Über die Auswahl von und die Zusammenarbeit mit externen Trainern und Instituten Managementtraining - eine besondere Form von Entertainment?
DR. ROLF TH. STIEFEL leitet in Filderstadt bei Stuttgart eine Beratungsfirma für Managementandragogik und Organisationsentwicklung.
In der Entwicklung des Managementtrainings im deutschsprachigen Raum lassen sich seit dem Zweiten Weltkrieg vier Entwicklungsstufen unterscheiden, die sich aus einer Analyse der veröffentlichten Fachliteratur ergeben. Diese literarhistorische Betrachtung bedeutet keineswegs, daß Institute und Trainer oder die Bildungsverantwortlichen in Firmen nun alle in den Dimensionen der problemlösungsorientierten Entwicklungsstufe denken. Vielmehr liegt gerade darin das Dilemma, daß sowohl viele Anbieter als auch Nachfrager von Managementtraining auf der lehr- oder lernorientierten Entwicklungsstufe stehengeblieben sind und mit den in diesen Stufen angebotenen Trainings relativ wenig bei den Teilnehmern bewirken: "Lernen-durch-Zufall"-Seminare oder aktivitätspädagogisches Entertainment stellen sich als Ergebnis der Auswahlentscheidungen in den beiden ersten Stufen ein. Dieses Entsenderverhalten wird erst in der transferorientierten Entwicklungsstufe professioneller und reift in der problemlösungsorientierten Entwicklungsstufe zu einem Entsenderverhalten, das das Risiko des Fehleinsatzes von externen Trainern oder das Entsenderrisiko zu Managementinstituten nahezu ausschließt (Abbildung 1).
Kriterien einer
effektiven Zusammenarbeit
Ein Unternehmen erwartet bei der Entsendung von Teilnehmern zu extern durchgeführten Trainings, daß sich eine dauerhafte Veränderung des Leistungsverhaltens der Mitarbeiter einstellt, die sie in die Lage versetzt, die ursprünglich vorhandenen Probleme wirksam in Angriff zu nehmen. Ein Teilnehmer muß mit einem Zuwachs an Problemlösungsfähigkeit ins Unternehmen zurückkommen. Ein zweites Erfolgskriterium betrifft die unbeabsichtigten Nebeneffekte, die Teilnehmer ebenfalls als Ergebnis von Seminarbesuchen erwerben und die zusammen mit den Problemlösungsfähigkeiten übertragen werden. Wichtig ist somit, daß die Teilnehmer Trainings mit einem Problemlösungsklima erleben, das mit den Führungsprinzipien der Entsenderorganisation kongruent ist. Ein drittes wesentliches Kriterium besteht darin, daß ein Teilnehmer nach Rückkehr von einem Seminar ins Unternehmen von sich aus den Lern- und Problemlösungsprozeß fortsetzen kann, indem er die Lernerfolge an andere in der Abteilung oder Arbeitsgruppe weitergeben kann und er auch gelernt hat, neue Fragen in seinem Problemfeld aus eigener Initiative zu verfolgen.
Strategien der Erfolgssicherung
bei der Zusammenarbeit mit externen Instituten/Trainern
Ein Unternehmen kann grundsätzlich die Strategie des "trial and error" anwenden, indem Teilnehmer aufgrund unvollkommener Programminformationen entsandt werden und bei anschließender Auswertung der Seminarbesuche festgestellt wird, daß die Teilnahme keine erwarteten Ergebnisse erbringt. Diese Form des Erkenntniszuwachses ist für die Entsenderorganisationen zu teuer, um systematisch angewandt zu werden. Gesucht sind somit Vorgehensweisen, die das Entsendungsrisiko minimieren, ohne daß damit finanzielle Opfer verbunden sind.
