Best Practice Mobilcom-Debitel Die Kundenversteher

Illustration: Patrick Mariathasan für Harvard Business Manager
Die Geschichte des Mobilfunks in Deutschland ist ein Beispiel dafür, wie die Inhalte von Marken im Wettbewerb zerrieben werden können - und der Preis zum einzigen Differenzierungsmerkmal wird. Anfang der 90er Jahre konzentrierten sich Netzbetreiber wie Deutsche Telekom Mobilfunk (T-D1) und D2 Mannesmann zunächst darauf, ihre Infrastruktur auf- und auszubauen. Den Vertrieb der Netzkapazitäten übernahmen spezialisierte Dienstleister wie Mobilcom oder Debitel. Ende der 90er Jahre begannen die Netzbetreiber, sich selbst stärker um den lukrativen Vertrieb zu kümmern, und verstärkten den Wettbewerb im Markt.
Ähnlich wie in der Luftfahrtbranche drängten ab 2005 auch im Mobilfunk sogenannte No-Frills-Anbieter auf den Markt. Aldi-Talk, Klarmobil.de, Fonic, Simyo, Congstar und Co. boten Mobilfunk zum Discounttarif an. Um ihre Niedrigpreise realisieren zu können, sparten diese Anbieter am Angebot: Es gab keine Beratung und kaum Service, keine Mobiltelefone, nur einen Tarif - und nur einen Vertriebskanal. Als die ersten Anbieter im gleichen Jahr Flatrates einführten, verschärfte das den Preisdruck.
Zudem setzte allmählich eine Sättigung im Markt ein - Deutschlands Bürger waren nahezu komplett mit Handytarifen ausgestattet. Neue Kunden zu gewinnen wurde immer schwieriger.
Innerhalb kürzester Zeit hatten sich nicht nur die Größenordnungen im Mobilfunkmarkt und die Bedeutung der Vertriebskanäle gewaltig verschoben. Die Umwälzungen veränderten auch das Kundenverhalten: Mobilfunkangebote gelten mittlerweile als austauschbar, alleiniges Entscheidungskriterium ist heute meistens der Preis.
Für Mobilfunkanbieter ist das eine teuflische Lage. Über den Preis allein lassen sich Marken kaum voneinander unterscheiden. Die Folge: Nicht nur bei den Angeboten, auch beim Image nähern sich die größten Anbieter einander an.
Kunden verstehen
Mobilcom-Debitel entstand aus der Fusion mehrerer Mobilfunkunternehmen als Folge der Konsolidierung der Branche. Mit dem Antritt des neuen Vorstandschefs Christoph Vilanek 2009 änderte das Unternehmen seine Strategie und konzentrierte sich vollständig auf Mobilfunk. 2011 reifte im Unternehmen die Erkenntnis: Wir verstehen nicht, warum Konsumenten bei uns Handyverträge abschließen. Die Autoren haben deshalb umfassend die Mobilcom-Debitel-Kunden und die der Wettbewerber analysiert. Danach wussten sie, wer aus welchen Gründen kauft, und sie konzentrierten sich auf die zwei wichtigsten Kundengruppen.
Mitarbeiter überzeugen
Fast ein Jahr lang trieben Vorstand und Marketingabteilung den größten Markenschwenk in der Geschichte des Unternehmens voran. Zum Start der neuen Werbekampagne, die auf den Erkenntnissen der Kundenanalyse basierte, mussten alle Mitarbeiter verstehen, wie die beiden neu definierten Kundentypen ticken – und wann sie Handyverträge abschließen. Neben der Marktforschung spielte dabei die interne Kommunikation eine zentrale Rolle.
Die heutige Freenet AG entstand 2007 aus der Verschmelzung der 1991 gegründeten Mobilcom AG mit deren damaliger Tochtergesellschaft Freenet.de AG. Mit dem Kauf der Debitel Group 2008 trieb Freenet die Konsolidierung im deutschen Mobilfunkmarkt weiter voran. Mit dieser Akquisition entstand der größte netzunabhängige Telekommunikationsanbieter in Deutschland. In den Folgejahren konzentrierte sich Freenet unter der Führung des seit 2003 amtierenden Vorstandschefs Christoph Vilanek auf das Kerngeschäft Mobilfunk und trennte sich von einigen Beteiligungen (siehe Kasten "Die Geschichte von Mobilcom-Debitel").
Mobilcom-Debitel wurde zur Tochtergesellschaft der Freenet-Gruppe und Deutschlands größter Serviceprovider. Der Wiederverkäufer von Verträgen aller Netzbetreiber in Deutschland ist mit rund 14 Millionen Kunden einer der größten Anbieter im deutschen Mobilfunkmarkt (nach den Netzbetreibern Deutsche Telekom und Vodafone und vor E-Plus und O2). Das neue Unternehmen besitzt mit 6000 Verkaufsstellen (neben den eigenen Mobilfunkshops zählen dazu beispielsweise auch Fachhändler und Elektronikmärkte wie Media Markt und Saturn) die größte Vertriebspräsenz in Deutschland.
Trotz der Größe und Vielfalt des Angebots zeigten Kundenbefragungen, dass Mobilcom-Debitel als eher klein wahrgenommen wurde. Die Ergebnisse einer sogenannten Marken-Funnel-Analyse gaben Hinweise auf die Ursachen. In dieser Analyse gibt es vier Stufen, innerhalb deren Konsumenten vor der Kaufentscheidung die Menge verfügbarer Angebote immer weiter einschränken: Bekanntheit - Vertrautheit - Relevant Set - Kauf. Bekanntheit war für die Marke kein Problem. Mehr als vier von fünf Konsumenten kannten laut dem monatlichen Markentracking Mobilcom-Debitel. Doch schon bei der Vertrautheit wurde es schwierig: Rund die Hälfte dieser Kunden konnte sich nicht so recht vorstellen, was die Marke ausmacht. Entsprechend war Mobilcom-Debitel auch auf der nächsten Stufe, beim Relevant Set (also der entscheidenden letzten Auswahlstufe vor dem Kauf), eher schwach positioniert. Dies bedeutete für die Zukunft enorme Risiken: Wer im Kaufprozess nicht sehr gut im Kundenbewusstsein verankert ist, wird über kurz oder lang Kunden, Marktanteile und Umsatz verlieren.
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Es musste etwas passieren. Marketingleiterin und Koautorin Kerstin Köder stellte sich die Frage nach einer neuen Unternehmensidentität: Wie sollte Mobilcom-Debitel positioniert sein? Wie sollten die Kunden angesprochen werden? Eine klare Identität war elementar, um die Bestandskunden zu sichern und Neukunden in diesem wettbewerbsintensiven Markt zu gewinnen. Fest stand: Dies konnte nur gelingen, wenn Mobilcom-Debitel den Kundenbedürfnissen oberste Priorität einräumte.
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