Was passiert mit Gewinn und Liquidität, wenn das Unternehmen die Geschäftspolitik ändert Rechnergestützte Ergebnis- und Finanzplanung beim Einsatz neuer Strategien
PROF. DR. ADOLF G. COENENBERG lehrt an der Universität Augsburg Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsprüfung und Controlling. DR. GERHARD FLORIN, jetzt Berater bei McKinsey in München, war zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projektteam "Dynamische Fallstudie" am Lehrstuhl Coenenberg.
Das hier vorgestellte Modell zur Erfassung der Ergebnisund Liquiditätsfolgen alternativer Marktanteilsstrategien entstand anläßlich einer Großfallstudie zur Managementweiterbildung, die von einem Projektteam des Augsburger Lehrstuhls für Wirtschaftsprüfung und Controlling in Zusammenarbeit mit einem Großunternehmen der Medizintechnik durchgeführt wurde. Allen Beteiligten stand vor Augen: Um klären zu können, wie sich strategische Ziele innerhalb eines absehbaren Planungszeitraums in entsprechende Erfolgsund Liquiditätsziffern umsetzen, bedarf es eines spezifischen Instrumentariums. Im vorliegenden Fall ging es darum, eine mögliche Volumenstrategie für den Produktbereich "Herzschrittmacher" auf ihre finanziellen Konsequenzen in den ihrer Einführung folgenden fünf Jahren zu überprüfen. Die Überlegungen setzten bei der Frage ein, wie sich die Erfahrungswirkungen auf Kosten und Preise bei einer solchen Strategie berechnen lassen. (Zu einem ähnlichen Ansatz siehe Gälweiler 1976.) Das Modell - über seine wesentlichen Elemente informiert Abbildung l im Überblick - erfaßt die wichtigsten Größen, die eine Strategie im vorhinein festlegen und bewertet sie hinsichtlich ihrer Rentabilität und anderer finanzieller Auswirkungen. Als Planungsbasis füngiert dabei in unserem Fall die kleinste strategische Handlungseinheit - das strategische Geschäftsfeld. Der Aufbau des Modells orientiert sich an der klassischen Gewinngleichung:
Danach folgt das Ergebnis G einer Strategie grundsätzlich aus der künftigen Absatzmenge X, der Absatzpreisentwicklung P(X,Q) und der Kostenpreisentwicklung K(X,L). Die Entwicklung des Absatzpreises ist von der Absatzmenge und von anderen strategischen Einflußfaktoren (Konkurrenzpreise, Vorperiodenpreis, Stellung des Produkts im Lebenszyklus), hier mit Q bezeichnet, abhängig. Die Kostenentwicklung wird ebenfalls von der Absatzmenge und weiteren Faktoren, hier L, determiniert (wie zum Beispiel Qualität, Vorerfahrung und Synergien). Die Erfassung des strategischen Zeithorizontes erfordert eine Rechnung über mehrere Jahre n, ein Abzinsen (mit Zinssatz q) der Zahlungsströme und die Bestimmung des Strategie-Restwertes R für die Zeit jenseits des Planungshorizontes. Im Modell kann der Zeitrahmen geschäftsfeldspezifisch variiert werden: Er sollte kurz genug sein, um die erforderlichen Eingabegrößen noch planerisch sinnvoll erfassen, lang genug, um wichtige ergebniswirksame Auswirkungen der Strategie mitberücksichtigen zu können. Im vorliegenden Fallbeispiel wurde ein Fünf- Jahres-Zeitraum zugrunde gelegt. Die Modellgleichung erhält damit folgendes Aussehen:
Das Modell ist unterteilt in vier Teilmodelle (Moduln): Markt-X-, Kosten-K-, Preis-P- und Ergebnis- G-Modul. Dieser modulare und zugleich offene Aufbau sowie die Verwendung eines leicht erlernbaren Tabellenkalkulationsprogrammes (Multiplan von Microsoft) sollen sicherstellen, daß die - situationsspezifische - Ausrichtung auf andere Anwendungsfälle prinzipiell einfach bleibt. Die Implementierung auf einem PC erlaubt zudem, das Modell dezentral, also bei der jeweils betroffenen Geschäftseinheit, einzusetzen.
