Joe Kaesers Weltpolitik Wie der Siemens-Chef Deutschland vertritt

Siemens-Chef Joe Kaeser reist von einem großen diplomatischen Auftritt zum nächsten. Wir zeigen, wie Kaeser Außenpolitik für die deutsche Wirtschaft macht.
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Joe Kaeser beherrscht die große Geste. Der Siemens-Chef hat nicht nur die Macht im eigenen Konzern konsolidiert. Zunehmend selbstbewusst vertritt er auch außenpolitisch die Interessen der deutschen Wirtschaft - obwohl seine Abteilung Government Affairs derzeit noch als Übergangslösung läuft und erst ab Mitte April mit Eva Schulz-Kamm eine neue Chefin bekommt.

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Die britische Premierministerin Theresa May besuchte er am Donnerstag und sagte weitere Investitionen in den Inselstaat zu. Er sehe "mehr Chancen als Risiken", machte Kaeser gut Wetter - einen Tag, nachdem May den Austritt aus der EU formell beantragt hatte.

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Für Siemens geht es um viel. In der Hafenstadt Hull hat der Konzern gerade eine Fabrik für Offshore-Windanlagen eröffnet. Das erste 75-Meter-Rotorblatt schmückt jetzt den Queen Victoria Square der britischen Kulturhauptstadt 2017 - die zu zwei Dritteln pro Brexit votierte.

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Mitte März war Kaeser - hier vor BMW-Chef Harald Krüger - das prominenteste Gesicht der deutschen Wirtschaftsdelegation im Weißen Haus. Siemens hat mehr als 50.000 Beschäftigte in den USA, die Energiesparte leitet Lisa Davis von Texas aus - infolge des Kaufs von Dresser-Rand, Kaesers erstem großen Deal.

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Am Roundtable mit der Bundeskanzlerin saß er neben Donald Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn. Die Fachleute der neuen Regierung hatte er zuvor in höchsten Tönen gelobt, zugleich aber den Rechtskurs unverhohlen kritisiert: "Amerika ist great geworden durch Immigranten", sagte der Mann, der selbst jahrelang dort für Siemens arbeitete und auch die Schreibweise seines Geburtsnamens Josef Käser amerikanisiert hat.

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Signalwert hatte Kaesers Auftritt am Februar in Mexiko. Mit Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo vereinbarte er Aufträge, die er Trump-like auf "bis zu 36 Milliarden Dollar" aufbauschte. Dem von Trump immer wieder attackierten Land versicherte er: "In herausfordernden Zeiten ist es immer gut, Freunde zu haben, die an deiner Seite stehen, wenn es darauf ankommt."

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Im September 2016 begleitete Kaeser den damaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel nach Buenos Aires. Argentinien hat nach zwölf Jahren linksnationalistischer Regierung einen Präsidenten, der ausländische Konzerne willkommen heißt. Mauricio Macri konnte Investitionszusagen über fünf Milliarden Euro in Energie und Infrastruktur von Siemens verbuchen.

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Deutlich kontroverser lief der 2015 mit Ägyptens Militärregime in Berlin geschlossene Deal - aber umso lukrativer für Siemens. In Rekordzeit wurde seitdem schon ein Teil riesiger Gaskraftwerke fertiggestellt. Ein Pharaonenprojekt, das die ägyptische Stromerzeugung um 45 Prozent steigern soll und Siemens' Problemsparte mal wieder richtig auslastet. "Dieser Plan hat dem Präsidenten gefallen", berichtete Kaeser stolz, nachdem er das Megaprojekt mit Präsident Abdel Fattah al-Sissi und Kanzlerin Merkel symbolisch einweihte.

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Richtig ärgerlich fand die Bundesregierung hingegen die Nebenaußenpolitik, die Kaeser in der Ukraine-Krise betrieb. Im März 2014 traf der Siemens-Chef den russischen Präsidenten Wladimir Putin in dessen Moskauer Residenz - und machte keinen Hehl aus seiner Opposition zu den von Berlin und Washington betriebenen Sanktionen.

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Kaeser dürfte aber auch froh sein, dass die Russische Bahn inzwischen in Oleg Belozerov einen Chef hat, der nicht persönlich auf westlichen Sanktionslisten steht. Das war bei dessen Vorgänger Wladimir Jakunin der Fall, den Kaeser ebenfalls in Moskau traf.

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Für Donald Trumps Vorgänger Barack Obama - da schon auf dem Weg zum Elder Statesman - hatte Joe Kaeser auf der Hannover Messe 2016 einen Golfschläger als Präsent, mit kleinem Wimpel und Erklärung: "Yes, we can" heiße auf Deutsch "Wir schaffen das".

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Wenn die Kanzlerin Staatsgäste zur weltgrößten Industriemesse führt, kommt sie kaum am Siemens-Chef vorbei. 2015 war es der indische Premierminister Narendra Modi ...

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... und 2014 durfte Kaeser dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte erklären, wie die digitale Fabrik der Zukunft aussieht.

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Selbst in der Niederlage kann Joe Kaeser noch den strahlenden Chefdiplomaten geben - wie 2014, als er den französischen Wettbewerber Alstom kaufen wollte und dafür bei Präsident François Hollande vorsprach. Den Zuschlag bekam dann doch der ewige US-Rivale General Electric.

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Mitgebracht in den Elysée-Palast hatte Kaeser den Kollegen Shunichi Miyanaga von Mitsubishi, der mit dem Alstom-Deal zum globalen Giganten der Bahntechnik aufsteigen wollte. Lasst die Amerikaner doch zahlen, schien die Gestik und Körperhaltung der beiden auszudrücken.

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In China, wo der globalste deutsche Konzern schon 1872 seine erste Präsenz zeigte, klappt für Joe Kaeser meistens alles reibungslos. Präsident Xi Jinping und Kanzlerin Angela Merkel halten sich gern im Hintergrund, wenn Siemens Aufträge besiegelt - damit ist der Zweck ihrer Treffen erfüllt.

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Schon qua Amt ist dem Siemens-Chef ein prominenter Platz in deutsch-chinesischen Wirtschaftsrunden sicher. So ging es auch Joe Kaesers Vorgänger Peter Löscher ...

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... der sich - in ganz entspannter außenpolitischer Atmosphäre - auch mit Russlands damaligem Premierminister Wladimir Putin traf und den Orden der Freundschaft Russlands erhielt. Aus der angepeilten Nuklearallianz von Siemens und Rosatom wurde jedoch nicht viel.

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Insgesamt war Löscher, hier mit Merkel auf Staatsbesuch 2010 in den Vereinigten Arabischen Emiraten, bei weitem nicht so auffällig auf der Weltbühne.

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Der einstige "Mr Siemens" Heinrich Pierer, im Bild von 2005 mit Brasiliens damaligem Präsidenten Lula da Silva, zeigte durchaus globale Ambitionen - und wurde zeitweise gar als Kandidat zum Bundespräsidenten diskutiert, bevor die Siemens-Korruptionsaffäre ausbrach. Pierer war Gründungsvorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, der maßgeblich die Öffnung Chinas für deutsche Konzerne betrieb. Doch selbst der wird von Kaesers aktueller Präsenz übertroffen.

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