Als ich am Donnerstag, dem 10. März, mein Seminar begann, schaute ich mich in den Sitzreihen um. Die Gesichter, in die ich blickte, waren düster. Ich fragte die Studierenden, wie es ihnen ginge – obwohl ich das längst wusste. Wenige Tage zuvor hatten die Universitäten Harvard und Princeton angekündigt, dass sie wegen der Coronavirus-Pandemie die Präsenzlehre einstellen würden. Meine Ehefrau, Professorin an der Holy-Cross-Hochschule des Jesuitenordens, hatte mir am Abend zuvor erzählt, dass ihre Studierenden innerhalb einer Woche ihre Wohnheime würden verlassen müssen.
Meine Seminarteilnehmer erwarteten eine E-Mail von Christina Paxson, Präsidentin der Brown University. Gerüchte kursierten, dass auch Brown für den Rest des Semesters schließen würde und dass die Ankündigung im Laufe des Morgens versandt werden sollte. Wir hatten uns dennoch um 9 Uhr zu einem technologiefreien Seminar versammelt, bei dem die Nutzung von Mobiltelefonen und Computern untersagt war.
Doch obwohl sie abgeschaltet waren, brannten die Handys meiner Studierenden Löcher in ihre Taschen. Meine Vorgabe, keine Technologien zu nutzen, trennte sie von wichtigen Informationen. Hatte die Präsidentin die E-Mail schon versandt? Und was genau stand darin? Ihre schlaffe Körperhaltung zeigte mir, dass die Teilnehmer nicht in Debattierstimmung waren. Sie wollten wissen, was mit ihnen heute passieren würde. Diese E-Mail würde einen entscheidenden Einfluss auf ihr Leben haben, vor allem auf das der Studierenden im Abschlusssemester, von denen einige mit den Tränen kämpften. Ihr Examensjahr würde als besonders erinnernswert in die Annalen eingehen, aber nicht im guten Sinn.
Vielleicht ist die Ungewissheit, der wir uns alle gegenübersehen, der schwierigste Teil dieser Pandemie. Die Ungewissheit, wie ansteckend und wie tödlich das Virus ist. Ungewissheit über die Reisen, die wir geplant haben. Über die Wirtschaft. Über unsere Jobs. Diese Ungewissheit hat mit dem Virus einiges gemeinsam. Sie gießt, bildlich gesprochen, Benzin ins Feuer der Angst, das in vielen von uns brennt. Sie aktiviert die Angstzentren in unserem Gehirn. Das Wissen um diese Abläufe kann uns jedoch helfen, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen und eine mentale Hygiene zu entwickeln.
Warum wir uns fürchten
Zunächst müssen wir einsehen, dass Furcht eine wichtige menschliche Reaktion ist. Sie hilft uns zu überleben. Wenn wir uns vor etwas fürchten, dann eignen wir uns Verhaltensweisen an, die uns ähnliche Auslöser in Zukunft meiden lassen. Sind wir der Gefahr erfolgreich ausgewichen, fühlen wir uns belohnt. Diesen dreistufigen mentalen Ablauf haben wir von unseren Vorfahren geerbt: den Säbelzahntiger sehen (Auslöser), wegrennen (Reaktion) und überleben, um den Kindern zu sagen, sie sollen jenen Teil der Savanne meiden (Belohnung).