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Partizipative Führung - Betriebswirtschaftliche und sozialpsychologische Aspekte. Unter Federführung von Dipl.-Psych. Wolfgang Grunwald und Dipl.-Kfm. Hans-Georg Lüge, zwei wissenschaftlichen Assistenten am Institut für Unternehmensführung an der Freien Universität Berlin, haben sich namhafte Professoren und Assistenten der Betriebswirtschaftslehre, der Sozialpsychologie, Psychologie und Soziologie aus dem angelsächsischen und deutschen Sprachraum zu diesem Sammelband über partizipative Führung zusammengefunden. Verlag Paul Haupt, Bern 1980, 372 Seiten, kartoniert, DM 26,80; öS ca. 204, - ; sfr ca. 22, - . Vorbemerkung: Erklärtes Ziel der Autoren ist es, einem größeren Leserkreis wesentliche Arbeiten über Möglichkeiten und Grenzen, Bedingungen und Folgen partizipativer Führungsformen vorzustellen. Dabei erheben die Verfasser keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, wohl aber auf eine kritische Sichtung der präsentierten Erkenntnisse. Das Buch ist für Betriebswirte genauso interessant wie für Leser verhaltenswissenschaftlicher Orientierung. Angesprochen werden praxiserfahrene Manager ebenso wie die vornehmlich an theoretischer Bereicherung Interessierten. Auch all jenen, die sich eingehend und wissenschaftlich fundiert mit dem häufig allzu spontan in der Alltagssprache verwendeten Wort "partizipativ" auseinandersetzen wollen, bietet sich dieses Sammelwerk als geeigneter Wissensfundus an. Rücksicht genommen wird in der Buchgliederung auch auf den eiligen Leser, der sich lediglich auf einige Teilaspekte konzentrieren möchte: Den drei Hauptabschnitten über grundlegende, personale und organisationale Aspekte der partizipativen Führung geht jeweils eine kurze Inhaltsangabe über die einzelnen Beiträge voraus, so daß ein rationelles Suchen beziehungsweise ein systematisches und gezieltes Lesen leicht möglich ist. Zu einer rationellen Auswertung des vorliegenden Buches trägt auch das Literatur-, Namens- und Stichwortverzeichnis bei. Die Darstellung beschränkt sich inhaltlich nicht nur auf rein betriebswirtschaftliche Fragen, sondern enthält - wie bereits im Untertitel angekündigt auch soziologische, sozialpsychologische und politologische Erkenntnisse. Inhalt: Grundlegendes über partizipative Führung vermittelt der erste Hauptabschnitt. Es wird auf einzelne Führungsvariablen eingegangen und der gegenwärtige Stand der theoretischen und empirischen Führungsforschung dargelegt. Neben der Führungseffektivität stehen das wechselseitige Verhältnis zwischen Führungsverhalten, Führer-, Umwelt-, Organisations-, Gruppen- und Mitgliedermerkmalen sowie die Art der Aufgabenstellung im Zentrum der Ausführungen. Anschließend folgt eine Diskussion über die den diversen Auffassungen zugrundliegenden Menschenbilder. Grundwerte für partizipative Führung werden, in Übereinstimmung mit Albert 1), als "Festsetzung per Konvention" definiert, wobei Arbeit, Leistung und Selbstverwirklichung thematisiert werden. Als relevante Elemente von Partizipation werden im dritten Beitrag Einfluß, konstruktive Interaktion und der Informationsaustausch zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern herauskristallisiert, so daß als Definition von Partizipation schließlich "Beeinflussung des Entscheidungsprozesses mittels Interaktion zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf Basis von Informationsaustausch" (Seite 74) gilt. Anschließend wird das Phänomen der Partizipation innerhalb eines vierdimensionalen Analyserahmens - auf individueller, sozialpsychologischer, organisatorischer gesellschaftlicher Basis - abgehandelt und es werden Vorschläge für eine interdisziplinär ausgerichtete Forschung unterbreitet. Der Basisteil schließt mit der