Kernkompetenzen Der gefährliche Pfad des Erfolgs
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum die Buchstaben in der obersten Reihe Ihrer Computertastatur das Wort "Qwertz" ergeben? Und warum dies seit mehr als hundert Jahren so ist, obwohl zahlreiche Entwickler immer wieder ergonomischere Buchstabenanordnungen vorgeschlagen haben? Wenn ja, dann haben Sie sich - ohne es zu wissen - mit einem klassischen Beispiel für Pfadabhängigkeit auseinander gesetzt.
Als Verbraucher haben Sie nicht die Alternative, mit einer besseren Tastatur zu arbeiten. Zu stark sind die Beharrungskräfte, die jeden Fortschritt verhindern: Millionen von Anwendern sind die Qwertz-Tastaturen gewohnt, haben mühsam gelernt, mit zehn Fingern darauf zu schreiben; zahlreiche Schulen bieten Kurse zum Maschinenschreiben nach diesem System an; tausende von Unternehmen haben die Tastaturen für ihre Mitarbeiter gekauft. Jede dieser Gruppen ist für sich betrachtet kaum zu Veränderungen bereit. Gemeinsam verstärken sie sich noch in ihrer Abneigung gegenüber Neuem: Je mehr Firmen mit Qwertz-Tastaturen arbeiten, desto mehr Mitarbeiter benötigen das Know-how, auf ihnen schreiben zu können, desto attraktiver ist es für Schulen, diese Kompetenz zu vermitteln, desto weiter ist die Fähigkeit verbreitet, desto interessanter wird es für Unternehmen, mit den Tastaturen zu arbeiten, und so weiter und so fort.
Diese Art der Selbstverstärkung macht es fast unmöglich, einen einmal betretenen Pfad zu verlassen. Ein Phänomen, unter dem auch Unternehmen leiden, die
jahrelang sehr erfolgreich waren. Geraten sie in eine Krise, schafft das Management nur schwer die Wende.
Es handelte sich also nicht um schlichtes Unvermögen der Führungskräfte, wenn der einst führende Schreibmaschinenhersteller Brother die wachsende Konkurrenz des Personalcomputers ignorierte, Weltmarktführer Levi's dem tief greifenden Trendwandel im Jeansmarkt weitgehend tatenlos zusah und mit Nokia einer der innovativsten Mobiltelefonhersteller den Wunsch der Konsumenten nach Klapphandys verschlief.
Wie können Manager erkennen, dass sie Opfer ihres Erfolges werden? Wie können sie rechtzeitig den einmal eingeschlagenen Pfad verlassen, bevor ihr Unternehmen in die Krise gerät? Wir wollen an den Beispielen Leica und Encyclopædia Britannica zeigen, wie einst erfolgsverwöhnte Firmen in ernste Schwierigkeiten geraten konnten. Anschließend geben wir fünf Empfehlungen, um der Pfadabhängigkeit zu entkommen. Unsere Erkenntnisse beruhen auf Arbeiten eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Graduierten-Kollegs zur Pfadabhängigkeit.
Digitale Bedrohung
Das Unternehmen Leica ist ein Mythos. Es hat die Fotografie mit der Erfindung der Kleinbildkamera 1913 und deren Großserienfertigung in den 20er Jahren revolutioniert. Endlich konnten die Fotografen mit leichten, technisch hervorragenden Apparaten schnell und spontan ihre Bildideen verwirklichen. Berühmte Künstler wie Henri Cartier-Bresson, Robert Doisneau oder Sebastio Salgado nutzten (und nutzen) die Kameras aus Wetzlar.
Doch das deutsche Traditionsunternehmen hat große Probleme. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2005/06 machte es Verluste, so wie in den beiden Jahren zuvor. Die Umsätze gingen jahrelang zurück und erholen sich erst allmählich. Es droht ein weiterer Arbeitsplatzabbau.
Ursache der Krise: Der einstige Technologieführer hat die Bedeutung der digitalen Fotografie offensichtlich verkannt. Das Management ging lange Zeit davon aus, die Leica-Stärken - beste Objektive und Beständigkeit - nicht wirtschaftlich und markenadäquat in der digitalen Fotografie umsetzen zu können. Es setzte darauf, dass sich anspruchsvolle Kunden nicht für Megapixel interessieren, sondern das fotografische Erlebnis suchen, also höchste Qualität von der Optik über die Mechanik bis zum fertigen Bild.
