Egal welches Unternehmen Sie besuchen – eine Abteilung werden Sie auf Anhieb erkennen: den Kundenservice. Die meisten Callcenter erinnern an Fabrikhallen, in denen die Mitarbeiter in Reihen sitzen, ein Headset tragen und nach den Vorgaben ihres Skripts eilig einen Anruf nach dem anderen abarbeiten, immer bemüht, seine Dauer möglichst kurz zu halten. In den Gängen gehen die Vorgesetzten auf und ab, übernehmen schwierige Anrufe und bitten gelegentlich einzelne Kollegen zur Leistungsbeurteilung in ein Büro.
Obwohl einige Unternehmen in verbesserte Arbeitsbedingungen für ihre Angestellten investieren, kommen diese Maßnahmen im Kundenservice kaum an. Es überrascht daher nicht, dass die Fluktuation hier zu der höchsten in der Arbeitswelt gehört – nach Angaben der Unternehmensberatung Mercer sind es durchschnittlich 27 Prozent jährlich. Als Gründe für den Wechsel nennen Mitarbeiter am häufigsten das Fehlen herausfordernder Tätigkeiten, mangelnde Anerkennung, schlechte Entwicklungsmöglichkeiten und zu wenig Flexibilität.
Und auch Kunden erleben den Service kaum besser: Sie müssen sich durch computergesteuerte, weitverzweigte Sprachmenüs navigieren, und falls es ihnen tatsächlich gelingt, eine echte Person zu erreichen, werden sie häufig roboterhaft abgefertigt. Oder von einem Mitarbeiter zum nächsten weiterverbunden, wenn ihr Anliegen außerhalb des schmalen Repertoires eines Telefonisten liegt.
Anders sieht es dagegen in einem amerikanischen T-Mobile Contact Center aus: Die Serviceabteilung erinnert eher an einen Raum für Wissensmanagement, den man in anderen Teilen des Unternehmens erwarten würde. Die Mitarbeiter sitzen an gemeinsamen Arbeitsplätzen, die Pods genannt werden, arbeiten zusammen und werden dazu ausgebildet und ermutigt, Kundenanliegen so zu bearbeiten, wie sie es für angemessen halten. Das Besondere ist, dass diese Teams sich um einen bestimmten Pool von Kundenkonten kümmern und dabei wie kleine Unternehmen agieren. Sie suchen unbehelligt von gängigen Metriken (wie der Bearbeitungsdauer) den besten Weg, um das spezifische Problem jedes Anrufers zu lösen. Und beeinflussen dadurch am Ende die Kundenzufriedenheit, das Konsumverhalten und die Kundenbindung bestmöglich. Die Kunden wissen, wie sie das für sie zuständige Team erreichen können, und brauchen keine computergesteuerten Endlosschleifen zu durchlaufen. Einmal verbunden, sprechen sie mit Mitarbeitern, die sie kennen und die ihnen zuverlässig weiterhelfen können.
Das Modell von T-Mobile zahlt sich für das Unternehmen ganz eindeutig aus: In den drei Jahren seit der Einführung sind die gesamten Servicekosten um 13 Prozent gesunken, der Net Promoter Score (ein Standard für die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung) liegt um mehr als die Hälfte höher, und die Kennzahl für die Abwanderung der Kunden befindet sich auf einem dauerhaften Tiefststand. Auch die Mitarbeiter fühlen sich wohler; Reibereien und Fehlzeiten sind deutlich zurückgegangen.
Warum der Wandel notwendig war
Während der vergangenen zehn Jahre hat das Führungsteam von T-Mobile erkannt: Die Investitionen des Unternehmens in Selbstbedienungsfunktionen für ihre Kunden hatten Früchte getragen, aber auch neue Herausforderungen geschaffen. Die allgemeinen, vertragsbezogenen Anrufe, die früher vor allem in den Warteschleifen hingen – Fragen zur Abrechnung, Adressänderungen, Aktivierung zusätzlicher Dienste und Ähnliches –, waren allesamt verschwunden, weil die Kunden diese Angelegenheiten nun online selbst verwalten konnten. Inzwischen wurden die Anrufe von komplexen und vielfältigen Angelegenheiten dominiert, die die Kunden nicht selbst regeln konnten – eine Veränderung, die für die Servicemitarbeiter allmählich zu einer echten Belastung wurde. Als Reaktion darauf stellte sich das Führungsteam ans Reißbrett und begann 2015, die Organisation des Kundendienstes von Grund auf zu überarbeiten.