Präsentation von empirischen Ergebnissen: Die Verfasser kommen zum Schluß, daß zwar laut empirischen Studien im skandinavischen, britischen und anglo-amerikanischen Raum der Wunsch nach Partizipation bei Entscheidungen, die die unmittelbare Arbeit betreffen, nachweisbar ist, daß aber über die Intensität dieses Wunsches keinerlei Informationen vorhanden sind. Der Stellenwert der unmittelbaren Partizipation als Determinante der Arbeitszufriedenheit bleibt ebenfalls ungeklärt. Ohne Beweiskraft sind auch die Untersuchungen bezüglich der Bedeutung der mittelbaren der über eine Vertretung praktizierten - Partizipation. Die bestehenden Studien sind für die Autoren nur Hinweise und werden nicht als Beweise akzeptiert. Der zweite Hauptabschnitt gliedert sich in fünf Beiträge, die sich mit interpersonellen Grundfragen der partizipativen Führung befassen. Der erste Beitrag beschäftigt sich ausführlich mit den Grundfunktionen des Führenden (Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung), wobei Situationsfaktoren (Zeitdruck, Risiko, Aufgabenbeschaffenheit beziehungsweise Ziel- und Mittelkonflikte) inkludiert sind. Situative Führung bedeutet hier die "Berücksichtigung aller Situationsfaktoren bei der Wahl des Partizipationsgrades." (Seite 161) Daran anschließend folgt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Fiedlerschen Kontingenzmodell 2), das die Beziehungen zwischen Führer, Führungssituation und Führungseffektivität untersucht. Die Analyse enthüllt das dem Kontingenzmodell zugrundeliegende Organisationsbild und lokalisiert einen enormen Widerspruch zu kooperativen Organisationsformen. Dieser manifestiert sich spätestens bei der Feststellung, daß "der allwissende fürsorgliche Führer notwendige Anweisungen trifft, die dann von unmündigen, aber willigen Gruppenmitgliedern emsig in die Tat umgesetzt werden." (Seite 171) Die gesellschaftlichen Leitbilder des Modells verdeutlichen, daß Fiedlers Kontingenzmodell Humanisierungs- und Demokratisierungsbestrebungen - wie sie die partizipative Führung postuliert - zuwiderläuft. Ein praxisorientierter Fragebogen, der die Konvergenz von Erwartungen, Einstellungen, Verhaltensweisen und Werthaltungen von Mitarbeitern und Vorgesetzten untersucht, wird im dritten Beitrag vorgestellt. Aus empirisch gewonnenen Erkenntnissen und im Lichte der Studien von Lawrence und Lorsch 3) werden einige praktische Empfehlungen abgeleitet; so zum Beispiel die Feststellung, daß eine Änderung des persönlichen Stils jedoch nützlich wäre. Problemen der sozialpsychologischen Kleingruppenforschung ist das nächste Thema gewidmet. Dies scheint deshalb erforderlich, weil Gruppenarbeit und -entscheidungen als wesentliche Elemente der partizipativen Führung anerkannt sind. Zwölf zusammenfassende organisatorische Hypothesen werden formuliert. Eine davon lautet: "Es ist vorteilhaft, wenn sich jedes Gruppenmitglied mit jeweils einem speziellen Teilproblem eingehender befaßt und nicht alle Teilnehmer über alle Aspekte nur etwas wissen." (Seite 209) In die Auswirkungen von partizipativen und autoritativen Führungsstilen auf die Arbeitszufriedenheit beziehungsweise auf die Effizienz vertieft sich - empirisch und theoretisch - der letzte Beitrag dieses Abschnittes, wobei der Verfasser unter anderem zum Ergebnis kommt, daß partizipative Führung im allgemeinen zu einer besseren Aufgabenerfüllung führt. Die organisationalen Rahmenbedingungen von Partizipation werden in drei Beiträgen des dritten Abschnittes abgehandelt. Vorerst erfolgt eine systematische Darstellung des organisatorisch-strukturellen Kontextes von partizipativer Führung. Neben den Problemen, die sich aus der Abstimmung zwischen Organisationsstruktur und partizipativen Führungsformen ergeben, ortet der Verfasser auch ein