Der Herzschrittmachermarkt - die
Ausgangssituation
Wiedergegeben wird das Modell zur strategischen Ergebnisund Finanzplanung in Tabellenform in den Abbildungen 2 bis 5. Die Zahlen zur Geschäftsfeldstrategie im Bereich Herzschrittmacher entstammen dem Jahr 1983; sie wurden so verändert (im wesentlichen vereinfacht), daß sie keinen eindeutigen Rückschluß auf eine tatsächliche Situation erlauben - gleichwohl entsprechen sie in ihrer Struktur der Wirklichkeit. Zur Veranschaulichung wird das Modell auf der Grundlage dieser Beispieldaten erörtert.
Markt- und Wettbewerbsanalyse
Im Eingabedatenblock des Marktmoduls (Zeile 11 bis 34 der Abbildung 2) finden sich Daten, deren Abschätzung sich vor allem auf Marktkenntnisse des unternehmenseigenen Vertriebs und auf sekundäre Untersuchungen stützt, deren Resultate in verschiedenen Datenbanken erfaßt werden (siehe Florin 1988, Seite 110ff).
Demzufolge wird das Marktwachstum bei Herzschrittmachern, gemessen nach Stück und verglichen
mit der Vergangenheit, in den kommenden Jahren stark zurückgehen und sich bei einer Rate von etwa drei Prozent einpendeln (siehe Zeile 20). Erhebliche Kostensteigerungen und Konzentrationsvorgänge auf Seiten der Kunden (zum Beispiel Krankenhäuser) sowie eine relativ hohe Produktreife verstärken daher den Preisdruck. Bisher wurden die Preise maßgeblich vom Marktführer bestimmt und konstant hochgehalten. Nun ist jedoch zu vermuten, daß dieser seinen Preis künftig leicht senken wird, um der veränderten Kostensituation auch bei den Kunden und seinem eigenen Unternehmensziel - leichte Ausweitung des Marktanteils aufgrund einer Produktverbesserung - gerecht zu werden (siehe Zeile 31). Die Höhe der Preissenkung dürfte den potentiellen Kosteneinsparungen infolge von Erfahrungseffekten (gemessen an realen, das heißt deflationierten Preisen) entsprechen. Die Wettbewerbssituation muß sich bei dieser Marktlage verschärfen, die Gewinnmargen werden schnell schrumpfen. Von den derzeit noch zirka 20 Anbietern auf dem Weltmarkt dürften bis 1995 nur noch fünf bis sieben in der Lage sein, die geforderte Qualität zum gebotenen Preis herzustellen. Daraus ergibt sich für alle ein Zwang zu hohen Investitionen in F + E und zu starken Rationalisierungen in Fertigung und Vertrieb; diese Aufwendungen können wiederum nur über hohe Stückzahlen amortisiert werden. Vereinfachend berücksichtigt unser Beispiel lediglich zwei Mitbewerber: Den Marktführer als dem preisbestimmenden Unternehmen und einen "direkten Konkurrenten",
dessen Marktposition am Ende durch die im Modell vorgesehene und überprüfte Strategie angegriffen wird (siehe Zeile 34).