Direkte Überprüfung der Trainingsqualität
Die Nachfrager von Managementtraining müssen von der Annahme ausgehen, daß die Tätigkeit eines Managementtrainers und die Eröffnung und das Betreiben eines Managementinstituts keinerlei Zulassungsbeschränkungen unterliegen und an keine subjektiven oder objektiven Voraussetzungen gebunden sind. Da es in der Bundesrepublik keine professionelle Standesvereinigung gibt, die eine Mitgliedschaft auf der Basis nachgewiesener Gütekriterien vergibt, haben andere Verbände wie der Bund deutscher Unternehmensberater (BDU) oder der Wuppertaler Kreis die Vergabe von Mitgliedschaften übernommen. Die Verbandsaufnahme folgt allerdings keinen nachvollziehbaren Gütekriterien, oder sie ist an Kriterien gebunden, die für die Trainingsqualität unwesentlich sind (zum Beispiel das Merkmal der Gemeinnützigkeit beim Wuppertaler Kreis). Für die nachfragenden Klienten in der Wirtschaft bleibt somit nur der Weg, sich allein oder in Kooperation mit anderen Unternehmen selbst Daten über die Trainingsqualität zu beschaffen. Die Vorgehensweise ist ebenso überzeugend wie einfach: Durch eine systematische Überprüfung des externen Instituts/Trainers vor Entsendung sammeln die Teilnehmer entsendenden Unternehmen Daten, ob es lohnend ist, mit einem externen Managementinstitut zusammenzuarbeiten. Komponenten der zu überprüfenden Trainingsqualität sind * Art und Umfang der Aktivitäten, * institutionaler Rahmen, * Person(en) mit Leitungsverantwortung. Die Datensammlung erfolgt in zwei Stufen. Zunächst werden Daten vom Institut gesammelt, aufgrund derer geprüft wird, ob eine Zusammenarbeit überhaupt in Frage kommt. Im Anschluß daran werden Daten über einzelne Trainings gesammelt, zu denen Teilnehmer entsandt werden sollen. Institute und Trainer unterscheiden sich danach, welche problemlösenden Hilfen sie den Klienten zur Verfügung stellen können. Ein Institut, das nur Seminare anbietet, ermöglicht einem Klienten nur eine punktuelle Zusammenarbeit. Werden dagegen noch andere Aktivitäten für Klienten angeboten, wie beispielsweise Vermittlung und Bereitstellung von Trainern, Lehrmaterialien und Lerninstrumenten, regelmäßige Informationen über neue Trainingsentwicklungen oder Designberatung für firmeninterne Trainings, hat ein Unternehmen die Chance einer kontinuierlicheren, mehrdimensionalen Zusammenarbeit mit dem Institut. Je mehr Aktivitätsfelder von einem externen Institut/Trainer abgedeckt werden, desto mehr Problemlösungs-Potential steht einem Unternehmen zur Verfügung. Auch die Bestimmung des institutionalen Rahmens gibt wichtige Aufschlüsse über die Trainingsqualität. Jede Institution eines Management- Bildungsträgers zeichnet sich durch bestimmte Merkmale aus, die einen positiven oder negativen Einfluß auf die Qualität einzelner Trainings ausüben. Die Innovationsfähigkeit als Merkmal bringt zum Ausdruck, * wie die Institution neues Wissen von Informationsquellen außerhalb der Institution aufnimmt, * ob die Institution ihren "eigenen Produktionsprozeß" durch permanente Forschungsprojekte überprüft, * welche Innovationen im Managementtraining in der Vergangenheit entwickelt wurden (Innovationsdynamik). Die Ermittlung der Normen in der Institution soll insbesondere eine Hilfe zur Einschätzung des Organisationsklimas sein. Diese Normen beeinflussen die Leistungsfähigkeit des Instituts positiv oder negativ. Dazu gehören * die Bereitschaft in der Organisation des Instituts zusammenzuarbeiten, * die Identifizierung der einzelnen Mitarbeiter mit dem Institut, * die Qualität der Beziehung der Mitarbeiter untereinander und der Beziehung zu den Klienten, * die Einstellung der Institutsmitarbeiter zur eigenen Weiterbildung. 