Erst spät entschied Leica sich für eine Hybridstrategie. Das Unternehmen entwickelte eine digitale Rückwand (Digital-Modul R) für die ursprünglich analogen Spiegelreflexkameras R8 und R9. Die Kunden können so die über Jahrzehnte erworbenen Objektive und Kameras weiter nutzen. Trotz des wachsenden wirtschaftlichen Drucks wollten die Führungskräfte auch bei diesem Produkt keine Qualitätskompromisse eingehen. Die Folge: Das bereits auf der Photokina 2004 angekündigte Modul kam erst Mitte Juni 2005 auf den Markt. Fraglich bleibt, ob die Zahl der bereits verkauften R8- und R9-Modelle ausreicht, um das Digital-Modul wirtschaftlich zu einem Erfolg zu machen. Für die berühmten Messsucher-Kameras der M-Reihe fehlt noch jede digitale Lösung.
Trotz dieser wirtschaftlichen Schwierigkeiten hängen viele Kleinanleger mit ganzem Herzen an der Kultmarke Leica. Die Hauptaktionäre verlieren allerdings allmählich die Geduld: Der französische Luxuskonzern Hermès und die österreichische Austrian Capital Management Projektentwicklung GmbH mit Sitz in Salzburg (hinter ihr steckt die Industriellenfamilie Kaufmann, die als eine der reichsten Österreichs gilt) fordern eine überzeugende strategische Neuausrichtung. Doch woher sollen das Potenzial und die Ressourcen kommen? Die Abwärtsspirale des Unternehmens droht sich immer mehr zu verstärken und zum Teufelskreis zu werden.
Das Phänomen Selbstverstärkung hatte aber auch beim Aufbau und dem Erhalt der besonderen Kompetenzen von Leica eine zentrale Rolle gespielt. Eine am Markt erfolgreiche Fähigkeit wird zu einem Selbstläufer: Weil sich die Produkte gut verkaufen, greifen immer neue Kunden zu, weil sie den Entscheidungen anderer Verbraucher vertrauen. Der gute Ruf der Marke verstärkt dies noch. Ein solcher Kompetenzpfad - im Fall Leica die hochklassige Analogfotografie - kann aber auch dazu führen, dass das Management gar nicht mehr anders kann, als wie gestern und vorgestern zu handeln.
Dem Pfad weiter zu folgen, muss nicht zwangsläufig zu einem Desaster führen. Ganz im Gegenteil: Zu Beginn ist der Kompetenzpfad sehr lukrativ. Erst wenn sich entscheidende Umweltfaktoren ändern, kann das Weiterbeschreiten des Pfades zur Gefahr werden. Gerade in sehr erfolgreichen und hochkompetenten Unternehmen verschläft das Management keineswegs
die neuen Trends - und dies ist der entscheidende Punkt -, sondern beurteilt diese vor dem Hintergrund und im Rahmen der eigenen, hoch entwickelten Fähigkeiten.
Die Manager von Leica nahmen die Digitaltechnik fast zwangsläufig nicht ernst, weil diese lange Zeit nicht an die Qualität der Analogfotografie heranreichte. Und dies war nicht die Einschätzung eines satten oder arroganten Entwicklungschefs, sondern das Urteil beruhte auf objektiven Fakten. Das Problem an diesen Urteilen ist der Bezugsrahmen: die hohe Kompetenz des Unternehmens selbst. Die Firmen stehen sich in einer solchen Situation mit ihrem Wissen somit selbst im Weg.
Macht des Vertriebs
Auch die Encyclopædia Britannica ist Opfer eines Kompetenzpfades geworden. Jahrzehntelang galt das Nachschlagewerk als das Lexikon in der englischsprachigen Welt. 1768 von schottischen Buchdruckern gegründet, wuchs die Enzyklopädie langsam, aber sicher zu einem immer umfassenderen Wissenskompendium heran. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten zwei Amerikaner die Rechte an der Encyclopædia erworben. Ende der 20er Jahre siedelte das ganze Unternehmen in die USA über. Mitte des Jahrhunderts übernahm William Benton die Führung des Verlags und wandelte die Firma später in eine nach ihm benannte Stiftung um.