Die Situation des planenden Unternehmens
Das von uns betrachtete Unternehmen besitzt auf dem Marktsektor Herzschrittmacher eine lange Tradition; seine Fertigungsanlagen sind modern, die augenblickliche Kapazitätsauslastung ist gut. Bei der geschilderten Marktlage steht das Unternehmen dennoch vor der Entscheidung, ob es besser aus dem Markt ausscheren oder kräftig wachsen soll. Die Unternehmensleitung glaubt, daß künftig mindestens 16 bis 18 Prozent Marktanteil erreicht werden müssen, wenn die Aufwendungen für ein konkurrenzfähiges Produkt finanzierbar bleiben sollen (siehe Zeile 14). Eine starke Vergrößerung des Marktanteils würde erfordern, daß in den nächsten zwei Jahren in Produktverbesserung, Kundenbetreuung und Ausbau des Vertriebsnetzes erheblich investiert wird. (Die entsprechenden Abschätzungen der Ausgaben sind Abbildung 3 zu entnehmen, Zeile 85 bis 91). Den Preis allerdings sieht das Unternehmen nicht als eine geeignete Waffe an, um zusätzliche Marktanteile zu gewinnen. Vielmehr möchte es wie bisher versuchen, durch höhere Qualität einen leicht über dem Marktniveau liegenden Preis durchzuhalten (siehe Zeile 139). Jede merkliche Steigerung des Marktanteils in einem nur langsam wachsenden Markt bedeutet, daß Mitbewerber verdrängt werden. Im vorliegenden Fall rechnet das Unternehmen mit dem relativ glatten Ausstieg einiger kleiner Hersteller, weil deren Erfolgsaussichten eher ungünstig und die Marktaustrittsbarrieren zudem nicht allzu hoch sind. Im übrigen zielt die Verdrängungsstrategie auf den (hier so bezeichneten) "direkten Wettbewerber" - etwas kleiner als das eigene Unternehmen und in seiner Elektromedizin-Sparte anscheinend mit großen Schwierigkeiten kämpfend. Vom Marktführer wird keine über das zuvor beschriebene Maß hinausgehende Preisreaktion erwartet, zumal er in seinem Segment nicht direkt angegriffen werden soll. Erfahrungen mit Vorgängerprodukten (Zeile 74) oder Erfahrungssynergien mit bestehenden Produkten (Zeile 75), die zu einer überproportionalen Kostenreduktion führen würden, liegen weder beim betrachteten Unternehmen noch bei den Wettbewerbern vor. Einheitlich wird die Erfahrungsrate der Kostensenkungen in der Branche mit 30 Prozent angegeben (Zeile 72), die Wertschöpfungstiefe des Unternehmens liegt bei 95 Prozent (Zeile 73). Sonstige kostenmindernde Potentiale lassen sich aufgrund besonderer Rationalisierungsschritte in der Vergangenheit für das erste Planjahr mit zwei Prozent beziffern (Zeile 71). Die Preissteigerungsraten bei den Vorprodukten, Materialien und Personalkosten können schätzungsweise nicht voll über die Verkaufspreise an die Kunden weitergegeben werden, eine ergebniswirksame Differenz bleibt zurück. (Die Abschätzung der Steigerungsraten ist aus Zeile 21 und 22 ersichtlich.) Das hier gerechnete Beispiel bezieht sich auf den gesamten Weltmarkt, doch ist es möglich, eine regionale Unterteilung über die als Länderfaktoren bezeichneten Positionen vorzunehmen (siehe Zeile 28, 70 und 141).
Der Gang der Modellrechnung
Der Marktmodul
Der Marktmodul (siehe Abbildung 2) dient der Abschätzung der künftigen Absatzentwicklung bei den hier relevanten Marktteilnehmern und erlaubt gleichzeitig - über die kumulierten Absatzmengen -, die strategischen Kostenpositionen der einzelnen Wettbewerber zu ermitteln. Ausgangspunkt der Rechnung bildet die formulierte Strategie, die in Form von Marktanteilszielen für das untersuchte Unternehmen und von Marktanteilsschätzungen für die beiden rivalisierenden Anbieter vorliegt. Der vorgegebene Marktanteilsgewinn - sieben Prozent in den kommenden fünf Jahren - soll vor allem zu Lasten des "direkten Wettbewerbers" und verschiedener Randanbieter realisiert werden. Berücksichtigt findet sich, daß der Marktführer seine bereits starke Position nochmals leicht verbessert. Die Abschätzungen des Ist-Marktvolumens und der kumulierten Volumina erfolgten durch den Vertrieb, sie wurden mit den von Marktforschungsinstituten publizierten Ergebnissen verglichen. Aus den Vorgaben für Marktwachstum, Ist-Marktvolumen und der einzelnen Marktanteilsstrategien lassen sich dann sehr einfach die Planmengen der betrachteten Wettbewerber berechnen (siehe Zeilen 40 bis 52; das kumulierte Volumen ergibt sich jeweils aus der Addition der Periodenmengen). Die eigentliche Schwierigkeit des Marktmoduls liegt im Vorfeld: Wie können die Eingabeparameter sinnvoll abgeschätzt werden ? Auf eine Integration einzelner Abschätzverfahren in den Marktmodul wurde an dieser Stelle verzichtet, da es dafür an einer allgemein-gültigen Vorgehensweise fehlt. Je nach Art des betrachteten Marktes und Produkts sind jeweils unterschiedliche Prognoseverfahren, Marktforschungsmethoden und qualitative Analysen zu empfehlen (siehe Florin 1988, Seite 107 ff.).
