20 Kunstinvestments Vom Uecker für Einsteiger bis zum Bourgeois für Sammler

mm-Kunstexpertin Linde Rohr-Bongard hat 20 günstige Werke großer Künstler ausgewählt, die Privatsammlern Potenzial bieten. 20 Werke von Altmeistern und Jungstars.
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Holger Kurt Jäger: Porträts, 2011, Öl auf Stoff, 21 x 15 cm, (Unikate), 180 Euro, www.kunst-raum.net 

Holger Kurt Jäger
Ausgerechnet ein Wäscheständer sorgte für Aufsehen während der Kölner Art Fair, der Herbstmesse für moderne und aktuelle Kunst. Am Eyecatcher hingen zahlreiche mit Ölfarben bemalte Waschlappen, die Holger Kurt Jäger im Kaufhaus Kik für je 0,59 Euro erworben hatte. „Mich reizten diese Rohlinge als Basis für Portraits von Prominenten mit negativer Ausstrahlung“, argumentiert der 32-jährige Schelm, der in seiner Malerei einen bissig- ironischen Dialog mit dem Publikum sucht. Eine illustre Gesellschaft hing mit Wäscheklammern festgeklemmt wahllos nebeneinander: Osama bin Laden neben dem Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Der Papst Benedikt XVI. in Nachbarschaft mit dem deutschen Malerrebellen Jonathan Meese. Seiner Essener Galerie kunst-raum schulte-goltz+noelte wurden die 180 Euro teuren Portraits auf Frottee schon während der Vernissage aus den Händen gerissen.

Foto: Holger Kurt Jäger / kunst-raum schulte-goltz+noelte, Essen
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Hilke Turré: Tänzer, 2011, Skulptur/Ton – Textil, 80 – 100 cm hoch, (Unikate), je 800 Euro, www.galerie-fox.de 

Hilke Turré
MM-Lesern ist das Werk von Hilke Turré, Jahrgang 1945, vertraut. Denn zum 40. Geburtstag des Kunstkompass steuerte die Bildhauerin neben Zeromeister Günther Uecker und dem großen Joseph Beuys die Skulpturenserie aus Stahl und Textil „Aufschwünge“ bei. Turré studierte Maltechnik an der Stuttgarter Kunstakademie und vertiefte in langen Aufenthalten in Kairo, Florenz, Indien und den USA ihre künstlerischen Konzepte: “Reisen in andere Kulturkreise helfen mir immer dann, wenn ich mich in unserem europäischen Formenkanon mal wieder eingeengt fühle.“ Ihre überwiegend figürlichen Arbeiten kreisen die menschliche Existenz ein. In den letzten Jahren hat ihre Kunst eine heitere, geradezu tänzerische Dimension gewonnen. Die in Baden-Baden lebende Künstlerin hat eine Vorliebe für Stoffe entdeckt, die sie überzeugend mit Eisen aber auch Ton kombiniert.

Foto: Hilke Turré / Galerie Ricarda Fox
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Ulla Rossek: Ohne Titel, 2011, Gebrannte Tonskulpturen, Länge: ca. 85,5 cm, ø 7,5 cm, (Unikate), je 800 Euro, www.koelnischer-kunstverein.de 

Ulla Rossek
Zu den künstlerischen Höhepunkten bei der Präsentation der diesjährigen Jahresgaben im Kölnischen Kunstverein zählen die röhrenförmigen Tonskulpturen mit unterschiedlichen Längen , Farbtönen und Glasuren der Ulla Rossek. Die braunschwarzen Unikate, die für Mitglieder je 800 Euro kosten, erinnern an archaische Fundstücke, die sich jeder zeitlichen Einordnung entziehen. Die Objektkünstlerin produziert in unorthodoxen Arbeitsschritten: vor dem Brennprozess rollt sie frische gewalzte Tonerde zu schmalen Röhren. Im Anschluss werden die Tonobjekte in verschiedene Farbglasuren getaucht und zum zweiten Mal gebrannt. Rossek, Jahrgang 1978, studierte von 1999 bis 2003 an der Münchner Kunstakademie und anschließend an der Städelschule in Frankfurt. 2005 wurde sie mit dem Villa-Romana-Preis in Florenz ausgezeichnet. Seit 2006 lebt und arbeitet sie in Berlin.