In dieser Zeit wuchs das Unternehmen weiter und baute seinen Ruf als Anbieter des bedeutendsten Nachschlagewerks der Welt aus. Alle vier bis fünf Jahre wurde der Inhalt der Enzyklopädie von der Redaktion erneuert und überarbeitet. Das Management des Verlags zog sich eine sehr schlagkräftige und erfolgreiche, aber auch sehr gut bezahlte Verkaufsmannschaft heran. Es entwickelte zudem ein fokussiertes Marketing, das insbesondere auf Familien aus der Mittelschicht zielte, nach dem Motto: "Wollen Sie die berufliche Zukunft Ihrer Kinder nicht aufs Spiel setzen, brauchen Sie die Encyclopædia Britannica." 1990 erreichte der Umsatz des Verlags mit 650 Millionen Dollar seinen höchsten Wert. Das Unternehmen war unangefochtener Marktführer mit einem kontinuierlichen Wachstum und satten Gewinnen.
Ab 1990 brachen die Umsätze aber dramatisch ein, der Verkauf der Lexikonbände ging bis 1997 um mehr als 80 Prozent zurück. Der Grund: Das Aufkommen der CD-Rom und des Internets. Das Management sah die auf CD veröffentlichten Lexika lange nicht als wirkliche Gefahr. Anfangs waren Werke wie Microsofts Encarta nur kostenlose Beigaben beim Kauf eines PC. Die wesentlich umfangreichere Encyclopædia Britannica kostete dagegen 1500 bis 2000 Dollar pro Buchausgabe. Deren Manager hielten die interaktiven CD-Rom-Produkte eher für ein Computerspiel. Eine überhebliche Einschätzung? Nicht wirklich. Denn die Inhalte etwa der Encarta bestanden im Wesentlichen aus schlechten Grafiken und drittklassigen (aber nicht mehr copyright- geschützten) Audiodateien.
Als sich die Führungskräfte schließlich doch entschieden, in die digitale Welt einzusteigen, zeigte sich, dass das gesamte Wissen der Enzyklopädie für eine CD viel zu groß war. Sie beschlossen daher, eine Compact Disk mit einer reinen Textversion auf den Markt zu bringen. Doch da meuterte die Vertriebsmannschaft. Sie sah ihre satten Provisionen von 500 bis 600 Dollar pro verkaufte Reihe bedroht. Auch dieses Problem ist typisch für einen Kompetenzpfad: in diesem Fall die Unbeweglichkeit einer eigentlich sehr schlagkräftigen Verkaufstruppe.
Das Management entschied sich daher, der Druckausgabe die CD-Rom kostenlos beizulegen; im Alleinerwerb sollte die Silberscheibe dagegen 1000 Dollar kosten. Dieser Preis war nicht konkurrenzfähig, der Niedergang nicht zu stoppen. Ende 1995 kaufte der Schweizer Finanzier Jacob E. Safra gemeinsam mit anderen Investoren den Verlag. Er hat seither eine Reihe neuer Multimediaprodukte auf den Markt gebracht und den eigenen Internetauftritt mit kostenpflichtigen Angeboten massiv ausgebaut. Die alte Größe hat der Verlag allerdings nie wieder erreicht; zudem stellt das kostenlose Online-Lexikon Wikipedia seit einigen Jahren eine neue Bedrohung dar.
Auch bei der Encyclopædia Britannica gingen die Manager den eingeschlagenen Kompetenzpfad immer weiter - bis es zu spät war. Auf diesem Pfad prüften sie zwar immer wieder neue Ideen, verwarfen diese dann aber wieder. Der Verlag war in seinem angestammten Bereich einfach zu gut.
Einen neuen Weg gehen
Leica und die Encyclopædia Britannica zeigen, wie eine Kompetenz - und zwar mit durchaus rationalen
Argumenten - ein Unternehmen auf einen Pfad zwingt, der in eine tiefe Krise führt. Wie lässt sich dieser Gefahr vorbeugen? Was muss beispielsweise ein außerordentlich erfolgreicher Konzern wie Apple heute tun, damit er morgen nicht in die gleiche Erfolgs- und Kompetenzfalle gerät?
