Zur Ausgabe
Artikel 12 / 15

Zu einem durchdachten Programm gehört mehr als nur ein Namenswechsel Verbesserung der Corporate Identity

Es ist wichtiger und zugleich schwieriger geworden, das Image eines Unternehmens effektiv nach außen zu kommunizieren. Die Corporate Identity eines Unternehmens sei keinesfalls etwas Unantastbares, meint der Autor dieses Beitrags, sie müsse vielmehr auf höchster Ebene mit besonderer Sorgfalt gemanagt werden. Er führt Beispiele dafür an, wie durch sinnvolles Vorgehen ein Unternehmen in neue Bahnen gelenkt und damit seine Fähigkeit verbessert werden kann, sich zu finanzieren, neue Kunden zu akquirieren, sich gegen Übernahmegebote zu schützen, neue Führungskräfte zu finden und darüber hinauspositive Effekte für das Marketing zu erzielen.
aus Harvard Business manager 3/1982

WALTER P. MARGULIES ist President von Lippincott & Margulies in New York, einem internationalen Beratungsunternehmen für Unternehmenskommunikation, Marketing und Gestaltung.

Programme zur Revision der Identität eines Unternehmens erregen immer wieder allgemeine Aufmerksamkeit, vor allem, wenn ein Großunternehmen seine Bezeichnung ändert oder seinen alten Namen beziehungsweise dessen Kurzform in auffälliger Weise neu gestaltet. Jedermann scheint eine Meinung über die neue Gestaltung oder Firmierung zu haben, und Diskussionen über den guten respektive schlechten Geschmack der Manager, die diese Entscheidung getroffen haben, sind an der Tagesordnung. Es könnte so aussehen, als käme es nur darauf an, sich in einem besseren Licht zu zeigen. Bei kleineren Gewerbetreibenden wie dem Kaufmann an der Ecke könnte das in der Tat schon alles sein. Aber für ein großes Unternehmen mit verschiedenen Produktbereichen und nationaler oder gar internationaler Bedeutung kann es eine schwierige, komplizierte, zeitraubende, zugleich aber lohnende Aufgabe sein, sich so darzustellen, wie es der Leistungskraft des gesamten Unternehmens und seiner Ziele entspricht. In der spezifischen Fachsprache dieses Gebiets bedeutet Identität die Summe aller Aktivitäten, durch die ein Unternehmen sich gegenüber dem Teil der Öffentlichkeit darstellt, mit dem es umgeht: der Bevölkerung am Standort, den Kunden, den Beschäftigten, der Presse, den gegenwärtigen und potentiellen Aktionären, den Anlageberatern und den Banken. Als Image bezeichnet man dagegen die Vorstellung, die diese Teile der Öffentlichkeit von dem Unternehmen haben. Ein Unternehmen beeinflußt sein Image durch die Art, wie es mit seiner Identität umgeht. Unternehmen haben viel mehr Einfluß auf diese Vorstellung in der Öffentlichkeit - im guten oder schlechten Sinn -, als sich viele Manager träumen lassen. Für den Anfang wollen wir ein hypothetisches Unternehmen betrachten, dessen Fehler typisch für mehrere existierende Unternehmen sind, die spektakulär und mit großem Erfolg ihr schwaches Image in ein noch schlechteres verwandelten, indem sie die Bedürfnisse der Corporate Identity falsch einschätzten. Die Symptome, die sich übrigens bei vielen Unternehmen zeigten, lagen klar auf der Hand. Das Industrieunternehmen stellte verschiedene hochwertige Produkte her, die zu den besten der