1) Je mehr positive Normen in einem institutionalen Rahmen vorhanden sind, desto wirkungsvoller kann ein externes Institut oder ein externer Trainer in seinen wahrgenommenen Aktivitätsfeldern gegenüber seinen Klientenunternehmen auftreten. Die Datenermittlung muß zur Erfassung des langfristigen Wirkungspotentials auch die Person des Leitungsverantwortlichen einbeziehen, denn seine Werte und fachwissenschaftliche Kompetenz prägen sehr wesentlich das "Gesicht" eines Instituts. Aus dem bereits eingangs zitierten kongruenten Problemlösungsklima als Kriterium einer effektiven Zusammenarbeit ist es wichtig, daß die Werthaltung in der Leitungsverantwortung eines Instituts der Werthaltung des Klienten entspricht. Bei den fachwissenschaftlichen Kompetenzbereichen wird die Hypothese formuliert, daß eine demonstrierte Fachkompetenz in Organisationsentwicklung und solides sozialwissenschaftliches Verständnis in der Leitungsverantwortung eines Instituts einer Institution überlegen ist, die über keine demonstrierte Fachkompetenz in Organisationsentwicklung verfügt und sich durch eine ingenieurwissenschaftliche Ausrichtung auszeichnet. Aus meiner Erfahrung mit einer Vielzahl von Leitungsverantwortlichen des externen Managementtrainings würde ich die These wagen, daß ein Institut mit einer naturwissenschaftlich ausgerichteten Leitung wenig Chancen hat, sich als Partner in der problemlösungsorientierten Entwicklungsstufe der Weiterbildung anzubieten. Nachdem ein Unternehmen mit diesen Daten das "Ob" einer Zusammenarbeit bestimmt hat, erfolgt nun in zweiter Stufe die Einschätzung der Qualität einzelner Aktivitäten, wobei hier nur die direkte Vorabüberprüfung eines Trainings dargestellt wird. Bevor ein Unternehmen Teilnehmer zu einer Veranstaltung entsendet, werden in Form eines Fragebogens (Abbildung 2) Daten eingeholt, um die Trainingsqualität zuverlässiger einzuschätzen. Es ist durchaus möglich, daß einzelne Institute fachlich überfordert sind, diese Fragen zu beantworten. Andere Institute werden sich nicht die Mühe machen, diese Fragen zu beantworten, da sie vorgeben, dafür keine Zeit zu haben. Wenn die Entsenderorganisationen nicht nur vereinzelt, sondern als "organisierte Nachfrage" nach externem Managementtraining die Institute ansprechen, sind die Institute gezwungen, die Fragebogen aus den Unternehmen zu beantworten, zumal der Hinweis im Fragebogen, daß eine Teilnehmerentsendung von der Beantwortung des Fragebogens abhängig ist, den Instituten deutlich macht, daß sie in Zukunft den Entsendern Programminformationen zur Verfügung stellen, die eine zusätzliche Fragebogenaktion nicht mehr notwendig machen.
Schattenberatung
Die Schattenberatung ist eine zusätzliche Strategie der Erfolgssicherung, indem ein Unternehmen vor Entsendung von Teilnehmern zu einem Institut durch eine externe Beraterhilfe das Entsendungsrisiko minimiert. Ein neutraler Weiterbildungsberater unterstützt das Unternehmen bei der Auswahl des richtigen Instituts, indem er in offener oder in verdeckter Form gegenüber dem Institut den Klienten im Unternehmen in seiner Entscheidungsfindung unterstützt. Die Schattenberatung ist bei der externen Entsendung speziell dann anzuwenden, wenn Unternehmen keine eigene Bildungsabteilung haben und/ oder relativ große Entsenderzahlen vorliegen. Die Schattenberatung kann auch zur Durchführung der direkten Vorabüberprüfung eingesetzt werden, wobei ein erfahrener Weiterbildungsberater bereits aus der Analyse der Beschreibung einiger kritischer Situationen im Training durch das Institut Rückschlüsse auf die Qualität des gesamten Trainings ziehen kann. Daneben kommt die Schattenberatung beim innerbetrieblichen Einsatz von externen Trainern in Frage, wie noch zu zeigen sein wird.