normatives Problem, da die Ausgestaltung struktureller Konzepte und die Wahl der Führungsformen mit Wertentscheidungen verbunden sind. In einem weiteren Aufsatz wird das "Eherne Gesetz der Oligarchie" (das besagt, daß jeder größeren Arbeitsorganisation eine Tendenz zur Oligarchie innewohnt) kritisch überprüft. Anhand der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse wird nachgewiesen, daß diese Tendenz zur Oligarchie nach wie vor besteht und ein grundlegendes Hemmnis für die Demokratisierung des Wirtschaftslebens darstellt. Ein möglicher Ausweg wäre die umfassende Aus- und Weiterbildung der Arbeiter. Der letzte Beitrag problematisiert die Implementation (die Änderung betrieblicher Organisationsformen in Richtung kooperativen Interaktionsprozeß). Es werden Formen und Techniken der Implementation ebenso aufgezeigt, wie Widerstände und mögliche Gegenstrategien. Kritische Würdigung: Es würde den Rahmen einer Rezension sprengen, wollte man im Detail auf jeden einzelnen Beitrag eingehen. Daher bleibt die Kritik auf die signifikanten Dinge beschränkt: Bestechend an diesem Sammelband ist der logische Aufbau und die klare, präzise Gliederung, die es jedem Leser erlaubt, das gesamte Werk oder nur Teile zu studieren. Das Buch stellt zweifellos eine umfassende Bestandsaufnahme über das vorhandene Wissen in bezug auf partizipative Führung dar und bietet somit eine gute Gelegenheit, sich in diese aktuelle Thematik zu vertiefen und damit einen Beitrag zur eigenen Weiterbildung zu leisten. Lobenswert ist die teilweise recht konstruktive Kritik zum Beispiel am Kontingenzmodell von Fiedler. Leider sind derartige kritische Äußerungen etwas spärlich gesät. Die wissenschaftliche Redlichkeit, die das Buch prägt und die alle Autoren davor bewahrt, voreilige, aber "publikumswirksame" Schlüsse zu ziehen, macht die Lektüre anspruchsvoll und daher für nur oberflächlich Interessierte kaum geeignet. Die wissenschaftliche Korrektheit äußert sich auch darin, daß der Fragebogen im Hauptabschnitt zwei im Detail beschrieben und somit ein Nachvollziehen (in Form von Replikationen) ermöglicht wird. Die im wirtschaftlichen Alltag tätigen Leser mögen durch die praktischen Ratschläge im Hauptabschnitt zwei (insbesondere 3. und 4. Beitrag) dazu angeregt werden, persönliche Erfahrungen im Arbeitsbereich zu reflektieren und aufzuarbeiten, so daß diesem Buch auch praktische Relevanz zu bescheinigen ist. Allerdings kommt es jedem Leser zugute, wenn er wirtschafts-wissenschaftlich "vorbelastet" an dieses Werk herangeht. Dann wird er jene Stellen besser meistern, die Wissen in sehr komprimierter Form vermitteln, beziehungsweise wo Zahlen und Namen (wie sie etwa im ersten Aufsatz vorkommen) den Abschnitt prägen. Das erklärte Ziel der Autoren, einen größeren Kreis - eben auch den wirtschaftlich nicht bewanderten Lesern - Gelegenheit zu bieten, Wissensdefizite auszugleichen, konnte nicht realisiert werden. Stellenweise wird nämlich von vornherein ein Wissensstand vorausgesetzt, über den ein in wirtschaftlichen Dingen unkundiger Leser schlichtweg nicht verfügen kann. Grundlagen des betrieblichen Innovationsmanagements. Von Norbert Thom. Der Autor ist wissenschaftlicher Assistent am Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Organisationslehre der Universität zu Köln. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage, Hanstein Verlag, Königstein 1980, 589 Seiten, DM 120,-; öS 912,-; sfr ca. 98,-. Vorbemerkung: Gemessen an der Anzahl der dem Innovationsproblem gewidmeten wissenschaftlichen Veröffentlichungen vor dem ersten Ölschock (1974) ist die Innovationsforschung seitdem geradezu explodiert. Der überwiegende Teil der Publikationen setzt sich mit Produkt-, Verfahrens- und Sozialinnovationen auseinander, stellt also eine Krisenliteratur dar, die als Reflex auf den spürbar starken Innovationsdruck, der auf allen Unternehmen unterschiedlicher Größenordnungen lastet, begriffen werden kann. Außerdem gilt nach herrschenden wissenschaftlichen Erkenntnissen als gesichert, daß ohne Innovationen die traditionalen gesamtgesellschaftlichen, unternehmerischen und individuellen Aufgaben nicht mehr erfüllt werden können. Was jedoch die Forderung nach Innovationsfähigkeit immer stärker werden läßt, liegt letztlich auch darin begründet, daß gerade auch gesellschaftliche Strukturen der Innovation bedürfen, um die zu erwartenden geistigen und sozialen Probleme bewältigen zu können. Die Sichtweisen und Problemstellungen, die sich im Zusammenhang mit Innovationen anbieten, sind vielfältig: Thoms Erkenntnisinteresse geht von der Tatsache aus, daß "die wirtschafliche und soziale Situation
deutscher Unternehmen zunehmend eine gezielte wohldosierte Innovationstätigkeit zur Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und sozialen Attraktivität (verlangt)" (Buchrücken). Thom steuert eine Problemlösung über das Management an, wobei es um die zentrale Frage geht, wie Innovationsprozesse effizient geplant, organisiert und gesteuert werden können. Ihm geht es darum herauszufinden, was das Innovationsmanagement bei einem planvollen Einsatz seiner Gestaltungsvariablen berücksichtigen muß, um effiziente Neuerungen zu ermöglichen. Inhalt: Bereits im Geleitwort weist Professor Grochla (Seite V) darauf hin, daß beim Innovationsmanagement eine große Zahl von Bedingungen, Gestaltungs- und Wirkungsgrößen berücksichtigt werden muß, weil Innovationsprozesse auf alle Unternehmensbereiche massiv ausstrahlen. Zu Beginn (Abschnitt 1) geht Thom gleich auf die praktische Relevanz der Problemstellung ein, indem er die Ursachen des Innovationsdruckes auf Unternehmen aufzeigt. Dabei erweitert er die einzelwirtschaftliche Betrachtungsweise um die gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektive und kommt dadurch zu Ursachen wie etwa großen Förderungsangeboten für junge, kleine und mittlere Unternehmungen, das gestiegene Anspruchsniveau auf der Käuferseite, die qualitativ hochwertige Innovationen verlangt, und den Gesetzgeber, der insbesondere Innovationen in den Bereichen Umwelt und Arbeitsplatz fördert. Im Grundlagenteil seiner Arbeit konzentriert sich Thom auf die Merkmale von Innovationsaufgaben, auf die Arten betrieblicher Innovationen, auf den Ablauf von Innovationsprozessen sowie auf die Merkmale der Träger von Innovationsaufgaben. Im dritten Abschnitt wird vom Autor die "Konstruktion eines Bezugrahmens für die Gestaltung innovationsförderlicher Bedingungen" durchgeführt. Dabei setzt sich Thom vorerst mit den Kriterien zur Messung der Effizienz von Innovationsprozessen auseinander, wobei die Effizienzanalyse auf drei Ebenen erfolgt. Erstens: "Globale Effizienzkriterien" für die zeitlichen, sachbezogenen und sozialen Aspekte von Innovationen. Als globales Effizienzkriterium sieht Thom die Akzeptanz der verwirklichten neuen Ideen durch die Adressaten an. Zweitens: "Phasenspezifische Effizienzkriterien", denen zufolge die Effizienz erst nach Beendigung der Prozeßphasen beurteilt werden kann, und zwar durch extern - von den Adressaten - gesetzte Kriterien. Thom begründet diesen Punkt mit dem Argument, daß Innovationen mit erheblichen Risiken verbunden sind. Die Begrenzung der Risiken ist nur möglich, wenn über die Ex-Post-Beurteilung hinaus während des Prozesses - die Effizienz abgeschätzt werden kann. Drittens: "Instrumentspezifische Effizienzkriterien"; hier erfolgt eine breite Auseinandersetzung mit der Effizienz des betrieblichen Vorschlagswesens (Seite 85), der Wertanalyse, der betrieblichen Forschung und Entwicklung, der