Branche zählten. Seine Umsätze waren stetig, mitunter sogar spektakulär gestiegen, und seine Gewinnsituation entsprach dem Durchschnitt der Branche, der es die Anlagespezialisten (unzutreffenderweise) zuordneten; aber sein Kurs-Gewinn-Verhältnis war das niedrigste innerhalb seiner Vergleichsgruppe. Aufgrund eines niedrigen Kurswertes hatte das Unternehmen Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung für seine Expansion und fürchtete, schließlich einem Übernahmeangebot zum Opfer fallen zu können. Außerdem hatte es Probleme, seine Top-Verkäufer und Ingenieure zu halten und neue zu finden. Nach Überzeugung des Managements war der Name des 115 Jahre alten Unternehmens zu sehr mit der Vergangenheit verbunden. Es befand daher, daß ein zugkräftiger neuer Name und ein attraktiver neuer Look nötig seien. Die Unternehmensdesigner schlugen eine griffige Neugestaltung der Abkürzung des Unternehmensnamens vor, und schnell war eine neue Bezeichnung gefunden. Das Unternehmen entwarf ein neues Emblem und ersetzte auf den Verpackungen den alten Namen allmählich durch die Abkürzung, und zwar jeweils bei ein paar Produkten zur Zeit, wenn die alten Vorräte aufgebraucht waren. Aber alles wurde nur noch schlimmer. Es ergab sich, daß der alte Name in Wirklichkeit der stärkste Bestandteil der Corporate Identity gewesen war. Die Öffentlichkeit - sowohl Verbraucher als auch Finanzkreise - bezeichneten das Unternehmen immer noch mit seinem alten Namen, und das taten selbst die eigenen Vertreter. Der alte Name, das einzige Element, das die vielen Produkte miteinander verband, bestand jetzt neben den neuen Initialen fort, und das auch noch oft in denselben Regalen. Da keine genauen Anweisungen für die Einführung des neuen Namens vor Ort vorhanden waren, nahmen viele Abteilungen oder Produktionsstätten weder die Umstellung vor, noch benutzen sie das neue Briefpapier, was zu noch größerer Verwirrung führte. Wir wollen jetzt zuerst diskutieren, was das Unternehmen richtig machte, und danach alles, was es entweder falsch anpackte beziehungsweise zu tun unterließ. Zunächst erkannte das Unternehmen, daß es Identitätsprobleme hatte. So viel zu dem, was es richtig machte. Nun zu den Fehlern: 1. Das Unternehmen untersuchte seine Bedürfnisse nicht detailliert. 2. Es diagnostizierte nicht sein Produktidentitätsproblem. Zu viele Produkte ließen sich entweder nicht miteinander oder nicht mit dem Unternehmen identifizieren, weil ein verwirrendes Nebeneinander von Namen und Designs bestand. 3. Aus Mangel an ausreichenden Informationen gab das Unternehmen seinen alten Namen auf, den wichtigsten und wertvollsten Bestandteil seiner Identität. 4. Es machte die Verwirrung noch größer, indem es die Einführung des neuen Namens im gesamten Unternehmen nicht koordinierte. 5. Das Unternehmen machte den Anlagespezialisten nicht klar, zu welcher Branche es wirklich gehörte, und verbesserte sein Ansehen in der Finanzwelt auch nicht durch flankierende Maßnahmen. Dieses ungeschickte Vorgehen im Hinblick auf den neuen Namen bewirkte sogar das Gegenteil. Zusammenfassend gesagt, hatte das Unternehmen versucht, schwerwiegende Probleme durch Kosmetik zu lösen.

