Zur Ausgabe
Artikel 9 / 17

Zeitmanagement - ein Drahtseilakt, der sich lohnt So sind Sie schneller als die Konkurrenz

Systematische Zeiteinsparungen machen Unternehmen nicht nur schneller und schlanker bei den Kosten. Sie versetzen Firmen auch in die Lage, den Kunden das zu bieten, was sie am meisten wünschen: höhere Qualitäten, neue Produkte und besseren Service. Die Mitarbeiter klar zeitbewußt operierender Unternehmen wissen, wo und wie bei der Abwicklung von Kundenaufträgen Zeit gewonnen werden kann - oder verloren. Sie organisieren sich deshalb in multifunktionalen Arbeitsgruppen, relativ klein und eigenverantwortlich - weniger, um spezielle Projekte zu verfolgen als um möglichst viele alltägliche Aufgaben zu erledigen. Im Ergebnis sinken die Durchlaufzeiten in den einzelnen Arbeitsphasen ebenso wie im gesamten System der Auftragsabwicklung, und die Arbeit aller wird vom Lernen über Kunden, Mitbewerber und die Maßnahmen des eigenen Unternehmens begleitet. Aus ihren Beobachtungen und Analysen bei "schnellen" Unternehmen filtern die Autoren eine Reihe konkreter Vorschläge, wie sich das Ziel "Schneller-sein-aIs-die- Konkurrenz" erfolgreich umsetzen läßt.
aus Harvard Business manager 3/1989

JOSEPH L. BOWER lehrt als Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Harvard Business School. THOMAS M. HOUT ist Vice President der Boston Consulting Group. Beide Autoren beschäftigen sich seit Jahren mit den Problemen der Unternehmen im globalen Wettbewerb. Sein letztes Buch veröffentlichte J. L. Bower 1986 unter dem Titel: "When Markets Quake: The Management and Challenge of Restructuring Industry" (Harvard Business School Press).

Zumindest intuitiv wissen es alle Manager: Zeit ist Geld. Also setzen die meisten von ihnen, sobald nur eine Gelegenheit dazu auftaucht, Geld ein, um Zeit und damit wieder Geld zu sparen. Der Leiter eines Reisebüros schafft Computer an, um Buchungen unverzüglich bestätigen zu können. Der Textilfabrikant stellt auf Just-in-Time-Produktion um, um die Nachfrage rasch befriedigen zu können und Verluste durch Überproduktion zu vermeiden. Solch punktuelle Maßnahmen sorgen freilich noch nicht für besonders auffällige Wettbewerbsvorteile, denn über kurz oder lang erkennt und nutzt die Konkurrenz diese Möglichkeiten auch. Zeiteinsparungen werden erst dann zum durchschlagenden Faktor, wenn ein Unternehmen damit seinen gesamten Arbeitsprozeß und seine Fähigkeit, auf Kundenwünsche einzugehen, grundlegend verändert. Dann können nachhaltig wirksame Wettbewerbsvorteile entstehen. Kurze Durchlaufzeiten sind ohnehin kein neues geschäftsstrategisches Konzept; sie verhalfen Hongkongs Maßschneidern nicht weniger zum Erfolg als MacDonald's. Aber heute verstehen sich auch die Manager großer, komplexer Unternehmen mehr und mehr darauf, Wettbewerbsvorteile zu erreichen, indem sie in ihren Organisationen besser mit dem Zeitfaktor umgehen. Sie treffen Entscheidungen schneller, entwickeln neue Produkte früher und führen Kundenbestellungen rascher aus als die Konkurrenz. Unterm Strich beliefern sie ihre Märkte mit reellen Qualitäten, Leistungen, die sich in rascherem Wachstum und höheren Erträgen auszahlen können. Für diese Spitzenunternehmen sind kurze Durchlaufzeiten in doppelter Hinsicht wichtig. Zum einen belegen sie unternehmerisches Können, ein Leistungsformat, das vom Management ausgehend in den gesamten Betrieb und auf die Einstellungen der Beschäftigten ausstrahlt und eine neue Art von Organisation hervorbringt, ohne jene Engpässe, Verspätungen, Patzer und überflüssigen Lagerbestände, unter denen die meisten Unternehmen leiden. Je schneller Informationen, Entscheidungen und Materialien durch eine große Organisation geschleust werden, desto schneller kann sie Aufträge abwickeln, sich intern abstimmen, an veränderte Marktbedürfnisse und Wettbewerbsbedingungen anpassen, Fehler beseitigen. Zum anderen bedeuten kurze Taktzeiten ein Führungs-Paradigma, eine Art zu überlegen, wie eine Unternehmen einzurichten und zu führen ist und wie im Wettbewerb mit anderen Vorteile errungen werden können. Sie stellen einen mächtigen Impuls dar, denn die zugrundeliegende Prämisse ist simpel und zugleich wirkungsvoll: Zeiteinsparungen verstärken und unterstützen nur das, was fähige Manager schon immer erreichen wollten. Die Entwicklung zum "schnellen" Unternehmen ist nicht leicht zu bewerkstelligen und passiert nicht über Nacht. Sie erfordert gründliches Nachdenken darüber, wie eigentlich die Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens zu den Kunden gelangen. Zudem müssen verschiedene Teile der Organisation lernen, auf eine neue und andere Weise zusammenzuarbeiten. Heute fällt die Strafe für Stillstand weit höher aus als der Aufwand für einen Wandel.