Der Kostenmodul
Mit dem Kostenmodul (siehe Abbildung 3) lassen sich die Kosten eines Geschäftsfeldes sowohl nach Höhe als auch zeitlichem Anfall bestimmen. Neben den Kosten unseres Beispielunternehmens werden auch die Kosten der relevanten Wettbewerber analysiert, um eventuell dadurch Hinweise auf deren Preispolitik in der Zukunft zu gewinnen. Die im Rahmen des Kostenmoduls vorgenommene Trennung nach operativen und strategischen Kosten eröffnet die Möglichkeit, die Ausgaben bei einer "normalen" Geschäftsentwicklung unter Beibehaltung der bisherigen Strategie (operative Kosten, Zeilen 67 bis 83) separat zu erfassen von den finanziellen Konsequenzen einer neuen Strategie (Differenzierungsinvestitionen und strategische Einmalkosten, Zeilen 85 bis 91). Um all diese Kostengrößen abschätzen zu können, müssen einzelne Investitionspläne aufgestellt werden, aus denen Umfang und Dauer der Zahlungsströme ebenso wie eine Trennung nach Ergebnisund nach Finanzwirksamkeit hervorgehen sollten. In dem von uns gewählten Modellbeispiel werden die erforderlichen Investitionen auf knapp 100 Millionen Mark angesetzt, zuzüglich zehn Millionen für eine groß angelegte Werbeaktion (Einmalkosten). Die Investitionen in das Anlagevermögen verteilen sich auf zwei Jahre, mit einer geschätzten Zunahme des Umlaufvermögens von zehn Prozent des investierten Kapitals. Die nichtbilanzierten Ausgaben betreffen in erster Linie Personalkosten für Forschung und Entwicklung sowie den Vertrieb. Vereinfachend verteilen sich die Abschreibungsraten linear auf fünf Jahre, also jeweils 20 Prozent. Der Zins auf das gebundene Kapital wird auf die halben Anschaffungskosten bezogen (Durchschnittswertverzinsung). Zur Bewertung des betriebsnotwendigen Kapitals geht unser Unternehmen von einem Kalkulations-Zinsfuß in Höhe von zehn Prozent aus. Die Investitionen werden als konstant über das Jahr verteilt angenommen, so daß sich die Kostendegression im Investitionsjahr zur Hälfte auswirkt. Die Kostenentwicklung bestimmt sich im übrigen nach länderspezifischen Kosten (Zeile 70) und sonstigen Maßnahmen (Zeile 71), vor allem aber unterliegt sie dem Einfluß einer erfahrungsbedingten Kostendegression (Zeile 101), wie sie die sogenannte Erfahrungskurvenhypothese beschreibt (siehe Coenenberg/ Baum 1987, Seite 49 ff.). Der für den gegebenen Kostenmodul kennzeichnende Zusammenhang lautet mithin: Mit jeder Verdoppelung der im Zeitablauf kumulierten Produktionsmenge X gehen die auf den Wertschöpfungsanteil und in konstanten Geldeinheiten ausgedrückten zahlungswirksamen Stückkosten Y eines Produktes potentiell um einen bestimmten konstanten Prozentsatz e zurück. Dieser liegt zumeist bei 20 bis 30 Prozent und gilt sowohl für den einzelnen Anbieter als auch für die gesamte Branche (siehe Henderson 1984, Seite 19 ff). In unser Modell finden nicht automatisch alle bei der Analyse der Erfahrungskurve getroffenen Annahmen Eingang; so ist es durchaus möglich, über bestimmte Eingabefaktoren unternehmensbezogene Besonderheiten zu berücksichtigen. (Zu einer umfassenden Systematik von einzelnen Einflußfaktoren des