Verhandlungsexperte Florian Weh "Erklären Sie, wie die Gegenseite von Ihrer Lösung profitiert"

Harvard Business manager: Wie muss ich vorgehen, wenn ich einen Verhandlungspartner für meine Argumente gewinnen möchte?
Florian Weh: Bei einer Verhandlung auf Augenhöhe geht es nicht so sehr darum, jemanden von der Richtigkeit der Argumente zu überzeugen. Wichtiger ist die Frage: Wie überzeugen Sie Ihr Gegenüber davon, dass die von Ihnen bevorzugte Lösung auch in seinem Interesse liegt? Das verändert die Herangehensweise fundamental. Statt der Gegenseite zu erklären, warum Sie recht haben, erklären Sie ihr, warum Ihre Lösung positiv für sie sein könnte. Das ist das Geheimnis des Verhandelns.
Nun ist es aber selten so, dass eine Lösung für beide Seiten gleichermaßen vorteilhaft ist. Wie gehe ich in so einem Fall vor?
Wenn Sie wirklich nur über ein einziges Thema verhandeln, gibt es am Ende vermutlich einen klaren Gewinner und Verlierer. Das ist im Hinblick auf weitere Verhandlungen unglücklich. Deshalb sollten Sie wirklich ganz genau hinschauen, ob vielleicht nicht doch noch zwei oder drei andere Themen zur Diskussion stehen. Dann können Sie mit dem Tauschen anfangen: Was kann Ihnen die andere Seite abseits Ihres eigentlichen Verhandlungsthemas bieten, das Sie gern hätten? Aber auch umgekehrt: Was haben Sie in petto, was für den anderen interessant ist, und wie lässt sich ein Deal daraus machen?
Eine aktuelle Studie belegt, dass es hilfreich sein kann, seinen Verhandlungspartner zu spiegeln und seine Denkweise kennenzulernen. Wie wichtig ist das Ihrer Erfahrung nach?
Ein paar psychologische Kniffe zu kennen ist immer gut. Wohl alle erfahrenen Verhandlerinnen und Verhandler wissen, dass Ähnlichkeiten Vertrauen schaffen. Dennoch sollte man es mit der Nachahmung nicht übertreiben. Die allermeisten Menschen haben ein feines Sensorium und merken, wenn sie manipuliert werden. Dann reagieren sie misstrauisch.
Was kann ich noch tun, um die Chance auf eine Einigung in meinem Sinne zu erhöhen?
Stellen Sie Ihr Verhandlungsteam so zusammen, dass es das Grundvertrauen fördert: Wenn Sie mit Piloten über Tarifverträge verhandeln, sollten Sie ebenfalls einen im Team haben. Das schafft nicht nur ein besseres Verhandlungsklima – es verhindert auch Missverständnisse, jemanden dabeizuhaben, der vom Fach ist. Wenn Sie keinen Mitarbeiter ansprechen wollen, können Sie einen Berater mit entsprechendem Hintergrund mitbringen.
Wie wichtig ist das Verhandlungsklima?
Ob und wie sehr Menschen mit einer Verhandlung zufrieden sind, hängt von zwei Faktoren ab: dem Verhandlungsergebnis und dem Verhandlungsverlauf. Wenn sich jemand fair und respektvoll behandelt fühlt, wenn er das Gefühl hat, ernst genommen zu werden, steigt seine prozessuale Verhandlungszufriedenheit. In der Regel ist er dann bereit, bei der inhaltlichen Abstriche zu machen. Es lohnt sich also, hier zu investieren.
Haben Sie zum Abschluss einen weiteren Tipp?
Die ersten Minuten des Zusammentreffens sind von überragender Bedeutung. Hier stellen Sie die Weichen. Ihr Gegenüber entscheidet, ob er Sie für kompetent hält und kooperativ. Oder ob er auf der Hut sein muss. Deshalb sollten Sie den Einstieg ins Gespräch intensiv üben. Gern auch vorm Spiegel oder per Video.

Zurück in die Zukunft
New Normal: Was kann weg, was soll bleiben? Wie Teams jetzt der Neustart gelingt