Worauf es bei einem effektiven und effizienten Einsatz der IDV ankommt Die zehn Erfolgsfaktoren der individuellen Datenverarbeitung
DR. WOLFGANG ZILLESSEN ist Projektleiter im Geschäftsbereich Strategisches Informationsmanagement bei Arthur D. Little International, Wiesbaden.
Unter "individueller Datenverarbeitung" (IDV) wird die eigenverantwortliche Nutzung von DV- Leistungen durch Mitarbeiter aus Fach- und Stabsabteilungen ("Endbenutzer") verstanden. Geeignete Hardware-/Software-Konfigurationen ermöglichen es den einzelnen Benutzern, selbständig bestimmte Probleme mit DV-Unterstützung zu lösen. Soll der Einsatz der IDV zweckmäßig und erfolgreich vonstatten gehen, dann muß ihre zielgerichtete Einführung vor allem drei Bedingungen genügen: * Die Nutzung der IDV-Werkzeuge dient den tatsächlichen Unternehmensbedürfnissen; * die IDV bildet einen integralen Bestandteil der langfristig angelegten und an der Unternehmensstrategie ausgerichteten Informations-infrastruktur; * die erheblichen, häufig wenig transparenten Investitionen in die IDV werden ausdrücklich auf einen effizienten und effektiven Einsatz der Mittel hin gesteuert. Im folgenden sollen jene zehn wichtigen Faktoren vorgestellt werden, von deren Beachtung der Erfolg des IDV-Einsatzes abhängt.
1. Strikte Zielorientierung
Der Einsatz der IDV muß als Teil einer langfristig orientierten strategischen Informationsplanung bewußt positioniert werden. Deutlich muß erarbeitet werden, welche Rolle der IDV im Rahmen einer umfassenden Anwendungs- und Daten-Architektur zukommen soll. Wenn die Nutzung der Informationstechnologie insbesondere im Bereich der PC und Workstations - sowie deren Anbindung an Abteilungs- und Großrechner - auf die Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmt sein soll, dann sollte die IDV-Strategie eindeutig klären: * Zu welchen Zwecken erscheint der Einsatz der IDV im Unternehmen sinnvoll? * Welche Einsatzkategorien kommen in Frage, zum Beispiel Auswertung zentraler Datenbestände und deren lÜbertragung auf PC, Planungs- und Simulationsrechnungen mit PC auf Basis zentraler historischer Datenbestände, Erstellen von Notizen auf PC und deren Verteilung über zentrale Electronic-Mail-Systeme, Generierung von Graphiken und anderen Präsentationsunterlagen auf PC, Erstellen technischer Dokumentationen, das Einfügen von Konstruktionszeichnungen sowie deren Weitergabe zur Gestaltung professioneller Publikationen (sogenanntes Desktop Publishing)? * Wo liegen die Grenzen des IDV-Einsatzes, insbesondere in Bezug auf die professionelle Anwendungsentwicklung? * Wie wird das Service-Konzept für Endbenutzer (Hardware-/Software-Auswahl, Beratung, laufende Unterstützung und Ausbildung) aussehen? * Für welche Funktionsbereiche im Unternehmen sind bestimmte Einsatzkategorien besonders geeignet und wie werden diese Bereiche an den IDV-Einsatz herangeführt? Eine solche Strategie muß angesichts der hohen Innovationsrate der zugrunde liegenden Technologie mindestens jährlich aktualisiert und wegen ihrer großen Bedeutung von der Unternehmensleitung befürwortet werden. Konkrete Ausführungsrichtlinien, zum Beispiel über zugelassene Hardware-/Software-Konfigurationen sind unerläßlich. Informationen über das Serviceangebot für Endbenutzer sind breit zu streuen; sie vereinfachen die Durchsetzung von unternehmensweit definierten Standards.
