Wissenstransfer Wie Porsche von Studenten profitiert
Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gibt es bereits lange genug, um ihren Nutzen angemessen würdigen zu können. Derartige Formen der Zusammenarbeit sind hervorragend geeignet, um technische Innovationen hervorzubringen.
Was die Methoden des Austauschs zwischen Unternehmen und Universitäten betrifft, gab es bislang allerdings kaum innovative Ideen. Nun suchen einige Firmen aber nach neuen Wegen, die universitäre Forschung besser für sich zu nutzen. Ein besonders erfolgreiches Modell stammt vom Automobilhersteller Porsche, der sich wissenschaftliches Know-how ins Unternehmen holte.
Porsche produziert nur ein Zehntel der Fahrzeuge, die BMW oder Mercedes herstellt. Dennoch schlug der Autobauer seine beiden großen Konkurrenten vor einigen Jahren bei der Entwicklung und Markteinführung eines revolutionären Keramikbremssystems.
Porsche war erfolgreich, obwohl das Unternehmen vergleichsweise spät mit dem Projekt begonnen hatte und nur ungefähr 10 Prozent der Ingenieure beschäftigte, die seine Mitbewerber aufzuweisen hatten. Zudem verfügte Porsche nur über wenige unternehmenseigene Experten für Leichtbau und Verbundstoffe.
Unsere Analyse des Innovationsmodells von Porsche zeigt, dass diese Leistung und andere Fortschritte im Bereich Forschung und Entwicklung darauf zurückzuführen sind, dass Porsche die offene Zusammenarbeit mit Externen pflegt. Eine besondere Rolle spielt dabei die Kooperation des Autobauers mit Hochschulen.
Porsche arbeitet regelmäßig gemeinsam mit Universitäten an Projekten, für die dem Unternehmen das erforderliche Fachwissen fehlt. Jedes Jahr arbeiten rund 600 Studenten als Praktikanten, Werkstudenten oder im Rahmen ihrer Abschlussarbeit für vier bis sechs Monate an der Seite von 2000 Ingenieuren im Forschungs- und Entwicklungszentrum des Autoherstellers in Weissach.
Für bezahlte Praktika sowie externe Universitätsstudien oder Studien von Forschungsinstituten, die exklusiv für Porsche durchgeführt werden, steht ein jährliches Budget von bis zu 25 Millionen Euro zur Verfügung. Dieses Vorgehen erlaubt es dem Unternehmen, in der Grundlagenforschung lediglich zehn festangestellte Spezialisten zu beschäftigen, wohingegen bei BMW und Mercedes-Benz in diesem Bereich jeweils ungefähr 200 Mitarbeiter tätig sind.
Beteiligt in allen Entwicklungsstadien
Obwohl die Praktikanten bei Porsche hauptsächlich in der Grundlagenforschung und -entwicklung arbeiten, werden sie in allen Stadien der Produktentwicklung beteiligt. (Sicherheit und Qualität bleiben größtenteils in den Händen von Porsche-Mitarbeitern und strategischen Zulieferern.)
Die Studenten werden auch dabei eingebunden, Vermarktungsstrategien für ihre Arbeit zu entwickeln, was in der herkömmlichen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Universitäten nicht der Fall ist. So helfen manche Praktikanten Porsche beispielsweise dabei, neue Lieferanten für die Technologien zu finden, die sie entwickeln. Oder sie arbeiten an Produktionsverfahren, wobei sie die aktuellsten Forschungsergebnisse ihrer Universitäten mit den praktischen Erfahrungen der Lieferanten verbinden.
Die Praktikumsplätze bei Porsche stehen Studenten aus der ganzen Welt offen, aber die meisten kommen von nahe gelegenen Universitäten, da Porsche verlangt, dass sie vor Ort im Unternehmen arbeiten. Die Arbeit ist zeitintensiv - manchmal bis zu 60 Stunden pro Woche -, und die Studenten werden vollständig in die Tätigkeit der Porsche-Mitarbeiter eingebunden.
