Verantwortung Der Nutzen anständigen Wirtschaftens
Für die Modemarke Esprit war es ein schwerer Schlag: Mitte 2007 tauchten Presseberichte auf, die den Textilhändler mit Kinderarbeit in Verbindung brachten. Elfjährige Jungen hatten bei einem Zulieferer in Indien Damentops mit Pailletten und Perlen verzieren müssen, die später in Deutschland bei Esprit verkauft werden sollten. Solche Meldungen können das Image eines Unternehmens schädigen und erhebliche wirtschaftliche Folgen haben, weil die Verbraucher solche Firmen meiden.
Das Beispiel zeigt: Westliche Unternehmen müssen sich heute auch weit entfernt von den Heimatmärkten an soziale und ökologische Mindeststandards halten. Denn den Kunden ist es längst nicht mehr gleichgültig, unter welchen Bedingungen ihre Produkte in Asien, Südamerika oder Osteuropa gefertigt werden. Auch Anleger bevorzugen immer häufiger Fonds, die in verantwortlich handelnde Unternehmen investieren. Und Nichtregierungsorganisationen verstehen es sehr gut, mithilfe der Medien Fehlverhalten der Firmen - sei es durch Umweltverschmutzung oder durch fehlenden Arbeitsschutz für die Mitarbeiter - anzuprangern.
Angesichts der großen Bedeutung, die das Thema Nachhaltigkeit für die verschiedenen Interessengruppen hat, wollten wir herausfinden, ob mitteleuropäische Unternehmen bei ihrer weltweiten Expansion nur auf der Suche nach kostengünstigen Produktionsstandorten und neuen Absatzmärkten sind oder ob sie sich bereits am Konzept einer Triple Bottom Line orientieren (siehe "Was ist ..." auf Seite 12). Dieser Ansatz geht davon aus, dass der langfristige Erfolg eines Unternehmens nicht allein von seinem finanziellen Ergebnis, sondern auch von seinem ökologischen und seinem sozialen Verhalten abhängt. Wir haben daher untersucht, wie sich diese drei Dimensionen der Triple Bottom Line gegenseitig beeinflussen. Schließlich haben wir ermittelt, in welchen Bereichen sich die Unternehmen verantwortlich zeigen und wie einige Vorreiter durch besonderes Engagement ihre Wettbewerbsposition verbessern konnten.
Wir haben dazu Vertreter von 340 Landesgesellschaften und Geschäftsbereichen deutscher, österreichischer und Schweizer Firmen schriftlich befragt, die in China, Indien, Brasilien, Ungarn und Tschechien aktiv sind. Die insgesamt etwas mehr als 200 Unternehmen stammen aus wichtigen produzierenden Branchen, dem Baugewerbe sowie dem Groß- und Einzelhandel. In der Hälfte der Fälle haben wir die Leiter der Tochtergesellschaften darüber hinaus persönlich interviewt.
Verantwortung ernst genommen
Es zeigte sich schnell, dass ökologisch und sozial verantwortliches Management für die befragten Führungskräfte auch in den aufstrebenden Nationen sehr wichtig ist. 71 Prozent stimmten der Aussage zu, dass sich das Topmanagement in ihren Unternehmen sehr stark mit diesen Themen beschäftigt; 72 Prozent gaben an, dass Nachhaltigkeit integraler Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie sei. Und die Manager achten durchschnittlich seit immerhin etwas mehr als sechs Jahren darauf, dass ihre Zulieferer vor Ort sich ebenfalls verantwortlich verhalten.
In den Diskussionen mit den Praktikern zeigte sich, dass sich verantwortliches Verhalten vor allem in sieben Bereichen widerspiegelt: zum einen in den drei ökologischen Feldern Emissionsvermeidung, umweltfreundliche Produktionstechnik und umweltbewusste Beschaffung von Rohmaterialien und Vorprodukten, zum anderen in den drei sozialen Feldern Arbeitssicherheit, Förderung der Mitarbeiter und Unterstützung für umliegende Gemeinden. Der siebte Bereich ist schließlich das verantwortliche Lieferantenmanagement.