2. Einbindung in die strategische
Informationsplanung
Der Einsatz der IDV macht nur Sinn, wenn die zugrunde liegenden Informationssysteme in Ordnung sind. Das aber heißt: Die Basisarchitekturen der DV, * die Anwendungsarchitektur, * die Datenarchitektur, * die technologische Architektur und * die organisatorische Architektur müssen sauber geplant und strukturiert sein (siehe Abbildung 1). Nur wenn die DV-Landschaft eindeutig dem Unternehmensziel entspricht, ist gewährleistet, daß auch die IDV zu seiner Erfüllung effektiv und effizient beiträgt. Dies bedeutet vor allem, daß denkbare IDV-Anwendungen im Rahmen eines Anwendungsportfolios konkret auf den verschiedenen Managementebenen positioniert werden müssen. So lassen sich Werkzeuge der IDV teilweise auf der Kontroll-, wesentlich intensiver jedoch auf der Planungs- und Strategieebene nutzen, zum Beispiel bei Absatzplanung und Vertriebssteuerung oder Produktionsplanung (siehe in Abbildung 2 die grau markierten Flächen). Hingegen finden sich auf der operativen Ebene, zum Beispiel Auftragsabwicklung oder Lagerverwaltung, meist nur wenige Ansatzpunkte für einen zweckgerechten Einsatz. Die Datenarchitektur muß sicherstellen, daß IDV- Anwendern existierende Datenbestände bereitgestellt werden können. Häufig stellt sich jedoch heraus, daß sich die bestehenden Datenstrukturen für diesen Zweck nicht eignen, eine Reorganisation der Daten ist dann erforderlich. Bei der technologischen Architektur müssen Kompatibilitätsfragen geregelt werden. Die für IDV-Zwecke eingesetzten Rechner (häufig PC oder kleinere Abteilungsrechner) müssen mit der professionellen Datenverarbeitung kommunizieren können. Wird eine solche Integration versäumt, sind isolierte (Insel-)Lösungen unausweichlich. Schließlich muß bei der organisatorischen Architektur darauf geachtet werden, daß die erforderlichen Endbenutzer-Services bereitstehen.
3. Steuerung und Kontrolle
des IDV-Einsatzes
IDV kommt dem natürlichen Hang des Menschen nach Individualität und Unabhängigkeit sehr entgegen. Doch während das Streben nach Selbständigkeit beispielsweise bei der kreativen Auswertung von existierenden Datenbeständen durchaus zu begrüßen ist, müssen der Individualität deutliche Grenzen gesetzt werden, wenn es etwa darum geht, * Hardware-/Software-Konfigurationen auszuwählen,* professionelle Problemstellungen mit IDV-Werkzeugen zu lösen oder * bereits existierende Datenbestände neu zu erfassen. Auch bei der IDV muß durch bestimmte Steuerungsund Kontrollmechanismen verhindert werden, daß inkompatible Hardware-/Software-Lösungen, inkonsistente Datenbestände oder Mehrfachentwicklungen für gleichgeartete Probleme die Aussagefähigkeit der gesamten Informationsverarbeitung untergraben. Daher reicht es nicht, wenn zentrale Stellen lediglich Einsatzempfehlungen für bestimmte getestete Hardware-/Software-Konfigurationen formulieren. Sie müssen vielmehr durch entsprechende Kontrollen dafür sorgen, daß die Empfehlungen tatsächlich Gehör finden. Besonders wichtig ist daher, * die Wege zur Beschaffung von Hard- und Software daraufhin zu überwachen, daß sie mit definierten Standards harmonieren, * die rechtzeitige Ausbildung und Nachschulung der jeweiligen Endbenutzer sicherzustellen und * in bestimmten Zeitabständen eine Bestandsaufnahme dazu vorzunehmen, wie IDV-Werkzeuge genutzt werden (Art und Weise sowie Intensität der Nutzung). Eine Analyse der IDV-Aktivitäten im Unternehmen hat vor allem zu prüfen: * Wo und für welchen Zweck werden IDV-Werkzeuge eingesetzt beziehungsweise ist ihr Einsatz vorgesehen? Welche Funktionsbereiche wenden im Unternehmen IDV-Werkzeuge besonders aktiv an? * Welche Einsatzkategorien der IDV werden verstärkt genutzt? * Wie ist es um den Ausbildungsstand von IDV-Nutzern bestellt und inwieweit wäre es erforderlich, das Ausbildungsangebot zu überarbeiten?