Produktplanung, dem Projektmanagement, der Organisationsplanung und der Organisationsentwicklung. Hinsichtlich der Gestaltungsbedingungen des betrieblichen Innovationsmanagements ist vor allem der Organisation breiter Raum gewidmet: Ausgewählte Kriterien zur Beurteilung der Innovationswirkung von Organisationsstrukturen sind genauso umfangreich dargestellt, wie die Innovationswirkung formaler organisatorischer Regelungen (Spezialisierung, Formalisierungsgrad, Entscheidungszentralisationsgrad, Kommunikationssystem). Der dritte Abschnitt schließt mit "Innovationsrelevanten Eigenschaften und Verhaltensweisen der Betriebsmitglieder". Im vierten Abschnitt werden eigene empirisch-explorative Untersuchungen zum Innovationsmanagement präsentiert. Dabei führt Thom 77 Interviews mit 46 Experten des Innovationsmanagements in sechs Unternehmen durch. Ergänzt werden die Befragungen mit ebenfalls von Thom durchgeführten Dokumentationsanalysen. Kritische Würdigung: Das Buch bietet dem Leser eine umfassende Zusammenschau in bezug auf die betriebswirtschaftliche Grundausrichtung der innovationsorientieren Unternehmensführung. Thoms Absicht, einen gedanklichen Bezugsrahmen für das betriebliche Innovationsmanagement zu konzipieren, ist insbesondere hinsichtlich der gewählten Organisationsaspekte zielführend. Die dabei aufgearbeitete innovationsrelevante Literatur ist umfassend und besonders beeindruckend. Der Autor geht in seinem Werk ausdrücklich auf verhaltenswissenschaftliche Komponenten des Innovationsmanagements ein. Er sieht die Innovationsbereitschaft des einzelnen Organisationsmitgliedes als eine durchaus variable und vom Management steuerbare Größe an, erklärt jedoch einschränkend, daß die Einflußfaktoren auf die Innovationsbereitschaft nur wenig erforscht seien. Deshalb überrascht es, wenn der Autor argumentiert: "Nach dem bisherigen Stand der Persönlichkeitsforschung darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, daß ein nicht unerheblicher Teil der sozialen Orientierung eines Menschen erbbedingt zu sein scheint." (Seite 364) Dieses Statement wird durch keinerlei Literaturanmerkungen untermauert. (Angesichts der Tragweite einer solchen Aussage wäre hier zumindest ein Literaturhinweis auf den "bisherigen Stand der Persönlichkeitsforschung" notwendig gewesen.) Ebenso kritisch beurteilt werden muß die Auseinandersetzung des Autors mit der Kreativität und der Innovationsbereitschaft der Organisationsmitglieder, die Thom ausschließlich vom individualsystematischen Standpunkt aus betrachtet und daher die Einbindung des Individuums in die Organisation nicht berücksichtigt. Daher sind diese Analysen einseitig. Abschwächend ist allerdings zu bemerken, daß Thom sich damit in guter Gesellschaft mit der herrschenden Auffassung von "Kreativität" befindet. Weiter macht Thom zwar einsichtig, daß "ohne Kreativität kein Innovationsprozeß initiiert und abgewickelt werden kann" (Seite 57) und "in einem Buch über das Innovationsmanagement die anzusprechenden Eigenschaften und Verhaltensweisen nicht in der Tiefe einer psychologischen Monographie behandelt werden können" (Seite 356), doch kommt die Kreativität bei Thom entschieden zu kurz. Besonders hervorzuheben ist der Beitrag über das Innovationsinstrumente-Mix. Daher kann das vorliegende Werk jedem Manager Anhaltspunkte zum besseren Verständnis der organisationseigenen Innovationsprobleme und Anregungen zu deren Lösung geben. Die Idealwelten der Ökonomen - Liberale, Radikale, Konservative. Von Benjamin Ward. Der Autor ist Professor der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Berkeley (Kalifornien). Er verfaßte mehrere Bücher, darunter auch das 1976 in deutscher Sprache erschienene "Sind die Wirtschaftswissenschaften am Ende?" Campus