Im nächsten Schritt wollten wir herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens und dessen sozialem sowie ökologischem Engagement gibt. Dazu teilten wir die Firmen in drei Gruppen ein: diejenigen mit der in ihrer Branche höchsten Umsatzrendite, die mit durchschnittlicher Rendite und die mit der geringsten Rendite. Anschließend ermittelten wir das Engagement der Unternehmen in jedem der sieben oben definierten Bereiche.
Das Ergebnis war überraschend eindeutig: In jedem der sieben Felder verhielten sich erfolgreiche Unternehmen deutlich ökologischer und sozialer als weniger erfolgreiche (siehe Grafik Seite 8). Auch bei anderen Erfolgsmaßstäben wie Reputation, Mitarbeiterbindung, Lernfähigkeit der Organisation oder operative Leistung (etwa gemessen an den Stückkosten, dem Serviceniveau oder dem Einsatz innovativer Technik) schnitten die besonders engagierten Firmen besser ab. Die Triple Bottom Line war also bei ihnen in allen drei Dimensionen positiv.
Anhand unserer Studie lässt sich nicht eindeutig feststellen, ob verantwortliches Handeln Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg ist oder ob es sich umgekehrt verhält und gute wirtschaftliche Ergebnisse es den Unternehmen erst erlauben, sich vorbildlich zu verhalten. Eine nähere
Betrachtung der sieben Bereiche sozial und ökologisch verantwortlichen Managements legt aber nahe, dass vorbildliches Verhalten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann und somit den wirtschaftlichen Erfolg begünstigt.
Engagement in sieben Bereichen
Im Folgenden werden wir die sieben Bereiche genauer vorstellen und anhand von Fallbeispielen beschreiben, wie Unternehmen durch Engagement in diesen Feldern profitiert haben.
1. Emissionsvermeidung
Gerade China ist in den vergangenen Jahren immer wieder durch starken Smog und großflächige Verschmutzung von Seen und Flüssen in die Schlagzeilen geraten. Auch wenn das Land der Mitte derzeit eines der extremsten Beispiele sein mag, so haben auch alle anderen aufstrebenden Nationen im Zuge einer aggressiven Industrialisierung mit stark zunehmenden Emissionen zu kämpfen.
Westliche Unternehmen sollten daher alle Möglichkeiten ausschöpfen, Umweltbelastungen in diesen Ländern zu vermeiden. Am besten gelingt dies, wenn die Produktionsprozesse von vornherein so gestaltet sind, dass möglichst wenig Emissionen und Abfälle entstehen. Doch eine komplett schadstofffreie Fabrik wird es wohl nie geben. Deshalb sollten die Firmen mit Umwelttechnik, die auch westlichen Standards genügt, Luft- und Wasserverschmutzungen weitestgehend reduzieren.
Die erfolgreichsten Unternehmen in unserer Studie tun genau dies. Sie nehmen eine führende Rolle in der Abfallentsorgung ein und schulen ihre Mitarbeiter, um Emissionen möglichst zu vermeiden. Sie sind damit gut auf die auch in den Schwellenländern immer strenger werdenden Umweltgesetze und -kontrollen vorbereitet.
Ein Beispiel ist etwa Yangtse Spinning, ein Mitglied der Nürnberger Südwolle-Gruppe, die Spinnereien und Webereien betreibt. Das Unternehmen hat hohe Standards für die Abwässer aus seinen Färbereien definiert. Anfang Juni 2007 kam es zu einer Massenvermehrung von Blaualgen im Taihu-See, Chinas drittgrößtem Binnengewässer. Der See litt unter dem Befall derart, dass die Behörden die Trinkwassergewinnung aus dem Gewässer für zwei Wochen stoppen mussten. Die Färbereien von Yangtse Spinning zählten zu den wenigen Betrieben, die weiterarbeiten durften, weil das Unternehmen lückenlos nachweisen konnte, keine umweltgefährdenden Stoffe in den See zu leiten. Alle Abwässer werden in speziellen hoch entwickelten Anlagen gereinigt. Die vorausschauenden Investitionen in die Umwelttechnik haben sich damit für das Unternehmen gelohnt, anders als viele Konkurrenten musste es keine Produktionsausfälle hinnehmen.
