Fünf Minuten mit Isabel Bogdan “Joanne K. Rowling war nie in Hogwarts“

Heike Blenk
Harvard Business manager: Frau Bogdan, Autorinnen und Autoren müssen loslassen können, wenn ihre Werke verfilmt werden. Bei Ihnen waren es gleich zwei.
Isabel Bogdan: Ja, unglaublich! Als Übersetzerin bin ich ja auch darauf angewiesen, dass meine Autorinnen ihre Arbeit loslassen und mir vertrauen. Die Arbeit an einem Film sehe ich ebenfalls als eine Kette von Übersetzungen. Die Drehbuchautorin übersetzt meinen Roman in ihre Sprache. Das Skript muss ein Regisseur in seine Vorstellungen übersetzen. Dann machen die Schauspieler ihre Arbeit, genau wie die Kostümbildnerin, die Maske, die Ausstattung. Es ist toll zu sehen, wie alles ineinandergreift. Mit diesem Gedanken im Kopf fiel mir das Loslassen ganz leicht. Und die Ergebnisse sind in beiden Fällen ganz großartig.
Wie sorgt man dafür, dass die eigene Arbeit verfilmt wird? Kann man da nachhelfen?
Wenn man die richtigen Kontakte hat, wahrscheinlich. Die hatte ich aber nicht. Die Filmrechte liegen normalerweise bei den Agenturen und Verlagen, bei denen man unter Vertrag ist. Ich hatte durch meine Arbeit als Übersetzerin nur Kontakte im Literaturbetrieb, das hat mir sicher geholfen, den ersten Roman an einen Verlag zu verkaufen.
Wie das?
Ich wusste, du schickst dein Manuskript nicht einfach an einen Verlag, die bekommen viel zu viele Einsendungen. Der Weg führt in den meisten Fällen über Agenturen. Und weil ich ein Fuchs bin, habe ich mich bei meinem Lieblingsverlag erkundigt, mit welchen Agenturen sie gern zusammenarbeiten. Es hat geklappt: Ich bin bei Kiepenheuer & Witsch gelandet. Und ich habe eine wunderbare Agentin, die weiß, wann und wie sie mir Druck machen muss, und die auch sonst immer für mich da ist.
"Der Pfau " ist eine Komödie; "Laufen " handelt von einer Frau, die einen schweren Schicksalsschlag verarbeitet. Wie kommen Sie auf so unterschiedliche Themen?
Die erste Geschichte ist mir vor die Füße gefallen: Freunde von mir besitzen tatsächlich ein Landgut in Schottland und hatten einen Pfau – der erst verrückt wurde und dann unter seltsamen Umständen verschwand. "Laufen" ist ganz anders entstanden: Ich bin selbst viel gelaufen und wollte etwas schreiben, das von diesem Rhythmus getragen wird, das viele Kommas und wenige Punkte enthält. Ein Buch, bei dem man – wie beim Laufen – mit seinen Gedanken allein ist.
Wie nah muss man seinen Figuren sein, um über sie zu schreiben?
Man kommt ihnen schon sehr nah, man muss praktisch in sie hineinkriechen und mit ihrem Kopf denken. Sie begleiten einen auch, wenn man nicht am Schreibtisch sitzt. "Laufen" hat mich viel Mut gekostet. Ich hatte eine Wahnsinnsangst, dass das Thema zu groß für mich ist, denn so einen schrecklichen Verlust wie meine Protagonistin habe ich zum Glück nicht erlebt. Da musste ich mich schon sehr einfühlen, aber das ist eben der Job einer Autorin. Joanne K. Rowling ist ja auch nicht in Hogwarts zur Schule gegangen.
Arbeiten Sie an einem neuen Buch?
Ja, ich bin gerade im Stadium der Anfangsverzweiflung. Diesmal ist mir dummerweise nicht so eine Geschichte vor die Füße gefallen; ich ringe noch mit dem Plot und den Figuren. Aber irgendwann werden sie mir sagen, wer sie sind.
Haben Sie jetzt höhere Ansprüche als früher? Muss es wieder ein Film werden – oder mindestens ein Bestseller?
Nein, darüber denke ich gar nicht nach. Ich bin mit Schreiben beschäftigt, dann sehen wir weiter. Ich weiß genau, wie unwahrscheinlich das ist: zwei Romane zu schreiben, die beide verfilmt werden. Drei Romane zu schreiben, die verfilmt werden, ist noch unwahrscheinlicher. Andererseits soll es ja so ein Gesetz geben, nach dem Erfolg sich durch Erfolg herstellen lässt. Ich habe jetzt also vielleicht mehr Sechsen auf dem Würfel als andere, aber deswegen gehe ich nicht davon aus, dass ich schon wieder eine würfle. Was ich mir noch wünsche, ist eine Theateradaption. "Laufen" wäre ein wunderbarer Theatermonolog. © HBm 2023

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