Wie man es anfängt

Ein erfolgreiches Corporate-Identity-Programm erfordert die Beteiligung und Unterstützung durch den Unternehmenschef. Er wird natürlich viele harte Fragen stellen, bevor er solch ein Programm absegnet. Eine wichtige Frage wird vermutlich lauten: "Was bringt es an der Börse?" Das ist aber leider die falsche Frage. Falls dies ketzerisch klingen sollte, möchte ich hier betonen, daß Investoren viel mehr für die Aktien einiger Unternehmen als für die anderer Firmen zu zahlen bereit sind. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von einander sogar ganz ähnlichen Unternehmen kann höchst unterschiedlich ausfallen. Ein wesentlicher Faktor für derartige Unterschiede ist, wie Unternehmen von gegenwärtigen oder potentiellen Investoren und ihren Beratern eingestuft werden. Ein geradezu klassisches Beispiel liegt einige Jahre zurück, als Multis in Bankkreisen nicht beliebt waren. Zwei riesige, sehr bekannte Unternehmen waren gleichzeitig in der Elektronik, EDV, Raumfahrt, im Flugzeugbau, in der Kommunikation, Rüstung, Chemie, Schiffahrt, in der Erziehung, im Transportwesen und in der Konsumgüterherstellung engagiert. Eins der beiden Unternehmen, das als Konzern galt, hatte ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von lediglich sechs, während das andere nicht als Konzern identifiziert wurde und ein Kurs-Gewinn- Verhältnis von 32 vorweisen konnte. Die Aktien des einen Unternehmens waren mit anderen Worten für Investoren mehr als fünfmal soviel wert wie die des anderen, und zwar vor allem aufgrund der öffentlichen Meinung von seiner Leistung und seinen Zukunftsaussichten. Der "Multi" war übrigens LTV, während das andere Unternehmen General Electric war. Die Diskussion über Konzerne ist inzwischen abgeebbt, und der Abstand im Kurs-Gewinn-Verhältnis zwischen LTV und General Electric hat sich etwas verringert. Aber auch jetzt noch, da die Kurs-Gewinn-Verhältnisse nicht mehr in den Himmel wachsen, gibt es viele Beispiele für erstaunliche Unterschiede zwischen den relativen Aktienkursen vergleichbarer Unternehmen. Das liegt daran, daß die Auffassung der Investoren - sei sie nun berechtigt oder unberechtigt den Erfolg eines Unternehmens an der Börse beeinflußt. Wie wir jedoch gesehen haben, stellen die Investoren lediglich einen von vielen Teilen der Öffentlichkeit dar, deren Ansichten den Erfolg eines Unternehmens mitbestimmen. Für viele Unternehmen hängt die endgültige Entscheidung über den Kauf ihrer Produkte oder Dienstleistungen möglicherweise auch von der Meinung der Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder des Kunden über die Leistungsfähigkeit des Gesamtunternehmens ab. Eine Firma, die ihre Produkte mit großer Effektivität absetzt, kann immer noch Schwierigkeiten bei der Beschaffung der für die Expansion erforderlichen Finanzmittel haben, weil sie von der Finanzwelt als nicht aggressiv genug eingestuft wird. Sie ist vielleicht auch nicht imstande, die besten Universitätsabsolventen für sich zu gewinnen; oder sie stellt plötzlich fest, daß sie eine leichte Beute für Übernahmeangebote ist, weil ihre Aktionäre negative Gefühle gegenüber dem Management entwickelt haben. Es darf nicht vergessen werden, daß für unterschiedliche Unternehmen unterschiedliche Strategien im Hinblick auf die Beziehungen zur Finanzwelt erforderlich sind. Ein Unternehmen, dessen Aktien kaum gehandelt werden, und ein Unternehmen, dessen Aktien regelmäßig von professionellen Anlegern an der Börse plaziert werden, können nicht unbedingt aus demselben Programm Nutzen ziehen. Einige Fallbeispiele für erfolgreiche Bemühungen um die Corporate Identity, bei denen einige derselben Probleme wie bei unserem hypothetischen Unternehmen vorlagen, sollen im folgenden geschildert werden, um die Techniken darzustellen, die auf diesem spezialisierten Kommunikationsgebiet heutzutage zum Einsatz kommen.