Jedes Unternehmen ist ein System

In zeitorientierten Unternehmen verstehen sich alle als Teil eines integrierten Systems, als Glieder einer Kette von Abläufen und Entscheidungen, in der ständig Werte für die Kunden geschaffen werden. In solchen Unternehmen weiß jeder einzelne, in welcher Beziehung seine Tätigkeit zu der der anderen steht. Alle wissen, wie die Arbeit im ganzen ablaufen und wie Zeit genutzt werden sollte. In kleineren Unternehmen ist diese Denkweise zumeist selbstverständlich. Den Mitarbeitern fällt es nicht schwer, sich beständig um Qualität zu bemühen, denn fast jeder hat direkt mit einem Produkt oder mit einem Kunden zu tun. Firmenpolitik, Abläufe und Praktiken und alle Leute, die damit zu tun haben, daß das Produkt kundenfertig wird, sind bekannt und jeder weiß damit umzugehen. Mit dem Wachsen von Unternehmen wird ihr eigentlicher Charakter immer undurchschaubarer. Die Fremdheit nimmt zu in dem Maß, wie einzelne Funktionen ihre eigenen Bedürfnisse entwickeln, sich Unterstützungsaktivitäten vervielfachen, Spezialisten herangezogen werden und schriftliche Berichte den direkten mündlichen Austausch ersetzen. Irgendwann verliert sich die klare Sicht auf das Produkt und auf die wichtigen Stationen der Auftragsabwicklung. An die Stelle eines glatt verbundenen Systems tritt ein Gewirr von widerstreitenden Einzelbereichen, deren mangelhaftes Zusammenwirken den Kunden frustrieren. "Es ist mir völlig egal, was Ihre Aufgabe ist", klagt der genervte Kunde, "wann bekomme ich meine Ware?" "Schnelle" Unternehmen sehen diese Gefahr und bemühen sich sehr, ihr zu entgehen. Immer wieder führen sie ihren Mitarbeitern vor Augen, wie und wo Zeit verloren wird. Sie machen die wichtigsten betrieblichen Abläufe von Anfang bis Ende für alle durchschaubar und verständlich; dafür setzen sie Mitarbeiterschulungen an. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf die Hauptschnittstellen zwischen den verschiedenen Funktionsbereichen und verdeutlichen, welchen Einfluß sie auf den gesamten Ablauf haben. Sie sind sich im klaren darüber, wie Praktiken und Verfahren in einem Bereich auf das Arbeitsgeschehen in den anderen Bereichen einwirken. Das Belohnungssystem basiert auf der Leistung der Gruppen. Und, am allerwichtigsten, sie schaffen ein Organisationsgefüge, das den Systemcharakter des Unternehmens untermauert. Am Beispiel Toyota, der Welt drittgrößter Autobauer und eines der klassischen Unternehmen mit klarer Zeitorientierung, läßt sich das sehr gut illustrieren. Das vereinfachte Schema von Abbildung l zeigt die wichtigsten betrieblichen Arbeitsprozesse. Danach bilden vier miteinander verbundene Abläufe das Herz der Pkw-Fertigung: Produktentwicklung, Auftragsabwicklung, Produktionsplanung, Produktion. Toyota schuf im Laufe der Jahre eine Organisation, in der der Informations-, Entscheidungs- und Materialfluß durch diese Bereiche immer schneller wurde. Als Ergebnis bietet Toyota eine bessere Leistung auf allen für Kunden interessanten Gebieten - bei den Preisen, der Qualität, der Liefer- und der Innovationsbereitschaft. Selbständig arbeitende, multifunktionale Arbeitsgruppen übernehmen die Produktentwicklung, jeweils unter Konzentration auf eine bestimmte Modellserie. Sie reagieren auf bestimmte Nachfrageimpulse sofort und entwickeln Produkte und Fertigungsverfahren gleichzeitig, um keine Zeit zu vergeuden und die Fertigung effizienter zu machen. Die Arbeitsgruppen verantworten alles - Styling, Produktleistungen und Kosten -, und sie überwachen selbst die Einhaltung ihrer Pläne. Die Gruppen organisieren auch die Zusammenarbeit mit den Zulieferern, die bereits frühzeitig in die Produktentwicklung miteinbezogen werden. Das verkürzt die Entwicklungszeiten auf