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Die Bestimmung der "richtigen" Strategie erfordert einen guten Informationsstand Kontrollsystem und Managementstil müssen übereinstimmen

Ein Kontrollsystem "kontrolliert" nicht die Leistung innerhalb einer Organisation, ist aber bei richtigem Einsatz ein wichtiges Instrument in der Hand des Managers, um den Umfang der Kontrolle, die er tatsächlich ausübt, zu vergrößern. Kontrolle ist eine der wesentlichen Aufgaben eines Managers, und dazu steht ihm eine Reihe von Strategien zur Verfügung, unter denen er seine Wahl treffen kann. Von entscheidender Bedeutung ist es für ihn, diejenige Strategie auszuwählen, die der jeweiligen Situation und seinem Managementstil angemessen ist. Je besser Strategie und Stil zueinander passen, desto besser funktioniert die Organisation. In diesem Artikel berichten die Autoren über ihre neuesten Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet.
aus Harvard Business manager 3/1982

CORTLAND CAMMANN ist Forschungsleiter am Survey Research Center des Institute for Social Research der University of Michigan. In dieser Funktion leitete er langfristige Forschungsprojekte zu Kontroll- und Informationssystemen in Organisation nen und ihren Auswirkungen auf das Verhalten vor Managern und Mitarbeitern. DAVID A. NADLER, der seine Doktorarbeit über Organisationspsychologie schrieb, ist Assistenzprofessor an der Graduate School of Business der Columbia University.

Vor kurzem gaben die Boy Scouts of America bekannt, daß die Mitgliederzahlen, die sie von Ortsverbänden erhalten hatten, gefälscht worden waren. Als Reaktion auf den Druck durch einen nationalen Mitglieder-Werbefeldzug hatten Verantwortliche innerhalb der Organisation die Zahl der neuen Pfadfinder maßlos übertrieben. Zu ihrem Kummer fanden die Führer heraus, was andere Manager auch schon entdeckt hatten: Kontrollsysteme in Organisationen haben oft unbeabsichtigte Konsequenzen. Die Werbeaktion hatte die Mitglieder dazu veranlaßt, eine überhöhte Zahl von Neuzugängen zu melden, anstatt sie zu motivieren, tatsächlich mehr neue Mitglieder zu werben. Der Pfadfinder-Fall ist ein deutliches Beispiel für ein weitverbreitetes Problem. Organisationen wenden viel Geld, Zeit und Mühe für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Kontrollsystemen auf. Diese Systeme dienen dazu, einer Organisation zu ermöglichen, die Handlungen ihrer Mitglieder zu koordinieren und Probleme in einem frühen Stadium zu erkennen. Oft verringern diese Systeme aber den Umfang der Kontrolle. Wie kommt es dazu? Unsere Forschungsergebnisse und die anderer Wissenschaftler zeigen, daß es häufig daran liegt, wie Manager die Systeme benutzen. Die meisten Kontrollsysteme - Budget-, Managementinformations- und Finanzbuchhaltungssysteme eingeschlossen - sind nichts anderes als Meßinstrumente. Mit ihrer Hilfe werden in regelmäßigen Abständen Informationen über bestimmte Aspekte der Leistung der Organisation gesammelt. Die Systeme selbst können die Leistung der Organisation nicht direkt kontrollieren. Sie liefern vielmehr Informationen an die Manager, deren Aufgabe es ist, Kontrolle auszuüben. Wenn Manager adäquaten Gebrauch von diesen Informationen machen, funktioniert das Kontrollsystem. Wenn das nicht der Fall ist, kann das System unbeabsichtigte Nebeneffekte erzeugen. Es ist bezeichnend, daß Organisationen selten große Mühe darauf verwenden, Manager für die Benutzung der Kontrollsysteme zu trainieren. Statt dessen verwenden die meisten viel Zeit für die Entwicklung, Konstruktion, Verfeinerung und Verbesserung der technischen Aspekte ihrer Systeme. Das hat zur Folge, daß die Kontrollsysteme der Organisationen zwar ständig präziser, genauer und raffinierter werden, zwei Fragen aber übersehen werden: 1. Wie effektiv leistet das System (und die Art seiner Benutzung) das, was von ihm erwartet wird? 2. Wie kann das System besser eingesetzt werden? Forschungsvorhaben, die in der letzten Zeit in mehreren Organisationen durchgeführt wurden, haben einige Antworten auf diese Fragen geliefert. Erstens beeinflussen Kontrollsysteme die Art und Weise, in der Mitglieder der Organisation ihre Arbeit erledigen: Sie wenden Zeit und Mühe eher für diejenigen Gebiete auf, die von den Systemen abgedeckt werden. Zweitens hängt die Reaktion der Mitglieder auf Kontrollsysteme überwiegend von der Art und Weise ab, wie Manager die Systeme einsetzen. Drittens entwickeln Manager jeweils unterschiedliche Strategien für den Einsatz von Kontrollsystemen. Und schließlich hat jede Strategie gewisse Vor- und Nachteile. Nur wenn Manager verstehen, wie diese Systeme das Verhalten ihrer Mitarbeiter beeinflussen und welche Nebenwirkungen bei jeder Kontrollstrategie auftreten, können sie den effektiven Einsatz von Kontrollsystemen erlernen.