Teilnehmertraining zur Sicherung
der Trainingsqualität
Diese Strategie geht davon aus, daß Teilnehmer vor Entsendung zu einem externen Training so vorbereitet werden, daß sie im Seminar ein auftretendes Fehlverhalten des Trainers erkennen und gegensteuern können. Mitarbeiter des Unternehmens, die an themenkreisverschiedenen Trainings in einem bestimmten Zeitraum teilnehmen, erhalten ein circa eintägiges Teilnehmerverhaltens-Training, in dem sie mit kritischen Situationen in Trainings konfrontiert werden. Dahinter verbirgt sich folgende Annahme: Wenn ein Teilnehmer noch während des Trainings gegensteuern kann und den Trainer auf bestimmte, für ihn und sein Unternehmen nachteilige Trainerverhalten anspricht, ist eine enorme Sicherung ins Training eingebaut. Ein Teilnehmer wird im Rahmen dieses Vorbereitungstrainings darauf aufmerksam gemacht, daß sich ein erfolgreiches Training bereits mit der Schaffung der Lernatmosphäre abzeichnet und er mit speziellen Interventionen für diese Situation ausgestattet wird. Bevor der Trainer zu der Behandlung der Themenkreise und der Bearbeitung der vom Teilnehmer eingebrachten Probleme übergeht, sollte sich ein Teilnehmer am Ende der Schaffung der Lernatmosphäre die folgenden Fragen stellen:
1. "Haben sich die einzelnen Teilnehmer so eingebracht,
daß ich ihren Bezugsrahmen kenne, damit ich ihre Beiträge in der Diskussion verstehen und darauf aufbauen kann?"
Lernpsychologische Annahmen: Lernen findet im Managementtraining nicht nur durch den Trainer statt, sondern ein wichtiger Teil des Lernens wird durch die Vermittlung und Diskussion von Teilnehmererfahrungen ausgelöst. Wenn der Bezugsrahmen der Teilnehmerbeiträge unklar bleibt, wird viel geredet, aber wenig kommuniziert und noch weniger gelernt. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Ich würde gern im Anschluß an die Vorstellung der Teilnehmer noch die Information X als wichtig einschätzen, weil.." (lernrelevante Annahme).
2. "Konnte ich meine inhaltlichen Erwartungen hinreichend
artikulieren und meine Liste mit den gesammelten offenen Punkten einbringen?"
Lernpsychologische Annahmen: Wenn der Trainer die inhaltlichen Erwartungen nicht kennt, vermittelt er "seine" Lehrinhalte, die nur zufällig ein Beitrag zu den inhaltlichen Erwartungen der Teilnehmer abgeben. Zurück bleibt ein "interessantes Seminar" ohne direkte Nutzanwendung. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Könnten wir im Teilnehmerkreis etwas eingehender die Probleme und offenen Fragen sammeln, damit sie zu einer klaren inhaltlichen Leitlinie für unser gemeinsames Training werden können?"
3. "Konnte ich an der Gestaltung der beabsichtigten
Form der Zusammenarbeit mitwirken?"
Lernpsychologische Annahmen: Wenn die Teilnehmer an der Gestaltung der Zusammenarbeit mitwirken, identifizieren sie sich stärker mit dem Training (Motivation). Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Ich kann mich bei der geplanten Form der Zusammenarbeit nicht wiederfinden und möchte vorschlagen, ob wir nicht einige zusätzliche positive Erfahrungen aus Seminarbesuchen diskutieren können, die wir möglicherweise auch bei unserem Lernen in diesem Training berücksichtigen können."