durchschnittlich drei Jahre (siehe Abbildung 1), erlaubt häufigere Neueinführungen und kontinuierlichere Innovation in kleinen oder großen Schritten bei allen laufenden Modellen. Die Fertigungszeit beginnt, sobald ein Kunde einen Wagen beim Händler bestellt. In Japan sind die Händler mit dem fabrikinternen System der Produktionsplanung direkt verbunden, so daß jede Bestellung mit allen Einzel- und Besonderheiten sogleich in die Planung eingeht. Toyota führt die Produktion so, daß große Schwankungen in den Tageslosen vermieden, zugleich aber täglich viele unterschiedliche Modelle produziert werden. Dem Kunden wird der Termin der Auslieferung umgehend bestätigt. Die Zulieferer sind von jeder neuen Bestellung und dem Produktionsplan automatisch unterrichtet, so daß sie bis zum Zeitpunkt der Endmontage keine falschen Teile liefern. Laufend werden lediglich kleine Serien in flexiblen Fertigungsabteilungen produziert, die für diesen Durchlauf verschiedener Modelle wenig Umrüstzeit benötigen. Gewollt sind lange Betriebszeiten (mit sämtlichen Takten des Fertigungsablaufs in Funktion) und hoher Ausstoß (alle Verfahren funktionieren einwandfrei und produzieren Qualität). Das Ergebnis ist eine beschleunigte Fertigung, die alle Gemeinkosten erspart, ausgenommen die, die unvermeidlich sind, um alle Arbeiten gleich qualitätsgerecht auszuführen sowie einen zuverlässig kontinuierlichen Produktionsablauf zu ermöglichen. Mit seiner Reaktionsgeschwindigkeit in der Entwicklung neuer Modelle, der Planung und Ausführung der Produktion sowie in der Lieferung an seine Kunden hat Toyota der Konkurrenz das Fürchten gelehrt; hohe Kosten und aufgeblähte Lagerbestände bleiben dieser überlassen. In vielen Wirtschaftszweigen gehen Unternehmen heute ganz ähnlich vor. Liz Claiborne hat der Bekleidungsbranche zwei zusätzliche Jahreszeiten beschert, um den Kauf neigungen der Verbraucher noch besser entgegenzukommen. Seiko festigte seine Position auf dem Uhrenmarkt durch den Bau einer hochautomatisierten Fabrik, die täglich neue Modelle produzieren kann. In der Halbleiterherstellung entscheidet sich die Schlacht um Weltmarktanteile hauptsächlich über die Geschwindigkeit, mit der neue Technologien auf immer größere Chips angewendet werden können. Andere Hersteller gehen noch weiter und integrieren Kunden und Zulieferer in ein einziges zusammenhängendes Auftragsabwicklungssystem. Milliken, der große amerikanische Textilhersteller, kooperiert mit General Motors bei Pkw-Innenausstattungen, mit Sears bei Polstermaterialien und mit Wal-Mart bei Kleidung. Die beteiligten Unternehmen sehen einander als Partner an, die ein Produkt herstellen und gehen daher nicht getrennte Wege. So sind Milliken und seine Abnehmer in der Lage, die eingehenden Aufträge gleich in die Produktionsplanung aufzunehmen und die Fertigungszeiten abzustimmen, um Ungleichgewichte zu minimieren und doppelte Kontrollen und Pufferbestände zu vermeiden. Die Resultate sind spektakulär: Kosten sanken, der Umschlag der Läger verdoppelte sich, der Absatz stieg, Bestandsfehlmengen und Wertberichtigungen wurden seltener. Aufträge für Milliken werden heute in der Hälfte der früheren Zeit erledigt. Aber Schnelligkeit ist auch wettbewerbswirksam bei Dienstleistungen. Indem Batterymarch, ein Beteiligungsfond mit Sitz in Boston, sein Analyse- und Bearbeitungssystem automatisierte, konnte die Zeit, die für Entscheidungen über Portfolioumschichtungen und ihre Ausführung notwendig ist, erheblich gesenkt werden. Kunden können so weit schneller von fallenden auf steigende Aktien umsteigen als vordem, und Batterymarch hat geringere Kosten und höhere Gewinne: Die Umsätze pro Mitarbeiter betragen inzwischen das Dreifache des Branchendurchschnitts.