Ohne eine derartige Transparenz läßt sich die IDV- Nutzung nicht aktiv steuern, können erforderliche Servicekapazitäten nicht rechtzeitig geplant und kann Fehlentwicklungen nicht frühzeitig gegengesteuert werden. Dabei kommt es darauf an, die jeweiligen Fachabteilungs-Mitarbeiter als mündige Endbenutzer zu betrachten und sie von der Notwendigkeit dieser Kontroll- und Steuerungsmaßnahmen offen zu überzeugen. Abbildung 3 faßt diese Überlegungen noch einmal in Form einer generellen Trendaussage zusammen: Den zunehmenden Möglichkeiten der dezentralen Nutzung von DV-Leistungen sind verstärkte Kontrollund Steuerungsmechanismen entgegenzustellen.
4. Ein Information-Center-Konzept
Um eine IDV-Strategie erfolgreich umzusetzen, kommt es entscheidend auf die Bildung einer auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittenen Serviceorganisation an. Ein solcher Servicebereich, häufig als Information Center bezeichnet, muß die Endbenutzer beim IDV-Einsatz unterstützen und die erforderlichen Kontrollund Steuerungsaktivitäten durchführen. Idee und Aufgabeninhalte eines Information Center (IC) werden recht unterschiedlich verstanden. Zudem ist der IC-Ansatz bei einigen D V- Leitern stark in Mißkredit geraten aufgrund des häufig entstehenden Eindrucks, ein solches IC müsse zwangsläufig organisatorisch getrennt von der gewachsenen ORG/DV- Struktur angesiedelt sein oder brauche unbedingt eigene, unabhängige Computerleistung. Die tatsächlich wichtigen Aufgaben eines Information Center sind indessen: * Entwicklung, Aktualisierung und Abstimmung von IDV-Strategien und deren Umsetzung in konkrete Pläne; * Einleitung von Koordinations-, Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen zur Lenkung des IDV-Einsatzes; *DAuswahl, Test und Empfehlung von Hardware-/ Software-Konfigurationen für den IDV-Einsat ; *DBeratung von Endbenutzern über Einsatzmöglichkeiten von IDV-Werkzeugen mit Blick auf konkrete Problemstellugen;* * Erarbeitung eines Ausbildungskonzeptes und Vermittlung von Schulungsleistungen; * hardware-/softwaretechnische Unterstützung beim laufenden Einsatz von IDV-Werkzeugen (sogenannter Hotline-Service); * Bereitstellung von Daten aus professionellen Anwendungen in speziell aufbereiteten Endbenutzer-Datenbanken. Anwendungen mit Hilfe von IDV-Werkzeugen zu entwickeln gehört hingegen nicht zu den Aufgaben eines Information Center, auch wenn diese Praxis heute weit verbreitet ist. Denn diese Werkzeuge unterliegen einem schnellen technologischen Wandel, und häufig fehlt es ihnen an der erforderlichen Stabilität und Robustheit gegenüber Benutzerfehlern. Darüber hinaus kann es nicht Sinn der IC-Idee sein, eine "Quick & Dirty"-Konkurrenz zur professionellen Systementwicklung aufzubauen. Ein Information Center mit intensiver Programmiertätigkeit sähe sich vermutlich nach einem recht produktiven Beginn noch stärker als die eigentliche Systementwicklung überfordert vom Maintenance-Aufwand. Eine Vielzahl unzufriedener Benutzer bliebe zurück, weil gerade im IDV-Bereich Anwendungen stattfinden, die schnell sich ändernden Anforderungen unterliegen; dem IC aber mangelt es meistens an der Einbindung in professionelle Entwicklungsumgebungen mit Werkzeugen wie Projektmanagement, Prototyping, Phasenkonzept und Design- Dokumentation. Ebenso sollte vermieden werden, daß das IC sich zu sehr mit technischen Detailfragen beschäftigt. Wenn PC oder Netzwerke nicht korrekt arbeiten oder Softwarepakete Fehler enthalten, dann müssen diese Probleme an den jeweiligen Hersteller zurückgespielt werden. Unternehmen sollten ihr IC nicht zum "Do-it- Yourself'-Laden oder zur Bastelwerkstatt degenerieren lassen. Hinsichtlich der aufbauorganisatorischen Struktur eines IC sind mehrere Alternativen denkbar. Sie hängen nicht zuletzt von den Bedürfnissen des jeweiligen Unternehmens und der existierenden IDV-Organisation ab; eine