Wenn der Name nicht paßt

Die Entscheidung, eine gut eingeführte Identität zu ändern, darf nicht leichtgenommen werden. Wie sich aus unserem hypothetischen Beispiel ergibt, wäre es abwegig, wenn ein großes Unternehmen eine unbekannte Bezeichnung an die Stelle eines Namens setzen würde, der von der Öffentlichkeit und in Wirtschafts- und Finanzkreisen hoch geschätzt wird. Und doch traf U.S. Rubber genau diese Entscheidung und änderte seinen sehr erfolgreichen Namen in Uniroyal ab, der zunächst als übergreifende Bezeichnung zum Zwecke der besseren Kommunikation gewählt und schließlich als neuer offizieller Name angenommen wurde. Diese Änderung war jedoch im Unterschied zu unserem hypothetischen Unternehmen das Ergebnis eines Programms zur Gestaltung der Corporate Identity, mit dem die besonderen Schwierigkeiten behandelt werden sollten, die auftreten, wenn ein Unternehmen expandiert und diversifiziert. Bei dem alten Namen gab es zwei Probleme: Weder "U.S." noch "Rubber" beschrieben die geschäftlichen Aktivitäten des Unternehmens korrekt. U.S. Rubber war inzwischen ein Multi geworden, dessen Auslandsgeschäft die Umsätze innerhalb der Vereinigten Staaten überrundet hatte und zu dessen Produkten außer Gummiwaren, Chemikalien, Kunststoffen viele andere Erzeugnisse gehörten. Die große Zahl der Produkte stellte schon für sich allein ein Problem dar. Für die Tausende von Erzeugnissen des Unternehmens, die von Fabriken in 23 Ländern hergestellt wurden, wurden mehr als 400 Marken verwandt. "Überall scheint U.S. Rubber als ein kleines lokales Unternehmen tätig zu sein. Niemand begreißt, daß es ein Weltunternehmen ist", faßte ein Manager das Problem zusammen. Damit begann die Suche nach einem neuen Namen. Er sollte diversen Anforderungen entsprechen: einsetzbar auf fast allen potentiellen Märkten; ohne geographische oder kulturelle Beschränkungen; verwendbar für alle Produkte, Abteilungen und Tochterfirmen; ohne peinliche Bedeutungen in wichtigen Fremdsprachen; und er sollte, wenn möglich, einen Bezug zu den wichtigsten Markenlizenzen haben. Der Name sollte auch kurz, anpassungsfähig an visuelle Präsentationen, einzigartig und rechtlich unproblematisch sein. Darüber hinaus sollte er natürlich auch erwünschte Eigenschaften versinnbildlichen. Tausende von möglichen Namen wurden von einem Computer geschaffen und überprüft, bevor die Bezeichnung Uniroyal endgültig ausgewählt wurde. Der Name erwies sich als besonders geeignet für einen vielseitigen, multinationalen Konzern. Er drückt die internationale Stellung des Unternehmens aus, verbindet seine verschiedenen Teile und enthält nichts, was nationalistische Gefühle verletzen könnte. Er wahrt auch den Zusammenhang mit dem Anteil des Unternehmens am Aktienkapital der Gesellschaft U.S. Royal, die ihm seine größten Reifenumsätze beschert. Aber das Programm zur Gestaltung der Identität des Unternehmens fing nicht mit einem neuen Namen an und hörte mit Sicherheit auch nicht an diesem Punkt auf. Der Einsatz der Marke Uniroyal erforderte ein dreifaches Programm, bestehend aus dem graphischen Teil, der Nomenklatur und der Anwendung. Untersuchungen hatten bereits die graphische Vielseitigkeit des Namens ergeben. Die Rolle der Nomenklatur bestand darin, das Symbol mit den Gattungsbezeichnungen der Abteilungen und Tochterfirmen so zu verbinden, daß jeder Teil und jede Funktion des Unternehmens in uniformer Weise identifiziert werden konnte. Eine erfolgreiche Leistung auf diesen beiden Gebieten schuf die Gelegenheit, jeden potentiellen Einsatz mit einzuschließen. Aber die Anwendung erforderte noch größere Bemühungen, die aus folgenden Schritten bestanden: * Vorbereitung eines Handbuchs zur Identität des Unternehmens, um eine gleichartige Verwendung der verschiedenen Formen des Symbols in allen denkbaren Situationen zu garantieren; * Konferenzen mit den Managern und Abteilungsleitern der Unternehmensgesellschaften zur Erläuterung des Identitätssystems; * Schulung aller Verkaufsleiter in den einzelnen Geschäftsbereichen; * Diskussion der neuen