In diesem Artikel geht es vorwiegend darum, was Manager beachten sollten, wenn sie ein Kontrollsystem auswählen. Wir werden die verschiedenen Arten überprüfen, in denen Kontrollsysteme das Verhalten von Managern beeinflussen. Danach werden wir zwei wichtige Strategien für den Einsatz von Kontrollsystemen, die verschiedenen Fragen, die bei Auswahl eines bestimmten Kontrollstils in Betracht gezogen werden sollten, und die Auswirkungen, die die endgültige Entscheidung mit sich bringt, besprechen.

Einfluß auf Untergebene

Wenn ein Gebiet von einem Kontrollsystem abgedeckt wird, konzentrieren sich die Mitglieder einer Organisation darauf, ihre Leistung auf dem kontrollierten Gebiet zu verbessern. Es gibt drei Gründe für diese Kanalisierung ihrer Energien: 1. Die Kontrolle eines Aufgabengebiets zeigt an, daß das Topmanagement dieses Gebiet für wichtig und kontrollbedürftig hält. 2. Im allgemeinen verwenden Manager die Maßstäbe eines Kontrollsystems, um die Leistung von Mitarbeitern zu bewerten. Da Mitarbeiter meist der Ansicht sind, daß die Bewertung durch den Manager die Kompensation beeinflußt, neigen sie dazu, ihre Energien in die Kontrollgebiete zu lenken. 3. Für ein Mitglied der Organisation ist es leicht, Veränderungen seiner Leistungen zu erkennen, die mit dem Kontrollsystem gemessen werden. Falls sich seine Leistung verbessert, kann dies eine Quelle persönlicher Zufriedenheit sein. Abbildung 1 stellt exemplarisch dar, wie die Leistungskontrolle die Energie von Mitarbeitern kanalisiert. In zwei verschiedenen Organisationen die eine ist ein öffentliches Versorgungsunternehmen im Nordosten der USA, die andere eine Bank im mittleren Westen - wurden die Angestellten gebeten darzustellen, in welchem Umfang verschiedene Aufgabengebiete der Kontrolle unterlagen. Zu einem anderen Zeitpunkt wurden sie gefragt, wieviel Zeit und Mühe sie für das jeweilige Gebiet aufwenden. Wie sich aus dem Schaubild ablesen läßt, sieht das allgemeine Verhaltensmuster so aus, daß Leute um so mehr Zeit und Mühe für ein Gebiet aufwenden, je mehr sie wahrnehmen, daß es der Kontrolle unterliegt.

