Joe Kaeser zieht Bilanz Gewinne sind nicht das einzige Ziel

Joe Kaeser bei einer virtuellen Pressekonferenz Ende 2020
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Wann beginnt die Geschichte unserer Gegenwart? Vieles spricht für das Jahr 1979. In Genf fand 1979 die erste Weltklimakonferenz statt; der Weltklimarat (IPCC) wurde gegründet; in Großbritannien wurde die europaskeptische Margaret Thatcher zur Premierministerin gewählt; der Ayatollah Khomeini kehrte aus seinem Pariser Exil nach Teheran zurück, und die iranische Revolution nahm ihren Lauf. Die Parallelen zu heute sind unübersehbar: Klimawandel, Brexit und Iran-Krise heißen die Schlagworte im Jahr 2019.
Einige Dinge haben sich aber auch grundlegend gewandelt: Die wirtschaftliche Dynamik im Fernen Osten deutet darauf hin, dass das 21. Jahrhundert ein asiatisches Jahrhundert werden könnte; der Kalte Krieg ist Vergangenheit, die Weltmärkte sind offener geworden; in großen Teilen Europas sind Grenzen kaum mehr spürbar, viele Länder auf unserem Kontinent teilen einen Binnenmarkt und eine gemeinsame Währung. Gleichzeitig stellen ein erstarkender Populismus und Protektionismus viele unserer Errungenschaften infrage.
Die vergangenen 40 Jahre haben unsere Politik und Wirtschaft verändert – und damit auch unser Verständnis von Management, Führung und Strategie. Und sie haben auch mich selbst geprägt: Meine berufliche Laufbahn bei Siemens begann 1980. Die Entwicklungen der zurückliegenden vier Dekaden habe ich oft hautnah miterlebt, später auch mitgestaltet. In diesem Artikel möchte ich auf Veränderungen der Managementpraxis zurückblicken, die mir für die Gegenwart besonders relevant scheinen.
Die 80er Jahre: Der hochintegrierte Technologiekonzern
Anfang der 80er Jahre ist Siemens ein hochintegrierter Technologiekonzern. Das Portfolio ist breit. Elektronische Bauelemente, Daten- und Informationssysteme, Energietechnik, elektrische Installationstechnik, Kommunikationstechnik und Medizintechnik – all das gibt es unter einem Dach. Synergien zu heben, zum Beispiel in Vertrieb und Technologie, steht im Vordergrund. Viele Manager in der westlichen Welt blicken in dieser Zeit fasziniert auf die ökonomische Stärke Japans und seine Managementmethoden. Insgesamt jedoch ist die Wettbewerbsintensität in den von Siemens adressierten Märkten noch gering, die Lieferbeziehungen zu Großkunden gerade auch im öffentlichen Bereich sind stabil.
Eine gute alte Zeit? Ganz so ist es nicht. Die Ära beginnt 1979/80 mit einer Ölkrise, ausgelöst vom Krieg zwischen Irak und Iran. Der globale Abschwung, der auf die Krise folgt, macht die weit fortgeschrittenen Verflechtungen der Volkswirtschaften untereinander ebenso offenkundig wie die wachsende Bedeutung der Geopolitik für die Wirtschaft.
Auch im weiteren Verlauf sind die 80er nicht unbedingt eine ruhige Zeit: Wie viele große deutsche Unternehmen internationalisiert sich Siemens rasant. Im Zeitalter des Ost-West-Konflikts liegen besonders attraktive Chancen im US-Markt, der größten Volkswirtschaft der Welt. So auch für Siemens: Zwischen 1982 und der Gegenwart vervierfacht sich die Zahl der Mitarbeiter in den USA von 12.600 auf über 50.000; der Umsatz legt von 2,8 Milliarden D-Mark auf über 16 Milliarden Euro zu. Beschleunigt durch Akquisitionen werden die USA so Schritt für Schritt zum bedeutendsten Markt weltweit. Doch auch die europäische Integration eröffnet wichtige neue Marktzugänge, etwa in Großbritannien und Frankreich.
1985 gelingt ein weiterer Durchbruch in der Internationalisierung: Als erstes westliches Unternehmen schließt Siemens ein Partnerschaftsabkommen mit der Volksrepublik China. Von praktisch null entsteht bis heute ein Geschäft mit acht Milliarden Euro Umsatz, über 30.000 Mitarbeitern, 21 großen Zentren für Forschung und Entwicklung und sehr vielen Kunden vor Ort. Die internationale Expansion bietet deutschen Unternehmen Wachstumschancen, birgt aber auch neue Anforderungen: Weit entfernte Märkte zu verstehen und zu durchdringen und, vielleicht noch wichtiger, Wertschöpfungsketten zu internationalisieren, um das Potenzial der internationalen Arbeitsteilung zu nutzen und Exporterfolge abzusichern – das alles gehört fortan zum Grundhandwerk eines Managers.
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Zugleich gilt es technologische Veränderungen zu adressieren. Früh verstehen die Siemens-Unternehmer, dass sich in allen Geschäftsbereichen ein Paradigmenwechsel von der Elektromechanik hin zur Elektronik – also zu digitaler Hardware – vollzieht. Es sind die Vorboten dessen, was wir heute als vierte industrielle Revolution bezeichnen. In den 70er und 80er Jahren forciert Siemens den Wandel seiner Geschäfte in diese Richtung.
Gegen Ende der 80er Jahre wird zunehmend klar, dass eine zentralistische Führung für diese Herausforderungen zu wenig Spielräume lässt. Die Organisationsform muss sich weiterentwickeln. Unter Ägide des Vorstandsvorsitzenden Karlheinz Kaske wird Siemens 1989 neu gegliedert in 15 Bereiche, die Verantwortung für Ergebnis und Wertschöpfungskette tragen, von der Entwicklung über die Fertigung zum Vertrieb. Heute würde man von einer "Vertikalisierung" der Organisation sprechen.
Die 90er Jahre: Der internationale Wettbewerb
Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts öffnet sich Anfang der 90er Jahre die Weltwirtschaft. Viele nationale Märkte werden dereguliert; im öffentlichen Besitz befindliche Unternehmen werden privatisiert und müssen sich im Wettbewerb behaupten. Gleichzeitig treiben Fortschritte in der Mikroelektronik die technologische Entwicklung voran. Die Produktzyklen verkürzen sich, in vielen Technologiebereichen verfallen die Preise. Schnell wird klar: Um in dieser neuen Welt mithalten zu können, wird Siemens seine Geschäfte und Managementpraxis weitaus stärker internationalisieren und modernisieren müssen.
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