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Supply-Chain-Management Was gute Kunden kosten

Unternehmen bieten wichtigen Kunden häufig umfangreichen Extraservice. Doch meistens sind den Managern die damit verbundenen Kosten nicht bewusst. Genaue Analysen helfen, diese Ausgaben in den Griff zu bekommen.
aus Harvard Business manager 12/2005

Unternehmen verkaufen nicht einfach nur Produkte - sondern auch ein Bündel von Leistungen rund um diese Waren. Nahezu jede Firma bietet ihren Kunden Extras wie Lieferung am nächsten Tag, kundenspezifische Auftragsabwicklung oder spezielle Etikettierung. Doch nur wenige Manager kontrollieren die Kosten dieser Leistungen.

Weil sich die Aufwendungen für solche Extras mit herkömmlichen Berechnungsverfahren oder Schätzungen der Durchschnittskosten nicht genau ermitteln lassen, betrachten Vertriebsleiter sie oft als unvermeidliches Zugeständnis, um einen Kunden zu gewinnen. Daher sind Großkunden, die letztlich am meisten von diesen Leistungen profitieren, oft weitaus weniger profitabel, als Führungskräfte denken. Schlimmer noch: Weil Topmanager die Verkaufszahlen nach oben treiben wollen, bringen sie häufig den Vertrieb dazu, die unprofitablen Leistungen allen Kunden anzubieten.

Das Supply Chain Executive Board, ein Bereich des auf Best-Practice-Analysen spezialisierten Corporate Executive Board, hat 750 000 Bestellvorgänge von drei Unternehmen aus den Branchen Konsumgüter, Chemie- und Elektronikindustrie untersucht. Das Ergebnis: Firmen mit unkontrolliertem Lieferservice verschenken für ein Umsatzplus von 3 bis 4 Prozent wesentliche Teile ihrer Gewinne - bis zu 20 Prozent. Zudem zeigte eine separate Analyse, dass 40 Prozent aller unrentablen Aufträge auf das Konto der besten Kunden gehen respektive den oberen 20 Prozent der lukrativsten Kunden zuzuschreiben sind. 55 Prozent der unprofitablen Bestellungen von Großkunden betreffen Produkte, die normalerweise als rentabel gelten.

Einige Unternehmen, etwa die Chemiekonzerne Dow Chemical und Eastman Chemical sowie der Verpackungshersteller Georgia-Pacific, gehen das Problem inzwischen mit so genannten Cost-to-serve-Analysen an, bei denen die Verantwortlichen die gesamten Kosten einer Kundenbestellung ermitteln. Mitte 2004 führte zum Beispiel Georgia-Pacific eine solche Analyse durch, um das Geschäft mit einem Großkunden profitabler zu machen. Das Supply-Chain-Team des Unternehmens stellte fest: Die Aufwendungen für beschleunigten Transport und zusätzliche Vertriebsleistungen senkten die Profitabilität bei diesem Abnehmer signifikant .

In einem Gespräch auf Topmanagementebene erläuterten die Führungskräfte von Georgia-Pacific die Gründe, warum der Kunde hohe Kosten und schlechten Service verursachte. Dazu zählten unkoordinierte Verkaufsförderungsmaßnahmen in letzter Minute, nicht aufeinander abgestimmte Einkäufe der Geschäftsbereiche sowie mangelnde Bereitschaft, Informationen über Lagerbestände und Produktplatzierungen bereitzustellen.

Laut Marlene Clifton, Senior Director im Bereich Supply-Chain bei Georgia-Pacific, war der Kunde, einmal mit den Daten konfrontiert, in bemerkenswertem Maße bereit zu kooperieren, um die Leistungen zu verbessern. So stellte er etwa eine Kontaktperson ab, die mit einem eigens zugeordneten Supply-Chain-Manager von Georgia-Pacific zusammenarbeiten sollte. Zudem wollte er dazu beitragen, kurzfristige Verkaufsaktionen besser zu planen.

In den Unternehmen, mit denen wir zu tun hatten, waren die Firmenchefs direkt in die strategische Umsetzung der Cost-to-serve-Analyse eingebunden. Diese kann nicht nur Kosten senken, sondern auch die Einnahmen erhöhen und die Profilierung gegenüber Wettbewerbern verbessern. Mit den unprofitablen Gewohnheiten attraktiver Kunden muss sich dann die weniger clevere Konkurrenz herumschlagen. n

David Evans, Remko van Hoek
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