Bayer und andere Müllschlucker Wie deutsche Konzerne in den USA danebengriffen

Für mehr als 60 Milliarden Dollar hat Bayer Monsanto übernommen - und seither vor allem Ärger mit der neuen Konzerntochter. Zwar liefert das US-Unternehmen wie erhofft ordentliche Beiträge zum Unternehmensergebnis. Vor allem eine Klagewelle in den USA wegen des Pflanzenschutzmittels Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat bereitet jedoch Sorgen. Nach ersten - bislang nicht rechtskräftigen - Urteilen gegen den Dax-Konzern brach der Aktienkurs bereits massiv ein. Auf der Hauptversammlung vor wenigen Wochen verweigerten die Investoren angesichts dessen Vorstandschef Werner Baumann die Entlastung - ein Novum für Deutschlands Top-Konzernliga.

Zuletzt sprach eine US-Jury in dieser Woche einem Ehepaar in Kalifornien einen Schadensersatz in Höhe von mehr als zwei Milliarden Dollar zu, was den Bayer-Aktienkurs erneut einbrechen ließ (im Bild: das Kläger-Ehepaar Alva (l.) und Alberta Pilliod mit Anwälten). Der Konzern will gegen sämtliche bislang ergangenen Urteile vorgehen und hofft auf Erfolg in nächsten Instanzen. Schon jetzt scheint jedoch klar: Ein echter Erfolg dürfte die Monsanto-Übernahme für Bayer kaum mehr werden. Auch andere deutsche Konzerne griffen bei Firmenkäufen in den USA bereits daneben, wie die Übersicht zeigt:

Noch gut in Erinnerung ist die geplatzte Übernahme des US-Arzneimittelherstellers Akorn durch den Dax-Konzern Fresenius. Fresenius wollte sich Akorn ursprünglich für mehr als vier Milliarden Dollar einverleiben, eigentlich war der Deal auch schon unter Dach und Fach. Doch dann kamen den Deutschen Zweifel: Akorn verstieß offenbar gegen die Übernahmevereinbarung und soll Daten von Medikamententests geschönt haben. Da Akorn Fresenius nicht einfach aus der Transaktion entlassen wollte, trafen sich beide Parteien im vergangenen Jahr vor Gericht. Ein US-Gericht gab Fresenius inzwischen Recht - wogegen Akorn wiederum umgehend Berufung ankündigte. Lesen sie hier den großen mm-Report über den Fall Fresenius/Akorn.

Schon etwas länger liegt die Übernahme der US-Marke Reebok durch Adidas zurück - doch die Probleme, die daraus erwuchsen, reichen bis in die Gegenwart hinein. Als der seinerzeitige Adidas-Chef Herber Hainer Reebock 2006 für mehr als drei Milliarden Euro übernahm, wollte er dadurch eigentlich die Position seines Konzerns auf dem wichtigen Sportmarkt USA verbessern. Doch es kam anders: Reebok entpuppte sich als Sanierungsfall und hat bis heute nicht in die Erfolgsspur zurückgefunden. Adidas' aktueller CEO Kasper Rorsted hält zwar bislang noch an Reebok fest. Ein Wiederverkauf der maroden US-Tochter steht aber ebenfalls bereits seit einigen Jahren im Raum.
DPA

"Der Mann, der Siemens-Chef Kaeser über den Tisch zog." So titelte "Die Welt" einmal über Vincent Volpe, den einstigen Chef des US-Kompressorenherstellers Dresser-Rand, der heute zu Siemens gehört. Damit ist eigentlich alles gesagt: Seit Joe Kaeser 2014 für umgerechnet etwa sechs Milliarden Euro bei Dresser-Rand zugriff, ist sich die Fachwelt einig: Zu teuer und zum falschen Zeitpunkt. Klarer Gewinner des Deals dagegen ist Volpe, der persönlich eine Abfindung von Berichten zufolge mehr als 100 Millionen Dollar einstrich.

"Hochzeit im Himmel" - Kein Artikel über die Episode DaimlerChrysler ohne dieses berühmte Zitat des seinerzeitigen Daimler-Chefs Jürgen Schrempp. 1998 fusioniert er sein Unternehmen mit den Amerikanern zum drittgrößten Autobauer der Welt, Schrempps Traum von der Welt-AG scheint möglich. Später holt er auch noch Anteile an Mitsubishi und Hyundai dazu. Doch das Vorhaben scheitert: Chrysler verursacht Verluste und verbrennt viel Geld. Auch einem gewissen Dieter Zetsche, den Schrempp als Feuerwehrmann nach Detroit schickt, gelingt die Rettung nicht. Nach mehreren ärgerlichen, verlustreichen Jahren verkauft Daimler 2007 80 Prozent der Chrysler Anteile an den Finanzinvestor Cerberus - Ende dieses traurigen Kapitels Konzerngeschichte.

Zu nennen ist in dieser Auflistung von Fehlschlägen deutscher Konzerne in Übersee selbstverständlich auch der Erwerb des Wall-Street-Hauses Bankers Trust durch die Deutsche Bank im Jahr 1999. Mit dem Deal wollten die Frankfurter ihre internationalen Ambitionen befördern: Mitspielen im Konzert von Größen wie Goldman Sachs oder JP Morgan, das war das Ziel. Tatsächlich kam der Deal eher einer Rettung von Bankers Trust gleich, nachdem sich das Institut Berichten zufolge mit Derivaten verspekuliert hatte. Einige Jahre lang erzielte die Deutsche Bank in der Folge tatsächlich Erfolge an der Wall Street. Doch die neu eingekauften Investmentbanker ließen sich nie wirklich in die Konzernkultur integrieren - ein Spannungsfeld, das letztlich auch zu den Ursachen der aktuellen Probleme der Deutschen Bank zählt.

Auch der Allianz-Konzern hat in den USA nicht nur erfreuliche Erfahrungen gemacht: Der bereits 1991 übernommene Fireman's Fund, eine Versicherungstochter, die unter anderem im Filmgeschäft tätig war, wurde 2014 zum Teil wieder abgestoßen. Zuvor war das Firmenkundengeschäft von Fireman's Fund in eine andere Allianz-Tochter integriert worden.

Auch die Fusion des Dax-Konzerns Linde mit dem US-Konkurrenten Praxair sorgt für viel Ärger. Das deutsche Traditionsunternehmen ging nach dem Deal in der Linde plc auf, deren Sitz sich im irischen Dublin befindet. Kritikern zufolge haben "die Amerikaner" deutlich zu viel Macht bei Linde übernommen. Das Unternehmen habe sich weit unter Wert verkauft, heißt es. Vor allem bei Kleinaktionären sorgte die Transaktion für viel Unmut - sie wurden gegen eine Abfindung aus dem Unternehmen gedrängt.