Der Multiaufsichtsrat von der CDU Die Geschäfte des Friedrich Merz

Es ist die neueste Sensation der Großen Koalitionskrise: Friedrich Merz bewirbt sich um die Nachfolge Angela Merkels an der Spitze der CDU.

Es wäre eine Rückkehr aus grauer Vorzeit: Merz zählte zu den ersten, deren politische Karriere an Merkel scheiterte. Den Fraktionsvorsitz im Bundestag musste er 2002 an sie abgeben und zog sich danach schrittweise aus der Politik zurück, 2009 schließlich ganz.

Als Merz' politisches Vermächtnis blieb der Partei neben dem Begriff "Leitkultur" vor allem der Bierdeckel als Symbol für eine radikale Steuerreform. An diese Zeiten anzuknüpfen wünschen sich Spitzenvertreter von CDU-Wirtschaftsrat und Parlamentskreis Mittelstand. In der Wirtschaft ist Merz weiterhin gut vernetzt.

Bekannt ist der Rechtsanwalt inzwischen vor allem als Aufsichtsratschef der deutschen Niederlassung von Blackrock seit 2016. Die mit mehr als sechs Billionen Dollar verwaltetem Vermögen weltgrößte Fondsgesellschaft zählt zu den größten Aktionären praktisch aller bedeutender Unternehmen - hält sich aber meist vornehm zurück.

Seit Dezember 2017 führt Merz, der den Pilotenschein besitzt und sein eigenes Geschäftsflugzeug steuert, außerdem den Aufsichtsrat des Flughafens Köln-Bonn. Dieser Job ist schon etwas turbulenter, weil es Streit um das Geschäftsgebaren des früheren Flughafenchefs, um eine mögliche Teilprivatisierung und auch um Merz' eigene Berufung gibt. Nur CDU-Mandatare stimmten mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit für ihn.

Merz verdankt den Job seinem Parteifreund Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, der ihn ab 2019 auch zum Brexit-Beauftragen des Landes machen will. Laschet hatte sich zuletzt offengehalten, ob er selbst für den CDU-Vorsitz kandidieren würde. Aus Nordrhein-Westfalen stammt wie Laschet und Merz auch Gesundheitsminister Jens Spahn, der bislang als Favorit der Merkel-Kritiker galt.

Für den Posten am Airport musste für Merz eine Ausnahme vom Corporate-Governance-Kodex gemacht werden, der Ämterhäufung kritisch sieht. Aufsichtsratschef ist er auch in seiner Sauerländer Heimat beim Arnsberger Toilettenpapierfabrikanten Wepa. Den Milliardenkonzern beriet er einst bei der Umfirmierung von einer GmbH & Co. KG in eine europäische Aktiengesellschaft SE.

Friedrich Merz steht außerdem an der Spitze des Verwaltungsrats von HSBC Deutschland, bekannt durch die Privatbank Trinkaus & Burkhardt und in Laufweite seiner Anwaltskanzlei Mayer Brown an der Düsseldorfer Königsallee. Das mit Wirtschaftspromis wie Simone Bagel-Trah, Tom Enders oder Werner Wenning besetzte Gremium hat jedoch nur beratende Funktion. Im Aufsichtsrat ist Merz einfaches Mitglied.

Ebenso im Verwaltungsrat des Schweizer Bahnherstellers Stadler Rail, der einem Ex-Politiker der rechtsnationalen SVP gehört. Um sich auf seine Aufsichtsratsmandate konzentrieren zu können, zog sich Merz 2014 in der US-Wirtschaftskanzlei Mayer Brown auf die Rolle als Senior Counsel zurück. 2013 wurden ganze 19 Posten in Aufsichts- und Verwaltungsräten für Merz gezählt. Manche davon hat er inzwischen abgegeben.

Zu den bedeutenderen Mandaten des Juristen zählte der Aufsichtsrat der Deutschen Börse von 2005 bis 2015. Ursprünglich hatte Merz den Hedgefonds TCI von Chris Hohn beraten, der eine der ersten großen Kampfansagen von Finanzinvestoren an deutsche Konzernführungen machte.

Für gut ein halbes Jahr sollte Merz im Auftrag des bundeseigenen Bankenrettungsfonds Soffin 2010/11 dessen Anteile an der WestLB verkaufen, der einst drittgrößten deutschen Bank. Stattdessen wurde die Landesbank dann jedoch zerschlagen. Laut "Handelsblatt" bezog der Veräußerungsbevollmächtigte ein Tageshonorar von 5000 Euro.

Der von Mayer Brown als Experte für Gesellschaftsrecht, M&A-Transaktionen, Compliance, Bank- und Finanzrecht beworbene Anwalt beriet auch den US-Finanzinvestor Lone Star, der 2008 die Düsseldorfer Industriebank IKB kaufte - das erste große deutsche Opfer der Finanzkrise.

Während er sich von CDU-Parteitagen in den vergangenen Jahren fernhielt, blieb Merz eine wichtige gesellschaftliche Rolle als Vorsitzender der Atlantik-Brücke - im Bild von 2012 zur 60-Jahr-Feier neben Angela Merkel und Helmut Schmidt. Der Verein versammelt deutsche Politiker, Unternehmer und Manager mit besonderer Nähe zu Amerika. Merz hielt jedoch Distanz zur Trump-Regierung und betonte zuletzt vor allem sein Bekenntnis zu einer stärkeren EU. In gemeinsamen Aufrufen mit SPD-Politikern forderte er gar eine europäische Armee und eine europäische Arbeitslosenversicherung.

Auch wenn es wie eine späte Rache an Merkel aussieht - Friedrich Merz als CDU-Vorsitzender würde wohl weniger das Werk der Bundeskanzlerin einreißen als sein Rivale um das Parteiamt, Jens Spahn. Der Gesundheitsminister verdankt seinen Aufstieg auch dem Wunsch des Wirtschaftsflügels nach einem neuen Merz mit klar konservativem Profil.

Sollte es bis zum Parteitag im Dezember bei den bisher angekündigten Bewerbungen bleiben, würden die beiden Westfalen jedoch um die Stimmen der Parteirechten konkurrieren - und Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hätte bessere Chancen, die CDU ganz in Merkels Sinne fortzuführen.