Verlag, Frankfurt/New York, 1981, 544 Seiten, DM 58,-; öS ca. 441,-; sfr ca. 48,-. Vorbemerkung: Die wirtschaftspolitische Praxis ist gegenwärtig mehr denn je von stark gegenläufigen Tendenzen geprägt. Angesichts der immer komplexer werdenden weltwirtschaftlichen Zusammenhänge stoßen wirtschaftspolitische Denkmodelle - auch für Laien deutlich sieht- und spürbar - an ihre Grenzen. Von den Managern und Experten in Schlüsselpositionen kann diese Entwicklung aus zumindest zwei Gründen nicht außer acht gelassen werden: Erstens wirken sich makroökonomische Maßnahmen und Entwicklungen auf den mikroökonomischen Bereich aus. Zweitens werden sowohl volkswirtschaftliche als auch betriebswirtschaftliche Verhaltensweisen und Handlungen allzu oft durch Grund- oder Weltanschauungen legitimiert, die - sowohl von Wissenschaftern als auch von Praktikern - sehr häufig als "unantastbare Kühe" angesehen werden. Die massive ideologische Durchdrungenheit von Weltanschauungen wird in der Regel Andersdenkenden, keinesfalls aber der eigenen Auffassung unterstellt. Der seit der wissenschaftstheoretischen Auseinandersetzung zwischen Adorno und Popper über Werturteile innerhalb der Wissenschaft ("Positivismusstreit") 1) erbrachte Beweis, daß wissenschaftstheoretisch der Anspruch auf eine absolute Wahrheit endgültig aufgegeben wurde, hat sich offenbar noch nicht bis zu den einzelnen Fachbereichen, unter anderem zu den Wirtschaftswissenschaften, durchgesprochen. Nur so nämlich ist der teilweise immer noch für die eigene Weltanschauung erhobene Allmachtsanspruch mancher "Theorie"-Vertreter zu erklären. Ward weist in seinem - ausdrücklich an Wirtschaftsfachleute und Studenten der Wirtschaftswissenschaften adressierten - Buch in umfassender Weise die den Weltanschauungen innewohnenden Ideologien nach. Dieses Buch kann daher auch als Versuch gewertet werden, eine auf wissenschaftstheoretischer Ebene gewonnene Erkenntnis konkret auf ein Fachgebiet zu übertragen. Inhalt: Vorweg sei angemerkt, daß dieses Werk dem Manager Gelegenheit zur Reflexion des eigenen Standpunktes in bezug auf Handlungsweisen bietet, die auf dem Markt erhebliche Auswirkungen zeigen. Außerdem ermöglicht eine Auseinandersetzung mit den Idealwelten der Ökonomen ein Stück Transparenz der allgemeinen Welt- und Binnenmarktlage. Ward geht, naheliegend für einen Professor der Berkeley University, von anglo-amerikanischen Verhältnissen aus und behält diesen Blickwinkel über das gesamte Werk bei. Er präsentiert die liberale, radikale und konservative Weltsicht und die daraus resultierenden wirtschaftspolitischen Einstellungen. Seine liberale Weltsicht wäre mit dem europäischen Begriff der sozialliberalen Grundeinstellung, die radikale Anschauung mit der marxistischen Auffassung und die konservative Einstellung mit der der Neoliberalen gleichzusetzen. In dieser Reihenfolge beschreibt Ward in "drei Büchern" diese Denkmodelle, wobei nach der jeweiligen Darstellung der optimalen Sicht auch auf deren Abweichungen eingegangen wird. Ward bezieht seine Ausführungen auf wirtschaftliche Eckdaten wie Märkte, Aktivitäten des Staates, Entwicklungsländer und Zukunftsperspektiven. Im "ersten Buch" befaßt er sich intensiv mit dem Liberalismus, dem Wohlstandskapitalismus, in dem der Markt als Konfliktloser, Bewahrer gesellschaftlichen Zusammenhalts und Generator des Überflusses angesehen wird. Kern für die Stabilität am Markt ist die Kunst des Aushandelns, des Kompromisses, wobei als Ausgangspunkt die Beibehaltung des Status Quo gilt. Bei Fehlentwicklungen, zum Beispiel beim Herausbilden von Monopolen und Instabilitäten, greift der Staat ein. Ward kommt zum Schluß, daß ein Welt-Establishment im Entstehen sei, dessen Ursache der drohende Atomkrieg ist. Als beste Friedenshoffnung für