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Was ist ... Gamification?

Von Michael Leitl
aus Harvard Business manager 10/2011

Innerhalb von vier Jahren schaffte es der Spielehersteller Zynga, 232 Millionen monatlich aktive Nutzer für seine vor allem auf Facebook verfügbaren Spiele zu interessieren. Das Besondere: Diese Spieler sind keine Computerfreaks und Dauerdaddler, sondern stammen aus der Mitte der Gesellschaft. Gut gemachte Spiele sind so erfolgreich, dass sie Menschen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und Kulturkreisen fesseln können.

Dieser Erfolg hat Wissenschaftler und Marketingexperten neugierig gemacht: Sie analysierten die Erfolgsmechanismen eines Spiels, um sie anschließend auf andere Tätigkeiten im Job, in der Werbung oder in der Lehre zu übertragen. Das ist der Grundgedanke der Gamification.

Ein sehr bekanntes Beispiel für den Versuch, die vordergründig typischen Spielelemente wie Punkte, Level, Auszeichnungen einzusetzen, um eine Dienstleistung zu fördern, ist die Online-Plattform Foursquare. Dort kann man per Handy melden, wenn man sein Lieblingscafé, den Flughafen oder irgendeinen anderen Ort auf der Welt besucht. Jeder dieser Check-ins gibt Punkte, wer fünf verschiedene Flughäfen besucht, bekommt das Label "Jetsetter". Wer 30-mal pro Monat irgendwo eincheckt, wird "Superuser". Den Unternehmen soll das Instrument der Kundenbindung dienen und die Käufer und Gäste motivieren, öfter mal vorbeizuschauen.

Sebastian Deterding, Spielforscher an der Universität Hamburg, hält Foursquare für ein misslungenes Beispiel für Gamification. Er argumentiert, dass das Wesen eines guten Spiels drei Bestandteile umfasst: eine spannende Herausforderung, Relevanz der zu erledigenden Aufgaben sowie die Freiheit, im Spiel jenseits der Regeln zu experimentieren. Ein gutes Spiel, so Deterding, liefert nicht einfach Belohnungen in Form von Punkten und Auszeichnungen. Außerdem muss ein Spiel Lernerfolge bieten. Denn Spaß ist laut dem kalifornischen Spielentwickler Raph Koster nur ein anderes Wort für Lernen. Bei vielen existierenden Portalen und Marketingaktionen, die Spielelemente enthalten, ist es mit dem Bestehen von Herausforderungen nicht weit her.

Anders sieht das bei auf ein persönliches Interesse zugeschnittenen Angeboten wie Nike+ aus. Dort kann man sich mit iPod und einem mit passendem Chip ausgestatteten Laufschuh online mit Freunden messen. Auch hier finden sich Spielelemente wieder - aber sie sind verknüpft mit realer Erfahrung, persönlichem Interesse (also Relevanz für den Nutzer) und dem Trainingseffekt. Die zehn Kilometer fünf Minuten schneller zu laufen kann eine ordentliche Herausforderung sein - die man im Erfolgsfall auch gern seiner Community mitteilt.

Richtig eingesetzt, können spielerische Elemente also tatsächlich die Motivation steigern. Das funktioniert auch am Arbeitsplatz, wie Stanford-Professor Byron Reeves herausfand. Ein wesentliches Element dabei sei deutliches und sofortiges Feedback nach kleinen Projekterfolgen - und nicht erst am Jahresende in Form eines Bonus. Das entspricht der Strategie in Spielen, eine Herausforderung in viele kleine Teile (Level) zu splitten - und das Erreichen einer neuen Stufe mit viel Trara, Punkten und Auszeichnungen zu feiern.

So entstehen laufend Lernerfolge, weil jedes Level schwieriger wird. Einen sehenswerten Videovortrag zu den Erfolgsmechanismen gibt es unter http://bit.ly/hbm-game

© 2011 Harvard Business Manager

Die Beiträge der Reihe "Was ist …" finden Sie online unter: www.harvardbusinessmanager.de/wasist

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