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Recruiting Personal - der unterschätzte Faktor

Auf der Suche nach guten Mitarbeitern kommen Unternehmen um professionelles Arbeitgebermarketing nicht herum. Nur können das die wenigsten.
Von Armin Trost
aus Harvard Business manager 1/2008

Wenn Richard Branson, Chef der britischen Firmengruppe Virgin, über sein Unternehmen spricht, spielen schnell die Mitarbeiter eine zentrale Rolle. Branson lässt keine Gelegenheit aus, um klarzumachen, welchen Typ er haben will. Leute, die wie er selbst ticken: schnell begeistert, mit Spaß an der Arbeit und ständig auf der Suche nach neuen Ideen.

Marketingexperten haben für Manager wie Branson den Begriff Brand Champion geprägt. Sie haben sich voll der Marke verschrieben - und wissen um die Bedeutung der Mitarbeiter für die Marke. Die Darstellung als Unternehmen mit seinen zahlreichen Produkten und die Präsentation als interessanter Arbeitgeber verschmelzen bei Virgin. Das ist bei den meisten Unternehmen in Deutschland anders. Zwar ist das Thema Arbeitgebermarke und die immer schwierigere Suche nach guten Mitarbeitern in aller Munde, in der Praxis geschieht jedoch erstaunlich wenig.

Obwohl sich die Dax-30-Unternehmen von den M-Dax-Unternehmen teilweise fundamental unterscheiden, präsentieren sie sich der Öffentlichkeit in der Regel austauschbar, farblos und beliebig. Das lässt sich zum Beispiel an ihren Internetauftritten festmachen. Wer sich als umworbener Einkaufsspezialist, hoch qualifizierter Vertriebsmanager oder Ingenieur nach einem geeigneten Unternehmen umsieht, findet selten Argumente für eine Bewerbung, wie eine Untersuchung von 247 Karriere-Websites der größten und beliebtesten Arbeitgeber in Deutschland an der Hochschule Furtwangen ergab.

Die meisten Unternehmen werben mit tollen Karrierechancen, sind in irgendetwas führend und haben natürlich ein prima Klima. Vom künftigen Mitarbeiter wünschen sich selbstverständlich alle Engagement und Talent.

Ein trauriges Bild. Ein Unternehmen, das da die Sprache und Bedürfnisse des künftigen Mitarbeiters trifft, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Doch warum klaffen Wunsch und Wirklichkeit so weit auseinander? Warum vertreten so wenige Topmanager voller Inbrunst die unverwechselbaren Werte ihres Unternehmens, wie es Dietmar Hopp von SAP tat oder Drogeriemarktchef Götz Werner? Die Antwort ist ernüchternd. In den Unternehmen verhindert eine unglückliche Verknüpfung unterschiedlicher Faktoren die Präsentation als interessanter Arbeitgeber.

Das Problem beginnt ganz oben. Für viele Topmanager und Analysten hat der Faktor Personal noch immer einen geringen Stellenwert. Sie haben noch nicht begriffen, dass sich auch die Attraktivität als Arbeitgeber auf den Unternehmenserfolg auswirkt. Auf Analystenkonferenzen und in Geschäftsberichten wird dieser Faktor meist ausgeblendet - und intern an die Personalabteilung delegiert.

Dort staut sich häufig großer Frust. Das Image eines Managers in der Personalabteilung ist oft nicht das beste. Viele Personaler fühlen sich als die Fußabtreter des Unternehmens. Mit einer derart schlechten Reputation lässt sich aber keine Arbeitgebermarke aufbauen. Denn dafür müssen einige Abteilungen des Unternehmens zusammenarbeiten - und dafür ist gegenseitiger Respekt notwendig.

Es wäre eigentlich ganz einfach. Denn das Know-how, das notwendig ist, um effektives Marketing für die gewünschte Zielgruppe der Talente von morgen zu betreiben, besitzt jedes Unternehmen mit einer Marketingabteilung. Genau diese Zusammenarbeit klappe aber nur selten, klagen viele Personalmanager. Denn für Arbeitgebermarketing wollen Marketingleiter kaum Geld ausgeben.

Eine wichtige Rolle dabei spielen die Machtverhältnisse. In jedem Unternehmen gibt es sogenannte Königsdisziplinen: zum Beispiel die Entwickler bei Microsoft, die Designer bei Puma oder die Produktmanager bei Procter & Gamble. Sie erfahren die größte Wertschätzung durch das Topmanagement - entsprechend ist das Gerangel um die Gunst der Spitze in der zweiten Reihe. Ist das Top-management von der Bedeutung des Marketings für neue Mitarbeiter nicht überzeugt, macht auch der Marketingleiter kein Geld für die Kollegen aus der Personalabteilung locker. Das Geld fließt in der Regel in das Produktmarketing oder in Imagekampagnen.

Also werkeln die Personaler selbst an ihren Außendarstellungen. Stellenanzeigen, der Karrierebereich im Internet und Broschüren gehen meist über den Tisch der PR-Abteilung und werden dort auf Unternehmenslinie gebracht. Das Produkt wird strom-linienförmig. Nicht beachtet wird aber, dass das Unternehmen mit diesen Informationen nicht die Öffentlichkeit allgemein ansprechen will, sondern eine ganz bestimmte Zielgruppe: Fachkräfte, die für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens entscheidend sind. Die jedoch haben andere Bedürfnisse als die Kunden.

Um sich ein eigenes Profil zu geben, wie das zum Beispiel die Lufthansa tut, eines der wenigen guten Beispiele für eine sehr gute Arbeitgebermarke, muss das Management intensiv über die Werte des Unternehmens nachgedacht haben. Denn aus diesen Werten speisen sich alle Marketingaktivitäten, egal ob es sich dabei um eine Imagekampagne, das Produktmarketing oder den Kampf um die besten Köpfe handelt. In vielen Unternehmen fehlt dieses Nachdenken jedoch.

Da die Arbeitgebermarke und das Mehrwertversprechen für künftige Mitarbeiter sich aber aus den Unternehmenswerten speisen, ist jede Marketingaktion ohne diese grundlegende Arbeit von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Hier schließt sich der Kreis. Solange das Topmanagement nicht über die eigene Kultur im Unternehmen nachdenkt, über die Werte, die es verkörpert und die Art der Mitarbeiter, die es braucht, werden auch die restlichen internen Hürden nicht überwunden.

Einige Firmen beginnen diesen Prozess mit einem kleinen Schritt. Sie konzentrieren sich auf eine einzige Zielgruppe, die kritisch für den Unternehmenserfolg ist. Eon zum Beispiel hat auf seiner Karriere-Website zunächst keine erkennbar durchdachte Markenstrategie. Ein kleiner, leicht zu übersehender Hinweis führt von dort zu einem eigenen Internetauftritt, der sich ausschließlich an Ingenieure richtet. Und dort sieht plötzlich alles ganz anders aus. Musik erklingt, es gibt eine klare Botschaft, Mitarbeiter erzählen in Videos, warum sie bei Eon arbeiten, Berichte beschreiben das Aufgabenspektrum eines Ingenieurs an konkreten Fällen wie dem Bau des weltweit größten Steinkohlekraftwerks Datteln 4.

Das Interesse potenzieller Bewerber wird so geschürt. Stimmen auch das sonstige Auftreten und der Ruf als Arbeitgeber, mag so ein Auftritt der erste Schritt sein, um eine Be-werbung lieber hierhin zu senden - als zur 08/15-Konkurrenz. n

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