Wofür brauchen wir eigentlich noch Büros? Ich habe gemerkt, dass mir unsere Büros vor allem als Ort für Inspiration und Austausch fehlen. Es ist jetzt an uns Führungskräften, diese neuen Räume der Zusammenarbeit zu gestalten.
Ich hätte nie gedacht, dass Räume und Zwischenräume eine so große Rolle in meinem Leben spielen. Der Weg mit dem Fahrrad ins Büro, bei dem mir immer gute Ideen kommen. Die Gespräche auf dem Flur, der Austausch an der Kaffeemaschine. Als ich das erste Mal wieder in meinem Yogastudio auf der Matte lag, spürte ich, wie sehr mir auch in der Freizeit Räume gefehlt haben. Schon bevor die Stunde begann, fühlte ich mich ruhiger, konzentrierte mich alleine auf mich und meine Bewegungen. Das ist mir zu Hause kaum gelungen.
Reizarmer Ausschnitt der Lebenswelt
"Der Mensch stößt im Außenraum auf Fragen, die ihm sonst nicht in den Sinn gekommen wären und die ihn motivieren, sich mit weniger Ich-bezogenen Themen zu befassen ", sagt die Psychologin Antje Flade. "Das Homeoffice ist im Vergleich dazu ein reizarmer Ausschnitt der Lebenswelt." Sie bringt es auf den Punkt. Ich vermisse Reize.
Ich habe im Homeoffice erfolgreich Aufgaben abgearbeitet, aber das Gefühl von Verbundenheit und kreative Impulse fehlten. Vergangene Woche haben wir uns zum ersten Teamworkshop seit März getroffen: Wir haben den größten Raum genutzt, gelüftet und Abstand gehalten. Abends fühlten wir uns müde, aber beschwingt. Allein ich habe mir Dutzende Zettel mit Ideen aufgeschrieben, auch noch in den zwei Tagen nach dem Workshop. Ich fühlte mich richtiggehend beflügelt.
Das Büro muss stärker Inspirationsquelle sein
Genau dafür brauchen wir weiter Büros, bin ich überzeugt. Das neue Normal wird anders aussehen - schließlich haben wir gemeinsam erfahren, wie gut vieles von zu Hause aus klappt. Ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Büro kommen, wird damit kein Automatismus mehr sein wie das morgendliche Zähneputzen, sondern eine bewusste Entscheidung.
"Das Büro muss künftig stärker Inspirationsquelle sein. Neue Ideen werden im Homeoffice nicht frei Haus geliefert, sie entstehen im zufälligen - vielleicht auch inszenierten – Miteinander und gemeinsamen Lernen", schreibt der Fraunhofer-Forscher Stefan Rief, der an seinem Institut seit Jahren zur Arbeitsplatzgestaltung forscht. Er hat für uns einen großartigen und tiefgehenden Überblick über das Büro der Zukunft verfasst.
Bei allen Chancen, die das mobile Arbeiten bietet und bei allem Sparpotential: Wir Führungskräfte müssen auch darauf achten, die Unternehmenskultur nicht in Scherben zu legen. Es ist verständlich und richtig, dass Unternehmen in der Krise versuchen, Mietkosten statt Personal einzusparen. Aber Zusammenarbeit braucht gemeinsame Räume. Und wir sind gefragt, diese nun klug zu gestalten.
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