Personalmanager brauchen dringend neue Hilfsmittel zum Einstellen von Mitarbeitern. Die vorhandenen, wie etwa unstrukturierte Bewerbungsgespräche, Persönlichkeitstests und persönliche Empfehlungen, sind wenig effektiv. Der neueste Trend sind nun datenwissenschaftlich getriebene Algorithmen zur Suche und Bewertung von Jobkandidaten. Doch diese Entwicklung ist so vielversprechend wie besorgniserregend.
Nach meiner Zählung gibt es derzeit mehr als 100 Anbieter, die solche Instrumente entwickeln und an Unternehmen verkaufen. Unglücklicherweise ist die Datenwissenschaft – die noch immer in den Kinderschuhen steckt, wenn es um das Anwerben und Einstellen geht – noch nicht das Allheilmittel, auf das die Arbeitgeber hoffen.
Die Anbieter dieser neuen Tools versprechen Hilfe, um die Bedeutung sozialer Vorurteile bei Einstellungen zu reduzieren. Und tatsächlich können Algorithmen dazu beitragen, gute Jobkandidaten zu finden, die früher aussortiert worden wären – zum Beispiel weil sie nicht über eine bestimmte Ausbildung verfügen oder nicht aus einem bestimmten sozialen Milieu stammen. Solche Hilfsmittel können allerdings auch den Einsatz von prädiktiven Variablen begünstigen, die beunruhigend wirken könnten.
Die meisten Datenwissenschaftler scheinen sehr wenig über den Kontext von Arbeit zu wissen. Daher ergeben ihre Werkzeuge häufig überhaupt keinen Sinn. So konstruieren zum Beispiel erstaunlich viele von ihnen ihre Modelle, indem sie einfach die Eigenschaften der besten Mitarbeiter im Unternehmen betrachten und dann schauen, welche Bewerber über die gleichen Attribute verfügen. Sie nutzen alles, was leicht zu messen ist: Gesichtsausdruck, Wortwahl, Kommentare in sozialen Medien und so weiter. Doch sie versäumen es zu untersuchen, ob diese Eigenschaften bei leistungsstarken und leistungsschwachen Mitarbeitern wirklich unterschiedlich ausfallen. Daher ist der Nutzen dieser Modelle begrenzt.
Angesichts der Praxis, Daten aus sozialen Medien oder aus den von Bewerbern besuchten Websites abzurufen, ist man auch schnell beim Thema Datenschutz. Natürlich sind die Informationen legal zugänglich. Doch die Personen, die diese Beiträge erstellt haben, haben gewiss weder gewollt noch zugestimmt, dass diese für solche Zwecke verwendet werden. Und davon einmal abgesehen: Ist es fair, dass etwas, was Sie als junger Student ins Netz gestellt haben, womöglich 20 Jahre später darüber entscheidet, welches Urteil ein Einstellungsalgorithmus über Sie fällt?