Wettbewerb Five Forces gegen Blue Ocean
Sind Sie ein Jünger des Five-Forces-Modells von Michael Porter oder ein Fan der Blue-Ocean-Strategie von Chan Kim und Renée Mauborgne? Versuchen Sie eher, bestehende Märkte zu erobern oder neue zu entwickeln? Beide Strategien haben ihre Anhänger. Doch unseres Wissens hat sie noch niemand mithilfe einer empirischen Studie verglichen.
Genau das haben wir getan. Wir haben dabei eine Forschungsmethode benutzt, die der US-amerikanische Statistiker und theoretische Ökonom Harold Hotelling in einem wegweisenden Artikel bereits 1929 veröffentlicht hat. Seine Idee: Solange sich in einem bestimmten Markt Gewinne erzielen lassen, werden mehr und mehr Anbieter auftauchen; schließlich wird ein Sättigungspunkt erreicht, an dem alle Unternehmen höchstens die Gewinnschwelle gerade überschreiten oder sogar darunter bleiben. Analysieren Sie so eine ganze Branche, können Sie herausfinden, ob eine Innovationsstrategie oder eine Wettbewerbsstrategie langfristig erfolgreicher war.
Die Ozean-Strategie fordert, einen neuen Markt zu schaffen. Zieht dieser langfristig immer mehr Kunden an, sollten die Profite der Branche wachsen, und die Zahl der Anbieter sollte steigen. In diesem Fall war das Abstecken neuer Märkte ein Erfolg. Schrumpfen dagegen die Gewinne der Firmen, sobald die Zahl der Anbieter steigt, war der Raum für neue Marktchancen begrenzt oder die Eintrittsbarrieren für Wettbewerber waren sehr niedrig. Wie auch immer: Manager, die sich auf Wettbewerbsstrategien konzentrieren würden, wären dann erfolgreicher als diejenigen, die blaue Ozeane erobern.
Wir haben diese Methode auf den niederländischen Einzelhandel angewandt. (Eine einzelne Studie ist zwar noch kein allgemeingültiger Beweis, doch die Branche ist ein guter Testfall, da hier in den vergangenen zwei Jahrzehnten starker Wettbewerb herrschte und die Branche sehr innovativ war.) Das häufige Einführen neuer Marken und der weitverbreitete Einsatz von Differenzierungsstrategien haben den Markt stark segmentiert, Segmente vertieft und verbreitert sowie stagnierende wie das der Baumärkte erneuert.
Wir haben die Gewinne und die Zahl der Anbieter für 41 Einzelhandelssegmente (Lebensmittel, Schuhe et cetera) über 19 Jahre hinweg (1982 bis 2000) untersucht. Im Jahr 2000 machten die untersuchten Shops 83 Prozent aller niederländischen Einzelhandelsgeschäfte und rund 90 Prozent der Umsätze und der Arbeitsplätze aus. Wir waren überrascht, als wir Hinweise fanden, dass die Ozean-Strategie nachhaltig ist. Bei mehr als der Hälfte der Marktsegmente korrelierten der durchschnittliche Gewinn pro Unternehmen und die Zahl der Firmen positiv . Noch wichtiger: Als wir externe Effekte wie Konjunkturzyklen herausrechneten, entdeckten wir, dass der durchschnittliche Unternehmensgewinn und die Anbieterzahl in diesem Zeitraum parallel stiegen und fielen.
Natürlich wäre es dumm, Wettbewerbsstrategien komplett zu verwerfen. Unsere Studie zeigt, dass Wettbewerb schließlich die Gewinne durch Innovationen auffrisst. Aber das ist ein langsamer Prozess, der rund 15 Jahre währt. Das legt nahe, dass es länger als eine halbe Generation dauert, bevor die Ozean-Strategie der Wettbewerbsstrategie weichen muss.
All dies lässt den Schluss zu, dass Unternehmen beide Strategien miteinander verbinden sollten. Zum Beispiel könnten Manager den Rückgang der Gewinne in einem etablierten Markt durch eine effektive Wettbewerbsstrategie verlangsamen. Sie würden so Mittel erhalten, um in die Eroberung neuer Ozeane zu investieren; sie könnten damit ihre Chancen verbessern, einen unberührten Markt mit vielen Kunden zu entdecken.
ANDREW BURKE
ist Professor an der britischen Cranfield School of Management und leitet dort das Bettany Centre for Entrepreneurial Performance and Economics.
ANDRÉ VAN STEL
ist Wissenschaftler bei EIM Business and Policy Research, einer Forschungsorganisation in den Niederlanden. Daneben ist er Senior Research Fellow an der Cranfield School of Management.
ROY THURIK
ist Professor für Wirtschaft und Unternehmertum an der Erasmus University in Rotterdam.