4. "Konnte ich bestimmte Befürchtungen äußern, die
ich habe?"
Lernpsychologische Annahmen: Wenn Befürchtungen nicht geäußert werden, können sie zu massiven Lernbarrieren werden; ein großer Teil von produktiver Lernenergie wird dadurch absorbiert. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Ich möchte hier die Befürchtung X äußern und fragen, wie wir in unserem Training damit umgehen."
5. "Ist mir die Rolle des Trainers klar?"
Lernpsychologische Annahmen: Ein Trainer kann im Managementtraining verschiedene Rollen übernehmen: Moderator von Erfahrungsaustauschprozessen, Lernhelfer, inhaltlicher Experte, Berater für die Umsetzung des Gelernten am Arbeitsplatz. Damit keine Unsicherheit im Lernprozeß auftritt, sollte klar sein, wann der Trainer welche Rollen übernimmt. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Mir ist noch nicht klar, wann Sie als Trainer welche Rolle beim Lernen der Teilnehmer übernehmen. Sie würden mir helfen, wenn Sie kurz etwas zu Ihrer Trainerrolle insgesamt sagen."
6. "Hat sich der Trainer klar genug ausgedrückt, wie
er auf die inhaltlichen Erwartungen der Teilnehmer eingeht?"
Lernpsychologische Annahmen: Die inhaltliche Erwartungsabfrage muß in einen inhaltlichen Bearbeitungsvorschlag einmünden, der die Bedürfnisse der Teilnehmer bei Bearbeitungsbeginn mit dem besonders wichtigen Problem widerspiegelt. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Mich würde interessieren, wie Sie im Training auf die inhaltlichen Erwartungen der Teilnehmer eingehen und welche Fragenkreise von Ihnen möglicherweise mit Absicht ausgeklammert werden?"
7. "Ist mir die Struktur des Trainings und der organisatorische
Ablauf klar?"
Lernpsychologische Annahmen: Unklarheiten über den Ablauf führen zu Mißverständnissen und Lernstörungen. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Ich habe noch eine Frage zum Ablauf und möchte sie schon an dieser Stelle einbringen, damit ich mich voll auf die Problemerarbeitung und die Inhalte konzentrieren kann."
8. "Gibt es am Ende der Schaffung der Lernatmosphäre
Fragen zum Training, die ich noch nicht gestellt habe oder ein gewisses Unbehagen am Training, das ich gern artikulieren möchte?"
Lernpsychologische Annahmen: Ein diffuses Unbehagen wirkt von Anfang an als Lernbarriere und steht dem engagierten Teilnehmerverhalten im Wege. Auch wenn ein Unbehagen nicht richtig artikuliert werden kann, sollte es ein Teilnehmer äußern; denn andere Teilnehmer haben es sicherlich auch, und mit einer gemeinsamen Anstrengung kann mit diesem Verhalten eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Training für alle Teilnehmer erfüllt werden. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Im Moment habe ich noch ein gewisses Unbehagen über den Punkt X im Training; können wir darüber kurz sprechen, wie wir damit umgehen?" Erfolgreiches Managementtraining zeichnet sich dadurch aus, daß die Teilnehmer nicht Lehrinhalte vorgetragen bekommen, sondern daß die Lehrinhalte als Lösungsvorschlag für die eingebrachten Probleme der Teilnehmer verwandt werden und die Teilnehmer diese Lösungsvorschläge so ihrer Situation anpassen, daß sie an ihre Arbeitsplätze übertragen werden können. Ein erfolgreiches Teilnehmerverhalten geht von einer Mitsteuerung in der Durchführungsphase aus. Das bedeutet, daß sich ein Teilnehmer gedanklich während des Trainings die folgenden Fragen stellt:
1. "Hat der Trainer mir die Möglichkeit gegeben, daß
ich mich im Themenkreis mit meinem bisherigen 'Standort' auseinandersetzen konnte?"