Auswirkungen von Kontrollsystemen

Offensichtlich entscheiden Kontrollsysteme darüber, wieviel Energie Mitarbeiter in ein Aufgabengebiet stecken. Aber wie wird diese Energie genutzt? Einerseits können Angestellte dazu motiviert werden, ihr Leistungsniveau anzuheben und damit einen höheren Output beziehungsweise eine bessere Arbeitsqualität zu erzielen. Andererseits können Kontrollsysteme die Ergebnisse hervorrufen, die wir in dem Pfadfinder- Beispiel gesehen haben. Dann verwenden Mitarbeiter ihre Energie auf Tarn- und Täuschungsmanöver, um das System auszutricksen. Anstatt sich voll einzusetzen, schrauben Angestellte oft die Leistungsziele so weit herunter, daß sie leicht erreicht werden können, manipulieren die Daten, so daß sie die erwünschten Resultate ergeben, und sabotieren sogar die Informationsbasis des Systems. Eine große Regierungsbehörde verlangte zum Beispiel von jedem Mitarbeiter, einen Vordruck auszufüllen und Rechenschaft darüber abzulegen, wie er seine Zeit (in 20-Minuten-Blöcken) genutzt hatte. Es war beabsichtigt, die Angestellten dazu zu motivieren, mit ihrer Zeit gut auszukommen und nützliche Informationen darüber zu liefern, wieviel Zeit sie für die verschiedenen Aufgaben verwandten. Die Ergebnisse fielen jedoch völlig anders als erwartet aus. Die Angestellten betrachteten das System als einen Versuch, ihr Leben und ihre Handlungen zu reglementieren. Die Arbeitsbögen dienten daher der allgemeinen Belustigung, anstatt zu einem nützlichen Hilfsmittel zu werden. An Freitagnachmittagen setzten sich die Angestellten in ihren Pausen zusammen und machten sich einen Spaß daraus herauzufinden, wer von ihnen die albernste Aktivitätenliste abfassen konnte. Diese Listen hatten selbstverständlich keinerlei Beziehung zu der tatsächlich geleisteten Arbeit. Das System motivierte die Mitarbeiter nicht dazu, ihre Leistungen zu steigern; im Gegenteil: Sie versuchten vielmehr, dem System ein Schnippchen zu schlagen.

Abbildung 2 faßt die Auswirkungen von Kontrollsystemen zusammen. Die Existenz von Leistungskontrollen in einem Gebiet beeinflußt das Verhalten von Angestellten, aber Leistungskontrollen sind nicht der einzige Faktor. Sie müssen von den Angestellten als annähernd genau empfunden und von den Managern umsichtig eingesetzt werden.

Kontrollstrategien

Ein Manager muß sich ernsthaft überlegen, wie er ein Kontrollsystem in einem bestimmten Gebiet einsetzt. Er muß die Konsequenzen seiner Handlungen für das Verhalten seiner Mitarbeiter, die er zu motivieren hat, in Betracht ziehen. Obwohl es viele Kontrollstrategien gibt, scheinen sich zwei wichtige Denkansätze - externe Kontrolle und interne Motivation - als besonders nützlich für viele Manager zu erweisen. Abbildung 3 zeigt, daß jede dieser Strategien ein anderes Verhalten des Managers erfordert; jede kann beabsichtigte oder unerwünschte Nebenwirkungen auf das Verhalten der Angestellten haben.

