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Analyse von Kundendaten Fußgänger sind die wahren Umsatzbringer

Händler in städtischen Einkaufsstraßen glauben oft, ein Großteil ihrer Kundschaft komme mit dem Auto. Das ist eine Fehleinschätzung.
aus Harvard Business manager 10/2021
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YADID LEVY / DDP IMAGES

Einzelhändler überschätzen den Anteil ihrer Kundinnen und Kunden, die mit dem Auto zum Einkaufen kommen, zum Teil erheblich. Das könnte einer der Gründe sein, warum die Einrichtung von Fußgängerzonen oder die Abschaffung von Parkplätzen im Einzelhandel so oft auf Widerstand stößt.

So schätzten in einer Studie des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam 145 Einzelhändler aus zwei Berliner Einkaufsstraßen – dem Kottbusser Damm und der Hermannstraße – den Anteil der Autofahrer unter ihren Kunden auf 22 Prozent. Tatsächlich waren es aber nur 7 Prozent, wie eine weitere Erhebung unter rund 2000 Einkaufenden ergab. Die große Mehrheit war zu Fuß (52 Prozent), mit dem Fahrrad (15 Prozent) oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln (26 Prozent) unterwegs.

Insgesamt waren Nichtautofahrer für 91 Prozent der Gesamtumsätze verantwortlich. "Dieser Befund kommt keineswegs überraschend", erklärt Dirk von Schneidemesser, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IASS. Er decke sich mit anderen Studien über deutsche Innenstädte sowie über die lokale Wirtschaft in europäischen Ländern, Nordamerika und Australien.

Die Fehleinschätzung könne damit zusammenhängen, so von Schneidemesser, dass die Auto fahrenden Händlerinnen und Händler von sich auf andere schlössen. Denn wer selbst mit dem Auto ins Geschäft fährt, so hat die Studie gezeigt, schätzt den Anteil seiner Auto fahrenden Kunden auf 29 Prozent. Händler dagegen, die andere Verkehrsmittel nutzten, lagen in ihren Schätzungen näher an der Wahrheit, nämlich bei 10 bis 19 Prozent.

Verbesserte Infrastruktur hätte positive Wirkung

Zudem schätzten sie den Anteil der Shopper, die weniger als einen Kilometer von der Einkaufsstraße entfernt leben, auf lediglich 13 Prozent. In Wirklichkeit waren es 51 Prozent. "Die Ergebnisse unserer Umfrage stehen im Einklang mit einer wachsenden Anzahl an Studien, die nahelegt, dass eine verbesserte Infrastruktur für aktive Mobilität – also zu Fuß gehen, Rad fahren, den ÖPNV nutzen – wahrscheinlich der lokalen Wirtschaft zugutekommt", resümiert Dirk von Schneidemesser. Wirtschaftsverbände sollten sich daher evidenzbasiert mit Vor- und Nachteilen für Händler auseinandersetzen, um die Interessen der lokalen Wirtschaft bestmöglich vertreten zu können.

Ausgabe Oktober 2021

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Dieser Artikel erschien in der Oktober-Ausgabe 2021 des Harvard Business managers.

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