Vordenker-Serie: Horst Albach Bildung als Berufung

Werk und Wirkung
Dass Horst Albach einmal Aktionär von Ebay werden würde, hatte er nicht geplant. Und doch findet er es in gewisser Weise folgerichtig, da ihm Gründung und Wachstum von Organisationen Zeit seines Lebens am Herzen gelegen haben. Als Gründungsmitglied der privaten Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung, der WHU, hatte Albach Ende der 80er Jahre den Stiftungslehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Organisationstheorie inne. Dort gehörte Oliver Samwer zu seinen Studenten, der spätere Internetunternehmer.
Albach betreute Samwers Diplomarbeit - und unterstützte ihn danach finanziell. Der Gründer überzeugte den Professor, "ziemlich viel Geld" in sein Start-up Alando, das deutsche Ebay-Pendant, zu investieren, wie Albach im Gespräch mit dem Harvard Business manager sagt.
Ein kluger Schachzug des Jüngeren: Kurz nach Albachs Zusage rief ein Wagniskapitalgeber beim Professor an und erkundigte sich nach Samwers Leumund. Dass Albach berichten konnte, dass er ihm gerade Geld gegeben hatte, wirkte. Der Finanzinvestor stieg bei Samwer ein. Inzwischen wurde Alando von Ebay übernommen, Samwer hat etliche neue Firmen gegründet - und Albach ist bis heute Aktionär von Ebay. "Samwer hat ein untrügliches Gespür für den richtigen Zeitpunkt seiner Entscheidungen", sagt der damals 81-jährige Albach. "Das ist bewundernswert. Denn die Wissenschaft kann dies den Studierenden nicht vermitteln."
Es gebe keine Empfehlungen für das perfekte Investitions-, Verkaufs- oder Expansions-Timing. Mit diesen Themen hat sich Albach, Schüler von Erich Gutenberg, dem Begründer der modernen deutschen BWL, lange beschäftigt und ist darüber selbst zum Grandseigneur seines Fachs geworden: Mit der dynamischen Theorie der Unternehmung - mit Arbeiten zur Investitions- und Finanztheorie, zur Arbeitswissenschaft oder der Produktionsplanung.
Mann der Praxis
Seine Veröffentlichungen haben ihm etliche Mandate von Firmen und Organisationen eingebracht, etwa vom Europäischen Gerichtshof (zu Wettbewerbsfragen), von der Deutschen Telekom (zum Kostenrechnungssystem) und der Deutschen Bahn (zur Privatisierung).
Albachs Tätigkeit im Wissenschaftsrat Mitte der 70er Jahre hat seine Laufbahn besonders geprägt: Der Begriff der Bildungskatastrophe kursierte seit Jahren im Land, die Politik wollte gegensteuern. Der Rat erstellte ein Gutachten über Reformen im tertiären Bildungsbereich, das jedoch nie umgesetzt wurde. "Deshalb habe ich die Herausforderung angenommen, unsere Ideen selbst umzusetzen", sagt Albach.
Er ließ sich von der Universität Bonn beurlauben und engagierte sich auf Initiative der IHK Koblenz bei der Gründung der WHU, die in Vallendar nahebei sitzt. "Wissenschaftliche Grundlagen kombiniert mit Praxisorientierung" nennt der Wissenschaftler die Ausrichtung, "ergänzt um Internationalität und Persönlichkeitsbildung." Albach glaubt, dass es ungleich schwerer ist, sich international zu behaupten, als im Vergleich zu den deutschen Hochschulen gut abzuschneiden. Nach seinem Urteil ist es der WHU aber gelungen: "Wenn bedeutende internationale Universitäten unsere Studierenden am liebsten behalten würden, spricht das für sich."
Wegbegleiter und Freunde
Will Rogers
Mit dem Leitsatz des US-Komikers kann sich Horst Albach identifizieren: "I never met a man I did not like." Auch er komme mit jedermann aus. Allerdings habe er im Laufe der Jahre gelernt, gute von schlechten Managern zu unterscheiden.
Erhard Bouillon
Laut Albach ist der Jurist eine der besseren Führungskräfte. Bouillon war fast 20 Jahre Personalvorstand der Hoechst AG, bis 1997 Aufsichtsratschef. Er arbeitete häufiger mit Albach zusammen, weil dieser Seminare vor den Hoechst-Mitarbeitern hielt.
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Jaakko Honko
Der finnische Wissenschaftler beschäftigte sich Ende der 50er Jahre genau wie Albach mit der Analyse von Investitionsentscheidungen. Zusammen mit anderen Kollegen knüpften sie ein internationales Netzwerk freundschaftlicher wissenschaftlicher Beziehungen. Albach veröffentlichte Schriften in Helsinki, Honko wiederum wirkte mit bei der Gründung der Wirtschaftswissenschaftlichen Gesellschaft an der Humboldt-Universität.
Ziele und Visionen
Albach war stets bestrebt, praxisnah zu arbeiten. So hat er seine Erkenntnisse nicht nur Studierenden, sondern auch in Beiräten, Aufsichtsräten und hochkarätigen Kommissionen vorgetragen. 36 Jahre war Albach Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesminister für Wirtschaft, zwölf Jahre Beirat für Mittelstandsfragen im selben Haus. Fünf Jahre saß er im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
Auf Unternehmensseite hat er viele Jahre als Vorsitzender des Beirats der Deutschen Bahn gewirkt - und sich dafür eingesetzt, dass die Bahn mitsamt dem Schienennetz privatisiert würde. Am Ende kam es nicht so - trotzdem sind solche Aufgaben für Albach der Vorteil seines Berufs: "Man hat es in der Hand, wo man sich einbringen möchte."
Als Wissenschaftler ist er noch ausgesprochen aktiv: Er engagiert sich weiter in internationalen Forschungsprojekten, zudem unterrichtet er Manager in Weiterbildungen. Zudem wurde er zum Honorarprofessor der Handelshochschule Leipzig berufen. © 2012 Harvard Business Manager