Ohne Schirm Stärken und Schwächen der irischen Wirtschaft












First in, First out: "Wir sind die besten unter den Schlechten" - auf diese Formel bringt der irische Finanzminister Michael Noonan (l.) den Umstand, dass sein Land 2010 als erstes Hilfskredite vom europäischen Rettungsfonds EFSF bekam und den Schirm im Dezember 2013 als erstes verlässt. Bedanken kann er sich auch bei EZB-Präsident Mario Draghi, der mit seiner Bestandsgarantie für den Euro die Risikoaufschläge aller Krisenländer am Kapitalmarkt drückte.
Eine ähnliche Bürgschaft brachte Irland in die Bredouille - weil sie die Anleger nicht beruhigte und daher in Anspruch genommen werden musste: Die Pauschalgarantie für die irischen Banken kostete den Staat in der Finanzkrise mehr als 100 Milliarden Euro und trieb die zuvor geringe Staatsverschuldung in extreme Höhen. Marktführer Bank of Ireland ist schon wieder fast komplett in privaten Händen. Allerdings streitet die Bank mit der Zentralbank darüber, ob ihr Kapital ausreicht. Noch schlimmer steht es um die Wettbewerber ...
Obwohl der Staat mit seiner Bad Bank Nama einen Großteil der Risiken aus den Bilanzen genommen hat, brauchen Institute wie Allied Irish oder Permanent TSB seinen Schutz noch zusätzlich als Großaktionär. Die Skandalbank Anglo Irish und die Bausparkasse Nationwide wurden erst zur Irish Bank Resolution Corporation zusammengelegt und im Februar 2013 per Eilbeschluss des Parlaments liquidiert. Auch deutsche Banken wie Hypo Real Estate, IKB oder SachsenLB erlitten am Finanzplatz Dublin Schiffbruch.
Hauptgrund für den Kollaps der irischen Banken war - verstärkt von der globalen Finanzkrise - die Immobilienblase im Land. Nirgendwo stiegen die Häuserpreise in den 2000er Jahren stärker als beim "keltischen Tiger". Seit 2007 ist die Bautätigkeit um drei Viertel eingebrochen. Der Anteil fauler Kredite an den Hypotheken ist dreimal so hoch wie im ebenfalls von einer schweren Immobilienkrise geschüttelten Spanien - aber die Banken scheuen vor Abschreibungen zurück.
Private Überschuldung und harter staatlicher Sparkurs halten die irische Binnenwirtschaft am Boden. Die Arbeitslosenrate sank zwar im November auf 12,5 Prozent - aber hauptsächlich, weil immer mehr Menschen den Arbeitsmarkt oder gleich das ganze Land verlassen. Irland wird den anderen Krisenländern wie Griechenland, Portugal oder Spanien immer wieder als Vorbild präsentiert, ...
... auch weil die Proteste vergleichsweise gering ausfielen. Von Begeisterung für den aus Berlin und Brüssel verordneten Kurs kann aber keine Rede sein. Die Volksabstimmung zum Fiskalpakt 2012 brachte immerhin 60 Prozent "Ja", wenn auch mit hörbarem Zähneknirschen. Ein Vorteil gegenüber den anderen Krisenländern ist die enorm hohe Exportquote von 108 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Allerdings sind die Hälfte der Ausfuhren keine Waren, sondern "Exporte im weiteren Sinne" ...
... zum Beispiel Patente oder Softwarelizenzen. Vor allem IT-Konzerne wie Google, aber auch Industrieriesen verschieben so ihre anderswo erzielten Gewinne nach Irland, um ihre Steuern zu minimieren. Jeder zweite Dax-Konzern ist mit Finanzholdings oder Zweckgesellschaften präsent. Bisher hat das Modell die internationale Kritik überlebt. Die Niederlassungen bringen auch real Jobs und Steuereinnahmen. Ein spezielles Schlupfloch aber, das beispielsweise Apple erlaubte, in Irland eine "staatenlose" Tochter zu registrieren und so Milliardenbeträge komplett am Finanzamt vorbeizuleiten, soll nun geschlossen werden. Irland hat aber auch reale Industrieproduktion ...
Für mehr als die Hälfte der Warenexporte sorgt die Pharmaindustrie, wo Irland zum weltgrößten Nettoexporteur aufgestiegen ist. US-Riese Pfizer ist mit sieben Milliarden Dollar Investitionen für 4000 Jobs nur eine von rund 120 ausländischen Firmen, die den Standort schätzen. Allerdings ist - trotz der Entwicklung von reiner Vorproduktfertigung über Tablettenproduktion bis zu Forschungszentren - der Anteil der inländischen Wertschöpfung gering, ebenso wie ...
... in der Elektronikbranche, die stärker auf Intel mit seiner riesigen Chipfabrik in Leixlip westlich von Dublin konzentriert ist. Insgesamt sorgt die besondere Wirtschaftsstruktur Irlands dafür, dass die Statistik trügt. Wegen der hohen von ausländischen Konzernen vereinnahmten Gewinne ist das Bruttoinlandsprodukt, das international als Wohlstandsmaßstab verwendet wird und Irland als drittreichste EU-Nation zeigt, um ein Fünftel größer als das Bruttosozialprodukt - das den im Inland ansässigen Wirtschaftssubjekten zur Verfügung steht.