Unsere Untersuchungen und Erfahrungen mit Unternehmen, die nicht Opfer der Pfadabhängigkeit geworden sind, zeigen: Manager sollten fünf Punkte beachten, damit ihre Organisationen offen für alternative Entwicklungswege bleiben:
1. Beachten Sie die Schattenkosten Ihrer Kompetenz
Bei vielen Entscheidungen vernachlässigt das Management heutzutage die so genannten Schattenkosten einer Entscheidung. Wir können diese auch als unsichtbare Pfadkosten bezeichnen: Es sind die Kosten für nicht mehr oder nur noch sehr schwer erreichbare alternative Handlungsmöglichkeiten (etwa Digitalkameras statt analoger Fotoapparate anzubieten).
Diese Kosten sind nicht seriös zu quantifizieren, weil sie zukunftsbezogen sind. Es geht deshalb auch nicht darum, sie in eine Erfolgsrechnung zu überführen. Wichtiger ist das Argument als solches: Ein Kompetenzpfad kann systematisch Optionen vernichten und künftig wesentlich höhere Kosten verursachen, wenn die Verantwortlichen doch noch auf einen anderen Pfad wechseln müssen.
Hätte sich beispielsweise das Management von Loewe mit dem Thema Schattenkosten auseinander gesetzt, wäre dem Unternehmen möglicherweise die schwere Krise der vergangenen Jahre erspart geblieben, die immerhin 240 Arbeitsplätze gekostet hat. Der Anbieter hochwertiger Audio- und Videogeräte hatte jahrzehntelang die Bildröhre immer weiterentwickelt und dabei - wenig überraschend - den Trend hin zu Flachbildschirmen ignoriert. Erst der Einstieg des japanischen Konzerns Sharp rettete das Traditionsunternehmen.
Dabei hätte Loewe nicht zwingend selbst Flachbildschirme entwickeln und herstellen müssen. Die Allianz mit Sharp ist zweifelsohne ein richtiger Schritt. Nur hat das Loewe-Management diese Alternative offensichtlich nicht früh genug ins Kalkül gezogen. Aus einer starken Position im Jahr 2000 heraus hätte es sicherlich wesentlich besser mit Sharp verhandeln können als in der Krise der Jahre 2002/03.
2. Sorgen Sie für operative Gegengewichte
Hätte sich Intel in den frühen 80er Jahren auf seine Kernkompetenzen beschränkt, wäre aus dem damaligen Speicherchiphersteller niemals der heutige Weltmarktführer für PC-Prozessoren geworden. Den rechtzeitigen Strategiewandel verdankt das Unternehmen allerdings nicht der Weitsichtigkeit des Managements, sondern einer bestimmten Form von Deckungsbeitragsrechnung. Die Konzernspitze hatte die Devise ausgegeben: "Wir sind ein Speicherchiphersteller." Dagegen orientierten sich die Verantwortlichen in der Entwicklung und insbesondere in der Produktion in erster Linie an den Deckungsbeiträgen, welche die einzelnen Sparten erwirtschafteten und in die auch auf dieser Basis reinvestiert wurde. Siehe da: Die anfangs nur unbedeutende Prozessorsparte entwickelte sich auf diese Weise praktisch von allein und auch entgegen den Vorgaben des Topmanagements.
Als endlich auch die Konzernführung erkannte, wie lukrativ das Geschäft mit den Prozessoren war, hatte Intel unter der Hand praktisch schon eine Marktposition und die nötigen Kompetenzen entwickelt, die dem Unternehmen den dann folgenden strategischen Wandel sehr einfach machten. Wäre es nach einer reinen Kernkompetenzstrategie gegangen, die sich ausschließlich auf Speicherchips konzentriert, hätte das Unternehmen dies niemals erreichen können.
Dieses Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es ist, nicht einseitig auf
eine bestimmte Kompetenz zu setzen, sondern auch alternative Maßstäbe (hier: real erwirtschaftete Deckungsbeiträge) zuzulassen.
3. Etablieren Sie experimentierfreudige Gegenkulturen
BMW gehört seit Jahren zu den erfolgreichsten Unternehmen nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Die lange Erfolgsgeschichte des Automobilherstellers könnte deshalb ein Gegenargument zur Pfadabhängigkeit sein. Doch damit wäre immer noch nicht geklärt, wie BMW es über all die Jahre geschafft hat (die Bewältigung des Rover-Desasters eingeschlossen), so erfolgreich zu bleiben, ohne in einen Misserfolgsstrudel zu geraten?
