Unternehmensskandale Harte Worte, die entlarven

Klaus Vedfelt / Getty Images
Unternehmensskandale folgen oft einem bestimmten Muster: Theranos und seine betrügerische Bluttesttechnologie, Wells Fargo und seine gefälschten Finanzkonten, Volkswagen und seine manipulierten Abgasdaten – irgendwann meldet sich ein Whistleblower.
"Die Probleme, die dann aufgedeckt werden, existieren in der Regel bereits seit vielen Jahren", sagt Dennis Campbell, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Harvard Business School. Um herauszufinden, ob Schwierigkeiten früher aufgedeckt werden könnten, startete er zusammen mit Ruidi Shang von der niederländischen Universität Tilburg ein Experiment .
Um Anzeichen für Probleme zu erkennen, erstellten die beiden einen Datensatz mit Mitarbeiterbewertungen, die auf der Plattform Glassdoor.com veröffentlicht worden waren. Er umfasste Einschätzungen zu rund 3500 börsennotierten Unternehmen, die zwischen 2008 und 2016 verfasst worden waren. Anschließend extrahierten die Forscher aus den Bewertungen ein Vokabular von 11.772 Wörtern. Zum Abgleich nutzten sie eine von der gemeinnützigen Organisation "Good Jobs First" zusammengestellte Datenbank mit fast 27.000 Verstößen derselben Unternehmen zwischen 2008 und 2017.
Im nächsten Schritt trainierten sie einen Algorithmus und ließen ihn entscheiden, welche Wörter am stärksten mit möglichen Verstößen assoziiert wurden. Sie reichten von beschreibenden Bezeichnungen wie "Bezahlung" und "Beförderung" bis hin zu eindeutig negativen Begriffen wie "Diskriminierung", "Ärger", "Günstlingswirtschaft" und "unethisch".
Die Ergebnisse ermöglichten es den Forschern, anhand des gewichteten Anteils der Wörter eindeutig zwischen Unternehmen mit einer hohen und einer niedrigen Zahl von Verstößen zu unterscheiden – unabhängig von bisherigen Verstößen oder finanziellen Schieflagen.
Glassdoor ist nicht die einzige Website, die Fehlverhalten aufdecken kann, sagt Campbell. Die Analyse lasse sich bei jeder Plattform anwenden, auf der Mitarbeiter über die Dynamik des Unternehmens diskutierten. Mit ihrer Hilfe könnten etwa Aufsichtsbehörden besser entscheiden, welche Unternehmen sie untersuchen sollten. Auch Investoren profitierten, wenn sie Risiken einschätzen wollten. Ihre Methode lasse sich allerdings auch von den Unternehmen selbst nutzen, sagt Campbell – etwa, um über die externe oder interne Mitarbeiterkommunikation potenzielle Probleme aufzudecken. So könnten Skandale nicht nur erkannt, sondern auch vermieden werden.
Quelle: Dennis Campbell, Ruidi Shang: "Tone at the Bottom: Measuring Corporate Misconduct Risk from the Text of Employee Reviews", Management Science, im Druck

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