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Kündigungsgespräche Empathisch feuern

Niemand entlässt gern Mitarbeiter. Es gibt auch kein Patentrezept dafür, wie man Menschen richtig kündigt. Führungskräfte können sich jedoch gut auf eine solche Situation vorbereiten, indem sie sich fair und anständig verhalten und typische Fallen vermeiden.

aus Harvard Business manager 5/2020
Foto: Michal Bednarski

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Nach fast einem Jahrzehnt kontinuierlichen Wachstums bekam die Fluglinie JetBlue Anfang 2007 massive Probleme. Ein Eissturm am Valentinstag hatte mehrere Hundert Passagiere auf dem Rollfeld des New Yorker Kennedy International Airport über Stunden festgehalten und zugleich gravierende Schwachstellen in der Betriebsstruktur der Airline enthüllt. Der Board von JetBlue entschied, dass David Neeleman, der brillante Gründer und größte Anteilseigner von JetBlue, nicht mehr der richtige Mann an der Spitze des Unternehmens war. Es wurde ein neuer CEO gebraucht.

Als damals leitendes Mitglied des Boards hatte ich die Aufgabe, David die Botschaft zu überbringen. Zusammen mit einem anderen Mitglied ging ich in sein Büro und teilte ihm unverblümt mit, dass wir uns entschieden hatten, ihn zu ersetzen. Wir erläuterten kurz unsere Beweggründe. Um den Schlag etwas abzumildern, baten wir ihn, als Vorsitzender des Boards zu bleiben. David reagierte verärgert und aufgebracht. Er sagte, wir würden einen riesigen Fehler machen. Wir hörten ihm zu, blieben jedoch hart. Nachdem er alles gesagt hatte, gingen wir direkt dazu über, die nächsten Schritte zu besprechen – zum Beispiel wie der Führungswechsel öffentlich bekannt gegeben werden sollte und so weiter.

Jetzt, ein gutes Jahrzehnt später, ist David nach wie vor davon überzeugt, dass wir damals die falsche Entscheidung getroffen haben. Gleichzeitig verbindet uns beide weiterhin eine freundschaftliche professionelle Beziehung. Für mich ist er bis heute der größte Luftfahrtunternehmer aller Zeiten, und ich habe privat investiert, als er in seinem Geburtsland Brasilien die Billigfluglinie Azul gründete.

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Als langjährige Führungskraft, als Vorstandsmitglied und Investor bei mehreren Hundert Start-ups musste ich im Laufe der Jahre viele Dutzend Menschen entlassen – und war immer bestrebt, es respektvoll zu tun, ohne ihre Würde und Selbstachtung zu verletzen. Häufig ist nicht einmal unsere persönliche Beziehung in die Brüche gegangen. Ich leite in Stanford den Leadershipkurs "Schwierige Gespräche führen", und einige meiner dortigen Studenten behaupten scherzhaft, es ginge dabei hauptsächlich darum, wie man Menschen ihren Rauswurf auf schonende Art und Weise nahebringt. Weil wissenschaftliche Studien zu diesem Thema dünn gesät sind, basiert mein Unterricht primär auf eigenen Erfahrungen.

Natürlich mache ich mir immer noch Gedanken, bevor ich jemandem sage, dass er oder sie gehen muss. Aber mit der Zeit bin ich besser darin geworden, und ich wünsche mir, dass andere Chefs ebenfalls lernen, gut mit dieser so wichtigen wie unterschätzten Managementaufgabe umzugehen. Die besten Führungskräfte sind ebenso geschickt darin, Leute aus Jobs hinauszubefördern, für die sie nicht geeignet sind, wie darin, aufstrebende Talente an die richtigen Positionen zu setzen. Es ist schlichtweg unmöglich, bei der Rekrutierung keine Fehler zu machen. Und selbst wenn keine Fehler gemacht wurden – Unternehmen verändern sich, Rollen wechseln, und es kann sich herausstellen, dass selbst hoch qualifizierte Leute sich irgendwie nicht einfügen. Und obwohl es sicher etwas anderes ist, jemanden aufgrund einer Reorganisation oder aus betrieblichen Gründen freizustellen als ihn wegen mangelhafter Leistungen zu feuern, gelten viele der Tipps in diesem Artikel für beide Situationen.

Das Geheimnis effektiver und zugleich humaner Entlassungen besteht darin, dass man sich auf die Art und Weise konzentriert, wie die schlechte Nachricht vermittelt wird. Jede Situation ist anders, und ganz gleich was Ihre Personalverantwortlichen oder Anwälte Ihnen erzählen: Es gibt kein Patentrezept dafür, wie man jemanden an die Luft setzt. Hinter viel zu vielen Kündigungskonzepten steht die Angst, verklagt zu werden. Stattdessen sollten wir alle Menschen fair und mit Empathie behandeln.

1. Warten Sie nicht auf einen konkreten Anlass

Gute Führungskräfte sind taktvoll und empathisch, was allerdings häufig dazu führt, dass sie unangenehme Entscheidungen immer wieder auf die lange Bank schieben und weniger guten Mitarbeitern wiederholt eine letzte Chance geben. Etliche Chefs warten auf einen konkreten Regelverstoß oder eine Grenzüberschreitung, um die Kündigung ganz klar begründen zu können. Tappen Sie nicht in diese Falle. Um erstklassige Teams aufzubauen, muss man das Unternehmen und alle Mitarbeiter ständig im Blick haben: Wer kann in eine verantwortungsvollere Rolle hineinwachsen, und wessen Entwicklung der Kompetenzen entspricht nicht den Anforderungen? Dokumentieren Sie kleinere Leistungsschwächen, und erstellen Sie eine Trendlinie. Versuchen Sie, das Problem mit Coaching, Trainings und anderen Methoden in den Griff zu bekommen. Aber verschließen Sie nicht die Augen, wenn die mangelnde Performance und Einstellung eines Mitarbeiters das restliche Team anzustecken drohen. Gibt es keine Verbesserung, müssen Sie aktiv werden.

In ihrem Buch "Radical Candor" benennt Kim Scott, ehemaliges Fakultätsmitglied an der Apple University und Managerin bei Google, vier Lügen, die Manager sich selbst auftischen, um Mitarbeiter nicht entlassen zu müssen. Erstens: Die Leistung der Person wird sich schon steigern. Zweitens: Irgendjemanden in der Position zu haben ist besser als niemanden, solange wir nach Ersatz suchen. Drittens: Es ist klüger, die Person in eine andere Abteilung zu versetzen, als sie zu feuern. Viertens: Die Entlassung wird sich negativ auf das Betriebsklima auswirken. "Die meisten Manager warten viel zu lange, weil sie sich selbst einreden, es sei unnötig", schreibt Scott. Dem kann ich mich nur anschließen: Machen Sie sich nichts vor – und handeln Sie zeitnah.

2. Schonen Sie nicht Freunde und Verwandte

Ein Grund, warum Unternehmen Richtlinien gegen Vetternwirtschaft haben, ist die Schwierigkeit, angestellte Freunde oder Verwandte wieder zu entlassen. Außerdem kommt es nicht selten vor, dass Menschen am Arbeitsplatz Freundschaften schließen, auch diese Beziehungen können Personalveränderungen massiv erschweren. Gleichwohl darf es keine heiligen Kühe geben. Gute Führungskräfte trennen Privates und Berufliches. Sie weisen ihnen nahestehende Personen immer wieder deutlich darauf hin, dass sie sie bei Minderleistung nicht schützen können. Und wenn es nötig ist, agieren sie genauso entschieden, wie sie es bei jedem anderen Mitarbeiter tun würden.

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