Lernpsychologische Annahmen: Dem Lernen von neuen Lehrinhalten muß im Managementtraining eine Überprüfung der bisherigen Lernbestände (im Sinne einer Korrektur oder Bestätigung) vorausgehen, denn diese Lernbestände haben bisher das Handeln des Teilnehmers bestimmt. Erst danach kann sich der Erwerb neuer Lehrinhalte anschließen. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Ich möchte meine bisherigen Erfahrungen und Vorgehensweisen zum Problem X kurz darstellen und wäre dankbar, wenn mir geholfen werden könnte, vorhandene Lücken aufzuzeigen."
2. "Hat mir der Trainer die Möglichkeit gegeben,
mich kritisch mit den neuen Informationen auseinanderzusetzen ?"
Lernpsychologische Annahmen: Die kritische Reflexion neuer Lehrinhalte ist für ein Lernen durch Integration notwendig, wenn sich alte Lernbestände und neue Lehrinhalte so verbinden sollen, daß sie das Handeln der Teilnehmer bestimmen. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Können wir noch einmal die dargelegten Lehrinhalte von dieser oder jener Seite beleuchten?"
3. "Hat der Trainer mir geholfen, daß ich meine offenen
Fragen zum Themenkreis einbringen konnte?"
Lernpsychologische Annahmen: Die Aufarbeitung von offenen Fragen hat Vorrang, da sie sehr leicht zu Lernbarrieren werden können. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Bei der Reflexion des Lernabschnitts X sind mir noch einige Punkte unklar, die für mich sehr wichtig sind."
4. "Hat der Trainer mich veranlaßt, über die Realisierung
der neuen Lehrinhalte und Problemlösungen nachzudenken und mich in der Umsetzung des Gelernten am Arbeitsplatz unterstützt?"
Lernpsychologische Annahmen: Jeder Teilnehmer hat spezielle Umsetzungsbedürfnisse bei der Übertragung des Gelernten an den Arbeitsplatz. Diese Bedürfnisse müssen behandelt werden, damit ein Teilnehmer nicht nur Lernerfolge in einem Seminar erwirbt, sondern diese Lernerfolge auch dauerhaft am Arbeitsplatz einsetzen kann. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Ich habe mich in meine Lage am Arbeitsplatz versetzt und dabei festgestellt, daß ich hier noch Probleme in der Anwendung der neuen Lehrinhalte sehe. Welche Vorgehensweisen und Hilfen gibt es, um speziell mit den Umsetzungshindernissen X, Y und Z fertig zu werden?"
5. "Sind die diskutierten Lehrinhalte hinreichend
praxisnah?"
Lernpsychologische Annahmen: Die Praxisnähe der Lehrinhalte ist ein konstanter motivationaler Faktor für die Teilnehmer. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Können wir versuchen, die Diskussion auf die Ebene der direkten Anwendbarkeit zurückzuholen und fragen, wie wir jetzt als Anwender damit umgehen?"
6. "Gibt es Störquellen im Seminar, die mich in meinem
Lernen behindern und die ich gern ansprechen möchte?"