Erfahrungseffekts siehe Kloock/Sabel/Schuhmann 1987.) So kann beispielsweise die Erfahrungsrate e unternehmensspezifisch und im Zeitablauf variierend angegeben werden. Und die Degressionswirkung muß nicht notwendigerweise auf den Wertschöpfungsanteil der Produktkosten beschränkt sein. Auch die kumulierte Produktionsmenge X des betrachteten Produkts ist nicht zwangsläufig die Größe, die den Kostenrückgang bestimmt, da sie selbst dem Einfluß der hier Erfahrungsmenge E genannten Komponente unterliegt: Eine Abweichung zwischen beiden Größen kann etwa durch Erfahrung mit Vorgängerprodukten (Vorerfahrungs- Faktor v) und/oder durch Erfahrungs-Synergien (Synergie-Faktor s) im Zusammenhang mit der Herstellung ähnlicher Produkte bedingt sein. Die Erfahrungmenge wird aus kumulierter Ist-Absatzmenge Xo mal Vorerfahrungsfaktor v plus Jahresabsatzmenge Z mal Synergiefaktor s berechnet. (Aus Vereinfachungsgründen werden hier Produktions- und Absatzmenge gleichgesetzt.) Der Kostensenkungsfaktor k kann mittels einer hyperbolischen Funktion aus der Erfahrungsmenge E und dem Erfahrungskurvenfaktor b ermittelt werden (siehe Formel rechts oben): Neben den erfahrungsabhängigen Kosten existieren Kostenarten, die keiner unternehmensindividuellen, mittelfristigen Kostendegression unterliegen. So entziehen sich gerade die Einmalkosten des Werbefeldzugs wegen ihrer Einmaligkeit einem Erfahrungseffekt ebenso wie etwa zugekaufte Vorleistungen (ermittelt über den Wertschöpfungsfaktor, Zeile 73). Die Änderung des Niveaus der Stückkosten im Zeitablauf wird im Modell über die Addition der Kostenbeeinflussungsfaktoren (Inflation fünf Prozent, länderspezifische Kosten null Prozent, sonstige Maßnahmen zwei Prozent und Kostensenkungsfaktor 11,8 Prozent) festgelegt. Die erfahrungsabhängigen Kosten (Zeile 112 bis 116) reduzieren sich gemäß der errechneten Kostenänderungsrate, während die erfahrungsunabhängigen Stückkosten (Zeile 117 bis 119) nur der Inflation und den sonstigen Kostenänderungsmaßnahmen unterliegen. Bei den strategischen Kosten wird angenommen, daß sie kontinuierlich auftreten, mithin im Durchschnitt nur die halbe Kostenminderung eintritt.
Die Gesamtkosten (Zeile 122) werden aus dem Durchschnittswert der Stückkostenpreise am Jahresanfang und Jahresende, multipliziert mit der Absatzmenge, ermittelt. Im vorliegenden Beispiel errechnen sich die gesamten Stückkosten wie folgt (siehe Zeile 121):
Die Berechnung der "denkbaren" Ist-Kosten-Situation (Zeilen 105 bis 108) dient dazu, den Kostenstand bei Planungsbeginn der vor allem ins Visier genommenen Mitbewerber miteinander zu vergleichen; die Größenunterschiede zwischen den Konkurrenten werden dazu nach den bekannt gewordenen Erfahrungsmengen quantifiziert. Dieser Vergleich ermöglicht Rückschlüsse auf die bisherige Preisstrategie der Wettbewerber und deren künftige Reaktionsspielräume. Zur Berechnung der potentiellen Ist-Kosten der Konkurrenten (Zeilen 107 und 108) wird die Zahl der Verdoppelungen n aus dem Erfahrungsmengenverhältnis betrachtetes Unternehmen zu Konkurrent ermittelt und über die Formel die Kostenhöhe abgeleitet.