Kommunikationsphilosophie mit den Gewerkschaftsführern; * Vorträge vor Vertretern der Finanzwelt, um den neuen Namen unmißverständlich zu erläutern; * Mitteilung der Änderung und des Grundes für die Namensänderung an die Aktionäre; * Vorbereitung von Anzeigen für die Medien überall auf der Welt; * Versendung von Mitteilungsbroschüren an 60 000 Angestellte und von Briefen an doppelt so viele wichtige Kunden. Die öffentliche Verkündung des neuen Namens und Firmenzeichens des Unternehmens, die dazugehörigen internen Kommunikationsbemühungen und die sich daraus ergebende Wirkung auf die Öffentlichkeit machten aus der Einführung des neuen Symbols ein internationales Ereignis. Aber die harte Arbeit, tagaus, tagein erneut für die Markenprodukte so zu werben, daß schließlich weltweit die größte Wirkung erzielt wird, ist notwendigerweise eine andauernde Aktivität, genauso wie die Promotion des neuen Namens, unter dem die Aktien verkauft werden. Humana Inc. ist ein typisches Beispiel für viele Unternehmen, die eine ganze Reihe von Problemen durch ein gut gemanagtes Identitätsprogramm gelöst haben. Humana hieß ursprünglich Extendicare und war Mitte der 60er Jahre ein großer Betreiber von Pflegeheimen. In den späten 60ern verlegte es den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf Institutionen zur Gesundheitsvorsorge und den Betrieb von Krankenhäusern. Die Pflegeheimskandale, in die andere Unternehmen verwickelt waren, kratzten am Image von Extendicare, sein Aktienkurs fiel. Untersuchungen ergaben, daß Börsenmakler ihren Kunden abrieten, Extendicare-Aktien zu kaufen, und zwar nur wegen der Branche, zu der es gehörte. Danach führte das Unternehmen ein Identitätsprogramm durch, änderte seinen Namen in Humana, reorganisierte die gesamte Kommunikation mit Wirtschafts- und Finanzkreisen und verbesserte dadurch seine Marktposition beträchtlich. Ein anderes, neueres Beispiel derselben Art des Problems, das U.S. Rubber und Extendicare betroffen hatte, war der Fall der falschverstandenen Identität von United Aircraft. Dieses Unternehmen befaßt sich zwar mit dem Entwurf und dem Bau von Flugzeugprodukten, hat aber bereits seit mehreren Jahren das technologische Know-how, das es sich durch die Raumfahrt erworben hat, in einer großen Zahl von anderen Gebieten angewandt, nämlich Stromerzeugung und -weiterleitung, industrielle Prozesse, Elektronik, Kommunikation, Schiffsantrieb, Geräte- und Automobilsysteme, Lasertechnologie sowie Automobildiagnose und -kontrolle. Dennoch war das Unternehmen weniger bekannt als viele seiner Tochterfirmen, und dies trotz der Tatsache, daß es zu den berühmten 30 Dow- Jones-Werten gehörte. Bei United Aircraft dachte man in erster Linie an den Flugzeugbau, wenn man das Unternehmen nicht sowieso mit United Airlines verwechselte. Weil die Anlagespezialisten, die das Unternehmen beobachteten, im allgemeinen dieselben waren, die die Unternehmen der Flugzeugbaubranche beobachteten, tendierte die United-Aktie dazu, dasselbe relativ niedrige Kurs-Ertrags-Verhältnis wie die gesamte unbeständige und zyklische Branche zu haben, die von Rüstungsaufträgen abhängt. Dies beschränkte sein Wachstumspotential und seine angemessene Anerkennung äußerst stark. Alles, was United Aircraft mit der Flugzeugbranche gemein hatte, war sein hoher Technologiestandard. Eine Untersuchung der Kommunikation des Unternehmens nach außen führte nicht nur zu einem neuen Namen (United Technologies), sondern auch zu einer Klärung und Stärkung des Bewußtseins des Unternehmens im Hinblick auf seine eigene Zukunft sowie zu einem Plan für angemessene Neuerwerbungen. Ein direktes Ergebnis bestand darin, daß das Interesse der Wall Street an United Technologies sich nicht länger nur auf Analytiker beschränkt, die die Flugzeugbranche untersuchen. Sein Kurs- Gewinn-Verhältnis hat sich verbessert. Das Unternehmen hat jetzt seine fortgeschrittenen technologischen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Konsumgüter zum Einsatz gebracht und ist in den letzten Jahren eindrucksvoll gewachsen.