In den vielen Gesprächen, die wir in den vergangenen Jahren mit Mitarbeitern und Führungskräften von BMW geführt haben, haben wir einen ganz zentralen Erfolgsfaktor identifizieren können. Dieser leistet einen entscheidenden Beitrag zur Innovations- und Veränderungsfähigkeit von BMW: Das Unternehmen verfügt über ein Klima, das experimentierfreudige Gegenkulturen zulässt. So hatte der Vorstand früher beispielsweise einmal die Devise ausgegeben: "BWM baut keine Autos für Lehrer" (damit waren Kombimodelle gemeint). Dennoch gab es entgegen dieser strategischen und unternehmenskulturellen Vorgabe Mitarbeiter, die sich mit solchen Fahrzeugen beschäftigten. Ähnliches gilt für die Entwicklung der Cabrios.
Im BMW-Jargon heißen solche Vorhaben deshalb auch "U-Boot-Projekte". Das Management ist mittlerweile sehr bemüht, diese früher einmal rein informellen Gruppen auch offiziell zu stützen und zu kultivieren.
4. Decken Sie Denkverbote auf
Für das Aufbrechen von Denkmustern gibt es eine ganze Reihe von Ansätzen. Diese versuchen häufig, an den emotionalen ("Angst vor Veränderung") und kognitiven ("Das kann ich mir nicht vorstellen!") Vorbehalten von Managern gegenüber Alternativen anzusetzen. Eine andere Vorgehensweise, mit der wir sehr gute Erfahrungen gemacht haben, ist die Szenariotechnik, wie sie die DaimlerChrysler Society and Technology Research Group mit Sitz in Berlin und Palo Alto, Kalifornien, entwickelt hat. Dazu diskutieren wichtige Führungskräfte mit Hilfe eines Moderators und mit Computerunterstützung unterschiedliche Zukunftsbilder und Szenarien. Der einfache, aber wirkungsvolle Trick dabei: Die Beteiligten betrachten nicht die Vergangenheit und Gegenwart des Unternehmens, sondern sie konzentrieren sich auf das in den Köpfen der Entscheidungsträger enthaltene Zukunftsbild von der Gesellschaft. Entwickelt werden grundsätzlich mehrere, möglichst verschiedene und sehr konkrete Zukunftsbilder. Erst dann stellt der Moderator die entscheidenden Fragen: "Wie müsste sich Ihr Unternehmen entwickeln, wenn eines dieser Szenarien Realität würde? Was müssten Sie heute tun, um morgen dort zu stehen?"
Die Analyse von Zukunftsbildern ist allerdings nur dann hilfreich, wenn die Verantwortlichen sie immer wieder (etwa jährlich) wiederholen. Nur dann gelingt es, die Frage "Was wäre, wenn ..." gerade auch in sehr erfolgreichen Unternehmen immer wieder wach zu halten.
5. Verstehen Sie Ihre Stärken auch als Schwächen
In nahezu allen Unternehmen fehlt heute eine strategische Kompetenzkontrolle. Natürlich besitzen viele Firmen die eine oder andere Form der strategischen Kontrolle, untersuchen regelmäßig sowohl das globale Umfeld als auch den Wettbewerb und analysieren kontinuierlich die eigenen Stärken und Schwächen. Doch das allein genügt nicht.
In solch einer strategischen Analyse begreift sich jede Führungskraft bereits vor dem Hintergrund der unternehmenseigenen Kompetenzen und erzeugt damit systematisch einen blinden Fleck. Die eigenen Fähigkeiten erscheinen praktisch immer nur auf der Haben-Seite - und das ist der Fehler.
Die strategische Kompetenzkontrolle setzt deshalb grundsätzlicher an und begreift die eigene Kompetenz nicht nur als Stärke, sondern zugleich auch als Schwäche. Damit tun sich alle Führungskräfte verständlicherweise sehr schwer; auch die Wissenschaftler müssen sich an die eigene Nase fassen: Der immer noch andauernde Rummel um das Thema Kernkompetenzen hat sicherlich zur Verstärkung dieses blinden Flecks beigetragen.
Zusammengefasst lautet die Botschaft deshalb gerade für ausgesprochen erfolgreiche Unternehmen: Verfolgen Sie keine reine Kernkompetenzstrategie. Denn in Ihrem heutigen Erfolg schlummert schon der Misserfolg von morgen. n