die Zukunft bleibt die Institutionalisierung der weltpolitischen Ordnung. Diese Hoffnung basiert auf der Überlegung, daß das 20. Jahrhundert trotz gewaltigen technischen Fortschritts, trotz Kriegen und Revolutionen "überraschend stabile Organisationsformen" (Seite 98) hervorgebracht hat. Ward ortet auch bei den Abweichungen von der optimalen liberalen Sicht eine zentrale Tendenz und versucht, die liberalen Abweichler Galbraith und Drucker 2) unter einen gemeinsamen Hut zu bringen. Obwohl beide unterschiedliche wirtschaftspolitische Konsequenzen zögen, stimmten sie als "echte" Liberale darin überein, nur marginale Veränderungen zentraler Institutionen zuzulassen und würden sich demnach zur liberalen Politik der kleinen Schritte bekennen, befindet Ward. Für ihn gibt es zwischen den genannten Abweichlern und der "optimalen" liberalen Sicht nur stilistische und terminologische Schwierigkeiten. Das "zweite Buch" ist der radikalen ökonomischen Sicht gewidmet. Den Radikalen definiert der Autor als Menschen, der sich für die Elenden, die "Verdammten dieser Erde" (Seite 189) engagiert und der festen Überzeugung anhängt, daß dieses Elend eines großen Teils der Erdbevölkerung unnötig ist, im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung jedoch nicht beseitigt werden kann. Der soeben noch zutiefst liberal argumentierende Ward konstatiert hier euphorisch einen Aufschwung im radikalen ökonomischen Denken und anerkennt die Brauchbarkeit des Marxismus als Grundwerkzeug der ökonomischen Analyse. Der Autor lebt sich völlig in die radikale Sichtweite ein, erhebt an dieser Stelle schwere Vorwürfe gegen den Imperialismus, den er im "ersten Buch" noch für quasi legitim erklärt hat; er prangert mit den Radikalen Rassismus und Entfremdung an und enthüllt "die Armseligkeit solcher Maßstäbe wie die Pro-Kopf-Produktion" (Seite 201). Er sieht die Unterdrückung der dritten Welt als Folge von Prozessen, die ihr von den imperialistischen Mächten aufgezwungen wurden und immer noch werden. Ward beschreibt die bisher größten sozialistischen Revolutionen in der UdSSR, Jugoslawien und China, bietet jedoch keinerlei Rezepte für den Übergang von Entwicklungsländern zum Sozialismus an. Auch hier betrachtet er die Erkenntnisse von zwei "Abweichlern", von Baran und Sweezy 3), und weist anhand des Begriffes "Entfremdung" nach, wie sehr die Radikalen divergieren: Während Entfremdung, laut "optimaler" radikaler Sicht etwa, als "Trennung des Individuums von wesentlichen Teilen des Lebens" (Seite 320) betrachtet wird und bei Marcuse zum Extremtypus des "eindimensionalen Menschen" 4) führt, stellt sie bei den jugoslawischen Ökonomen lediglich die Arbeitskraft dar, "die über die Produktionsmittel, die sie bedienen muß, keine Herrschaft ausübt." Aber auch diese auseinandergehenden Auffassungen wertet Ward eher als Ergänzungen denn als Widersprüche. Das "dritte Buch" beschäftigt sich mit der konservativen Weltsicht. Die Grundbegriffe sind nicht neu, sondern nach Ward gewachsen und durch Erfahrungen von Generationen erprobt. Als zentrale Begriffe gelten Freiheit, Familie und Ordnung. Letztere wird als zentrales Problem der Gesellschaft angesehen: Eine Regierung, die nicht dazu bereit sei, im Dienste der Ordnung Gewalt einzusetzen, erzeuge durch wachsende Unordnung weit mehr Gewalt, als durch Abschreckung (Seite 410). So deutlich formuliert Ward die konservative Einstellung. Der Handel wird als Ursprung für Freiheit, Informationsaustausch und Mobilität eingestuft. Der Autor greift auf die Geschichte von Venedig und China ebenso zurück wie auf die historische Entwicklung der USA und Großbritanniens, um die Funktionstüchtigkeit dieser Auffassung zu unterstreichen. Die Konservativen stellen sich gegen jeglichen Eingriff des Staates. Im