Der Aufbau einer Identität

Nicht alle Corporate-Identity-Programme sind therapeutisch und damit eine Reaktion auf bestimmte Mißstände. Wenn die Einführung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung einen völlig neuen Geschäftszweig für ein etabliertes Unternehmen darstellt, kann ein Identitätsprogramm dem Unternehmen über die schwierigen ersten Stufen hinweghelfen und eine solide Grundlage für den künftigen Betrieb schaffen. Dies geschah im Falle von First Federal Savings & Loan of Lincoln, Nebraska. Die elektronische Überweisung von Geldern, das computergesteuerte System, das Kunden ermöglicht, Geld an jedem Ort, der mit einem speziellen Computerterminal ausgestattet ist, einzuzahlen, abzuheben oder zu überweisen, ist revolutionär. Alles, was der Kunde braucht, ist eine codierte Karte aus Plastik. Die Auswirkungen sind immens. Die Verbreitung derartiger Systeme könnte die Art, in der die Leute mit ihrem Geld umgehen, grundlegend ändern. Aber diese Auswirkungen verwandeln sich nicht automatisch in einen Markterfolg. Eine der ersten Organisationen, die diese Systeme vermarkteten, war die First Federal und ihre Tochterfirma TMS Corporation of America. Computerterminals wurden in einer Reihe von Supermärkten in Nebraska installiert, und TMS erteilt nun Lizenzen in anderen Regionen des Landes. TMS erkannte rasch die Notwendigkeit eines durchschlagenden Identitätsprogramms. Man begann zunächst mit Meinungsumfragen unter den Spar- und Kreditmanagern des ganzen Landes, um herauszufinden, was andere Organisationen von elektronischen Geldüberweisungen hielten. Die Ergebnisse führten zur Entwicklung von spezifischen Marketingstrategien, zu denen auch ein komplettes System graphischer Darstellungen und insbesondere eine Karte aus Plastik gehörte, die so gestaltet war, daß sie Platz genug für die Unterschriften der teilnehmenden Organisationen bot. Diese Karte gehörte zu einem Marketingpaket, das sich "The Money Service" nannte und aus Schautafeln, die die Verkaufsorte zeigten, Abziehbildern, Plakaten, Broschüren, Schreibpapier und Vordrucken bestand. Aber das Identitätsprogramm erschöpfte sich nicht darin; es enthielt auch eine Werbekampagne im Funk und in Zeitungen. Das Programm ging also über den bloßen Entwurf eines Firmenschriftzuges weit hinaus und gipfelte im landesweiten Erfolg und in der öffentlichen Anerkennung des TMS-Service.