Der Preismodul
Weitere Hauptkomponente in einer derartigen Finanzund Ergebnisplanung ist der Preis und seine Entwicklung im Zeitablauf. Der Preis gilt, unter der Annahme eines gleichbleibenden Produktnutzens (bemessen an Leistung und Qualität), innerhalb des Marketing-Mix als die wichtigste Einflußgröße bei der Kaufentscheidung der Kunden. Im Preismodul (siehe Abbildung 4) wird daher nur die Absatzwirkung des Preises berücksichtigt, andere Instrumente des Marketing-Mix (zum Beispiel Absatzweg, physische Distribution, Werbung und Verkaufsförderung) wären in dem Kosten- oder Marktmodul gesondert zu erfassen, etwa über die Position "sonstige Maßnahmen". Manchmal werden, aufgrund der Überlegungen zum Erfahrungskurvenkonzept, Absatzmenge, Stückkosten- und Preisentwicklung direkt miteinander verknüpft (siehe Bösch, Seite 3ff). Das ist aber im vorliegenden Modell deshalb nicht geschehen, weil sich kurz- wie mittelfristig eine von den Kosten unabhängige Preisentwicklung durchaus vorstellen läßt. Auch langfristig können mit Hilfe einer Differenzierungsstrategie nachhaltig höhere Preise realisiert werden, die vom Absatz/Kostenverlauf der Erfahrungskurve deutlich abweichen. Im Modell wird die Preissetzung von vier Faktoren bestimmt: der Preispolitik des untersuchten Unternehmens und der Preispolitik der Konkurrenz, der allgemeinen Preisentwicklung (Inflation) und schließlich länderspezifischen Preisumständen (siehe Zeilen 138 bis 141 und Zeile 21). Die Abschätzung optimaler Preise kann mittels statischer Verfahren oder dynamischer Überlegungen erfolgen. Statische Verfahren (wie zum Beispiel die Kostenplusregel) bieten indes keine Möglichkeit, relative Preisänderungen oder Absatzeffekte im Zeitablauf zu berücksichtigen. Eine Preissetzung ist daher vernünftiger, wenn sie auf dynamische Überlegungen zur Wechselwirkung zwischen Preis und Absatz zurückgreift: Derart kommen absolute Preishöhe, relativer Preis (Verhältnis zu früheren Preisen des untersuchten Unternehmens selbst und der Konkurrenz), Produktqualität und Produktalter ins Spiel. Die Wirkungszusammenhänge zwischen all diesen Einflußgrößen modellhaft abzubilden, um abschließend den optimalen Preis zu bestimmen, erfordert einen erheblichen Schätz- und Rechenaufwand - denn die funktionalen Zusammenhänge sind sehr komplex, die einzelnen Variablen hängen voneinander wechselseitig ab und die zu wählenden Funktionstypen müssen situationsspezifisch unterschiedlich sein, je nach Produktund Marktgegebenheit (etwa Verbrauchs- oder Gebrauchsgüter in jungen oder alten Märkten). Um das Modell möglichst übersichtlich zu halten, haben wir die Preisabschätzung zunächst über Eingabegrößen vorgenommen. Im Anschluß daran läßt sich eine Modellerweiterung denken, die dynamische Preis-Absatzrelationen miteinbezieht (siehe Simon 1982). Änderungen des Preises gegenüber dem Vorjahr (Zeile 147) werden in Prozent gemessen, die Multiplikation des Jahresdurchschnittspreises mit der jährlichen Planabsatzzahl des Marktmoduls (Zeile 45) ergibt jeweils den geplanten nominalen Umsatz für den betrachteten Zeitraum (Zeile 149). Im vorliegenden Beispiel nun ist das Erzeugnis schon längere Zeit am Markt, die Konkurrenzsituation daher relativ überschaubar. Allerdings entsteht im Zuge erhöhten Kostendrucks auf Seiten der Abnehmer ein sich allmählich verschärfender Wettbewerb. In Verbindung mit den leichten Wachstumsbestrebungen des Marktführers deutet dies auf eine Preisreaktion der Konkurrenz hin. Sollte der Marktführer also seine gewohnte "Preisschirmpolitik" aufgeben (siehe "potentielle Ist- Kosten-Situation", Zeilen 105 bis 108) und seine Preise tatsächlich langsam von einem sehr hohen Niveau her senken, dann geschähe dies gemäß den antizipierten potentiellen Kosteneinsparungen, entlang seiner Erfahrungskurve (Zeile 101 und Zeile 140). Dementsprechend wird von ihm im ersten Planjahr eine reale Preissenkung von neun Prozent (Zeile 140) erwartet, die sich aufgrund der Inflationsannahme (Zeile 21) auf nominal sieben Prozent reduziert. Die Preispolitik