mögliche Aufgabenstruktur zeigt Abbildung 4. Soll ein IC funktionieren und die ihm zugedachten Aufgaben erfüllen, müssen ihm die erforderliche Kompetenz und Verantwortung auch tatsächlich übertragen werden. Eine zu starke und halbherzige Verteilung von IC-Aufgaben über verschiedene Abteilungen einer bestehenden DV-Organisation hinweg hemmt seine Effektivität ebenso wie seine Reaktionsgeschwindigkeit. So erweist es sich in der Praxis als zweckmäßig, das Information Center neben Systementwicklung und Produktionsbetrieb als weitere Säule unter einheitlicher Verantwortung des DV-Leiters anzusiedeln. Wird das IC hingegen als Bereich innerhalb der Systementwicklung definiert, so ist zu erwarten, daß bei Kapazitätsengpässen die Prioritäten stets zugunsten der professionellen Anwendungsentwicklung gesetzt werden. Die oft nur wenige Tage beanspruchenden IC-Aktivitäten, etwa für die Bereitstellung von Datenbeständen, würden dann vermutlich irgendwelchen umfangreicheren Prestigeprojekten geopfert. Im übrigen ist die stark arbeitsteilige, an Phasenkonzepten orientierte Tätigkeit von Systementwicklung und angrenzenden Bereichen für die Erarbeitung professioneller Anwendungen wichtig. Zur schnellen Bereitstellung von Daten aus bereits existierenden operativen Systemen ist sie jedoch meist zu aufwendig und zu langsam.
5. Wirtschaftlichkeit
Kosten-Nutzen-Analysen für den Einsatz von IDV- Werkzeugen stellen heute sicherlich eine besondere Herausforderung für die Informatik dar. Die Kosten der IDV sind oft schwer prognostizierbar und in der Praxis in vielen unterschiedlichen Kostenarten und Kostenstellen-Budgets versteckt. Sicherlich bestehen sie nicht nur aus den reinen Beschaffungskosten für Hardware und Software. Auf der anderen Seite ist der Nutzen dieser Werkzeuge vor ihrem Einsatz kaum abzuschätzen, vor allem aus folgenden Gründen: * Gerade die individuelle Kreativität des einzelnen Endbenutzers entscheidet über den Erfolg der IDV; diese Kreativität jedoch ist ex ante schwierig, wenn überhaupt prognostizierbar. * Endbenutzer kennen die Einsatzmöglichkeiten von IDV-Werkzeugen zu Beginn kaum und können daher auch die Nutzenpotentiale nicht gleich richtig einschätzen. * Der Nutzen der IDV besteht sehr häufig in der Verfügbarkeit besserer Informationen, ein Vorteil, der sich nur unter Zuhilfenahme unsicherer Annahmen quantifizieren läßt. Bei einer Kosten-Nutzen-Betrachtung des IDV- Einsatzes ist es in erster Linie wichtig, den Anwendern und deren Vorgesetzten alle Kostenbestandteile offen aufzuzeigen. Letztlich müssen die Benutzer (und nicht die DV-Funktion im Unternehmen) über die Effizienz und Effektivität einer IDV-Anwendung entscheiden und diese Entscheidung verantworten. Die wichtigsten Kostenelemente einer IDV-Anwendung sind: * Hardware-/Softwarekosten, einschließlich jährlicher Wartungsgebühren; diese Kosten sollten wegen des schnellen technologischen Wandels maximal über einen Zeitraum von zwei Jahren verteilt werden. * Kommunikations-/Netzwerkkosten; in einem größeren Unternehmen ist der Einsatz der IDV in der Regel nur sinnvoll bei einer Anbindung von Arbeitsplatzrechnern an zentrale Computer-Ressourcen. * Ausbildungskosten; die Ausbildung und Einarbeitung von Endbenutzern in EDV-gestützte Arbeitsmittel stellt in den meisten Fällen die größte Investition dar. Der Verlauf der Lernkurve eines Benutzers ist für einen effizienten Werkzeug-Einsatz entscheidend. * Supportkosten; um IDV zielorientiert einführen zu können, ist eine umfassende Beratung und laufende Unterstützung der Benutzer durch Mitarbeiter des Information Center oder Benutzerservice erforderlich. Die so entstehenden Kosten sollten offen ausgewiesen und unbedingt an die entsprechenden Benutzer weiterbelastet werden. Auf der Nutzenseite der IDV kann im wesentlichen zwischen zwei Nutzenarten unterschieden werden, die allerdings in vielen Fällen