Externe Kontrolle

Diese Strategie beruht auf der Annahme, daß Mitarbeiter in bestimmten Situationen in erster Linie durch externe Belohnungen motiviert werden und von ihren Vorgesetzten kontrolliert werden müssen. Um das Kontrollsystem auf diese Weise einsetzen zu können, sind drei Schritte erforderlich. Erstens müssen die Ziele und Standards im Zusammenhang mit dem System relativ hoch gesetzt werden, um die Angestellten voll auszulasten und ihnen wenig Gelegenheit zur Nachlässigkeit zu geben. Zweitens müssen die Kontrollmaßnahmen so angelegt sein, daß sie absolut sicher sind, um Manipulationen zu verhindern. Drittens müssen Belohnungen direkt und ganz offen an die gemessene Leistung geknüpft sein, um sicherzustellen, daß die Mitarbeiter einen Anreiz haben, sich voll einzusetzen. Ein Beispiel für diesen Denkansatz der externen Kontrolle würde die Bewertung eines Managers allein nach der Leistung seines Profit Centers darstellen. Das Budget sieht einen relativ hohen Gewinn des Profit Centers vor und die Entlohnung des Managers ist in erster Linie und direkt an die Höhe des Gewinns geknüpft. Diese Strategie der externen Kontrolle kann verschiedene Auswirkungen haben. Einerseits werden die Mitarbeiter möglicherweise einen großen Teil ihrer Energie in die kontrollierten Gebiete lenken und sich große Mühe geben, ihre Standards zu erreichen, weil sie auf diese Weise Belohnungen erhalten können. Dort, wo das System sehr straff durchstrukturiert ist, wird das Kontrollnetz für das Verhalten der Mitarbeiter sehr engmaschig ausfallen. Andererseits können sich einige unerwünschte Nebenwirkungen einstellen. Erstens kann eine derartige Strategie die Mitglieder einer Organisation dazu motivieren, ihre meßbare Leistung zu verbessern, aber nicht, ihre Arbeit effektiver zu erledigen. Die Mitarbeiter werden gegenüber der Leistung eine Haltung an den Tag legen, bei der "eine gute Arbeitsleistung" bedeutet, nur die meßbare Arbeit gut durchzuführen. Wenn die Mitglieder der Organisation also ihre "Arbeitsleistung" dadurch herabsetzen können, daß sie Maße manipulieren, falsche Informationen liefern, absichtlich niedrige Ziele und Standards aufstellen oder das System sabotieren, werden sie es mit aller Wahrscheinlichkeit auch tun. Zweitens kann eine derartige Strategie dazu führen, daß Energien in die verkehrte Richtung gelenkt werden. Mitarbeiter werden ihre ganze Kraft auf die Aktivität richten, die gemessen wird, während sie andere Aktivitäten vernachlässigen, die zwar nicht gemessen werden, aber ebenfalls wesentlich sind. Wenn beispielsweise alle Energie darauf verwendet wird, den Umsatz zu erhöhen, bleibt möglicherweise entsprechend weniger Energie für den Kundendienst übrig. In diesem Fall besteht das Ergebnis in einer kurzfristigen Maximierung in dem kontrollierten Gebiet mit möglicherweise negativen Langzeiteffekten in den nicht überwachten Gebieten. Drittens kann eine derartige Strategie zur Reduzierung der Weitergabe wichtiger Informationen, vor allem negativer, führen. Wenn Fortschritt auf bestimmten Gebieten und Belohnung direkt gekoppelt sind, können Menschen veranlaßt werden, Informationen zurückzuhalten, die den gewünschten Standards nicht entsprechen. Sie werden dann negative Informationen nicht weitergeben, die jedoch Manager auf höherer Ebene für ihre Entscheidungsfindung benötigen. Schließlich kann eine derartige Strategie zu einer übertriebenen Vorsicht führen, wenn nämlich die gesamte Energie nur noch auf die Rechtfertigung aller Handlungen verwandt wird. Mitarbeiter können dadurch dazu gebracht werden sicherzustellen, daß die Meßergebnisse entweder weiterhin gut aussehen (dadurch, daß sie nie mehr ein Risiko eingehen), oder "sicherheitshalber" ganze Aktenordner voll Informationen zu sammeln, die einen Abfall der gemessenen Leistung rechtfertigen. In beiden Fällen wird Energie dazu verwandt, mit dem System zurechtzukommen, anstatt sie für das höhere Ziel einzusetzen, die Organisation insgesamt leistungsfähiger zu machen.