unseres Unternehmens besteht nun darin, dieser Preissenkung zu folgen, so daß der alte Preisabstand gewahrt bleibt. Nach wie vor versucht es dabei, einen im Vergleich zum Wettbewerb leicht höheren Preis am Markt durchzusetzen (Zeile 139), denn die verfolgte Strategie eines wachsenden Marktanteils basiert nicht auf einer Niedrigpreis-Linie, sondern auf Differenzierung bei Qualität und Service. Folglich sind auch die "strategischen Kosten" im Kostenmodul geplant. Dieses Vorgehen stützen zusätzlich Überlegungen zur dynamischen Preis-Absatzfunktion, da am Herzschrittmachermarkt einige Besonderheiten bestehen: eine hohe Produktwirkung (Carryover), eine geringe Obsoleszenz und eine geringe Beweglichkeit der Nachfrage. (Hinsichtlich der Determinanten der Preis- Absatzfunktion und ihres Effekts auf eine optimale Preisstrategie im Zusammenhang mit dem Preisverhalten der Konkurrenz siehe Simon 1977, Seite 76lff). Die Abschätzung der Preispolitik der Konkurrenz können Quervergleiche begleiten mit der Ist-Kostensituation, der Kostenentwicklung und den Absatzzielen der Wettbewerber, gemäß den Ergebnissen aus dem Kosten- und dem Marktmodul. Natürlich muß die Entwicklung der Preise des betrachteten Unternehmens dessem eigenen Wachstumsziel und der darauf gegründeten Strategie entsprechen. Problematisch gerät die Preisschätzung insbesondere im Falle neuer Produkte oder stark veränderlicher Konkurrenzsituationen.
Der Ergebnismodul
Dieser nun - siehe Abbildung 5 - führt die Resultate der anderen drei Moduln zusammen; er dient dazu, die Auswirkungen der Kosten-und Preisstrategien auf die operativen Planungsgrößen Gewinn und Liquidität sichtbar zu machen, mit seiner Hilfe können also alternative Strategien bewertet, verglichen und der Effekt verschiedener Umweltszenarien auf die "Robustheit" der Strategien abgeschätzt werden. Das Ergebnismodul besteht aus einer Erfolgsbetrachtung (Zeile 172 und 173), einer Perioden-Überschußrechnung (Zeilen 174 bis 183) mitsamt der Bildung eines Strategie-Gesamtwertes (Zeilen 186 bis 188) und einer Betrachtung des Finanzplans, um die Liquiditätseffekte alternativer Strategien (Zeile 185) zu ermitteln. Der Periodenerfolg vor Steuern und Dividende (diese Posten werden erst nach Zusammenführung der Ergebnisse aller Strategischer Geschäftseinheiten auf der Unternehmensebene berücksichtigt) ergibt sich direkt aus der Subtraktion der Kosten des Kostenmoduls von den Erlösen des Preismoduls. Der Ausweis der Umsatzrendite liefert eine bessere Vergleichsbasis für die Ergebnisentwicklung im Zeitablauf. Was die Perioden-Überschußrechnung betrifft, so muß sie sich an den zahlungswirksamen Ausgaben der Periode orientieren, das heißt Abschreibungen, kalkulatorische Zinsen und eventuelle kalkulatorische Wagniszuschläge müssen an dieser Stelle unberücksichtigt bleiben. Ausgangspunkt sind die kassenwirksamen Ist-Ausgaben der Wertschöpfung (Zeile 116 minus Zeile 166), die zusammen mit den nichtbilanzierten Ausgaben (Zeile 114) der erfahrungsabhängigen Kostenänderung (Zeile 111) unterliegen. Diese werden mit den erfahrungsunabhängigen Ausgaben (Zeile 179; entspricht Zeile 118 plus Zeile 119) und den Investitionsausgaben je Stück addiert. Aus dem Saldo mit den Umsätzen geht der Periodenüberschuß hervor. Die Rechnung dazu hat in unserem Beispiel für die Periode l folgendes Aussehen (siehe Zeilen 176 bis 183):
Die Abzinsung dieser Zahlungsreihe mit dem Kalkulationszins führt zu einem Barwert, der zusammen mit dem Restwert der Strategie den Strategie-Gesamtwert bestimmt. Dieser Kapitalwert (Zeile 188) dient als Kriterium zur Bewertung von Strategiealternativen. Über die Berechnung des Strategie-Restwertes wird die Zeit nach dem Planungszeitraum berücksichtigt. Für diese Restzeit (Zeile 165) wird der Cash-Flow des letzten Planjahres fortgeschrieben, ein eventueller Liquidationswert danach ist im Beispiel nicht berücksichtigt. Die Berechnung des Restwertes erfolgt über die Abzinsung der einzelnen Beträge zum Kalkulationszinsfuß (Zeile 164) auf den Ist-Zeitpunkt.