Was "schnelle"
Unternehmen vorantreibt

Von herkömmlichen Organisationen unterscheiden sie sich darin, wie ihre Betriebsorganisation funktioniert, wie sie Leistung bewerten und welche Bedeutung sie der Schulung ihrer Mitarbeiter zumessen. Sie bevorzugen Teams gegenüber festgefügten Abteilungen und Funktionen. Sie setzen Zeit als entscheidendes Leistungskriterium ein. Sie insistieren, daß jedermann, nicht nur die Unternehmensleitung, sich vertraut machen soll mit Kunden, Konkurrenten und dem Vorgehen des eigenen Unternehmens. Jedes dieser Merkmale ist logische Konsequenz einer Grundeinstellung, die Toyota so beispielhaft vorführt. Danach wird ein Unternehmen als ein integriertes System gesehen, das den Kunden Qualität liefert.

Arbeit in multifunktionalen Teams

Um Zeit einzusparen, muß ein Unternehmen in selbständigen Arbeitsgruppen arbeiten, die sich aus Mitarbeitern verschiedener Teile der Organisation zusammensetzen. Die Teams sollten relativ klein sein, weil größere Gruppen zu Kommunikationsproblemen neigen und fast immer auch Mitglieder haben, deren Aufgaben mit dem Auftrag des Teams nur am Rand zu tun haben. Die Gruppen müssen selbstverantwortlich arbeiten und ein hohes Maß an Handlungsvollmacht besitzen, weil die Weitergabe von Entscheidungen nach oben Zeit kostet und oft zu schlechteren Ergebnissen führt. Die "schnellen" Unternehmen nutzen multifunktionale Teams nicht nur bei besonderen Projekten, sondern für die Alltagsarbeit auf allen Ebenen. Eine uns bekannte Bank reorganisierte erfolgreich ihr Personalkreditwesen und verkürzte damit die Zeit, die ein Kunde auf eine Entscheidung warten muß, von einigen Tagen auf 30 Minuten. Früher wurde die Bearbeitung der Kreditersuchen durch eine Reihe von Verantwortlichen - mit irgendwelchen Angestellten als Helfern - vorgenommen. Jetzt landet ein Antrag bei einer einzigen Gruppe, in der ein Kreditfachmann, ein Sicherheitsprüfer und ein Abwicklungsexperte sitzen und ihre Kenntnisse und Erfahrungen kollektiv nutzen für einen umgehenden Entscheid an den Kunden. Dieses Beispiel zeigt auch, was es heißt, ein erfolgreiches Team eher nach marktorientierten als funktionsteiligen Maßstäben zu organisieren und Entscheidungskompetenz so weit wie möglich nach unten zu delegieren. Verbunden mit diesem Vorgehen ist auch eine Neubestimmung dessen, was multifunktionale Arbeit heißt. Nach unseren Erfahrungen glauben viele Großunternehmen noch, wenn sie für spezielle Aufgaben interfunktionelle Gruppen bilden oder Manager ermutigen, sich überall im Unternehmen umzusehen und ihre Beobachtungen auszutauschen, das sei schon multifunktionales Arbeiten. Sicher können solche Maßnahmen den Mitarbeitern die Arbeitsabläufe im Unternehmen und die Möglichkeiten ihrer schrittweisen Verbesserung verdeutlichen. Aber sie können keine Beziehungen zwischen den einzelnen Bereichen erbringen, die wohlbedacht, lehrreich und von Dauer wären. Zeitbewußt arbeitende Manager wissen genau, die tägliche Routinearbeit entscheidet über die Effektivität des Unternehmens, nicht irgendwelche Spezialvorhaben. Diesen Führungskräften geht es nicht darum, den trägen Apparat zu "umschiffen", indem sie separate Einheiten schaffen, die kleiner und schneller sind, sondern dem Unternehmen als Ganzem zu mehr Reaktionsschnelligkeit zu verhelfen, selbst wenn sie sich dadurch selbst einiger wichtiger Entscheidungsmöglichkeiten berauben. Natürlich haben Topmanager im allgemeinen eine Menge guter Ideen beizusteuern. Ihr Einschreiten hat auch großes Gewicht, geschieht aber nicht immer zum richtigen Zeitpunkt. Ihre Terminkalender sind voll und so wird es zunehmend schwieriger - je stärker sie sich bei einem Projekt engagieren -, Termine abzustimmen und mit den notwendigen Entscheidungen voranzukommen. In "schnellen" Unternehmen kennen die Topmanager dieses Problem und sehen, daß sie auf diese Weise Engpässe schaffen, die auf die jüngeren Manager demotivierend wirken. Sie konzentrieren sich deshalb darauf, das System insgesamt zu verbessern und delegieren normale Entscheidungen an andere. Wegen dieser Unterschiede haben die Organisationspläne der "schnellen" Unternehmen nur wenig Ähnlichkeit mit den Hierarchien traditioneller Organisationen. Verantwortlichkeiten und Entscheidungskompetenzen sind weder zentralisiert noch fein säuberlich von den anderen Bereichen getrennt. Der Organisationsplan ähnelt eher einer Reihe miteinander verflochtener Ringe, in denen Pfeile und Verbindungsschleifen die Entscheidungswege und Arbeitsabläufe markieren. Der Organisationsplan der Taurus-Sable- F + E-Gruppe bei Ford sah zum Beispiel aus wie eine Scheibe - den Mittelpunkt bildete die Projektleitung, um sie ordneten sich die verschiedenen Arbeitsgruppen zu (siehe Abbildung 2).