2. Umweltfreundliche Produktionstechnik
In diesem Bereich bedeutet verantwortliches Handels vor allem, effizient mit Ressourcen wie etwa Wasser und Strom umzugehen. Sie nicht zu verschwenden lohnt sich selbstverständlich auch unmittelbar finanziell.
Nach unseren Beobachtungen unterscheiden sich die erfolgreichen Unternehmen von ihren Wettbewerbern in drei Dingen: Die verantwortlichen Manager konzipieren die Produktionsanlagen von vornherein sehr ressourceneffizient. Zudem modernisieren sie die Anlagen schnell, sobald bessere Technik verfügbar ist. Schließlich versuchen sie, Abfälle im Produktionsprozess zu vermeiden, indem sie zum Beispiel Ausschussmaterial wiederaufbereiten und weiterverwerten.
Dies geschieht etwa in der ungarischen Niederlassung des Automobilzulieferers Veritas aus dem hessischen Gelnhausen. Kunststoff- und Gummireste aus der Produktion von Rohrleitungen und Dichtungen entsorgt das Unternehmen nicht mehr auf öffentlichen Deponien. Stattdessen
bereitet ein Subunternehmen diese Materialien auf, anschließend kann Veritas sie in der eigenen Produktion verwenden oder sie weiterverkaufen. Zusätzlich haben die Führungskräfte von Veritas ein systematisches Abfallmanagement eingeführt, das erheblich zur Sauberkeit in der Produktion und zur Müllvermeidung beiträgt. Durch diese Aktivitäten sank die Ausschussrate in der Fertigung von 2 Prozent auf weniger als 0,5 Prozent - was einen entsprechenden Kostenvorteil bedeutet.
3. Umweltbewusste Beschaffung
Die vorbildlichen und erfolgreichen Unternehmen aus unserer Stichprobe verhalten sich auch bei der Beschaffung von Rohmaterialien und Vorprodukten verantwortlich. Sie bevorzugen recycelte Grundmaterialien oder definieren ökologische Mindestanforderungen für den Einkauf, indem sie etwa Ökostrom bevorzugen.
Dass eine umweltbewusste Beschaffung auch ökonomisch sinnvoll ist, demonstriert das Beispiel des Unternehmens Faber-Castell. Der traditionsreiche Schreibwarenhersteller betreibt bereits seit 1930 ein Werk in Brasilien, das heute mit einer Produktion von 1,5 Milliarden Stück die größte Farbstiftfabrik der Welt ist. Auch in Lateinamerika setzt das Unternehmen auf Nachhaltigkeit und begann 1984, in großem Stil Pinien anzupflanzen, aus deren Holz die Stifte gefertigt werden. Faber-Castell erfüllt dabei die Anforderungen des gemeinnützigen Forest Stewardship Council an eine umweltschonende, sozial faire und nachhaltige Waldwirtschaft. Die Plantagen umfassen heute eine Fläche von rund 9000 Hektar, die zu 74 Prozent von den angepflanzten Pinien und zu 26 Prozent von natürlichem Wald bedeckt ist. Das Unternehmen bemüht sich um den Erhalt der natürlichen Flora und Fauna in den Wäldern und vermittelt der Bevölkerung in den angrenzenden Gebieten die Bedeutung des Naturschutzes durch Aufklärungskampagnen.
