (eventuell auch Beratung in Personalangelegenheiten oder Durchführung von Personalakquisition). Wenn der Franchisenehmer mit Abschluß des Franchisevertrags diese Dienstleistungen "einkauft" oder "einkaufen muß", so kann er auf Basis des Opportunitätskostenprinzips beurteilen, ob der dafür geforderte Preis angemessen und marktkonform ist. Grundlage ist die Überlegung, welche Preise für den individuellen Zukauf in Frage kämen, wenn der Franchisenehmer nicht der Gruppe angehören würde. (Dabei können insbesondere im Sinne des GWB bestimmte Bezugsregelungen sehr problematisch sein.)
Aus Sicht eines mittelständischen Unternehmers haben diese Rentabilitätsaspekte jedoch selten Vorrang; für ihn kommt es auf den Nutzen - verstanden als ein Paket von Vorteilen - an, wenn er Partner in einem Verbund werden soll. Zu diesen Vorteilen zählen zweifellos der Erhalt der Selbständigkeit, die Möglichkeit, die Familie in das Unternehmen einzubinden, vielleicht auch der Faktor Marktabgrenzung, falls bestimmte Gebietsrechte winken. Im allgemeinen wird der Franchisegeber seine Wertschöpfung durch das Zusammenlegen der Einkaufsaktivitäten erhöhen wollen. Dazu werden Mindestverkaufsvolumina mit den Partnern vereinbart oder durch ein finanzielles Anreizsystem Einkäufe beim Franchisegeber gebündelt, indem die Franchisegebühren für den Partner nach den Einkaufsanteilen beim Franchisegeber variiert werden. Einkaufsvorteile des Franchisegebers gleichen die Ausfälle von Franchisegebühren bei diesem System mehr als aus. Hinter dieser Art, die Wertschöpfungstiefe zu bestimmen, steht der Gedanke, daß sich der Partner lediglich auf den Weiterverkauf, also auf die Kunden, konzentrieren sollte. Daher braucht er vom Profil her nichts weiter als ein kaufmännisch agierender Vollblutverkäufer zu sein. Der Franchisegeber wird darauf hinzuwirken suchen, daß die Organisation möglichst schnell wächst, um so seine Einnahmen aus Franchisegebühren zu steigern. Nur auf diesem Weg lassen sich Kostendegressionen im Hinblick auf seine bei ihm selbst, also in der Zentrale, vorgehaltenen Kapazitäten zu erreichen. Ist eine Kette erfolgreich, bekommt sie eine Eigendynamik, die den Franchisegeber seinem Ziel näher bringt. Zügige Expansion hat aber zwangsläufig eine Minderung der individuellen Betreuung der älteren Partnerbetriebe zur Folge. Umgekehrt wird - was die Praxis voll bestätigt - nur der Franchisenehmer die Wertschöpfung in seinem Betrieb verbessern können, der die zentralen Serviceleistungen voll in Anspruch nimmt. Wer dies versäumt, führt oft zur gleichen Zeit Klage über Leistungsdefizite der Zentrale. "Nichts ist verbindender als der gemeinsame Erfolg" (Mewes). Der Kardinalfehler in der Anfangsphase einer Kooperation ist vielfach der, daß jeder der Partner glaubt, er schaffe es allein. Und dabei übersieht er, daß er für den individuellen Erfolg sein Gegenüber mit einspannen muß. Darum überrascht es auch nicht, draußen beobachten zu können, wie die erfolgreichen Franchisenehmer zugleich jene sind, die auch die Zentrale am meisten beanspruchen; die weniger erfolgreichen hingegen verhalten sich in diesem Punkt vergleichsweise passiv, was nichts damit zu tun hat, daß sie eine Einengung ihrer Entscheidungsfreiheit oder Kontrollen durch den Franchisegeber strikt ablehnen. Denn ein Franchisenehmer erreicht die Selbständigkeit, die er für sich anstrebt, tatsächlich erst, wenn er wirtschaftlich und finanziell erfolgreich und aus diesem Grund relativ autonom ist.