Die Durchlaufzeiten überall verkürzen

Um sicherzustellen, daß Materialien und Informationen das Unternehmen ohne Verzögerungen durchlaufen, senken die "schnellen" Unternehmen möglichst laufend sowohl die Taktzeit einzelner Arbeitsschritte als auch die des Gesamtprozesses - zum Beispiel die Zahl der für die Auslieferung eines Kundenauftrags oder für die Entwicklung eines neuen Produkts benötigten Tage. In diesen Unternehmen kontrollieren die Manager den Ausstoß in jeder Produktionsphase, um sicherzustellen, daß der Übergang zur nächsten reibungslos funktioniert und das Produkt den Verbraucheranforderungen entspricht. Auch dadurch, daß einzelne Phasen ganz eliminiert werden, zum Beispiel durch Zusammenlegen von Datenaufbereitungs- und Datenverarbeitungsvorgängen, wird Zeit gespart. Die meisten Unternehmen konzentrieren sich auf Arbeitsvorgänge, die am zeitaufwendigsten oder am sichtbarsten sind, und vernachlässigen die, die nicht so sehr im Rampenlicht stehen (zum Beispiel die Auftragsbearbeitung oder die technischen Prüfungen). Oft kommt es zu einem Informations- und Entscheidungs- "stau" zwischen verschiedenen Arbeitsphasen. Betriebsinterne Untersuchungen zeigen, daß weniger als zehn Prozent der zwischen Auftragseingang und Produktauslieferung hegenden Zeit tatsächlich wertschöpfend genutzt wird. Die restlichen Tage warten Materialien und Informationen auf ihre Bearbeitung. In der Fertigung zum Beispiel haben große Losgrößen eine Verlangsamung des gesamten Durchlaufs zur Folge. Denn an jeder Arbeitsstation muß abgewartet werden, bis eine große Partie beisammen ist, ehe mit der Arbeit begonnen werden kann. Und dasselbe passiert in der Verwaltung, in der Versandplanung und in der Auftragskalkulation. Häufig besteht die einzige Maßnahme, diesen "Staus" entgegenzuwirken, darin, die Betriebsmittel und die zulässigen Gemeinkosten zu begrenzen. Im Gegensatz dazu steuert Toyota sämtliche Durchlaufzeiten in der Fertigungskette. Schon früh hatte man erkannt, daß die Anwendung des Just-intime-Prinzips in der Produktion allein die Wartezeiten für die Käufer nicht sonderlich abkürzt, wenn die Bestellungen des Vertragshändlers wochenlang durch die regionalen Verkaufsbüros und Planungsabteilungen des Unternehmens wandern. Also organisierte Toyota Auftragseingang und Planung so, daß sie ohne irgendwelche Zwischenschritte oder Wartezeiten ineinandergreifen. Benetton ist ebenfalls ein Unternehmen, das sein explosionsartiges Wachstum und seinen Erfolg zum großen Teil seinen kurzen Durchlaufzeiten verdankt. Das Zeitmanagement beginnt hier in der Entwicklungsabteilung. Ein CAD-System fertigt ein neues Design automatisch in allen Größen an und überträgt diese Muster dann auf computergesteuerte Zuschneidemaschinen, wo sie auf den Eingang der Bestellungen warten. Die Stoffe werden in neutralem Grau/Beige-Ton bevorratet und dann auftragsgemäß zugeschnitten und gefärbt. Auf diese Weise kann das Unternehmen seine Lagerbestände minimieren und dennoch die gesamte Palette von Kundenwünschen schnell erfüllen. Die Bestellungen werden an eine Kette von JIT-Fabriken weitergeleitet, die nur auf Verlangen produzieren, so daß Benetton seine Regale in den USA innerhalb von 15 Tagen wieder auffüllen kann - eine Reaktionszeit, die im Textileinzelhandel bis vor kurzem noch unvorstellbar schien. Diese Geschwindigkeit ist nicht nur im Interesse des Kunden, sondern auch des Unternehmens, weil es auf diesem Weg weder zu wenig noch zu viel produziert. Schließlich wissen zeitbewußt arbeitende Unternehmen, in welchem Bereich Zeiteinsparungen dem Kunden am meisten nützen. Natürlich werden diese Tätigkeiten zuerst in Angriff genommen und laufend verbessert. Freightliner zum Beispiel hat innerhalb der vergangenen zehn Jahre seinen Marktanteil bei Schwerlastern in den USA verdoppeln können. Anders als die meisten in dieser Branche mit Kundenproduktion, legte dieser Hersteller seinen Investitionsschwerpunkt nicht in die Beschleunigung des Produktionsprozesses; vielmehr investierte er in die Konstruktion hunderte von kombinierbaren Lkw-Teilen, so daß die Kunden Zugmaschine, Fahrerkabine und andere Ausstattungen ganz variabel nach ihren Wünschen aus einem Fächer sorgfältig getesteter Teile zusammenstellen können. Das Unternehmen vermeidet so Produktionsfehler, die bei vielen Mitbewerbern oft hastige Neuentwürfe und Nachbesserungen erfordern. Und Freightliner kann einen Lkw preisgünstiger und um einige Wochen schneller als die meisten der Branche ausliefern.

