Industrielegende Krupp Bürgschaft von Schiller, Dollars vom Schah










Im November 2011 feierte Krupp, die Industrielegende aus Essen, 200-jährigen Geburtstag. Doch ThyssenKrupp, das Nachfolgeunternehmen der Essener Stahl-Dynastie, steckt in argen Schwierigkeiten. Gigantische Fehlinvestitionen in neue Stahlwerke wie zum Beispiel in Brasilien färben das Konzernergebnis tiefrot. Jetzt fehlt das Geld, um eine rasche Wende herbeizuführen, um in aussichtsreichere Geschäfte als den Stahl zu investieren.
Die Not ist groß - aber wahrlich keine neue Erfahrung für das Traditionsunternehmen (Bild: Stahlwerk in Duisburg). Die Geschichte von Krupp ist ein ständiges Auf und Nieder. Oft genug schien das Ende nah. Doch mit der gleichen Regelmäßigkeit konnten sich die jeweiligen Herren auf der Villa Hügel, dem Familienstammsitz der Krupps, aus den Krisen herauswinden. Allein seit dem Zweiten Weltkrieg ist Krupp fünf Mal dem Untergang entkommen.
Nach 1945 war die einstige Waffenschmiede des Dritten Reiches am Boden. Fast ein Drittel der Anlagen waren zerstört. Firmen-Patriarch Alfried Krupp von Bohlen und Halbach wurde als Kriegsverbrecher und wegen des Einsatzes von Zwangsarbeitern ins Gefängnis geschickt. Ende der 50er Jahre aber war Krupp schon wieder obenauf. Die Waffenproduktion war aufgegeben worden. Stattdessen produzierten die Essener nun vor allem Brücken und Kräne, Lastwagen und Lokomotiven, Schiffe und Turbinen. Und auch in der Stahlfrage hatte man die Alliierten zum Einlenken bewegt.
Durch geschicktes Taktieren eines Managers namens Berthold Beitz (Foto des im Juli 2013 verstorbenen Ehrenvorsitzenden), der 1953 aus Hamburg zu Krupp gestoßen und zweiter Mann hinter Alfried Krupp geworden war, durfte Krupp die Hütten Jahr um Jahr behalten. Denn Beitz meinte, ein Unternehmen ohne eigene Stahlbasis sei wie eine Frau ohne Unterleib.
Bürgschaft von Schiller: Nach 1965 geriet Krupp in den Abwärtsstrudel der ersten deutschen Nachkriegsrezession. Im Dezember 1966 drehten die Banken Krupp den Geldhahn zu. In der Not wandte sich Beitz an den damaligen Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller (Foto) und an Hermann Josef Abs von der Deutschen Bank. Am Ende schnürte der Bund gemeinsam mit 28 Banken ein Rettungspaket. Der Inhalt: eine Bürgschaft von 300 Millionen Mark. Dazu sollten 100 Millionen Mark vom Land NRW kommen und ein Exportkredit. Allerdings musste Krupp die Bürgschaft am Ende gar nicht in Anspruch nehmen.
Petro-Dollar vom Schah: Als 1974 die Not erneut groß war, mochte sich Beitz nicht ein weiteres Mal auf die Banken als Retter einlassen. Deshalb suchte der Chef der Krupp-Stiftung, die zu dem Zeitpunkt 100 Prozent des Krupp-Kapital besaß, Hilfe beim Schah von Persien. Der beteiligte sich nach einem Besuch von Beitz in Teheran mit 25 Prozent an Krupp (Foto: Beitz (r.) mit dem persischen Wirtschaftsminister Hushang Ansary in Teheran). Dadurch floss dem Konzern frisches Geld in Höhe von 1,3 Milliarden Mark zu.
Räuberische Fusion: 1989 übernahm nach etlichen Wechseln an der Firmenspitze Gerhard Cromme (Bild) den Chefstuhl bei Krupp. Cromme sicherte das Überleben von Krupp durch zwei spektakuläre Coups. 1991 - wieder mal hatte eine Stahlkrise Krupp zermürbt - wagte Cromme als erster Konzernchef an der Ruhr eine feindliche Übernahme. Das Objekt: der Dortmunder Hoesch-Konzern. Zunächst sicherte sich Cromme heimlich ein knappes Viertel der Hoesch-Aktien. Dann zwang er dem Konkurrenten seinen Willen auf. Im Dezember 1992 verschmolzen beide Unternehmen zur Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp.
Hammer und Thor: Im März 1997 setzte Cromme den nächsten Hieb an. Diesmal startete er eine Attacke auf den doppelt so großen Düsseldorfer Konkurrenten Thyssen. Motto: Der Lahme schluckt den Großen. Die viel näher liegende Lösung zur notwendigen Konsolidierung der deutschen Stahlindustrie, die Übernahme von Krupp durch Thyssen, war nicht möglich. Die Krupp-Stiftung, die damals die Hälfte der Krupp-Anteile hielt, machte Krupp-Hoesch zu einer uneinnehmbaren Festung. Und die Banken spielten mit ...
Verschmelzung im zweiten Anlauf: Zwei Banken räumten Cromme Kreditlinien in Höhe von 18 Milliarden Mark ein. Doch das Geheimprojekt (Codename: "Hammer und Thor") wurde vorzeitig bekannt. Der damalige NRW-Finanzminister Heinz Schleußer steckte Thyssen-Aufsichtsratschef Heinz Kriwet den Plan. So kam es erst 1999 durch einen zweiten, friedlichen Anlauf zur Fusion von Thyssen und Krupp.
Der jüngste Akt ist die Existenzkrise, die vor allem durch das verlustreiche brasilianische Stahlwerk ausgelöst wurde. Den Bau hatte der langjährige Konzernchef Ekkehard Schulz unter der Aufsicht von Cromme angetrieben. Bisher hat das Abenteuer zwölf Milliarden Euro gekostet und das Eigenkapital fast komplett aufgezehrt. Im Dezember 2013 konnte Konzernchef Heinrich Hiesinger immerhin das zugehörige Weiterverarbeitungswerk in den USA verkaufen, sich vom maladen finnischen Edelstahlkonzern Outokumpu trennen und 800 Millionen Euro neues Kapital aufnehmen. Aus Konzernsicht ist das ein Wendepunkt. Das Werk in Rio aber bleibt den Essenern, ebenso wie viele weitere Risiken.
Im November 2011 feierte Krupp, die Industrielegende aus Essen, 200-jährigen Geburtstag. Doch ThyssenKrupp, das Nachfolgeunternehmen der Essener Stahl-Dynastie, steckt in argen Schwierigkeiten. Gigantische Fehlinvestitionen in neue Stahlwerke wie zum Beispiel in Brasilien färben das Konzernergebnis tiefrot. Jetzt fehlt das Geld, um eine rasche Wende herbeizuführen, um in aussichtsreichere Geschäfte als den Stahl zu investieren.
Foto: INA FASSBENDER/ REUTERSVerschmelzung im zweiten Anlauf: Zwei Banken räumten Cromme Kreditlinien in Höhe von 18 Milliarden Mark ein. Doch das Geheimprojekt (Codename: "Hammer und Thor") wurde vorzeitig bekannt. Der damalige NRW-Finanzminister Heinz Schleußer steckte Thyssen-Aufsichtsratschef Heinz Kriwet den Plan. So kam es erst 1999 durch einen zweiten, friedlichen Anlauf zur Fusion von Thyssen und Krupp.
Foto: Oliver Berg/ dpa