Porsche wählt seine Praktikanten aus den 2000 Studenten, die sich jährlich bewerben, sehr sorgfältig aus. Besonderer Wert wird auf Begeisterungsfähigkeit und Kreativität gelegt sowie auf die strategische Relevanz der Diplomarbeitsthemen für praktische Forschungs- und Entwicklungsprobleme des Unternehmens. Die erste Bewertung der Bewerber erfolgt durch die Personalabteilung, eine zweite durch die Mitarbeiter der Bereiche, in denen die Studenten arbeiten werden.
Indem Porsche externe Fachkompetenz in das Unternehmen holt, sichert sich der Sportwagenhersteller zugleich exzellente Nachwuchskräfte. Das Unternehmen bietet seinen besten Praktikanten - das sind weniger als 10 Prozent - Vollzeitjobs an. Die Möglichkeit, eine dieser begehrten Stellen zu bekommen, motiviert die Studenten.
Diejenigen, denen keine Stelle angeboten wird, werden in das Alumni-Netzwerk eingebunden, das Beratung in Entwicklungs- und Technologiefragen bietet. Die Alumni treffen sich meist mehrmals im Jahr. Manchmal für ein Wochenende auf einem Schloss in Süddeutschland oder in Österreich. Dort genießen die Teilnehmer erstklassiges Essen und erste Probefahrten mit den neuesten Modellen des Unternehmens.
Sechs Leitlinien für eine Kooperation
Sechs Leitlinien für eine erfolgreiche Kooperation
Porsches Zusammenarbeit mit Universitäten lässt sich in sechs Leitlinien zusammenfassen:
- Bewerten Sie Kreativität und Begeisterungsfähigkeit höher als gute Noten. Studenten, die sich für ein Produkt oder eine bestimmte Branche begeistern, erbringen in der Regel die beste Leistung. Porsche stellte zum Beispiel einen Praktikanten mit unterdurchschnittlichen Noten ein, der sein Studium dadurch finanzierte, dass er Teilzeit in einer Autowerkstatt arbeitete, die auf Porsche-Modelle spezialisiert war. Er kannte jedes Teil von jedem Modell und bekam schließlich eine Festanstellung.
- Nutzen Sie das Internet. Porsche hält die Kosten niedrig, indem es den Bewerbungs- und Auswahlprozess online durchführt.
- Behandeln Sie Praktikanten wie Mitarbeiter. Porsche integriert die Studenten uneingeschränkt in Entwicklungsprojekte, lädt sie zu Veranstaltungen ein, die außerhalb der Arbeitszeit stattfinden und gibt ihnen detailliertes Feedback zu ihren Leistungen, auch den Studenten, die nicht für eine Festanstellung in Frage kommen. Auf diese Weise erzielt das Unternehmen eine effektive Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und Studenten und macht das Praktikum zu einer wertvollen Erfahrung für die Studenten.
- Setzen Sie auf Kommunikation und Präsentation. Damit Forschungsergebnisse schnell integriert und verbreitet werden, ermutigt Porsche die Studenten, regelmäßig Präsentationen für andere Bereiche des Unternehmens durchzuführen. Dabei wird überzeugendem Bildmaterial mehr Bedeutung geschenkt als detaillierten schriftlichen Berichten.
- Binden Sie Studenten in alle wertschöpfenden Tätigkeiten ein. Porsche überträgt seinen Praktikanten anspruchsvolle, manchmal sogar sensible Aufgaben wie etwa die Auswahl neuer Lieferanten und die Unterstützung bei der Vermarktung. Die Studenten erleben so den ganzen Innovationszyklus und helfen dabei, ihre Forschungsbemühungen in einen Geschäftsvorteil für Porsche zu verwandeln.
- Schaffen Sie Loyalität. Porsche stellt sicher, dass Studenten die Marke weiter unterstützen, indem das Unternehmen ihnen während des Praktikums eine interessante und befriedigende Arbeit bietet und sie anschließend in ein aktives Alumni-Netzwerk einbindet. Weil der Autobauer das Wissen der Studenten nutzt, kann er mehr viel versprechende Ideen untersuchen und sie schneller in die Produktion einfließen lassen als seine Mitbewerber. Unternehmen, die Innovationen realisieren wollen, sollten darüber nachdenken, diesem Beispiel zu folgen. So können sie stärker nutzen, was ihnen die akademische Welt zu bieten hat.