kombiniert auftreten: Automation bislang manuell durchgeführter, regelmäßig wiederkehrender Tätigkeiten wie beispielsweise der monatlichen Durchführung von Planungsrechnungen oder Soll-Ist-Vergleichen. Es ergeben sich deutliche Zeitersparnisse, die im Sinne eines Rationalisierungseffektes rechenbar sind. Oft werden diese eingesparten Zeiten auch dafür genutzt, die Aufgabenerfüllung qualitativ zu verbessern oder neue Aufgaben zu übernehmen. Daher lassen sich eine Reihe von Arbeitsplätzen bestimmen, bei denen ein Arbeitsplatzrechner die normale Büroausstattung ergänzen sollte. Verbesserung der Qualität der Informationsbereitstellung durch flexible Auswertung und Aggregation von Daten am Arbeitsplatz. Ob die verbesserte Informationsqualität tatsächlich zu besseren Entscheidungen und damit zu einer gestärkten Wettbewerbsposition des Unternehmens führt, hängt von vielen weiteren Faktoren ab. Um derartige IDV-Anwendungen beurteilen zu können, muß geklärt werden, ob ein Beitrag zur Erreichung von bestimmten Abteilungs-, Bereichsoder Unternehmenszielen plausibel erscheint.
Neben den potentiellen Nutzen- und Kostenelementen gibt es Einflußfaktoren, die die Effizienz einer IDV-Anwendung wesentlich beeinflussen: * Existenz eines formalen Weges zur Beschaffung von IDV-Werkzeugen, auf dem insbesondere die Einhaltung von Standards überwacht wird; * intensive Beratung und offene Aufklärung der Benutzer über die Einsatzmöglichkeiten der IDV; * Vorliegen eines dynamischen Ausbildungskonzepts, um die Benutzer rasch an die Werkzeuge heranzuführen und die Einarbeitungszeiten kurz zu gestalten.
6. Dynamisches Ausbildungskonzept
Für den Erfolg der IDV hat eine geeignete und effektive Qualifizierung der Anwender große Bedeutung. Ausbildung erweist sich bei der Einführung der IDV als größter Kostenfaktor. Bislang beschäftigten sich vornehmlich geschulte DV-Spezialisten mit Datenverarbeitung, jetzt aber muß eine breite Know-how- Basis geschaffen werden.
Die Ausbildung sollte dabei nicht nur auf eine fachbezogene Schulung für konkrete Softwarepakete abstellen, sondern auch aufklären über die grundsätzlichen Einsatzmöglichkeiten der IDV und ihre Einordnung in eine umfassende IV-Strategie. Nur so können Endbenutzer Probleme tatsächlich lösen und klar verstehen, wo die Grenzen zwischen IDV und professioneller Anwendungsentwicklung liegen. Insgesamt scheint ein vierphasiges Ausbildungskonzept zweckgerecht: 1. Einführungsschulung: Einsatzmöglichkeiten, konzeptionelle Rahmenbedingungen und Grenzen der IDV; 2. Werkzeugschulung: Ausbildung für die im Unternehmen empfohlenen Softwarepakete; 3. Nachschulung: Nach einer Einarbeitungsphase folgt eine systematische Vertiefungs- oder Nachschulung; 4. Workshops: Erfahrungsaustausch zwischen geübten Benutzern über realisierte Anwendungen, Probleme und Grenzen der IDV. Um eine erfolgreiche und zielgerichtete Ausbildung zu gewährleisten, sollten die folgenden Hinweise berücksichtigt werden: * Ausbildung nur im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Einsatz von IDV-Werkzeugen; eine dynamische Kapazitätsplanung ist unerläßlich. * Durchführung der konkreten Werkzeug-Schulung mit externen Schulungsinstituten; das Unternehmen selbst sollte sich auf die Konzeption der Schulung sowie auf Einführungsveranstaltungen und Know-how- Transfer konzentrieren und die zeitraubende, sich häufig wiederholende Schulung konkreter Softwarepakete externen Anbietern überlassen. * Verfügbarkeit von Einarbeitungszeit sowie von intensiver Beratung und Betreuung von Benutzern unmittelbar nach einer Schulung, um die Initialphase einer Lernkurve möglichst kurz und effektiv zu gestalten. * Keine Vermittlung von überflüssigem Grundlagenwissen zur EDV; Bits und Bytes sowie Basis-Kenntnisse über die Grundrechenarten des dualen Zahlensystems tragen nicht zur zielorientierten Nutzung von IDV-Werkzeugen bei.