Für permanentes Lernen sorgen

Märkte, Produkte und der Wettbewerb verändern sich heutzutage so schnell, daß Organisationen mit zentralen Informationseinrichtungen einfach nicht mehr mitkommen. Aus diesem Grunde wünscht sich ein zeitbewußtes Management aufmerksame Beobachter und Mitdenker auf allen Ebenen des Unternehmens und legt Wert darauf, daß auch die tägliche Arbeit stets von Lernprozessen begleitet wird; sie wirken als Katalysator für Innovationen. Feed-Back-Systeme auch bei Routinearbeiten sind in "schnellen" Unternehmen selbstverständlich. Benetton zum Beispiel verarbeitet täglich alle Daten aus dem Einzelhandelsverkauf, so daß sofort bekannt wird, was sich verkauft und was nicht. Da die Schnellgänger von Monat zu Monat und von Ort zu Ort wechseln, sind diese Daten eine wichtige Entscheidungshilfe für die laufende Produktion, die Neuentwicklung von Mustern und Farben und die Art der Lagerhaltung der verschiedenen Wiederverkäufer. Schnelle Unternehmen wie Benetton verschwenden keine Zeit mit der Einrichtung von Warenlagern, wenn sie nicht sofort zur Befriedigung der Kundenwünsche benötigt werden. In zeitbewußt arbeitenden Unternehmen sind zudem informelle, schnelle Informationswege von ausschlaggebender Bedeutung. Aktuelle Daten landen ohne Umwege dort, wo sie gebraucht werden und gehen nicht auf ihrem Weg durch die Hierarchie verloren. Bei Marks & Spencer zum Beispiel, der großen britischen Einzelhandelskette, sind Manager auf allen Leitungsebenen gehalten, neue Marktinformationen unverzüglich an das Topmanagement weiterzuleiten. So erwartet man etwa vom Manager einer wichtigen Filiale, daß er sich sofort an einen Vice Chairman wendet, wenn die Lieferung von Standardartikeln stockt. Vom Verkäufer, der fehlerhafte Handelsware nicht annehmen und das Management mit Informationen über die Zufriedenheit der Käufer informieren sollte, bis zur Unternehmensspitze tragen alle dazu bei, den Warenfluß durch Läger und Läden und den Informationsfluß zu den zuständigen Managern zu beschleunigen. "Schnelle" Unternehmen halten ihr Tempo nicht automatisch. Ihre Manager müssen das gesamte Belieferungssystem immer wieder erneuern und umbauen, ständig auf der Suche nach Aufschluß über beschleunigende und verlangsamende Faktoren sowie nach guten Ideen, die auch bei Konkurrenten und Spitzenunternehmen anderer Branchen zu finden sind. Sie nutzen neue Technologien ebenso wie künstliche Intelligenz, um Routinearbeiten immer schneller zu erledigen. Sie ermuntern ihre Mitarbeiter zu ungewöhnlich großer Mobilität und Initiative. Bei DuPont beispielsweise werden Kunden sogar von Produktionsarbeitern (wie natürlich Verkäufern und Konstrukteuren) besucht, damit sie deren Wünsche aus erster Hand erfahren.

Mit Zeitorientierung gleich beginnen

Liefertermine, Vorlaufzeiten, heranrückende Produktionstermine - Manager haben jeden Tag in bestimmtem Umfang mit dem Zeitfaktor zu tun, aber nur selten mit rechter Systematik und mit Blick auf seine Wettbewerbsrelevanz. Zwei Umstände des Betriebsalltags helfen erklären, warum der Faktor Zeit so leicht übersehen und so wenig "gemanagt" wird. Zum einen zeigen sich Managern Entscheidungsalternativen selten in der Weise, daß ihre Auswirkung auf den Zeitbedarf sofort erkennbar wäre. Der Vorschlag für ein neues Fertigungsverfahren zum Beispiel stellt häufig die Kosten- und Arbeitskräfteeinsparungen heraus, versäumt dagegen zu erwähnen, daß die neue, größere Serie den gesamten Durchlauf verlangsamt. Befürworter eines neuen Hauptverwaltungsgebäudes führen größere Räume und Annehmlichkeiten für ihr Vorhaben ins Feld, aber erwähnen nicht, daß der Raumplan das Marketing von der Konstruktionsabteilung trennt, was die Produktentwicklung verzögern könnte. Kurz, es liegt auf besondere Weise am Topmanagement, ob die zeitlichen Abläufe im System beachtet und gemanagt werden. Zum zweiten - und das ist problematischer - schätzen die meisten Mitarbeiter Konstanz in ihren Arbeitsabläufen und sozialen Beziehungen. Die Bemühungen, die Durchlaufzeiten zu verkürzen, stören diese Stabilität. Multifunktionale Arbeitsgruppen brechen die gewohnten Strukturen der Abteilungen und Routineverrichtungen auf. Die Verkürzung von Taktzeiten zerbricht altbewährte Krücken wie Qualitätskontrollen und wiederholte Dateneingaben, die nur erforderlich wurden, weil Arbeiten nicht gleich im ersten Durchgang fehlerlos entworfen und/oder ausgeführt waren. Manche hochangesehene Experten erweisen sich plötzlich als Grund für Engpässe, andere als vollkommen überflüssig. Denn ausgeklügelte kurzfristige Marktprognosen sind für den überflüssig, der unmittelbar auf jede Veränderung der Nachfrage reagieren kann.

