Neu im Job So gelingt Onboarding - auch im Homeoffice

Einstieg leicht gemacht
Foto: imago stock&people/ imago/Westend61Am ersten Arbeitstag werden meist unzählige Hände geschüttelt. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen durch die Büros, begrüßen die Kollegen und lernen ihr Team kennen. Und wie geht es dann weiter? Wenn sich die erste Aufregung gelegt hat, geht das Onboarding eigentlich erst richtig los. Und genau an dieser Stelle sind die meisten Unternehmen nachlässig.
Dabei entscheidet sich bei der Einarbeitung, wie die zukünftige Zusammenarbeit aussehen wird. Fühlt sich der oder die Neue von Anfang an nicht gut aufgenommen, kann schnell Frust entstehen. Und vielleicht kündigt er oder sie dann direkt wieder.
Die Arbeit im Homeoffice kompliziert das Kennenlernen noch zusätzlich. Statt persönlich treffen die neuen Kollegen zunächst nur in Videokonferenzen aufeinander, spontane Treffen an der Kaffeemaschine oder auf dem Flur fallen in der Regel weg.
Studien zeigen, dass ein großer Teil der Unternehmen von ihrem Onboarding überzeugt ist. Die administrativen Prozesse bei der Einstellung von Mitarbeitern sind tatsächlich auch meistens gut organisiert. Aber das garantiert noch lange keine gute Zusammenarbeit.
Zu kurz kommt beim Onboarding häufig die Unternehmenskultur, oft wird auch nicht ausreichend thematisiert, welche Erwartungen an den neuen Mitarbeiter gestellt werden. Und so kommt es schnell zu Problemen, wenn neue Mitarbeiter nicht wissen, welche kulturellen Normen im Unternehmen herrschen und welche Erwartungen an sie gestellt werden (mehr dazu im Artikel "Richtig ankommen").
Viele Firmen vernachlässigen diese Themen bei der Einarbeitung, obwohl sie es eigentlich besser wissen. Und es gilt: je weniger Zeit in die Integration von neuen Mitarbeitern investiert wird, desto länger dauert es, bis ein Mitarbeiter die Leistung erbringt, die von ihm erwartet wird. Und desto größer ist die Gefahr, dass er das Unternehmen wieder verlässt oder innerlich kündigt.
Zeit des Ankommens
Grundsätzlich sehen Experten den Beginn der Onboarding-Phase bereits vor dem ersten Arbeitstag, also in der Recruiting- und Einstellungsphase. Michael D. Watkins, Professor an der IMD Business School und Autor des Bestsellers "The First 90 Days", empfiehlt neben der Einführung in die formalen Strukturen eines Unternehmens, einen großen Wert daraufzulegen, die Unternehmenskultur zu vermitteln.
In Zeiten von Homeoffice stellt dies allerdings eine besondere Herausforderung dar.
Sechs Schritte seien dafür entscheidend, wie Watkins zusammen mit Mary Driscoll, Partnerin der Personalberatung Savannah Group, schreibt.
Ziele festlegen
Die Rolle der neuen Mitarbeiter muss klar definiert und die Ziele genau festgelegt sein. Sollten sich die Ziele in der Krise verändert haben, dann sollte klar umrissen werden, was sich geändert hat, welche Aspekte Priorität haben und welche eventuellen Störungen beseitigt werden müssen.Lernprozess strukturieren
Zum Einstieg ins neue Unternehmen hilft es, den Neuankömmlingen Einblicke in Organigramme, Finanzberichte, Strategie- und Projektdokumentation sowie möglicherweise den aktuellen Krisenreaktionsplan zu geben. In einer Umfrage der Savannah Group sagten 95 Prozent der Befragten, dass diese Informationen sie effizienter gemacht haben. Besonders stark sei der Effekt, wenn Neuankömmlinge schon vor Arbeitsbeginn gefragt werden, welche Informationen sie gerne zum Start bekommen würden.Interessengruppe und Wissensträger festlegen
Ein nächster Schritt sollte sein, herauszufinden, wer im Unternehmen wichtige Ansprechpartner für den neuen Mitarbeiter sind und bei wem das Fachwissen liegt. Sind die Personen gefunden, sollte sie nach Priorität sortiert werden. Mit wem sollte der neue Kollege zuerst sprechen?
Gleichzeitig sollten die Ansprechpartner darüber informiert werden, welche Aufgaben und Ziele der neue Mitarbeiter hat – so könnten auch virtuelle Meetings zwischen den einzelnen Gruppen effektiv vorbereitet werden.Einen Paten zur Seite stellen
Einige Unternehmen stellten ihren neuen Mitarbeitern auch schon vor der Coronakrise einen Paten für die Onboarding-Zeit zur Seite. Wenn das Team aus dem Homeoffice arbeitet, ist so ein Paten-System besonders wichtig. Denn eine der Hauptaufgaben der Mentoren ist es, die Unternehmenskultur zu vermitteln. Zudem unterstützt er bei Fragen zu Abläufen im Unternehmen und kann helfen, Kontakt zu anderen Kollegen und Ansprechpartnern aufzunehmen. Voraussetzung ist, dass sich der Mentor die Zeit nehmen kann und auch mag. Vorzugsweise handelt es sich bei dem Paten um eine Kollegin oder einen Kollegen, der in der Hierarchie auf der gleichen Stufe steht.Virtuelles Teambildung moderieren
Wenn das Onboarding aus der Ferne stattfindet, hat es sich als hilfreich erwiesen, einen Moderator einzuschalten – insbesondere, wenn eine neue Führungskraft ein Team übernimmt. Dabei kommt dem Moderator die Rolle zu, in gemeinsamen Videokonferenzen zwischen Führungskraft und Team herauszufinden, wie die künftige Zusammenarbeit aussehen könnte.Coaching anbieten
Ein gezieltes Coaching kann zudem die Einarbeitungszeit von Führungskräften deutlich reduzieren. Besonders in Krisenzeiten hilft es, zusätzlich zum Paten und Moderator einen Coach an die Seite des neuen Managers oder der Managerin zu stellen.
Wie lange dauert die Onboarding-Zeit?
Die Dauer der Einarbeitung kann sehr unterschiedlich sein, je nach Unternehmen und Mitarbeiter. Bei einer Führungskraft, die innerhalb eines Unternehmens wechsele, könne dies ein gutes halbes Jahr dauern, bis die Person die volle Leistung bringt. Komme der neue Kollege hingegen von außerhalb, könne es auch ein Jahr dauern, schreibt Watkins.
Dick Grote, Berater für Leistungsmanagement und Autor des Buchs "How to be good at performance appraisals" meint, die Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter befragen, wie lange es gedauert hat, bis sie sich als Teil des Teams fühlten. "Die alten Hasen werden sich nicht mehr erinnern", so der Berater. Aber diejenigen, die kürzlich eingestellt worden seien, könnten noch erzählen, was sie gern früher gelernt hätten.