7. Einbindung in die professionelle
Systementwicklung
Grundsätzlich sollten IDV-Werkzeuge nicht unmittelbar für die Entwicklung professioneller Anwendungen genutzt werden, denn häufig lassen sie es an der notwendigen Robustheit fehlen und unterliegen einem schnellen technologischen Wandel. Auf der anderen Seite sollten die professionellen Systementwickler über grundlegende Kenntnisse zu den Einsatzmöglichkeiten der IDV verfügen. So können bereits in den ersten Phasen eines Projektes jene Anforderungen identifiziert werden, die sich schnell ändern und typischerweise einen hohen Wartungsaufwand nach sich ziehen. Hier kann also schon beim Erstellen des Konzepts entschieden werden, ob die Rolle des professionellen Systems an bestimmten Stellen, beispielsweise bei der Aufbereitung von Daten für individuelle Auswertungen, enden soll. Das frühzeitige Einbinden der IDV-Idee in die Konzeption neuer Systeme läßt sich auch durch organisatorische Maßnahmen unterstützen. So kann es sehr hilfreich sein, das Information Center in der ersten Projektphase grundsätzlich zu beteiligen. Letztlich läuft die Forderung, schon bei der Konzeption neuer Systeme die Einsatzmöglichkeiten der IDV vorzusehen, darauf hinaus, eine prinzipielle Verteilung der Aufgaben zwischen professionellen Systemen und IDV-Werkzeugen festzulegen (Abbildung 5).
8. Bereitstellung von Daten
Ziel jeder Art von Informationsverarbeitung muß es sein, Daten in einem konsistenten, das heißt widerspruchsfreien Zustand über das gesamte Unternehmen hinweg zu verwalten und eindeutige Informationen für die Prozesse der Entscheidungsfindung bereitzustellen. Für die IDV folgt daraus: Daten, die bereits an einer Stelle im Unternehmen EDV-gestützt verwaltet werden, dürfen nicht noch ein zusätzliches Mal isoliert erfaßt werden. Nahezu zwangsläufig müssen daher in einem Unternehmen mit bereits existierender EDV- Landschaft die Mehrzahl der Arbeitsplatzrechner nach relativ kurzer Zeit an Großrechner angebunden werden. Nur so lassen sich zentral verwaltete Datenbestände auch lokal sinnvoll nutzen. Sollten zentrale Datenbestände nicht unmittelbar verwendbar sein, so müssen sie entweder neu strukturiert oder am Ursprungsort qualitativ verbessert werden. Nur auf diese Weise kann die IDV zu konsistenten, mit professionell entwickelten Anwendungen vergleichbaren Auswertungsergebnissen führen. Die konkrete Bereitstellung der Daten ist dann eine der wichtigsten Aufgaben eines Information Center. Dabei ist gleichzeitig zu dokumentieren, für wen, wo, für welchen Zweck und in welcher Häufigkeit Datenbestände zur Verfügung gestellt werden. Nur so sind rechtzeitig unangenehme Rückwirkungen aus einer späteren Veränderung operativer Systeme auf die IDV zu verhindern. Daneben ist dieser Verwendungsnachweis auch unerläßlich aus Gründen der Datensicherheit. Schließlich gehört zur Bereitstellung von Datenbeständen für die individuelle Verwendung auch, daß Endbenutzer nicht unmittelbar auf operative Datenbestände zugreifen dürfen. Daten werden in speziellen Endbenutzer-Datenbanken auf Zentral-, Abteilungsund/oder Arbeitsplatzrechnern verfügbar gehalten, je nachdem wieviele Benutzer an der Verwendung der Daten interessiert sind. Die Gründe hierfür sind: * Abwehr unkontrollierter Manipulationsmöglichkeiten in operativen Datenbeständen, * Trennung rechenzeit-intensiver IDV-Anwendungen von professionellen Dialog-Applikationen, * Notwendigkeit zur Strukturierung und Aggregation von Daten für IDV-Anwendungen und * Bedarf nach Daten zu exakt definierten Zeitpunkten.
