Ignoranz, Apokalypse oder der dritte Weg?

Antonia Götsch, Chefredakteurin
Foto: Alexander Hagmann"Die Zeiten sind schlecht", sagte der Schulleiter an unserem ersten Tag an der Journalistenschule. "Nur einer oder eine von euch wird es in den Beruf schaffen. Auf alle anderen würde ich keinen Cent setzen." Wir lachten. Aber der Satz wirkte nach. Ich hatte Albträume vor dem Abschluss. Mein erstes Gehalt verhandelte ich miserabel. Ich hatte das Gefühl, dankbar sein zu müssen, dass mir überhaupt jemand etwas zutraute.
Dabei wären wir alle eine Wette wert gewesen. Nicht nur menschlich, sondern auch wirtschaftlich. Meine Mitschülerinnen und Mitschüler sind heute Führungskräfte, Reporter, Buchautoren. Mein Schulleiter hätte eine schöne Rendite erzielt, hätte er nur an uns geglaubt.
Nicht nur während meiner Ausbildung, auch in Unternehmen habe ich vor allem zwei Reaktionen auf Veränderungsdruck erlebt: Ignoranz (vielleicht geht das Internet ja wieder weg) oder Apokalypse (wir werden alle untergehen). Dabei gibt es mindestens einen dritten Weg: die Veränderung gestalten. Etablierte Unternehmen und Branchen sind nicht per se verdammt – vor allem dann nicht, wenn sich Führungskräfte auf Stärken wie gewachsene Kundenbeziehungen besinnen, wie unser Schwerpunkt ab Seite 21 zeigt.
16 Jahre nach meinem Start an der Journalistenschule saß ich wieder in einem Klassenraum. Unser Direktor eröffnete die Weiterbildung mit folgenden Worten: "Wir haben euch ausgewählt, weil wir an euch glauben. Ihr könnt und ihr werdet diese Branche verändern." Ich sah mich um – und spürte, welchen Unterschied Worte machen.