Interne Motivation

Bei dieser Strategie geht das Management davon aus, daß Mitarbeiter dadurch motiviert werden können, daß man sie auf die Ziele der Organisation verpflichtet und mit den erforderlichen Aufgaben beschäftigt. Das Management versucht, den Angestellten durch das Gefühl, etwas vollbracht zu haben und dafür anerkannt zu werden, sowie durch den Stolz auf eine gute Arbeitsleistung Anreize zu geben. Diese Strategie der internen Motivation wird umgesetzt, indem das System in einer ganz anderen Weise als bei der Strategie der externen Kontrolle eingesetzt wird. Erstens werden zwar Arbeitsziele aufgestellt, aber das wichtigste Merkmal dieses Denkansatzes besteht darin, die Ziele partizipativ aufzustellen, nicht aber möglichst hoch anzusetzen. Den Mitarbeitern, die dafür verantwortlich sind, daß die Ziele erreicht werden, wird Einfluß auf den Inhalt dieser Ziele gewährt. Zweitens werden die Maßnahmen eher für das gemeinsame Identifizieren von Problemen und deren Lösung eingesetzt als für Bestrafung oder Zuschreibung von Schuld. Wenn einige Leistungsindikatoren sich in eine unerwünschte Richtung zu bewegen beginnen, rollen nicht gleich Köpfe. Vielmehr werden sich dann die Manager und Mitarbeiter zusammensetzen, um die Gründe für die negative Entwicklung festzustellen und Lösungen für die entstandenen Probleme zu entwickeln. Auf diese Weise übernimmt das System eine "Frühwarnfunktion" im Hinblick auf auftretende Probleme und setzt den Entscheidungsprozeß in Gang, bevor diese Probleme das Stadium einer Krise erreichen. Schließlich sind Belohnungen zwar an die Leistung geknüpft, aber sie sind nicht an eine oder zwei bestimmte meßbare Leistungen gebunden. Die Belohnungsstruktur betont eher die Verantwortlichkeit für die gesamte berufliche Leistung, von der nur ein Teil meßbar ist. Das Kontrollsystem wird damit im allgemeinen problembezogen und zukunftsorientiert. Das System hilft dem Manager dabei, zukünftige Aktivitäten der Mitarbeiter zu beeinflussen, anstatt vergangene Handlungen einzelner Personen zu bestrafen. Diese Strategie der internen Motivation hat andere Auswirkungen. Sie kann zu einer großen Bindung des einzelnen Mitarbeiters an die Ziele der Organisation führen, weil er an deren Aufstellung partizipiert und sich dafür verantwortlich fühlt, daß sie auch erreicht werden. Dies kann größere Anstrengungen im Hinblick auf die erfolgreiche Durchführung der Aufgaben hervorbringen. Dadurch, daß die Arbeitsleistung zunimmt und der einzelne seinen Fortschritt anhand der Ergebnisse des Kontrollsystems überprüfen kann, kann diese Strategie ebenfalls die Zufriedenheit der Angestellten erhöhen, die sich bei einer effektiv erledigten Arbeit von selbst einstellt. Die offene Natur dieses Kontrollsystems und die eher allgemeine als spezifische Verantwortlichkeit, die es mit sich bringt, bedeuten also, daß es wenig Anreiz für Mitarbeiter gibt, das System auszutricksen oder sich abwehrend zu verhalten. Noch wichtiger ist, daß es zur Weitergabe wesentlicher Informationen, vor allem negativer Informationen, ermutigt und sie belohnt. Gleichzeitig kann eine derartige Strategie auch unerwünschte Auswirkungen haben. Der vergleichsweise offene Charakter dieses Denkansatzes bedeutet, daß Manager weniger Kontrolle über das Verhalten ihrer Mitarbeiter haben. Weil der Manager die totale Kontrolle über spezifische Ziele aufgibt, werden Mitarbeiter möglicherweise weniger ehrgeizige Standards anstreben. Weil darüberhinaus die Informationen, die vom Kontrollsystem geliefert werden, der Problemlösung, nicht aber der Bewertung dienen, wird es schwierig, sie als Grundlage für die Verteilung von Belohnungen zu benutzen. Der Manager muß also auf einen Teil des Wertes verzichten, der im Denkansatz der externen Kontrolle liegt, um die interne Motivation der Mitarbeiter aufzubauen. Schließlich werden einzelne aufgrund ihres Arbeitsstils und ihrer Persönlichkeit nicht auf den Partizipationsprozeß eingehen. Diese Leute können im Rahmen dieser Strategie nicht dazu motiviert werden, gute Leistungen zu erbringen.

Die Auswahl von Strategien

Keine der beiden besprochenen Strategien ist notwendigerweise die "richtige" für alle Fälle. Da beide gewisse Vor- und Nachteile haben, muß ein Manager bewußt und umsichtig den Denkansatz auswählen, der am besten für seine jeweilige Situation geeignet ist. Wenn er seine Wahl trifft, muß er folgende vier Punkte in Betracht ziehen:

1. Übereinstimmung zwischen gewählter Strategie
und Managementstil

Bei der Auswahl einer Kontrollstrategie muß eine Führungskraft möglicherweise entweder ihren Stil oder die Strategie so modifizieren, daß das Management konsistent bleibt. Wenn beispielsweise ein Manager im allgemeinen alle wichtigen Entscheidungen ohne Beteiligung seiner Mitarbeiter trifft, wäre es ein Fehler, wenn er die Strategie der internen Motivation einsetzen würde. Die Mitarbeiter sind daran gewöhnt, der Führung des Managers zu folgen. Sie sind möglicherweise nicht in der Lage, von sich aus realistische Ziele aufzustellen; oder, was noch schlimmer wäre, sie könnten ihren Einfluß dazu benutzen, leicht erreichbare Ziele aufzustellen, von denen sie bereits wissen, daß sie zu bewältigen sind. Nur im Kontext eines überwiegend partizipativen Verhältnisses zwischen Manager und Mitarbeitern hat die interne Motivation als Kontrollstrategie eine Erfolgschance.

2. Klima, Struktur und Belohnungssystem der Organisation

Um am wirksamsten zu sein, sollte eine Kontrollstrategie mit den anderen Faktoren innerhalb der Organisation übereinstimmen, die das Verhalten von Mitarbeitern bestimmen. Ein straffes Kontrollsystem in einer Organisation, die normalerweise den Angestellten einen großen Ermessensspielraum und viel Freiheit läßt, würde zum Beispiel bald zu Schwierigkeiten führen.

3. Zuverlässigkeit der Maßstäbe für die Arbeitsleistung

In manchen Fällen spiegeln die gemessenen Ergebnisse eines Kontrollsystems die Arbeitsleistung genau wider. In anderen Fällen zeigen diese Ergebnisse nicht in adäquater Weise an, wie gut die Arbeit getan wird. Wenn das Kontrollsystem ein unzuverlässiger Maßstab der Arbeitsleistung ist, ist es schwierig, die Strategie einer straffen externen Kontrolle durchzusetzen, weil die Verwendung von ungenauen oder unzuverlässigen Meßwerten als Grundlage für die Bewertung und Belohnung katastrophale Folgen haben könnte. In dieser Situation ist eine lockere und mehr intern orientierte Kontrollstrategie innerhalb der Organisation erforderlich.

4. Individuelle Unterschiede zwischen den Mitarbeitern

Weil Menschen von verschiedenen Dingen motiviert werden, können sie auf dieselbe Organisationsstruktur unterschiedlich reagieren. Die Auswahl der Kontrollstrategie setzt voraus, daß der Manager etwas über den Charakter seiner Mitarbeiter weiß. Menschen, die durch die Arbeit selbst motiviert werden (das ist etwa bei vielen Spezialisten der Fall), reagieren im allgemeinen weniger positiv auf eine Strategie der externen Kontrolle als diejenigen, deren Primärmotivation in einer finanziellen Belohnung oder Beförderung besteht. Ein Manager muß auch in Betracht ziehen, wie sehr die Angestellten nach Beteiligung an der Entscheidungsfindung streben. Einige reagieren positiv auf die Gelegenheit zur Partizipation, während andere nicht wünschen, stärker einbezogen zu werden oder Verantwortung zu übernehmen. Daher sollte der Charakter der Betroffenen als Faktor bei der Wahl der Kontrollstrategie Berücksichtigung finden.

Voraussetzung: guter Informationsstand

Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als ob ein Manager zu viele Faktoren berücksichtigen muß, um eine effektive Wahl treffen zu können. Ein Weg zur Überwindung dieses Problems besteht darin, daß er die Schlüsselentscheidungen und bedeutsamsten Fragen in einer Sequenz darstellt.

Zunächst muß er sich selbst eine Reihe von Fragen beantworten (Abbildung 4). Welchen Managementstil benutzt er im allgemeinen? In welcher Art von Organisation arbeitet er? Wie genau und zuverlässig sind seine wichtigen Leistungsmaßstäbe? Schließlich: Wie sehr wünschen seine Mitarbeiter, am Entscheidungsprozeß zu partizipieren? Danach muß der Manager die Antworten auf diese Fragen systematisch bewerten, um entscheiden zu können, welche Strategie am angemessensten ist. Eine Möglichkeit, dies zu tun, besteht in der Verwendung eines Entscheidungsbaums (Abbildung 5). Wie sich aus dieser Abbildung ergibt, führen verschiedene Kombinationen von Antworten auf die Schlüsselfragen den Manager zu verschiedenen Strategien, die wiederum verschiedene Fragen im Hinblick auf ihre Durchsetzung aufwerfen. Zusätzlich zu den Entscheidungsschritten, die in Abbildung 5 dargestellt sind, muß der Manager gleichfalls die Nebenwirkungen der verschiedenen Strategien in Betracht ziehen, die sich für die jeweilige Situation ergeben können. Es ist offensichtlich, daß er die angestrebten und die unerwünschten Nebenwirkungen (dargestellt in Abbildung 3), die ein Kontrollsystem auf eine bestimmte Gruppe von Mitarbeitern haben kann, gegeneinander abwägen muß. Wenn es beispielsweise kaum Chancen gibt, dem System ein Schnippchen zu schlagen, und die Kosten der noch möglichen Sabotierungsversuche für die Organisation niedrig sind, dürfte die Strategie der externen Kontrolle eher angebracht sein. In den meisten Organisationen sind jedoch die potentiellen Kosten dieser Tricks und Manöver hoch. Deshalb sollten Manager die Strategie der internen Motivation ernsthaft in Betracht ziehen, wenn vor allem der grundlegende Entscheidungsfindungsprozeß ergibt, daß die Beteiligung der Mitarbeiter machbar ist. Copyright: © 1982 President and Fellows of Harvard College; ursprünglich veröffentlicht in "Harvard Business Review" unter dem Titel "Fit control Systems to your managerialstyle"

Cortland Cammann
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