Das Engagement für die Umwelt war aber nicht der einzige Grund für das Anpflanzen der Pinien. So entspricht die Qualität des auf dem Weltmarkt verfügbaren Holzes oft nicht den Anforderungen von Faber-Castell - bei zum Teil auch noch steigenden Preisen. Das Unternehmen sichert sich durch die eigenen Wälder eine langfristige Versorgung mit qualitativ hochwertigen Rohstoffen und ist so im Vorteil gegenüber den Wettbewerbern, die auf das Holz anderer Anbieter angewiesen sind. Genauso wichtig: Die Produktionskosten für das brasilianische Holz liegen deutlich unter dem internationalen Marktpreis.
4. Arbeitssicherheit
Angemessene Sicherheitsstandards in der Produktion sollten eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Doch die Standards müssen auch umgesetzt werden. Die erfolgreichsten der untersuchten Unternehmen investieren daher mehr Zeit und Mühe in Sicherheitsschulungen ihrer Mitarbeiter als die übrigen Firmen. Die zuständigen Manager untersuchen jeden Unfall und leiten Maßnahmen zur Prävention ab. Zusätzlich ermitteln sie die Verletzungshäufigkeit und -schwere und vergleichen die Daten mit denen anderer Werke; so können sie feststellen, ob sie im Vergleich zu anderen Fortschritte beim Arbeitsschutz erzielen.
Was ein solcher Aufwand bringen kann, zeigt ThyssenKrupp Bilstein Brasil, eine brasilianische Tochter des deutschen Konzerns. Das Unternehmen kämpfte 2003 mit Verlusten, deren Ursache unter anderem mangelnde Motivation und Produktivität der Mitarbeiter sowie hohe Kosten in der Produktion waren. Diese Probleme ließen sich auf deutliche Defizite bei den Arbeitsbedingungen und insbesondere den Sicherheitsstandards zurückführen. Die Führungskräfte reagierten, indem sie einen Schwerpunkt auf nachhaltiges Personalmanagement legten. Sie verbesserten die Arbeitsbedingungen, boten den Mitarbeitern Fortbildungsmöglichkeiten und kümmerten sich intensiv um die Arbeitssicherheit. Das Management investierte erhebliche Mittel in die bessere Ausrüstung der Mitarbeiter etwa mit Schutzkleidung, das Erarbeiten neuer Sicherheitsrichtlinien und in spezielle Trainings. Es ver-öffentlichte beispielsweise jeden Un- fall und dessen Schwere auf einer speziellen Informationstafel; zugleich beschrieb es die konkreten Gegenmaßnahmen.
Der Einsatz lohnte sich: Die Unfallquote sank allein von 2004 auf 2005 um 33 Prozent. Die Maßnahmen trugen zu einer wesentlichen Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit bei. Nach einer Analyse des amerikanischen Great Place to Work Institute schätzen die Mitarbeiter besonders die hohe Lebens- und Arbeitsqualität und die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten bei ThyssenKrupp. Das Unternehmen schaffte es zudem, sich als einer der attraktivsten Arbeitgeber für Manager zu positionieren. So landete es in einem Ranking des brasilianischen Wirtschaftsmagazins "Você S/A" landesweit auf Platz 3 in dieser Kategorie.
5. Förderung der Mitarbeiter
Mitarbeiter zu fördern bedeutet im ersten Schritt, angemessene Arbeitsbedingungen sicherzustellen - also beispielsweise Kinderarbeit und unmenschliche Bedingungen in der Produktion zu verhindern. Medienberichte über multinationale Unternehmen beziehungsweise über deren Zulieferer (wie in der Vergangenheit etwa bei Nike oder Wal-Mart) haben die Öffentlichkeit für dieses Thema stark sensibilisiert.
Die besten der befragten Unternehmen tun aber deutlich mehr. Sie unterstützen Mitarbeiter bei der Alters- und Gesundheitsvorsorge und bieten ihnen überdurchschnittliche Entwicklungsmöglichkeiten, zum Beispiel durch Schulungen. Gerade in Wachstumsmärkten, in denen aufgrund vieler attraktiver Jobangebote die Loyalität der Angestellten eher gering ist, kann ein solches Verhalten
einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen.