Wirklich irische Firmen sind rar gesät. Die drei reichsten Iren haben ihr Vermögen in Übersee gemacht. Immerhin der Zementhersteller CRH, mit dem irischen Bauboom gewachsen aber international vertreten, ist Mitglied im europäischen Aktienindex EuroStoxx 50. Der einzige große heimische Vertreter in der Pharmabranche, die Biotechfirma Élan, wurde gerade für 8,6 Milliarden Dollar an die US-israelische Firma Perrigo verkauft. In dieser Liga spielt auch der klamaukige Billigflieger Ryanair, während ...
... die ehemalige Staatsairline Aer Lingus seit 2009 unter dem deutschen Chef Christoph Müller ums Überleben und gegen Noch-Großaktionär Ryanair kämpft. Abseits der Börse ist noch das Familienunternehmen Glen Dimplex zu nennen, einer der großen Heizungshersteller mit Produktion auch in Deutschland. Sieben der 20 größten Aktiengesellschaften ...
... sind in der Nahrungs- und Genussmittelbranche zu Hause, eine eher traditionelle Stärke der immer noch stark landwirtschaftlich geprägten irischen Wirtschaft. Aus Molkereigenossenschaften gingen Glanbia und die Kerry Group hervor, der Weltmarktführer für Nahrungszusatzstoffe und Aromen - nicht zu verwechseln mit der auch in Deutschland führenden Buttermarke Kerrygold, die vom auch heute noch genossenschaftlichen Irish Dairy Board vermarktet wird. Die schweizerisch-irische Aryzta ist groß im Geschäft mit Tiefkühlkost. Die wohl bekannteste irische Marke Guinness aber ging im Londoner Alkoholkonglomerat Diageo auf.
Eine ähnliche Bürgschaft brachte Irland in die Bredouille - weil sie die Anleger nicht beruhigte und daher in Anspruch genommen werden musste: Die Pauschalgarantie für die irischen Banken kostete den Staat in der Finanzkrise mehr als 100 Milliarden Euro und trieb die zuvor geringe Staatsverschuldung in extreme Höhen. Marktführer Bank of Ireland ist schon wieder fast komplett in privaten Händen. Allerdings streitet die Bank mit der Zentralbank darüber, ob ihr Kapital ausreicht. Noch schlimmer steht es um die Wettbewerber ...
Foto: Peter Macdiarmid/ Getty ImagesObwohl der Staat mit seiner Bad Bank Nama einen Großteil der Risiken aus den Bilanzen genommen hat, brauchen Institute wie Allied Irish oder Permanent TSB seinen Schutz noch zusätzlich als Großaktionär. Die Skandalbank Anglo Irish und die Bausparkasse Nationwide wurden erst zur Irish Bank Resolution Corporation zusammengelegt und im Februar 2013 per Eilbeschluss des Parlaments liquidiert. Auch deutsche Banken wie Hypo Real Estate, IKB oder SachsenLB erlitten am Finanzplatz Dublin Schiffbruch.
Foto: ? Luke MacGregor / Reuters/ REUTERS... auch weil die Proteste vergleichsweise gering ausfielen. Von Begeisterung für den aus Berlin und Brüssel verordneten Kurs kann aber keine Rede sein. Die Volksabstimmung zum Fiskalpakt 2012 brachte immerhin 60 Prozent "Ja", wenn auch mit hörbarem Zähneknirschen. Ein Vorteil gegenüber den anderen Krisenländern ist die enorm hohe Exportquote von 108 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Allerdings sind die Hälfte der Ausfuhren keine Waren, sondern "Exporte im weiteren Sinne" ...
Foto: PETER MUHLY/ AFP... zum Beispiel Patente oder Softwarelizenzen. Vor allem IT-Konzerne wie Google, aber auch Industrieriesen verschieben so ihre anderswo erzielten Gewinne nach Irland, um ihre Steuern zu minimieren. Jeder zweite Dax-Konzern ist mit Finanzholdings oder Zweckgesellschaften präsent. Bisher hat das Modell die internationale Kritik überlebt. Die Niederlassungen bringen auch real Jobs und Steuereinnahmen. Ein spezielles Schlupfloch aber, das beispielsweise Apple erlaubte, in Irland eine "staatenlose" Tochter zu registrieren und so Milliardenbeträge komplett am Finanzamt vorbeizuleiten, soll nun geschlossen werden. Irland hat aber auch reale Industrieproduktion ...
Foto: CATHAL MCNAUGHTON/ REUTERSWirklich irische Firmen sind rar gesät. Die drei reichsten Iren haben ihr Vermögen in Übersee gemacht. Immerhin der Zementhersteller CRH, mit dem irischen Bauboom gewachsen aber international vertreten, ist Mitglied im europäischen Aktienindex EuroStoxx 50. Der einzige große heimische Vertreter in der Pharmabranche, die Biotechfirma Élan, wurde gerade für 8,6 Milliarden Dollar an die US-israelische Firma Perrigo verkauft. In dieser Liga spielt auch der klamaukige Billigflieger Ryanair, während ...
Foto: YVES HERMAN/ REUTERS... die ehemalige Staatsairline Aer Lingus seit 2009 unter dem deutschen Chef Christoph Müller ums Überleben und gegen Noch-Großaktionär Ryanair kämpft. Abseits der Börse ist noch das Familienunternehmen Glen Dimplex zu nennen, einer der großen Heizungshersteller mit Produktion auch in Deutschland. Sieben der 20 größten Aktiengesellschaften ...
Foto: © Paul McErlane / Reuters