Fünf Minuten mit Tina Turner "Für mich war es das Beste, auf der Bühne zu stehen"

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Harvard Business manager: Sie haben in Ihrer Karriere viele Höhen und Tiefen erlebt. Was haben Sie daraus gelernt?
Tina Turner: Ich habe lange nicht verstanden, warum ich so viel Missbrauch ertragen musste. Ich hatte doch nichts getan, um das verdient zu haben. Als ich anfing, Buddhismus zu praktizieren, erkannte ich, dass mir mein Leiden einen Sinn und eine Mission geben konnte. Ich konnte Hindernisse überwinden und dadurch unzerstörbares Glück aufbauen – und andere dazu inspirieren, das Gleiche zu tun. Fortan begriff ich alle Höhen und Tiefen in meinem Leben als Chance, mich selbst zu verbessern und Hoffnung in anderen zu wecken.
Welche Auswirkung auf Ihr Leben hat Ihre Spiritualität, Ihre Erziehung als Baptistin und heutige buddhistische Praxis?
Von allem, was ich getan habe, um als Künstlerin erfolgreich zu werden, hatte meine Spiritualität den größten Einfluss. Die buddhistischen Lehren von Mitgefühl und Freundlichkeit waren für mich immer die leitenden Kräfte. Sie haben viel gemeinsam mit den Prinzipien "Liebe deinen Nächsten" und "Was du nicht willst, das man dir tut", die ich durch die baptistischen Einflüsse in meiner Kindheit gelernt habe. Nachdem ich begonnen hatte, das Mantra "Nam Myoho Renge Kyo" (ein zentrales Mantra, das die Essenz des Buddhismus beschreibt – Anm. d. Red.) zu chanten, fühlte ich mich, als ob mein wahres Selbst erschien. Ich wurde fröhlich, zuversichtlich und widerstandsfähig. Meine Einstellung zum Leben und zur Arbeit wurde ruhiger und nachdenklicher. Meine Reaktionen waren abgemildert. Früher wurde ich zuerst wütend und stellte erst später Fragen. Nachdem ich den Buddhismus angenommen hatte, kehrte sich das um. Ich konnte leichter ruhig bleiben und die Details ergründen, statt voreilige Schlüsse zu ziehen. Ich begann zu verstehen, dass jede Errungenschaft auf Veränderung im Innern beruht.
Wie war Ihre Reaktion, als Sie mit Diskriminierung Ihrer Person als Schwarze konfrontiert wurden?
Als ich als Solokünstlerin anfing, war ich nur eine schwarze Sängerin in den Vierzigern, die wenig Aussichten hatte aufzutreten. Trotzdem war mein Glaube unerschütterlich und ich sagte mir: "Gib niemals auf". Obgleich viele Menschen ein unvollständiges Bild von mir hatten, konnte ich ihnen helfen, ihr Denken über mich zu öffnen. Durch harte Arbeit habe ich all den Neinsagern gezeigt, dass ihre vorgefassten Zweifel falsch waren. Die Kraft meiner Positivität schob alle diskriminierenden "Ismen" beiseite.
Wie haben Sie sich während Ihrer Tourneen auf Ihre Auftritte vorbereitet?
Ich habe in der Regel eine Stunde vorher gechantet. Ich habe mein Publikum visualisiert und dafür gebetet, dass ich an diesem Tag Menschen inspirieren und ihnen helfen kann, ihre Seelen aufzuladen. Für mich war es das Beste, auf der Bühne zu stehen – es ist ein großartiger Austausch von Energie. Danach fühlte es sich an wie ein Rausch aus Farbe, Licht, Freude und Visionen der vielen lächelnden Gesichter, die in meine Show gekommen waren. Aber natürlich hatten wir auch die üblichen Routinen und Soundchecks!
In den vergangenen Jahren überwanden Sie einen Schlaganfall und eine Krebserkrankung. Hat das eine neue Widerstandsfähigkeit erfordert?
Manchmal scheinen unsere Probleme niemals zu enden. Viele von uns fühlen sich jetzt so. Aber einer meiner buddhistischen Lieblingssprüche ist: "Der Winter wird immer zum Frühling." Meine Herausforderungen können mich entweder zu einer besseren Version meiner selbst machen oder mich zerbrechen lassen. Ich habe die Wahl, was es sein wird. © HBP 2021
Mit Tina Turner sprach HBR-Redakteurin Alison Beard.

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Dieser Artikel erschien in der Mai-Ausgabe 2021 des Harvard Business managers.