Ein gutes Beispiel ist die indische Niederlassung des Stuttgarter Automobilzulieferers Dürr. Auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt für hoch qualifizierte Mitarbeiter bietet das Management den Mitarbeitern ausgezeichnete Arbeitsbedingungen und internationale Entwicklungsmöglichkeiten. Indische Ingenieure von Dürr kommen zur Ausbildung an den deutschen Stammsitz des Unternehmens. Montagemitarbeiter werden zur Schwestergesellschaft nach China geschickt. Dies sorgt einerseits für eine besonders hohe Qualifikation der Mitarbeiter, andererseits trägt es maßgeblich zu der niedrigen Fluktuationsrate von 11 Prozent pro Jahr bei - der Branchendurchschnitt liegt bei etwa 25 Prozent.
6. Unterstützung für umliegende Gemeinden
Die Beziehung zu den Gemeinden, die an einen Unternehmensstandort grenzen, ist gerade in Wachstumsmärkten sehr wichtig. Denn die Bürger in diesen Ländern erwarten besonders von internationalen Konzernen, die Entwicklung ihrer Dörfer und Städte über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinaus aktiv zu fördern.
Häufig geht es dabei erst einmal darum, die Lebensbedingungen der Anwohner nachhaltig zu verbessern, zum Beispiel durch eine bessere medizinische Versorgung oder durch sauberes Trinkwasser. Dann folgen oft Bildungsprojekte. Die Unternehmen können von diesem Engagement auf mehreren Ebenen profitieren: Sie integrieren sich besser ins Gemeinde-leben, lokale Behörden sind dann eher bereit zu kooperieren; in der Regel rekrutieren die Firmen zumindest einen Teil ihrer Mitarbeiter aus der näheren Umgebung, verbessert sich deren Gesundheits- und Bildungsstand, wirkt sich dies gewöhnlich positiv auf die Leistungsfähigkeit aus.
Ein vorbildliches Beispiel ist das Engagement der thailändischen Landesgesellschaft des Pharma- und Chemiekonzerns Merck aus Darmstadt. Das Unternehmen beteiligt sich gemeinsam mit Care Thailand/Raks Thai Foundation an drei Programmen. Bei dem ersten geht es darum, Gemeinden im Norden des Landes zu unterstützen, unter anderem mit Projekten zur Jugendbildung, zum Schutz der Umwelt sowie zur Förderung der Landwirtschaft. Im zweiten werden Jugendlichen in ärmeren ländlichen Gegenden Fort- und Weiterbildungen angeboten, die ihnen ein Auskommen in der Region ermöglichen und somit die Landflucht verringern sollen. In dem dritten Programm hilft Merck Opfern des Tsunamis vom Dezember 2004.
Dieser Einsatz hat sich bereits positiv auf das Ansehen von Merck Thailand ausgewirkt, was regelmäßig durchgeführte Mitarbeiter- und Kundenbefragungen belegen. 88 Prozent der Mitarbeiter gaben in einer 2007 organisierten Umfrage an, dass Mercks Aktivitäten auf dem Gebiet der Corporate Social Responsibility (CSR) ihre Identifikation mit dem Arbeitgeber steigern. Auch die Kunden würdigen den Einsatz des Unternehmens, wie eine Studie des Marktforschungsinstituts Gallup belegt: Mehr als drei Viertel der Kunden nehmen Merck als sozial sehr engagiert wahr; über zwei Drittel möchten sich an Mercks CSR-Aktivitäten beteiligen - für das Unternehmen eine Chance, die Beziehungen zu diesen Abnehmern zu vertiefen. Das Management führt schließlich die wachsende Kundenzufriedenheit und die hohe Kundenbindung wenigstens zum Teil auf dieses Engagement zurück.