Wenn man
über den Namen hinausgeht

Im Fall von Hardee's Food Systems trug die Antizipation künftiger Identitätsbedürfnisse des Unternehmens dazu bei, potentielle Marketingprobleme aus dem Weg zu räumen und direkte Verkaufsanreize zu schaffen. Hardee's betreibt mit großem Erfolg mehr als 1000 Restaurants in 34 Staaten der USA direkt beziehungsweise im Wege des Franchising und ist eine der größten Schnellimbiß-Ketten des Landes. Hardee's mußte potentiellen Konzessionsnehmern und Investoren und gleichfalls seinen Kunden genügend Anreize bieten, aber gleichzeitig die aggressive Verkaufsförderungstaktik vermeiden, die viele Gemeinden als anstößig empfinden. Daraufhin wurde eine umfassende Überprüfung der Kommunikation, des Marketing und des Design durchgeführt. Alle Aspekte des Restaurationsbetriebs und seines Erscheinungsbildes wurden untersucht, einschließlich der Hinweisschilder, der Speisekarten, der Erkennbarkeit auf den Landstraßen, der äußeren Gestalt der Restaurants sowie der Verpackungs- und Papiererzeugnisse. Form und Stil der Einrichtung wurden gleichfalls in Betracht gezogen. Die zwölfwöchige Untersuchung bildete die Grundlage dafür, daß Hardee's innerhalb der Branche eine völlig neue Position als landesweit bekannte Schnellimbiß-Kette erhielt. Ein Restaurant-Prototyp, der ein harmonisch der Landschaft entsprechendes Design erhielt, diente als Modell für neue Einheiten und für die Umgestaltung bestehender Restaurants. Er vermied den aggressiven Verkaufsapproach, der so häufig Bebauungsplaner aus der Fassung bringt, und war so angelegt, daß er sowohl den Erfordernissen der Vertriebsabteilung als auch denen der Kostenkontrolle entsprach. Der Prototyp enthielt ein geschmackvolles Mansardendach und Fenster, die vom Fußboden bis zur Decke reichten und potentiellen Kunden einen guten Einblick auf die Verkaufsfläche des Restaurants gewährten. Die Spezifikationen für die Baumaterialien waren flexibel, um den Managern vor Ort zu gestatten, die Materialien für das Dach und die Wände auszuwählen, die am besten der Umgebung und den Bebauungsvorschriften der Gemeinde entsprachen. Obwohl die Größe der Außenschilder auf etwa die Hälfte verringert wurde, waren sie leichter erkennbar. Außerdem kostete die Herstellung der neuen Schilder 45 Prozent weniger, und ihre Beleuchtung war nur halb so teuer wie die der alten. Die neugestalteten Einheiten erzielten Umsatzsteigerungen von durchschnittlich 35 Prozent und bewiesen damit, daß ein Corporate- Identity-Programm so angelegt werden kann, daß es sowohl den Erfordernissen der Wirtschaft als auch denen der Umwelt entspricht. Im Juli 1976 erfuhren die Aktionäre, daß das Unternehmen von seinen Kreditgebern die Genehmigung für ein Zehneinhalb-Millionen-Dollar- Expansionsprogramm erhalten hatte. Vor Realisierung der Identitätsbemühungen hätte dieses Kapital wahrscheinlich nicht zur Verfügung gestanden.

Vielleicht ist nicht
der Name das Problem

Namensänderungen sind in den letzten Jahren ein weitverbreitetes Phänomen gewesen. Für eine erfolgreiche Änderung ist allerdings erforderlich, daß das Unternehmen eine klare Vorstellung davon hat, warum sie notwendig ist und welche Ergebnisse es erwartet. Wenn diese anfängliche Einschätzung ergibt, daß ein neuer Name dem Unternehmen hilft, mit den verschiedenen relevanten Teilen der Öffentlichkeit effektiver zu kommunizieren, kann die Entwicklung eines neuen Namens beginnen. Die Änderung des Namens allein verändert die Identität eines Unternehmens aber noch nicht. Selbst das bescheidenste Identitätsprogramm muß eine ausgedehnte vorläufige Untersuchung und weitreichende Bemühungen der Realisierung zum Inhalt haben, um dem Unternehmen mit Erfolg eine neue Position verschaffen zu können. In einigen Fällen sind die Probleme eines Unternehmens so schwerwiegend, daß eine neue Bezeichnung allein nichts bewirken kann. In anderen Fällen zeigt sich, daß eine zu rigide Durchsetzung der neuen Unternehmensbezeichnung bei den Tochterfirmen das Gegenteil vom beabsichtigten Effekt bewirkt. RCA Corporation hat es vorgezogen, für seine Töchter eine jeweils getrennte Identität aufrechtzuerhalten, etwa für Random House, das sich um Erfolgsautoren bemüht, von denen sich nur wenige mit der Muttergesellschaft identifizieren können; oder für NBC, um wegen potentieller gesetzgeberischer Eingriffe den Anschein einer allzu dominanten Mutter-Tochter-Beziehung zu vermeiden; und für Hertz, um auszuschließen, daß die Beschwerden, die in diesem Geschäft an der Tagesordnung sind, das Image der Muttergesellschaft ankratzen. Im Falle von FMC Corporation erwies sich andererseits der hohe Bekanntheitsgrad vieler ihrer Divisions als unerwünscht, weil die Muttergesellschaft keine etablierte Identität besaß. Dies kommt bei Industrieunternehmen mit relativ kleinen Werbeetats ziemlich häufig vor. Namen wie Link-Belt, John Bean, American Viscose und Niagara Chemical verdunkelten das Image der Muttergesellschaft FMC. Das Identitätsprogramm für FMC beinhaltete eine Untersuchung ihrer Marketingfähigkeiten, die zu einer Neudefinition der internen Nomenklatur und einer Klärung und Neugruppierung des Marketingbereichs des Unternehmens führte. Die meisten Divisions wurden nach ihren Geschäftsbereichen umbenannt, um ihr spezifisches Fachwissen zum Ausdruck zu bringen, wobei der Firmenschriftzug FMC zur Verdeutlichung der Kontinuität des Unternehmens hinzugefügt wurde. Die wichtigste Lehre, die man diesen Beispielen entnehmen kann, lautet: Ein neuer Name ist nur ein einziger - wenn auch sehr exponierter - Teil eines Identitätsprogramms für ein Unternehmen. In einigen Fällen ist er nur eine kosmetische Veränderung, die die Identität des Unternehmens eher verdunkelt als erhellt. Ein einziges Negativbeispiel soll zur Verdeutlichung dieses Punktes dienen. Als Universal Oil Products seinen Namen in UOP Corporation änderte, entschloß es sich zu dem Versuch, diese Initialen dem öffentlichen Bewußtsein dadurch näherzubringen, daß es eine Werbekampagne mit der Frage "Was ist ein UOP?" durchführte. Nach langen und teuren Anstrengungen des Unternehmens fragt man sich immer noch, was ein UOP ist.