Lernpsychologische Annahmen: Lernen kann im Seminar durch Einflüsse auf der nichtinhaltlichen Ebene sehr stark behindert werden. Die vorrangige Aufarbeitung von Störungen erhöht anschließend die Aufnahmefähigkeit für die behandelten Inhalte. Spontanes gegensteuerndes Teilnehmerverhalten (exemplarisch): "Ich fühle mich durch X, Y und Z etwas in meinem Lernen behindert und möchte das ansprechen. Vielleicht können wir an dieser Stelle einmal kurz in der inhaltlichen Behandlung anhalten und unser gemeinsam erlebtes Lernen als Teilnehmer mit der am Beginn vereinbarten Form der Zusammenarbeit vergleichen." Ein entscheidender Bereich für die Praktizierung eines erfolgreichen Teilnehmerverhaltens liegt am Ende der Durchführungsphase. Viele Trainings enden in euphorischer Stimmung; wenn sich aber der Dunst der Euphorie verzieht, bleibt häufig nichts zurück, was als konkrete Änderung im Leistungsverhalten des Mitarbeiters apostrophiert werden kann. Ein Teilnehmer kann dieser euphorischen Stimmung entgegenwirken, indem er gegen Ende des Trainings beginnt, die Übertragung seiner Lernerfolge vorzubereiten. Im Idealfall geht der Teilnehmer am Vorabend des letzten Trainings noch einmal das Training durch und beantwortet für sich einige der folgenden Fragen: 1. "Mit welcher Einsicht aus diesem Training soll ich in der Einführung beginnen?" 2. "Welche Schwierigkeiten könnten bei der Einführung der neuen Einsicht und des Lernerfolgs aus dem Training auftreten?" 3. "Wer oder was könnte mich bei der Einführung unterstützen?" 4. "Was könnte ich unternehmen, um einige der Schwierigkeiten abzubauen?" 5. "Was könnte ich unternehmen, um eine zusätzliche Unterstützung bei den vorhandenen Antriebskräften für die Einführung meiner Lernerfolge aus dem Training zu erhalten?" 6. "Welche positiven Aspekte der Lernerfolge stelle ich in einer Argumentationskette zusammen, wenn ich nach Rückkehr in die Abteilung meinen Vorgesetzten und meine Kollegen von der Einführung des Gelernten überzeugen will?" Am Beginn des letzten Tages stellt der Teilnehmer sein Ergebnis der gesamten Gruppe vor und fragt den Trainer und die übrigen Teilnehmer, ob es nicht sinnvoller wäre, die Übertragung der Lernerfolge aus dem Training in Form eines Aktionsplans vorzubereiten, anstatt bis zum Ende noch neue Lehrinhalte zu diskutieren. Schließlich hat jeder Teilnehmer auch eine Verantwortung für sein Lernen gegenüber dem Unternehmen, das ihm das Training ermöglicht und das gewisse Erwartungen an seine erfolgreiche Umsetzung von Lernerfolgen hat. Erfolgreiche Managementkurse sind mit einer Nachbereitungsphase ausgestattet, in der die Teilnehmer erfahrene Probleme in der Umsetzungsphase noch mit dem Trainer entsprechend einer sogenannten Transfervereinbarung erörtern können. Wenn der Trainer dieses Angebot nicht von sich aus macht, wird vorgeschlagen, daß der Teilnehmerkreis auf das mögliche Auftreten von lehrinhaltlichen Fragen und betrieblichen Problemen in der Übergangsphase aufmerksam macht. Ziel wäre der Abschluß einer Transfervereinbarung zwischen Trainer und Teilnehmer, damit den Teilnehmern auch in der Nachbereitungsphase eine Beratungshilfe zur Lösung von Problemen zur Verfügung steht.