Durchlaufzeiten überprüfen und Normen erhöhen

Vergleichen Sie zuerst Ihre eigene Leistung mit der Ihres stärksten Konkurrenten, nicht nur die Reaktionszeiten, auch Kosten, Qualität und Innovationsrate. All diese Faktoren stehen in einem Kausalzusammenhang. Dann übernehmen Sie diese Vergleichsdaten als Minimalziele in Ihre strategische Planung: Fünfprozentige Verbesserungsraten pro Jahr rütteln allerdings nicht am Status quo. Als Toyota sich daranmachte, den Gußformen-Wechsel an einer 50-Tonnen-Presse m einer Minute zu schaffen, um einen preisgünstigen kundenspezifischen Pkw zu produzieren, war das keine Kleinigkeit - es war schier unbegreiflich. Und es sollte sich als Grundstein für Toyotas heutige Wettbewerbsfähigkeit erweisen. Machen Sie sich ein genaues Bild von den Entscheidungsprozessen und betrieblichen Abläufen in Ihrem Unternehmen, so daß die wichtigsten Schnittstellen, Engpässe und Verhaltensmuster erkennbar werden. Spüren Sie Zeitvergeudungen und Qualitätsprobleme auf und lassen Sie all Ihre Mitarbeiter an Ihren Erkenntnissen teilhaben. Die gesamte Organisation muß wissen, wie sie funktioniert, bevor ein Nachdenken über Veränderungen sinnvoll wird. Heben Sie hervor, wo bisher Veränderungen Erfolg hatten - und sei der auch noch so bescheiden. Etablieren Sie die Überzeugung, daß das Unternehmensgefüge nicht unveränderlich sein muß, daß es sich lohnt, über neue und bessere Arbeitsweisen nachzudenken und sie auch einzuführen. Und steigern Sie laufend die Leistungsvorgaben.

Auch ungewöhnliche Wege gehen

Bilden Sie temporäre Arbeitsgruppen, um herauszufinden, welche Faktoren die entscheidenden Arbeitsphasen im Unternehmen verlangsamen. Besetzen Sie diese Teams mit energischen wohlangesehenen Leuten aus dem mittleren Management, die in der Lage sind, die eventuell gefundenen Lösungen durchzusetzen und zu realisieren. Fordern Sie dazu auf, mehrere Optionen aufzuzeigen und zu bewerten, besonders auch radikale. Überlegen Sie, wie das Unternehmen nach jedem dieser Vorschläge arbeiten würde, testen Sie sie und entscheiden Sie dann, welche Veränderungen im Vorgehen und Haltung notwendig wären, um die Verbesserungsvorschläge wirksam werden zu lassen. Diskutieren Sie die besten Ideen so lange, bis alle von ihrer Realisierbarkeit überzeugt sind. Nutzen Sie Konflikte bei Zusammenkünften als Möglichkeit, aufzudecken und zu erforschen, welche Umstände Arbeitsvorgänge verlangsamen und wo Einstellungen und Vermutungen von Mitarbeitern divergieren. Sobald der Kern des Konflikts bloßgelegt ist, entwickeln Sie eine Strategie, um ihn durch Fakten - nicht durch weitere Auseinandersetzungen - zu lösen. Betrachten Sie Engpässe, Ausfälle und andere Störungen als Chancen zu lernen. Nehmen Sie sie nicht als unvermeidliche Ereignisse hin, die in großen Organisationen "nun mal dazu gehören". Hören Sie nicht auf, nach dem "Warum" zu fragen, bis Sie zur Wurzel des jeweiligen Problems vorgedrungen sind. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten für Unternehmen, betriebliche Störfälle in den Griff zu bekommen. Manche wählen die kurzfristige Lösung und justieren die Maschine, die den Ausschuß produziert, einfach nur neu. Manche gehen weiter und finden die plötzliche Ursache des Problems: Sie justieren die Maschine und wechseln das ermüdete Teil aus, das den Fehler verursachte. Aber die Spitzenunternehmen ruhen nicht eher, bis sie zur Wurzel des Übels vorgedrungen sind - einer mangelhaften verfahrenstechnischen Auslegung der Anlage oder einer fehlerhaften Konstruktion des Teils, das verantwortlich für die vorschnelle Abnutzung ist.

Die Wertschöpfungsaktivitäten mit besseren Informationssystemen
verfolgen

Unterscheiden Sie die hauptsächlichen Arbeitsvorgänge - die zentralen, wertschöpfenden Tätigkeiten - von den zeitraubenden, flankierenden und vorbereitenden Maßnahmen und schieben Sie letztere erst einmal beiseite. Übertragen Sie den Mitarbeitern, die in den entscheidenden Bereichen tätig sind, Entscheidungsbefugnisse und Verantwortung. Organisieren Sie die Arbeit in Gruppen um den Fluß der Entscheidungen, Informationen und Materialien herum. So lassen Sie keine Abteilungsneurosen aufkommen, die die Arbeit jahrelang behindert haben. Schulen Sie diese Gruppen, um ihnen die Fähigkeit und Unterstützung zu verschaffen, die sie brauchen. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Schritten in der Fertigungskette sollten so kurz wie möglich sein. Beseitigen Sie Lücken und Warteschlangen. Geben Sie für besondere Stufenschritte feste Durchlaufzeiten vor, und planen Sie Entscheidungen und Arbeitsabläufe so, daß die Mitarbeiter ihre Ziele routinemäßig erfüllen können.