7. Lieferantenmanagement
Die sechs bisher beschriebenen Be-reiche beziehen sich auf Faktoren und Handlungen innerhalb eines Unternehmens. Doch mittlerweile werden die Firmen für soziale und ökologische Probleme entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette verantwortlich gemacht. Kinderarbeit bei einem Zulieferer wie im Fall von Esprit ist nur ein Beispiel.
Die erfolgreichsten Unternehmen haben es auch im Lieferantenmanagement verstanden, verantwortliches Management zu einem Wettbewerbsvorteil zu machen. Dabei geht es um alle Stufen der Beschaffung, also Lieferantenauswahl, -monitoring sowie -entwicklung. Sie verlangen von ihren Zulieferern, soziale und ökologische Standards einzuhalten, die auf westlichem Niveau und damit meist über dem Branchendurchschnitt liegen. Deren Einhaltung kontrollieren sie durch unangemeldete Besuche. Sie fordern von den Lieferanten regelmäßige Fortschritte in diesen Bereichen und sind bereit, ihre Zulieferer zu schulen und gemeinsam Verbesserungsmöglichkeiten umzusetzen.
Ein gutes Beispiel ist Puma. Die Textilindustrie hat schon früh große Teile der Produktion in Entwicklungsländer verlagert und muss seit den 90er Jahren mit harter Kritik an den Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern leben. Puma hat daher bereits 1993 einen Verhaltenscode für die Lieferanten festgelegt. Zusätzlich hat das Unternehmen das sogenannte Safe-Konzept entwickelt (Social Accountability und Fundamental Environmental Standards, auf Deutsch: soziale Verantwortlichkeit und grundlegende Umweltstandards). Es deckt die Themen Menschenrechte, Produktionssicherheit sowie ökologische und soziale Belange ab; seit 2007 hat es die gemeinnützige Fair Labor Association vollständig akkreditiert.
Das Safe-Team von Puma kontrolliert regelmäßig die Lieferanten und teilt das jeweilige Unternehmen in eine von vier Kategorien (A bis D) ein. Nur Lieferanten mit der Einstufung A oder B dürfen für Puma arbeiten. C-Lieferanten müssen sich innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums auf B verbessern. Gelingt das nicht, kann dies zur Beendigung der Geschäftsbeziehung führen.
Das Puma-Management ist zuversichtlich, dass durch das Safe-Konzept und die damit verbundenen Audits Verstöße gegen die eigenen Sozialstandards nahezu unmöglich sind. Bisher scheint es recht zu behalten, denn negative Schlagzeilen durch schlechte Arbeitsbedingungen bei Zulieferern wie in der Vergangenheit bei Nike und Adidas und erst jüngst bei Otto und Esprit sind dem Unternehmen bisher erspart geblieben.
Fazit
Anständiges Wirtschaften und ökonomischer Erfolg sind kein Widerspruch. Im Gegenteil: Unsere Untersuchung und die vorgestellten Beispiele legen nahe, dass es einen engen Zusammenhang zwischen sozial und ökologisch verantwortlichem Handeln und dem Unternehmenserfolg gibt. Denn wer in allen Dimensionen der Triple Bottom Line sehr gut abschneidet, kann mit fünf Wettbewerbsvorteilen rechnen: einer effizienteren, da ressourcenschonenden Produktion, einer besseren Reputation bei Kunden, einer höheren Attraktivität als Arbeitgeber, mehr Innovationskraft durch das Bemühen um eine umweltschonende Fertigung und einer größeren Akzeptanz bei lokalen Gemeinden und Behörden.
Das Topmanagement eines Unternehmens muss für sich entscheiden, auf welche der sieben vorgestellten Bereiche vorbildlichen Handelns es sich konzentrieren will. Eines aber ist sicher: Wer das Thema Verantwortung ignoriert, gefährdet die Zukunft seines Unternehmens. n