Strategie der Erfolgssicherung
beim innerbetrieblichen Einsatz von externen Trainern
Mit der zunehmenden Tendenzverschiebung im Managementtraining, anstelle der Entsendung zu Instituten Managementtrainer mit der Durchführung innerbetrieblicher Trainings zu beauftragen, wird auch hier in diesem Bereich die Frage einer zweckmäßigen Erfolgssicherung zu stellen sein. Im Kern der Zusammenarbeit steht die Befriedigung der speziellen Zuschnittsbedürfnisse des Unternehmens. Demnach sollte ein externer Trainer bei maßgeschneiderten Trainings die folgenden Anforderungen erfüllen: * Orientierung des Trainings an den speziellen Problemen der im Training anwesenden Mitarbeiter, * Orientierung des Trainings an den Lernvoraussetzungen der Teilnehmer, * Anpassung des Lernklimas des Trainings an die besonderen Merkmale des Organisationsklimas im Unternehmen. Damit einem Unternehmen nicht ein unvollkommen abgeändertes Standardtraining angeboten wird, möchte ich den betrieblichen Auftraggebern die folgende Vorgehensweise empfehlen: 1. Lassen Sie sich von dem Anbieter zunächst das Training beschreiben, wie er es vor dem Zuschnitt auf Ihr Unternehmen aufgebaut hat, und leiten Sie dann daraus die Annahmen über die Problem- und Teilnehmerorientierung, die Eingangsvoraussetzungen des Trainings, das Lernklima im Training, die Rolle der lernenden Teilnehmer ab. 2. Stellen Sie erst jetzt diese Annahmen Ihren besonderen Zuschnittsbedürfnissen gegenüber: * Orientierung an den speziellen Problemen Ihrer Teilnehmer, * Orientierung an den speziellen Lernvoraussetzungen Ihrer Teilnehmer, * Orientierung des Lernklimas des Trainings an den besonderen Merkmalen des Organisationsklimas in Ihrem Unternehmen, * Zeitdauer und Modalität der Trainingsdurchführung (möglicherweise brauchen Sie statt des ursprünglichen Ein-Wochen-Kurses einen zweiteiligen Sandwichkurs, der völlig andere Konsequenzen für das Lernen der Teilnehmer hat). 3. Lassen Sie sich für jedes Zuschnittsbedürfnis die Maßnahme entwickeln, die in Abänderung vom ursprünglichen Training notwendig wird. 4. Vereinbaren Sie mit dem externen Trainer einen Evaluierungsplan zur Überprüfung der Anpassung seines Standardtrainings an Ihre Zuschnittsbedürfnisse, der angibt, welche Anpassungen im einzelnen vorgenommen werden, wer für die Überprüfung der Anpassung sorgt, wer welche Voraussetzungen für Anpassungen schafft, welche Konsequenzen bei Nichteinhalten der notwendigen Anpassungen eintreten. Durch Einsatz der Schattenberatung kann ein Unternehmen gezielt offene Fragen aus einem Trainingskonzept herausarbeiten lassen und so auf Probleme aufmerksam machen, bei denen der Zuschnitt auf die Bedürfnisse des Unternehmens noch unbefriedigend gelöst ist oder bei denen ein Bruch im didaktisch-methodischen Vorgehen ersichtlich ist. Durch die Schattenberatung macht sich ein Unternehmen als Nachfrager ein spezielles Knowhow zugänglich, das es braucht, wenn es den in speziellen Präsentationstrainings geschulten Trainern von großen Instituten nicht aufsitzen will und das Konzept eines Managementtrainings übernimmt, das keinerlei echte Zuschnittsbedürfnisse des Unternehmens abdeckt.
Schlußfolgerung
Wenn man davon ausgeht, daß heute in großbetrieblichen Bildungsabteilungen mehrere Millionen Mark Teilnehmergebühren für externe Seminare und für Honorare innerbetrieblich eingesetzter Managementtrainer ausgegeben werden, dann wird es eine zwingende Forderung, daß diese Mittel mit einem Konzept der Lernerfolgssicherung einzusetzen sind, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Bei einem kombinierten Einsatz einzelner Strategien der Qualitätssicherung, die vom Aufwand her nur ein Bruchteil des Trainingsbudgets ausmachen, kann die Effizienz der Weiterbildungsinvestitionen entscheidend verbessert werden. Managementtraining als Entertainment durchzuführen, macht die Overhead-Show im Training und den Ego-Trip des Trainers nicht nur zu einem besonders teuren Vergnügen; sie führt auch zu einer Weiterbildungseinstellung, bei der die Lethargie der Mitarbeiter letale Folgen für das Unternehmen hat. Quelle 1) Alexander, Mark: "Organizational norms"; in: Jones, John E., Banet, Anthony (Hrsg.): "The 1977 Annual Handbook for Group Facilitators". La Jolla 1977, S. 123 ff.