Foto: Ulla Rossek / Kölnischer Kunstverein / Foto: Simon Vogel
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Carina Brandes: Ohne Titel, 2011, S/W-Abzug auf Barytpapier, 17,7 x 24 cm, Auflage: 8, je 500 Euro, www.kunstverein.de 

Carina Brandes
Die eigene weibliche Nackzheit in allen Variationen einzukreisen, wird seit fast 50 Jahren von Künstlerinnen couragiert auf den Punkt gebracht. Mal wird das brisante Thema in Fotos vorgeführt, mal sind es provokante Performances. Ikonen wie Yoko Ono oder Marina Abramovic legten bereits in den 60er Jahren los, später radikalisierten Tracey Emin und Elke Krystufek das Erkunden nackter Tatsachen. Carina Brandes betreibt ästhetische, zuweilen märchenhafte Inszenierungen ihres nackten oder spärlich bekleideten Körpers, die sie mit Schwarzweissfotografien festhält. Auch kunstgeschichtliche Referenzen fehlen nicht, wenn der weibliche Körper aus der Wanne hängt wie bei Jaques-Louis David der "Tod des Marat." Carina Brandes, Jahrgang 1982, lebt in Berlin. Sie studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig als Meisterschülerin bei Walter Dahn.

Foto: Carina Brandes / Hamburger Kunstverein
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Rebecca Ann Tess: No Buddy Forever, 2011, Tintenstrahldruck auf Acrylglas, 60 x 90 cm, Auflage: 3, je 1400 Euro, www.figgevonrosen.com 

Rebecca Ann Tess
Rebecca Ann Tess, Jahrgang 1980, hat sich dem Film als künstlerisches Medium verschrieben. Sie studierte in London, Berlin und zuletzt an der renommierten Frankfurter Städelschule. In diesem Jahr gewann sie neben Henrik Olesen, Thomas Kilpper, Nora Schultz und Vincent Vulsma das begehrte Villa Romana- Stipendium für junge Künstler im alten Florenz. 10 Monate konnte sie sich in der herrlich gelegenen und aufwändig renovierten Villa, die 1905 vom deutschen Maler Max Klinger erworben wurde, auf ihre mediale doppelbödigen Kunst konzentrieren. 2010 präsentierte ihre Galerie Figge von Rosen in Berlin und Köln in einer Einzelausstellung "Not Dad Yet Sad!" Filme und Fotocollagen und der Nassauische Kunstverein zeigte "Dad Dracula is Dead". Derzeit arbeitet Rebecca Ann Tess an einer Film-Triologie, die um Rassismus, Geschlechterkampf und Immigration kreist.

Foto: Rebecca Ann Tess / Figge von Rosen Galerie, Köln und Berlin
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Dan Perjovschi: Trash, 2008, Zeichnung 21 x 29,7 cm, Auflage: 15, je 1000 Euro, www.wkv-stuttgart.de 

Dan Perjovschi
Sein Gepäck für die aufwändigen Soloausstellungen in großen Häusern wie das New Yorker Museum of Modern Art oder das Kölner Ludwig-Museum ist federleicht: Filzstift, Bleistift, Boulevardzeitungen oder Wirtschaftsmagazine. Mit hintergründigem Witz und verspielter Ironie kritzelt der rumänische Akademieabsolvent und Redakteur der Zeitschrift revista 22, Dan Perjovschi, Kommentare zur Politik, Wirtschaftskrise, aber auch zu Klatsch und Tratsch direkt auf die hehren Museumswände. Seine scheinbar ungelenken Strichmännchen kommentieren mit frechen Sprechblasen Kunst und Kommerz, Kommunismus und Kapitalismus. Oft verwickelt der 1961 in Sibiu geborene Zeitzeuge Besucher in Diskussionen und verarbeitet die Gespräche in seinen Wandzeichnungen: "Alles kann zum Gegenstand meiner Zeichnungen werden", argumentiert der in Bukarest lebende Schelm, der im jüngsten Kunst-Kompass Platz 86 belegte.

