Gemma D'Auria, Senior Partner bei McKinsey, war in den vergangenen Jahren meist im Halbstundentakt verplant. Sie reiste viel, betreute große Projekte. Berufliche Ziele legte sie für die kommenden drei Monate fest. In der Corona-Zeit verdoppelte sie diesen Zeitraum auf ein halbes Jahr. "Die Unsicherheit ist enorm", sagt sie. Das gilt auch für ihren anstehenden Umzug von Dubai zurück in ihre Heimat Italien. "Ich gehe auch Worst-Case-Szenarien durch", sagt D'Auria. "Was, wenn die Schulen geschlossen sind und meine Kinder keinen Anschluss finden?"
Die Beraterin ist vierfache Mutter. Job und Familie unter einen Hut zu bringen ist schon ohne Umzug und Pandemie herausfordernd. Sie plane derzeit kaum Details, berichtet sie. "Ich konzentriere mich auf den nächsten Schritt – und halte mir immer wieder vor Augen, warum ich mich dafür entschieden habe."
2020 hat das Coronavirus viele Pläne zunichte gemacht. Wir teilen die Erfahrung, uns von Unsicherheit und Risiken bedroht und gestresst zu fühlen. 2021 – das zeichnet sich ab – wird ähnlich turbulent, selbst wenn der Impfstoff kommt. Dem Gefühl von Kontrollverlust und Hilflosigkeit folgt oft der Impuls, sich am besten gar nichts mehr vorzunehmen. Genau das wäre jedoch falsch.
Nicht nur für unsere Leistungsfähigkeit, auch für unsere mentale Gesundheit ist es wichtig, Ziele zu verfolgen, die für uns Bedeutung haben. Wenn wir diese Ziele erreichen, fühlen wir uns zufriedener und weniger gestresst, wie psychologische Studien zeigen.
Unser Gehirn sei nicht für die große Unsicherheit geschaffen, die wir in der Corona-Krise erlebten, sagt Heidi Grant. Es sei im Grunde noch das Gehirn von Steinzeitmenschen und brauche ein stabiles Umfeld, in dem es einfache Vorhersagen über die nahe Zukunft treffen könne. Grant ist Associate Director des Motivation Science Center an der Columbia Business School in New York und hat mehrere Bestseller über Ziele geschrieben, etwa: "Succeed: How We Can Reach Our Goals" – auf Deutsch: "Erfolg: Wie wir unsere Ziele erreichen können". Dauerhafte Unsicherheit überfordere uns mental, die Folgen seien Ängste und Depressionen, erklärt Grant.
Ziele wirken in die Gegenrichtung. Sie geben Sicherheit und das Gefühl, das eigene Leben in der Hand zu haben. Wenn wir unsere Ziele erreichen, sorgen wir für einen Effekt, der in der Forschung als "Selbstwirksamkeitserwartung" beschrieben wird: die Überzeugung, auch herausfordernde Situationen erfolgreich bewältigen zu können.
Kurz gesagt: Durch Ziele können wir uns mental stärken – und sogar unter schwierigen Umständen Erfolge erreichen. Wie aber bereitet man sich also optimal vor auf ein Jahr, das nicht planbar scheint?
1. Planen Sie kurzfristig
Intuitiv hat Beraterin D'Auria genau das Richtige getan. Sie konzentriert sich stärker auf das Hier und Jetzt. Das empfiehlt auch Wissenschaftlerin Grant. Kurze Zeiträume erhöhen die Wahrscheinlichkeit, richtig vorherzusagen, was geschehen wird. Umso wichtiger wird eine sorgfältige Planung, die Sie regelmäßig überprüfen und anpassen. "Wenn Sie nur einen einzigen Ratschlag von mir annehmen, dann würde ich Ihnen diesen geben: Machen Sie einen Plan, wie Sie Ihr Ziel erreichen wollen", sagt Grant.