Franchising als
Finanzierungsinstrument
Manche Franchisesysteme schränken die finanzielle Autonomie von Anfang an dadurch ein, daß der Franchisegeber zumindest Minderheitsbeteiligungen mit Sperrminoritäten an den Betrieben der Franchisenehmer erwirbt - wie umgekehrt diese Anteile an der Zentrale kaufen können oder sogar sollen. Die Integration beziehungsweise die gegenseitige Abhängigkeit wird so verstärkt. Bei Franchisesystemen, die das zugleich als Finanzierungskonzept verstehen, treten zu den Vorzügen unmittelbar eine Reihe von Nachteilen: * Die Zentrale wird in die Finanzierungsprobleme des Partners verwickelt, zum Beispiel durch die Übernahme von Bürgschaften gegenüber Lieferanten und Banken. (Solche Bürgschaften muß der Kapitalgeber in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft nach §251 und §268, Abs.7 HGB als Bilanzvermerk ausweisen.) * Entstehen in der Anlaufphase des Partnerbetriebs größere Verluste (oder kommt es überhaupt zu Verlusten), dann muß sich der Franchisegeber fragen, wie er seine Beteiligung in der eigenen Bilanz angemessen bewertet. Möglicherweise wird er durch Forderungsverzichte ("sale and lease back" oder kapitalersetzende Maßnahmen), zum Beispiel Gesellschafterdarlehen oder Rangrücktrittserklärungen, mithelfen müssen, eine Überschuldung des Franchisenehmers zu vermeiden, sofern alle Bilanzierungshilfen bereits ausgeschöpft sind. (So können etwa nach §282 HGB Aufwendungen für Start und Erweiterung des Geschäftsbetriebs aktiviert werden, die dann innerhalb von vier Jahren abzuschreiben sind.) * Nicht selten ist das Eigenkapital des Franchisenehmers bereits in der Aufbauphase aufgezehrt, weil die Kapitalbedarfsrechnung beziehungsweise die Finanzierung der Unternehmensentwicklung nicht sorgfältig vorgenommen wurde. Unter den Gesellschaftern oder Anteilseignern des Franchisegebers sind die Gespräche über eventuelles Nachschußkapital zumal dann nicht einfach, wenn die Erwartungen beziehungsweise Planungen der betroffenen Partner nicht erfüllt werden konnten. Die persönlichen Belastungen in finanziell angespannten Situationen kommen noch hinzu.
Im Prinzip sollten Finanzierungskosten und Risiken unter den Partnern geteilt werden; das braucht jedoch nicht stets eine Verteilung nach Geschäftsanteilen zu sein. Lokale Banken legen sich bei der Finanzierung von Franchisebetrieben nicht selten vergleichsweise große Zurückhaltung auf, da bei ihnen über das Funktionieren eines solchen Verbunds mancherlei Unklarheiten herrschen. So bedeutet Marktdurchdringung mittels Franchising auch Risikoverteilung für Unternehmensergebnis und -finanzen, gelegentlich darüber hinaus Risikoabwälzung oder -erhöhung zu Lasten des Partners. All das ist mit normalen Firmenakquisitionen nicht gleichzusetzen, denn Untersuchungen haben ergeben, daß der Anteil der Flops bei Firmenkäufen bei mehr als der Hälfte liegt. Auch in Franchisesystemen gibt es das wirtschaftliche Scheitern von Partnern. Allerdings sind solche Mißerfolge hier weniger spektakulär, da sich das Geschäft vorwiegend im mittelständischen Bereich abspielt. Die Praxis sieht den Nutzen von Franchisingorgarnisationen primär im Einkauf und Verkauf. Allerdings, verglichen mit Filialunternehmen, ist das Finanzmanagement dieser Vertriebssysteme noch unterentwickelt. Dies betrifft sowohl die Deckung des Kapitalbedarfs und das Risikomanagement als auch die Steuerung der Liquidität. Durch verbesserte Finanzleistung, zum Beispiel durch Zusammenführen der finanziellen Ressourcen und dementsprechendes Cash-Management können aber zusätzliche Synergien erzielt werden. Franchisegeber sind so in der Lage, ihr Leistungsprogramm zu erweitern, indem sie zusätzliche Finanzdienstleistungen für den Verbund vorsehen: Versicherungen, Leasing und Factoring. Die Kostenposition im Bereich Finanzen ist im Vergleich zu anderen Verbundorganisationen dann ungünstig, wenn das Geschäft des Partners individuell finanziert werden muß. Überdies werden nach unseren Erfahrungen Franchisenehmer gegenüber anderen Einzelunternehmern bei der Gewährung öffentlicher Fördermittel (Existenzgründungsdarlehen, Eigenkapitalhilfen, Kreditgarantien) weiterhin benachteiligt. Diesen - möglicherweise erheblichen - Wettbewerbsnachteil gleicht die finanzielle Eigenständigkeit des Partners für sein Kredit- und Debitmanagement gewöhnlich wieder aus.
Unterstellen können wir, daß Mißerfolge beziehungsweise Krisen bei Franchisenehmern eher sichtbar werden als bei Einzelfirmen. Vermutlich werden dann auch Gegenmaßnahmen früher ergriffen, denn die Zentrale verfolgt die Ergebnis- und Finanzentwicklung ja mit. Nach Untersuchungen des Auskunftsinstituts Creditreform geraten junge Unternehmen vor allem durch folgende Managementfehler in die Krise: * Kapitalschwäche; * Mangel an Fachkenntnissen, insbesondere auf kaufmännischem Gebiet; * falscher Standort; * zu geringes Engagement, luxuriöser Lebensstil, unseriöse Geschäftspraktiken. Das dürfte auf die Betriebe der Franchisenehmer übertragbar sein (siehe Clemens 1988). Freilich, die positiven Erfahrungen überwiegen. Wie Befragungen in der Bundesrepublik ergaben, ist die Mehrheit der Franchisenehmer mit den Leistungsprogrammen ihrer Franchisegeber ebenso zufrieden wie mit Art und Umfang der Abgeltung (siehe Abbildung 4). Aus ihrer Sicht hat sich die Selbständigkeit als Franchisenehmer gelohnt, eine Wahl, für die neben dem Wunsch nach Unabhängigkeit vor allem diese Motive ausschlaggebend waren: mehr Wettbewerbsfähigkeit, geringeres Risiko, Ergreifen einer (kosten-)günstigen Chance, Nutzen ziehen aus dem Markennamen und dem Know-how des Franchisegebers (siehe Clemens 1988, Seite 73).
Verbundsynergien
möglichst optimieren
Unternehmer sein ohne wirkliche Selbständigkeit, bei einer Übermacht der Zentrale, beiderseitigen Leistungsdefiziten, unzureichendem Informationsaustausch et cetera? Dergleichen kann die geschäftliche Kooperation ebenso wie die Kommunikation zwischen den beteiligten Personen sehr schnell belasten. Doch jeder im Markt erfolgreich etablierte Franchisegeber kennt solche möglichen Konfliktfelder und hat Instrumente zur Lösung an der Hand. Denn zu der kommerziellen Ebene kommt nun einmal die personale Ebene zwischen den Partnern. So wenig es immer die ideale Firmenakquisition gibt, so wenig gibt es immer den idealen Franchisepartner.
Die Ziele harmonisieren
Von vornherein sollte die Harmonisierung der verschiedenen Ziele (Marketingunterstützung, Rentabilität, finanzielle Unabhängigkeit) innerhalb der Gruppe für das Erreichen des Verbundzwecks im Vordergrund stehen. Durch Mitarbeiter der Zentrale unklar formulierte und interpretierte Ziele können zum Beispiel leicht Verunsicherung und Irritation bei den Partnern bewirken. Die wichtigsten Unternehmensziele müssen langfristige Gültigkeit besitzen, für die Vermarktungsinteressen gilt dasselbe. Ein ständiger Wechsel im Leistungsprogramm empfiehlt sich nicht, denn das sorgt nur für Disharmonie. (Franchisenehmer als "Verkäufer an der Front" können regelmäßige Umstellungen des Absatzprogramms einfach nicht begeistern, es sei denn, sie wären in diese Entscheidungen voll einbezogen.) Franchisenehmer werden darauf achten müssen, daß sie als Vermarkter im Verbund gegenüber dem freien Wettbewerb Einkaufsvorteile genießen und daß sie sich stets einen Informationsvorsprung, zum Beispiel hinsichtlich neuer Produkte oder sonstiger Entwicklungen, und andere Vorteile sichern. Vorteile dieser Art können sein: gegenüber den übrigen Wettbewerbern verlängerte Zahlungsziele, Übernahme von Logistikkosten oder Gewährung von Werbekostenzuschüssen durch den Franchisegeber. Das alles ist im Alltag nicht selbstverständlich, insbesondere wenn die Vermarktung über mehrere Vertriebskanäle parallel erfolgt. Zu denken ist hier an das Verhalten der Außenmitarbeiter von Herstellern gegenüber den "freien" Abnehmern, falls diese Hersteller nebenher noch eine eigene Filial- oder Franchiseorganisation unterhalten.
Kooperationsgremien einrichten
Als Transmissionsinstrument für die Kommunikationsprozesse in den Franchisesystemen, aber auch als Mittel der Interessenabstimmung, eignen sich Komitees oder Partnerbeiräte. Hier lassen sich dann Ziele koordinieren oder Sachentscheidungen vorbereiten. Die Mitwirkung in solchen Gremien bedeutet für den Franchisegeber zugleich, daß er unmittelbar an der praktischen Verkaufsarbeit vor Ort partizipiert, ohne dieses Geschäft selbst zu betreiben. Sehr effizient kann es für ihn außerdem sein, wenn er erfolgreiche Franchisenehmer als Paten zur Betreuung neuer Partnerbetriebe gewinnt. Aufwendige Besprechungen, Sitzungen, Reisen, wie bei Filialsystemen unter Filial-, Gebietsverkaufs- und Verkaufsleitern üblich, entfallen (samt den dazugehörigen Personal- und Sachkosten). Dem Franchisegeber gelingt so, den Verbund vom Markt her zu führen und nicht von seiner Zentrale aus. Das gegenteilige Führungskonzept läßt nur Bürokratisierungstendenzen aufkommen und unterstützt die Zentrifugalkräfte des Verbunds. Allerdings birgt die relativ geringe Besuchsfrequenz beziehungsweise Kommunikation die Gefahr der Isolation von Partnern.
Controllinginstrumente nutzen
Die Funktionen Controlling und Revision brauchen Franchisingorganisationen für gewöhnlich nicht. Mit anderen Inhalten versehen ist betriebswirtschaftliche Beratung und Betreuung jedoch gefragt. So sollte ein Managementinformationssystem als Kompaß für die Unternehmensentwicklung dienen, ohne den Franchisepartnern den Eindruck zu vermitteln, von der Zentrale kontrolliert zu werden. Soweit diese die Umsatzdaten als Abrechnungsgrundlage für die Franchisegebühren benötigt, wird das System auch ohne weiteres akzeptiert. Das gleiche gilt für die Herstellung der Ergebnistransparenz in der Kette durch Betriebsvergleiche; allerdings sollten diese anonymisiert werden. Der Franchisegeber als Dialog- Partner muß dafür sorgen, daß die Partnerbetriebe in die Lage kommen, ein Self-Controlling zu betreiben. Schließlich macht erst Planung möglich, die Ziele und Maßnahmen im voraus abzustimmen. Soweit es in Franchisesystemen Zielvereinbarungen zwischen den Partnern oder lediglich Zielvorgaben für die Franchisenehmer gibt, beziehen sich diese auf einige wenige Ergebnisgrößen, zum Beispiel Umsatz, Marketingaufwand, Wareneinkauf oder -zukauf. Von daher sind die Umsatzpläne der Franchisenehmer Basis für die Planung der Franchisegebühren durch den Franchisegeber. Ohne betriebswirtschaftliche Schulung, die das Interesse für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge weckt, läßt sich all dies nicht erreichen. Für viele mittelständische Unternehmen ist der Jahresabschluß immer noch das einzige umfassende Informationsinstrument; im Jahresablauf wird das Unternehmen "über das Bankkonto gesteuert", denn Liquidität geht vor. Für kleine und mittlere Unternehmen ist es noch lange nicht selbstverständlich, daß auch sie "die Zahlen beherrschen" müssen, um das Geschäft zu beherrschen. Wichtige Werkzeuge zu einer konsequenten Unternehmenssteuerung und -kontrolle sind Tagesabschluß (Tagesreport, Kassenabschluß), Monatsabschluß (Summen- und Saldenlisten, betriebswirtschaftliche Auswertung), Zwischeninventuren, dazu die Erfassung der Kosten nach Kostenarten und -stellen sowie die Ergebnisrechnung nach Profit Centers (Sparten, Filialen). Die so gewonnene Informationsbasis führt zur Unternehmensbudgetierung. Spätestens dann, wenn das Geschäft beim Franchisenehmer doch nicht wie erwartet läuft, setzt so etwas wie strategische Planung ein. Und das Nachdenken beginnt dann wohl bei der banalen, aber entscheidenden Frage: "Warum ist der Wettbewerb besser und daher erfolgreicher?" Meist verdienen die anschließenden Überlegungen nicht das Attribut "strategische Planung" und folgen auch nicht strikten zeitlichen und sachlichen Abläufen. Ohnehin existieren in Franchisesystemen keine integrierten Planungssysteme, wie wir sie aus Filialunternehmen oder Konzernen kennen. Aber selbst wenn es keine umfassenden Richtlinien für Planung und Reporting gibt, kann der betriebswirtschaftliche Rat der Zentrale zum wichtigen Promotor der Verbundsynergie werden. Literatur Walter E. Beyer: Franchising als Instrument zur Festigung der Marktstellung, Bochum 1988. Reinhard Clemens: Die Bedeutung des Franchising in der Bundesrepublik Deutschland. Eine empirische Untersuchung von Franchisenehmern und -Systemen, Stuttgart 1988. Handelsblatt: Franchising, Daten, Informationen, Analysen, Beilage vom 20.9.1988. Walter Skaupy: Franchising. Handbuch für die Betriebs- und Rechtspraxis, München 1987. Bruno Tietz: Handbuch Franchising, Landsberg am Lech 1987.