Gegensatz zu den Liberalen, die im Falle einer Fehlentwicklung des Marktes einen staatlichen Eingriff zulassen, ist für die Konservativen noch kein Beweis dafür erbracht, daß der Staat "es besser kann". Weitere wesentliche Elemente der konservativen Anschauung sind das Eigentumsrecht sowie die Selbsthilfe. Der Verfasser bemüht sich auch hier, differierende Strömungen wie die liberalistische, die sozial-konservative und die neo-konservative Richtung auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, wobei er deren namhafte Vertreter wie Friedman (als bekanntesten konservativen Ökonomen Amerikas) oder Hayek5' (der der idealen konservativen Richtung laut Ward am nächsten kommt) zitiert. Bei der Schilderung konservativen Gedankenguts greift er des weiteren auch auf Wissenschaftler wie Schumpeter 6) zurück. Anstatt einer kritischen Würdigung: Ward bleibt in seinem Buch stilistisch immer illustrativ und lebensnah. Durch zahlreiche Beispiele aus Geschichte und Gegenwart gestaltet er die Thematik abwechslungsreich und äußerst verständlich. Ward gibt zwar zu, daß die Person des Autors nie ohne Belang für ein Buch sei, er selbst aber nimmt für sich eine Ausnahmestellung in Anspruch, wenn er schreibt, daß er "etwas über den Zustand der Nationalökonomie" sagen wolle, und nicht "über meinen eigenen Zustand" (Einleitung, Seite XX). Eine derartige Feststellung wirkt auf den Leser befremdend, besonders wenn sie von einem Autor stammt, der sich zutiefst davon überzeugt gibt, daß jede Weltanschauung - also auch die seine - ideologisch durchtränkt sei. Mangels ausdrücklicher Deklaration zu einer der drei geschilderten Anschauungen bleibt mir als Rezensent nur der Versuch, ihn anhand des Geschriebenen ideologisch "einzuordnen". Eine solche Klassifikation ist meinem Verständnis nach für den Leser besonders dann erforderlich, wenn - wie im vorliegenden Fall - auch Ideologien abgehandelt werden und nur durch eine ideologische Lokalisation des Verfassers dem Leser ein sinnvolles Herangehen an das Werk ermöglicht wird. Die Einordnung des Verfassers ist demnach auch wesentlicher Bestandteil einer Rezension: Auf den ersten Blick erscheint der Autor, der - wie er selbst erklärt - darum bemüht ist, in die jeweils andere Ideologie zu schlüpfen, eigentlich als "Superliberaler" für den eben prinzipiell mehrere Ideologien nebeneinander zulässig sind. Indiz für diese "superliberale" Einstellung ist etwa der Umstand, daß der Autor - inmitten der Darstellung der radikalen Grundanschauung - plötzlich ein Bekenntnis dazu ablegt, "daß es zu jedem beliebigen Zeitpunkt mehrere wirtschaftliche Anschauungen auf der Welt geben wird." (Seite 297) Eingeschränkt wird die verbal anerkannte Gleichberechtigung aller drei Ansätze allerdings bei Ward dann, wenn bei der Beschreibung der konservativen Sichtweise der Autor sich ziemlich emotional über die "radikalen Konfliktstrategien" hermacht, die "schon lange zum Straßeneckenintellektualismus zurückgekehrt sein werden, der ihr natürlicher Lebensbereich zu sein scheint." (Seite 346) Eine derart vehemente und impulsive Ablehnung der radikalen Einstellung ist aber eines "Superliberalen" nun wirklich nicht würdig. Angesichts dieser Emotionalität gegenüber der radikalen Perspektive und angesichts der Weigerung, die eigene Position klar darzustellen, scheidet Ward als Radikaler wohl mit Sicherheit aus. Zieht man nun in Betracht, wie emotional das letzte Buch über die konservative Sichtweise im Gegensatz zu den übrigen geraten ist und welch chauvinistische Behauptungen wie etwa die, daß in der Welt von heute "wir Amerikaner die wahren Revolutionäre der Welt" (Seite 104) seien, vorkommen, so kommt man nicht umhin, dem Autor ein Nahverhältnis zur konservativen Auffassung zu unterstellen.