Das Überwachen einer stets ausreichenden Liquidität macht es erforderlich, daß ein Finanzplan (Kasse - Zeile 185) aufgestellt wird. Im Ergebnismodul läßt sich dies erreichen durch Kumulierung des Periodenüberschusses, unter Berücksichtigung einer entsprechenden Verzinsung. Vereinfachend werden dabei Soll- und Haben-Zins sowie kurzfristiger und langfristiger Zins gleichgesetzt (hier als Fremdkapital-Zins bezeichnet, Zeile 167). Der Durchschnitt der Kassenbestände zu Beginn und Ende eines Jahres (Endkassenbestand = Anfangsbestand plus jährlicher Periodenüberschuß) bildet die Grundlage für die Berechnung der Zinsen. Da im Beispiel nur die Auswirkung der geplanten Strategie auf die Liquidität ermittelt werden soll, wird ein Kassenanfangsbestand von Null unterstellt. Geht es um den Finanzplan für eine SGE, müßte der Ist-Kassenbestand in Zeile 185 eingetragen werden.
In Konsequenz der im Beispiel geplanten Wachstumsstrategie zeigt sich nun, daß die Umsatzrendite im Laufe von fünf Jahren von 12 Prozent auf nur noch sieben Prozent fällt. Allerdings bleibt das Ergebnis positiv und gleicht sich bis zur fünften Periode in seiner absoluten Höhe wieder aus. Die Liquiditätssituation ist nur während der ersten zwei Jahre angespannt. Selbstverständlich sind die Eingabeparameter des Modells wegen ihres strategischen Charakters in besonderem Maße unsicher. Deshalb sollten die entscheidenden Parameter zusätzlich durch eine Sensitivitätsanalyse identifiziert werden, um sich erforderlichenfalls um weitere Informationen zu bemühen und obendrein die besonders kritischen Daten durch unternehmenspolitische Maßnahmen in ihren Auswirkungen zu begrenzen. (Eine ausführliche Beschreibung der Sensitivitätsanalyse und die exakte formelmäßige Darstellung der einzelnen Rechenschritte des Modells findet sich bei Florin 1988, Seite 170ff und 205ff). Die verbleibenden Risiken können durch Worst-Case/Best- Case-Betrachtungen oder auch mittels einer Risikoanalyse transparent gemacht werden, um die Geschäftsfeldstrategie so gegen allzu große Überraschungen nach Möglichkeit abzusichern. Das vorgestellte Modell läßt solche Rechnungen ohne weiteres zu. Literatur M. Bösch: Portfolio - Accounring, in: Controller Magazin, Nr. l, 1982,S. 1-11. Adolf Gerhard Coenenberg, Heinz Georg Baum: Strategisches Controlling, Stuttgart 1987. Gerhard Florin: Strategiebewertung auf der Ebene der strategischen Geschäftseinheit, Fankfurt 1988. Alois Gälweiler: Unternehmenssicherung und strategische Planung, in ZfbF, Bd. 28, 1976, S. 362 - 379, Bruce D. Henderson: Die Erfahrungskurve in der Unternehmensstrategie, 2. Auflage, Frankfurt 1984. Josef Kloock, Hermann Säbel, Werner Schuhmann: Die Erfahrungskurve in der Unternehmenspolitik, in: ZfB-Ergänzungsheft, Nr. 2, 1987, S. 3-53. Hermann Simon: Preispolitik bei erwartetem Konkurrenzeintritt - Ein dynamisches Oligopolmodell, in: ZfB, Bd. 47, 1977, S. 745 - 766. Hermann Simon: Preismanagement, Wiesbaden 1982.