Foto: Dan Perjovschi / WKV Stuttgart
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Jörg Immendorff: Café D.gut, 2007, Farblinolschnitt 67 x 53 cm, Auflage: 60, 1700 Euro, www.moenchehaus.de 

Jörg Immendorff
"Der Künstler muss sich einmischen. Einen Mangel an Problemen haben wir weiß Gott nicht", wütete der Maler, Bildhauer und Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie Jörg Immendorff. 2007 starb der „geborene Rebell“, der zur Freude der Boulevardpresse kein Fettnäpfchen ausließ, im Alter von 61 Jahren an der Nervenkrankheit ALS. Bei der Trauerfeier in Berlin würdigte der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder seinen „unbequemen Freund“. Seine stürmische Karriere startete er mit angriffslustigen Aktionen, die sogar seinen Lehrer Joseph Beuys provozierten. Der kämpferische Querkopf malte bereits in den Siebzigern visionäre „Cafe Deutschland“-Bilder zum Thema Wiedervereinigung. Sein Berlin-New Yorker Galerist Michael Werner entdeckte den streitbaren Politmaler früh und stellte regelmäßig seine ruppigen Arbeiten aus.

Foto: Jörg Immendorff / Mönchehaus Museum / Foto: Sascha Engel
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Marie-Jo Lafontaine: Aromes-Roses-Iris, 1995, dreiteilige einzeln gerahmte Fotoarbeit, je 72 x 72cm, Auflage: 7, 5800 Euro, www.bugdahnundkaimer.com 

Marie- Jo Lafontaine
Bereits 1990 tauchte Marie-Jo Lafontaine im Kunstkompass der Hundert Großen auf. Damals gehörte sie neben Rosemarie Trockel, Cindy Sherman und Jenny Holzer zu den wenigen Frauen überhaupt, denen der Sprung in das internationale Ruhmesbarometer gelang. Die Belgierin Lafontaine wurde 1950 in Antwerpen geboren und lebt in Brüssel. Mit ihrer monumentalen Fotokunst in kleinen Auflagen und suggestiven Videoskulpturen hat sie sich einen festen Platz im Kunstbetrieb erobert. Den internationalen Durchbruch verschaffte ihr 1987 die Teilnahme an der documenta 8 mit der Videoinstallation „Les larmes dácier“. Seit 1992 unterrichtet sie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe Skulptur und Medienkunst.

Foto: Marie-Jo Lafontaine / Galerie Bugdahn und Kaimer / Foto: Peter Lauer
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Jiri Kolar: L¿annonciation, 1982, Collage, 40 x 55 cm, (Unikat), 7500 Euro (verkauft), www.galerie-schueppenhauer.de 

Jirí Kolár
Er gehört zu den einflussreichsten Künstlern Tschechiens. Ein Multitalent, dem nie der Stoff für Gedichte, Kinderbücher und neuen künstlerischen Techniken ausging. Ein Wanderer zwischen Prag und Paris, zwischen Literatur und Bildender Kunst. Die Rede ist von Jirí Kolár, Jahrgang 1914, dem Erfinder neuer Collage-Arbeiten. Seine Jugend erlebte er in einem Vorort von Prag. Es folgten fast 20 Jahre im Exil in Paris. 2002 starb er in Prag. Seine phantasievollen Collagen und sein Gespür für den Dialog zwischen Kunstgeschichte und Literatur sorgten für Furore. Kolars Auftritt während der documenta 4 1968 begeisterte und sorgte für weitere glanzvolle Auftritte im Pariser Centre Pompidou oder dem New Yorker Guggenheim Museum. Nun bietet die Kölner Galerie Schüppenhauer beeindruckende Collagen aus einem Nachlass zwischen 1000 und 33.000 Euro an.

Foto: Jiri Kolar / Schüppenhauer Galer
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