Die Vorteile

Zusammenfassend gesagt ist ein Identitätsprogramm für ein Unternehmen im Idealfall ein systematischer Ansatz zur Behandlung eines greifbaren Aktivpostens des Unternehmens. Es sollte mit einer Untersuchung und einer tiefgehenden Analyse beginnen, um abzuklären, wie das Unternehmen selbst seine ihm eigenen Stärken sieht. Wenn diese Nabelschau mit den Ansichten verglichen wird, die man bei den verschiedenen Teilen der Öffentlichkeit vorfindet, mit denen das Unternehmen zu tun hat, können Schritte unternommen werden, um die Einstellung der Öffentlichkeit zu beeinflussen und - falls erforderlich - auch die Ansicht zu ändern, die das Unternehmen von sich selbst hat. Identitätsprogramme, die beide Ziele erreichen, haben eine bemerkenswerte Wirkung und sind zugleich sehr langlebig. Zum Identitätsprogramm können die Planung einer verstärkten Kommunikation mit Finanzkreisen, eine andere Stoßrichtung für das Marketing, die Neudefinition des Produktnutzens und viele andere Aktivitäten gehören. In jedem Fall haben diese Aktivitäten die Intensivierung und Neuausrichtung einer vorhandenen Stärke zum Gegenstand. Ein wichtiger Vorteil besteht in der Betonung des Unternehmens als integriertes Ganzes, sowohl gegenüber den Mitarbeitern als auch gegenüber Teilen der Öffentlichkeit. Besonders für die Börsenanalytiker der Wall Street kann das Unternehmen als Ganzes in der Tat größer sein als die Summe seiner Teile. Ein Management-Handbuch zur Anwendung des Programms ist von unschätzbarem Wert, um zu garantieren, daß das graphische System wirksam angewandt wird. Es ist zu empfehlen, daß der Übergang zu dem neuen Identifikationssystem unter der Überwachung eines Unternehmensberaters oder eines eigens dazu ernannten Identitätsmanagers erfolgt. Wie jedes andere Programm eines Unternehmens muß auch die Neugestaltung der Identität gemanagt werden. Copyright: © 1982 President and Fellows of Harvard College; ursprünglich veröffentlicht in "Harvard Business Review" unter dem Titel "Make the most of your corporate identity"

Walter P. Margulies
Zur Ausgabe
Artikel 12 / 15
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren