Öko-Investor Vinod Khosla Der grüne Milliardär

Vinod Khosla, 2007 in Menlo Park, Kalifornien
Foto: Martin Klimek / ZUMA Wire / imago imagesMit Vinod Khosla sprach Alison Berkley Wagonfeld, Leiterin des Harvard Business School Research Center im Silicon Valley, Kalifornien.
Harvard Business manager: Unterscheidet sich Ihr Blick auf die momentane Wirtschaftskrise von dem anderer Menschen?
Vinod Khosla: Ökonomen sind sich nicht bewusst, mit welcher Wucht eine Innovation bestehende Prognosen über den Haufen werfen kann. Neue Technologien können aus Vorhersagen schnell Altpapier machen. Wir investieren in viele dieser Technologien, und einige von ihnen werden sicher erfolgreich sein. Ich orientiere mich in meinem Leben an einem Ausspruch des Computerpioniers Alan Kay: "Der beste Weg, die Zukunft vorherzusagen, ist, sie zu erfinden."
Die Technologien, an denen wir arbeiten, haben das Potenzial, die Preise für Energie zu beeinflussen - und darüber Geopolitik und Wohlstand, ganz zu schweigen von der Erderwärmung. Aber die Wirkung wird nicht sofort eintreten. Viele dieser Technologien befinden sich noch im Erprobungsstadium und müssen große Hürden nehmen, bevor sie einsatzbereit sind. Vermutlich haben die Ökonomen recht mit ihrer Einschätzung, dass die Energiepreise - zumindest kurzfristig - weiter ansteigen werden. Aber es ist unmöglich vorherzusagen, welche bahnbrechenden technischen Ereignisse das zukünftige Wirtschaftsleben beeinflussen werden.
Auf welche Technologien setzen Sie die größten Hoffnungen?
Die technische Qualität von Solarzellen für Hausdächer wird sicher stetig wachsen. Aber wirklich begeistert bin ich davon, dass Sonnenenergie bei den Kosten für Einzelhaushalte durchaus mit denen von Kohle- und Erdgaskraftwerken mithalten kann. Wir investieren viel Geld in Biokraftstoffe, und ich verfolge diese Investments mit großer Zuversicht, da ihre Finanz- und Markteinführungsrisiken niedrig sind.
Wir suchen nach Technologien, die den Menschen nicht abverlangen, ihre Fahr-, Transport- und Heizgewohnheiten zu ändern. Innerhalb von 25 Jahren, so glaube ich, wird die Welt imstande sein, die meisten konventionellen Brennstoffe zu ersetzen - durch Biomasse, die nicht als Nahrungsmittel verwendbar ist, durch Abfall, Erdwärme, Sonnen- oder Windenergie. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Biokraftstoffe für einen Dollar pro Gallone (rund 3,8 Liter - Anm. d. Red.) produziert werden können, vermutlich sogar noch viel billiger.
So ließen sich beispielsweise in den USA auf jener Anbaufläche, die momentan brachliegt oder deren Ernte in den Export geht, mehr als genug Pflanzen anbauen, um den Biospritbedarf des ganzen Landes zu decken. Wenn wir in der Biomasseproduktion Innovationen anstoßen, werden wir - so habe ich errechnet - keinerlei zusätzliche Ackerflächen benötigen, um unseren gesamten Kraftstoffbedarf zu decken. Dabei spreche ich von zellulosehaltigen Biokraftstoffen, etwa Holzabfälle oder bei der Wintergründüngung entstehende Pflanzen - vielleicht eines Tages auch Algen -, aber nicht von Getreide, das letztendlich nicht den Energiebedarf der ganzen Welt decken kann.
Was glauben Sie: Wird die derzeitige Weltfinanzsituation die Entwicklung wichtiger Technologien verzögern?
Darüber mache ich mir in der Tat Sorgen. Energie- und Umweltunternehmen benötigen zahlreiche Folgefinanzierungen. Aber zu der aktuellen Situation auf den Kapitalmärkten kommt auch noch die Risikoaversion, die wir momentan bei anderen Investoren auf diesem Gebiet beobachten - und das gibt nun wirklich Grund zur Sorge.
Gedanken mache ich mir auch um die Wirtschaftspolitik in den USA und anderen Staaten. Die altbekannten Feinde alternativer Energien - die Kohle- und Ölkonzerne - wehren sich mit allen Mitteln gegen den Wandel. Doch die Politik bewegt sich Schritt für Schritt in die richtige Richtung, und die etablierten Branchen werden sich anpassen müssen. Das ist eine globale Notwendigkeit.
Die Welt erlebt derzeit ein ungewöhnliches Zusammenspiel naturbedingter, geopolitischer und technologischer Faktoren, die alle in die gleiche Richtung weisen: weg von fossilen Kraftstoffen, hin zu alternativen Energien. Ich bin überzeugt, dass es in Energie und Umweltschutz viele erfolgreiche Innovationen geben wird, und nicht nur bei den Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten. Außerdem werden sich traditionelle Energiekonzerne aktiv beteiligen - als Investoren und bei der Umsetzung.
Natürlich ist da auch immer diese Sorge, dass unser Unternehmen mit seinen Investments komplett danebenliegt. Es gibt eben keine historisch gewachsenen Regeln, die besagen, was funktioniert und was nicht.
Aber wir glauben, dass die Freiheit zu scheitern uns die Freiheit gibt, erfolgreich zu sein. Wir sind bereit, Risiken einzugehen, weil wir überall aufregende Chancen sehen. Ich bin Technikoptimist. Vieles von dem, was wir uns vorstellen können, können wir auch erfinden.
Dieser Artikel erschien erstmals in der Januar-Ausgabe 2009 des Harvard Business managers.