Executive Summary Mai 2021 Psychologie und Governance

Illustration: Patrick Mariathasan für Harvard Business Manager
Psychologie: Die Jungbullen kommen

Andy Kassier
Von Marcus Heidbrink, Victoria Berg und Florian Feltes
Narzissmus ist in Führungsetagen weitverbreitet. Die Folgen sind verheerend. Talente werden abgeschreckt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vergrault. Neue Erkenntnisse zum Thema Narzissmus hat eine Studie unter 9918 Deutschen, darunter 2510 Führungskräfte, ans Licht gebracht. Vor allem die hohen Narzissmuswerte in der jüngeren Bevölkerung überraschten die Wissenschaftler. Zudem fanden sie heraus, dass auch Managerinnen extreme Narzissmuswerte aufweisen können, Frauen insgesamt aber weniger narzisstisch sind als Männer. Unternehmen stehen Narzissmus nicht hilflos gegenüber, zeigen Beispiele wie das von A. Lange & Söhne oder der Lufthansa. Sie sortieren Narzissten im Recruitingprozess aus, sorgen für heterogene und diverse Teams. Auch Feedback von Mitarbeiterinnen hilft, toxische Tendenzen zu erkennen.
Themenschwerpunkt Governance

Roger L. Martin, der ehemalige Dekan der Rotman School of Management, hat eine klare Meinung: Die börsennotierte Aktiengesellschaft erfülle ihren Zweck nicht mehr; es brauche einen Ersatz. Der Abschied von der AG kündige sich bereits an, denn sie sei als Unternehmensform längst nicht mehr so beliebt wie früher – aus gutem Grund: Bei den heutigen Kapitalmärkten führe das Modell dazu, dass Unternehmenslenker in winzig kleinen Zeitfenstern dächten und den langfristigen Erfolg außer Acht ließen.
Damit erfüllten sie das zentrale Bedürfnis der wichtigsten Stakeholder nicht mehr – weder das derjenigen, die fürs Alter vorsorgen wollen, noch das der Wissensarbeiter, die aktuell für Wertschöpfung sorgen. Deswegen, so Martins Forderung, sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Eigentümern der Unternehmen werden – über ein Beteiligungsprogramm, ESOP genannt, sowie über einen oder mehrere Pensionsfonds. Dann könnte sich sowohl die Führung als auch die Aufsicht von Unternehmen auf langfristigen Erfolg konzentrieren statt auf kurzfristige Aktienkursschwankungen.
Lucian A. Bebchuk, Professor an der Harvard Law School, sieht das ganz anders. Legen börsennotierte Unternehmen wirklich zu viel Wert auf kurzfristige Gewinne? Er meint: Dafür fehlen handfeste Belege.
Die Empirie jedenfalls zeige das Gegenteil. Tatsächlich honoriere der Kapitalmarkt die langfristige Ausrichtung von Unternehmen. Hedgefonds schadeten meist nicht, sondern übten im Gegenteil eine wichtige Kontrollfunktion aus. Lang- und kurzfristig orientierte Investoren verfolgten zudem oft die gleichen Interessen. Die Börse, so Bebchuks Fazit, sei also nicht das Problem.
Wenn kurzfristiges Gewinnstreben überhandnehme, liege das an den Vergütungssystemen, für die Unternehmen selbst verantwortlich seien. Manager erhielten erhebliche Boni für kurzfristige Gewinne und dürften Aktien ohne große Beschränkungen veräußern. Wer die Topetage zu langfristiger Wertschöpfung motivieren wolle, müsse diese Fehlanreize korrigieren, findet Bebchuk.
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