9. Benutzerfreundliche Werkzeuge
Die Forderung nach Benutzerfreundlichkeit mag im ersten Moment überflüssig erscheinen. Tatsächlich verlangt jedoch ein Großteil der heute angebotenen Endbenutzer-Werkzeuge noch einen sehr hohen Lern- und Einarbeitungsaufwand. Dieser paßt so gar nicht zu den in Werbeprospekten gemachten Versprechen. Dabei stellt für neue Benutzer insbesondere der Umgang mit dem nach wie vor am weitesten verbreiteten PC-Betriebssystem MS/DOS eine besondere Herausforderung dar. Ziel eines Information Center muß es daher sein, möglichst einfache, menü- oder mausgesteuerte Softwarepakete vorzuschlagen und den Benutzer soweit wie möglich vom Betriebssystem fernzuhalten - das nicht etwa deshalb, weil der Benutzer diesem intellektuell nicht gewachsen wäre, sondern weil gute Betriebssystemkenntnisse lange Einarbeitungszeiten erfordern, zur Lösung der Problemstellungen am einzelnen Arbeitsplatz jedoch wenig beitragen. Daher sind auch all jene Schulungsprogramme ineffizient, die erst einmal mit einer mehrtägigen Einführung in PC-Betriebssysteme beginnen. Bei der Einführung von IDV-Werkzeugen, zum Beispiel Tabellenkalkulationsprogrammen, Datenbanksystemen oder Text- und Graphik-Software, ist in vielen Fällen noch mit einer Einarbeitungszeit des Benutzers von mehreren Wochen zu rechnen. Werden zusätzlich Kommunikationsprogramme eingesetzt, die Arbeitsplatzrechner mit Abteilungs- oder größeren Rechnern verbinden, so kann diese Einarbeitungsphase noch erheblich länger sein. Aus diesem Grunde ist bei der Auswahl und Empfehlung von Softwarepaketen für den betrieblichen Alltag unbedingt nach dem Kriterium zu verfahren, wie intensiv sie später auch tatsächlich genutzt werden können. Dort jedenfalls, wo Softwarepakete nur ein- oder zweimal im Monat für wenige Stunden zur Anwendung kommen, aber einen Einarbeitungsaufwand von einigen Wochen erfordern, kann die Nutzung kaum effizient sein. Für ein Information Center ist es daher wichtig, den Endanwendern Softwarepakete mit Blick auf die anschließende Nutzungsintensität zu empfehlen und nicht sämtlichen Benutzerkreisen dieselbe Empfehlung zu geben. Für Benutzer, die nur alle 14 Tage für wenige Stunden mit IDV-Werkzeugen arbeiten können, gibt es nach wie vor nur ein sehr eng begrenztes Softwareangebot. Darüber hinaus ist aufgrund der beachtlichen Einarbeitungszeit anzuraten, an einer Softwareempfehlung in einem Unternehmen solange wie möglich festzuhalten, damit die Know-how-Investition gesichert bleibt.
10. Berücksichtigung von
Grenzbereichen
In vielen Unternehmen wird übersehen, daß der Einsatz von Arbeitsplatzrechnern - insbesondere PC - für professionell zu entwickelnde Anwendungen nichts mehr mit IDV zu tun hat. Denn in solchen Fällen finden Eigenverantwortung und Selbständigkeit des Endbenutzers ihre Grenzen - hier ist dann klassische Projektarbeit gefragt, in der phasenweise und zumeist arbeitsteilig Konzepte erarbeitet, Anwendungen strukturiert und entwickelt sowie komplette Informationssysteme eingeführt werden. Besondere Grenzbereiche der IDV sind dabei solche Typen von Anwendungen, die erst durch die verstärkte Nutzung von PC größere Verbreitung fanden. Charakteristische Beispiele sind Desktop Publishing, CAD oder PC-gestütztes Projektmanagement. Bei Einführung dieser Werkzeuge muß die klassische Organisationsarbeit im Vordergrund stehen.