Zeit zählt auch in der Mitarbeiterführung

Beurteilen Sie die Mitarbeiter nach ihrem Beitrag zur Leistung der Gruppe, der sie angehören. Seien Sie deutlich, wenn es um die Durchlaufzeiten, die Qualitätsvorgaben und die Leistung geht, die jeder einzelne zur Erfüllung dieser Ziele beizutragen hat. Vermeiden Sie Expertentum, es sei denn, es ist unbedingt notwendig. Experten interpretieren die Situation oft nur aus einer bestimmten Perspektive heraus und haben manchmal Schwierigkeiten, neue Zusammenhänge zu erkennen. Häufig geben sie anstehende Probleme an höhere Unternehmensinstanzen weiter, wo zu ihrer Lösung wertvolle Zeit verloren geht. Multifunktionale Gruppen können diese Probleme in der Regel viel besser auf ihrer Arbeitsebene lösen. Fordern Sie jeden einzelnen Mitarbeiter auf, wenigstens informell Verbesserungsvorschläge für ihren Arbeitsbereich zu entwickeln. Gewöhnen Sie die Leute daran, ihre Aktivitäten in der Gruppe selbst immer wieder in Frage zu stellen und zu überdenken.

Mitarbeiter so einsetzen, daß sie schneller lernen

Variieren Sie das Wechselspiel zwischen Ihren wichtigen Führungskräften, besonders zwischen den Topmanagern. Sie sollten mehr Zeit auf konkrete Arbeit mit ihren Kollegen verwenden als auf allgemeine Strategieprobleme. Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn Sie den Schreibtisch eines Ihrer Spitzenmanager für drei Monate in ein gewöhnliches, kleines Einzelzimmer stellten, wie Honda das zuweilen tut, damit dieser Manager sich einmal wieder mit der alltäglichen Arbeitssituation seiner Kollegen aus der Nähe befassen kann. Widmen Sie Sitzungszeiten der Frage, wie sich die Laufzeiten auf die Wettbewerbsposition Ihres Unternehmens auswirken. Sorgen Sie dafür, daß jeder weiß, wo Engpässe bestehen, besonders die, zu denen die Betreffenden selbst beitragen. Topmanager sollten möglichst häufig mit den betrieblichen Prozessen in direkte Berührung kommen, die in ihren Verantwortungsbereich fallen. Auch ein Austausch von eng kooperierenden Abteilungsleitern kann nützlich sein. Mit guten Leuten kann ein Arbeitsplatzwechsel - die Leiter vom Marketing und vom Verkauf verbringen einen Arbeitstag in der Fertigungsabteilung und vice versa - erstaunlich positive Auswirkungen haben. Fordern sie die Topmanager auf, ein Flußdiagramm zu erstellen, aus dem hervorgeht, wie die wesentlichen Entscheidungen im Unternehmen zustande kommen und in welchem Zusammenhang sie untereinander stehen. Dann vergleichen Sie das Diagramm mit dem Organisationsplan. Finden Sie die Abweichungen und deren Auswirkungen auf den Zeitverbrauch heraus.

Die Durchsetzung der Zeitstrategie -
eine heikle Gratwanderung

Manager, die beginnen, ihre Organisation auf zeitbewußtes Arbeiten umzustellen, stehen vor einem unausweichlichen Dilemma: Wie sind langfristig kürzere Durchlaufzeiten zu erreichen, ohne daß kurzfristig durch Arbeitsunterbrechungen schwerer Schaden entsteht? Die meisten Unternehmen kaschieren ihre Verzögerungen und Fehler mit einem Übermaß an Ressourcen und großzügig bemessenen Schnittstellen. Aber wenn ein Unternehmen beginnt, seine Durchlaufzeiten zu reduzieren, kann die Beseitigung der Fehler und der Verzögerungen nicht mehr mit dem Abbau der Überschüsse Schritt halten. Es kommt zu zeitweiligen Ausfällen, und das Ziel - eine schnelle Kundenreaktionszeit - wird unterminiert. Jede Unternehmensleitung muß ihre eigenen Wege finden, diesen Hochseilakt zu vollführen. Oft hilft ein Pilot-Projekt - eine Probe aufs Exempel - oder eine Simulation der neuen Prozeduren, bevor sie endgültig eingeführt werden. Auch temporäre Daten- und Materialreserven können sinnvoll sein, solange sie in der Übergangsperiode dann zügig abgebaut werden. Entscheidend ist, daß Manager den Veränderungsprozeß vorantreiben und mit ihren Bemühungen nicht nachlassen, wenn die unvermeidlichen Probleme auftauchen. "Schnelle" Unternehmen erinnern uns jeden Tag daran, daß Krisen Chancen sind, um zu lernen und besser zu werden. Manche unserer Vorschläge stehen nicht im Einklang mit dem traditionellen Verständnis von gutem Management. Effizienz wurde lange Zeit als Resultat fester Ziele, klarer Organisationsstrukturen, Kostenreduzierungsmaßnahmen und weniger Veränderungen an der Grundordnung der Unternehmen betrachtet. Aber das entsprach mehr der Logik der Massenproduktion. Sie wurde überholt von der Logik der Innovation. Und diese Logik verlangt wiederum nach einer neuen Organisations- und Führungspraxis. Copyright: © 1989 by the President and Fellows of Harvard College; ursprünglich veröffentlicht in "Harvard Business Review" Nr. 6, November/Dezember 1988, unter dem Titel "Fast-Cycle Capability for Competitive Power"; Übersetzung: Dr. Karen Lührs.

Mehr lesen über

Zur Ausgabe
Artikel 9 / 17
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren